OGH 2Ob508/95

OGH2Ob508/959.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 10. Jänner 1993 verstorbenen Dipl.Ing.Walter Karl Johann A*****, zuletzt wohnhaft gewesen in ***** infolge Revisionsrekurses der gesetzlichen Erben Peter Johann B*****, Heinz U*****, beide vertreten durch Dr.Johann Buchner, Rechtsanwalt in Salzburg, Ilse Elisabeth S*****, Heinz Karl S*****, beide vertreten durch Dr.Michael Wonisch und Dr.Hans Jörg Reiner, Rechtsanwälte in Salzburg, sowie *****Dr.Otto K*****, Walter G*****, Maria-Christina G*****, Monika Gerda R*****, Lore L*****, Mag.Christine H*****, sowie Dkfm.Robert F*****, sämtliche vertreten durch Dr.Michael Gabler und Mag.Dr.Erich Gibel, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 20.Oktober 1994, GZ 22 R 284/94-57, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 28.Februar 1994, GZ 4 A 20/93-44, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am 10.1.1993 verstorbene Dipl.Ing.Walter Karl Johann A***** hinterließ ein Testament vom 27.12.1992, in dem er Mag.Jutta R***** zur Alleinerbin einsetzte.

Aufgrund dieses Testamentes gab Mag.Jutta R***** zum ganzen Nachlaß die unbedingte Erbserklärung ab. Die gesetzlichen Erben Dipl.Ing.Friedrich R*****, Elisabeth M*****, Dipl.Ing.Dr.Bernhard R*****, Christine W*****, Elisabeth B*****, Walter G*****, Maria-Christina G*****, Johann S*****, Dkfm.Robert F*****, Mag.Christine H*****, Univ.Prof.Dr.Otto K*****, Monika Gerda R*****, Lore L*****, Ilse Elisabeth S*****, Heinz-Karl S*****, Heinz U***** und Peter Johann B***** bestritten die formelle und materielle Gültigkeit des Testamentes. Sie begründeten die Bestreitung damit, daß gegen das Testament im wesentlichen folgende Bedenken bestünden:

Hinsichtlich der Echtheit der Unterschrift des Erblassers, da diese schlecht lesbar sei;

hinsichtlich der Testierfähigkeit des Erblassers;

hinsichtlich der Fähigkeit, die Unterschrift eigenhändig zu setzen;

das Datum stamme nicht vom Erblasser;

die als Zeugen beigezogenen Personen hätten nicht den gesetzlich erforderlichen, auf die Testamentszeugeneigenschaft hinweisenden Zusatz beigesetzt;

dem Testament sei nicht zu entnehmen, ob alle oder zumindest zwei Zeugen gleichzeitig anwesend waren und ob der Erblasser ihnen gegenüber eine Erklärung abgegeben hat;

es lägen keine Zeugenunterschriften, sondern lediglich die Anführung von Personalien diverser Personen vor.

Dieser Auffassung gemäß gaben die gesetzlichen Erben bedingte Erbserklärungen aufgrund des Gesetzes ab.

Das Erstgericht nahm sämtliche Erbserklärungen zu Gericht an und teilte den gesetzlichen Erben unter gleichzeitiger Setzung einer Frist von acht Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses die Klägerrolle für den Erbrechtsstreit zu. Zur Begründung führte es aus, daß gemäß § 126 AußStrG jedermann, dessen Ansprüche nur auf der gesetzlichen Erbfolge beruhen, als Kläger gegen den Erben aus einer in der gehörigen Form errichteten und hinsichtlich ihrer Echtheit unbestrittenen letzten Willenserklärung aufzutreten habe. Das Abhandlungsgericht habe nur die äußere Form der letztwilligen Verfügung zu prüfen, nicht hingegen Fragen der inneren Form. Die Echtheit eines Testamentes müsse mit eingehender Begründung bestritten werden, um die Parteirollen in einem Erbschaftsprozeß zu verschieben. Es müßten also objektiv begründete Bedenken gegen die Echtheit bestehen.

Die schwere Lesbarkeit der Unterschrift des Erblassers führe nicht zur Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung.

Die Frage der Testierfähigkeit betreffe die innere Form und sei daher nicht zu beurteilen.

Der vor der Unterschrift der Zeugen geschriebene Zusatz "Die Unterschrift bezeugen" sei als ausreichend anzusehen. Daß lediglich eine Anführung von Personalien vorliege, sei auszuschließen. Vielmehr liege eine in gehöriger Form errichtete letztwillige Verfügung vor, sodaß die Klägerrolle den Parteien, die sich aufgrund des Gesetzes erbserklärt haben, zuzuweisen sei.

Die nach § 125 AußStrG vorgesehene Vernehmung der Parteien könne auch durch schriftliche Eingaben und Entgegennahme einer Erklärung durch den Notar als Gerichtskommissär erfolgen.

Das von einem Teil der gesetzlichen Erben angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung; es bewertete den Entscheidungsgegenstand hinsichtlich jedes einzelnen Rekurswerbers mit über S 50.000,-- und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte es aus, das Abhandlungsgericht habe grundsätzlich nur die äußere Form der letztwilligen Verfügung (§ 579 ABGB) zu prüfen, es komme ihm nicht zu, Fragen der inneren Form zu behandeln. Fragen, deren Entscheidung von der Erörterung streitiger Rechtsfragen oder von Tatumständen abhänge, die sich nur durch ein förmliches Beweisverfahren ins Klare setzen lassen, sollten nur im Rechtsweg entschieden werden. Es sei nicht zu unterstellen, daß die Zeugen keinerlei Ahnung gehabt hätten, aus welchem Grund sie ihre Unterschrift leisten. Dies könne gegebenenfalls zum Gegenstand eines streitigen Verfahrens gemacht werden. Ein Zusammenhang zwischen der letztwilligen Anordnung und den Zeugenunterschriften sei nicht zu bezweifeln.

Zur Problematik der Unterschrift des Erblassers genüge es darauf zu verweisen, daß es nicht schade, wenn die eigenhändige Unterschrift des Testators undeutlich oder unleserlich sei.

Aufgrund der verschiedenen Schriftzüge der Zeugen sei nicht anzunehmen, daß es sich nur um die Anführung von Namen samt Adressen handle. Ein allfälliges mangelndes Zeugenbewußtsein sei im Rechtsweg vorzubringen und dort zu beweisen, ebenso wie mangelnde Testierfähigkeit des Erblassers.

§ 126 Abs.1 AußStrG lege die Parteirollen im Streit um das bessere Erbrecht eindeutig fest. Die Rekursvorbringen enthalten Tatbestandselemente, die unzweifelhaft nur im strittigen Rechtsweg zu klären seien.

Gegen den Beschluß zweiter Instanz richten sich die Revisionsrekurse von 11 der 17 gesetzlichen Erben mit den Anträgen, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der testamentarischen Erbin die Klägerrolle zugewiesen werde. Hilfsweise werden die Anträge gestellt, den angefochtenen Beschluß und jenen der ersten Instanz zur Gänze aufzuheben und dem Erstgericht oder dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind nicht berechtigt.

Der Rekursgrund der Mangelhaftigkeit wurde geprüft, er ist nicht gegeben (§ 16 Abs.3 AußStrG, § 510 Abs.3 ZPO).

Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird in den Rechtsmitteln geltend gemacht, es fehle bei den Unterschriften der Zeugen jeglicher Hinweis auf deren Eigenschaft als Testamentszeugen. § 579 ABGB verlange aber, daß die unterfertigenden Personen einen "auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden Zusatz" anfügen müßten. Die Zeugen hätten nicht die Unterschrift des Erblassers zu bezeugen, sondern Zeugnis über die Testamentserrichtung abzulegen. Weiters müsse der auf die Zeugeneigenschaft hinweisende Zusatz von allen Zeugen angebracht werden. Im vorliegenden Fall habe nur eine einzige der unterfertigten Personen den Zusatz angebracht "Die Unterschrift bezeugen". Daraus folge, daß das vorliegende Testament nicht den Formvorschriften des § 579 ABGB entspreche.

Weiters erscheine es äußerst zweifelhaft, daß die am Testament unterhalb des Datums aufscheinenden handgeschriebenen Worte die Unterschrift des Erblassers darstellten. Es könne zwar das letzte der drei aufscheinenden handschriftlichen Worte "A*****" heißen, die beiden davor angeführten Worte seien aber zweifelsfrei nicht der Vorname des Erblassers. Das vorliegende Testament weise "daher" nicht die Unterschrift des Erblassers auf, sondern hätten die handschriftlichen Worte eine andere Bedeutung. Es bestünden daher gravierende Bedenken gegen die Formgültigkeit des Testaments und erwecke das vorliegende Schriftstück den Eindruck, als ob das "Testament" rundherum um die vom Erblasser auf ein Stück Papier geschriebenen Worte errichtet worden sein könnte.

Weiters hätten die Zeugen das Schriftstück nicht unterfertigt, sondern enthalte es lediglich deren Namen, Anschrift und Geburtsdaten. Um Unterschriften im rechtlichen Sinn handle es sich dabei aber nicht.

Es gehe weiters auch um die Frage, ob der Erblasser das Schriftstück unterfertigt habe und was er unterfertigt habe, somit insbesondere ob er einen fremdhändig vorbereiteten Text oder ein leeres Papier oder nur ein Datum, etwa zum Zweck einer Blankoerklärung, unterschrieben habe.

Jedenfalls ergebe die Gesamtheit der Formmängel ein aufklärungsbedürftiges Bild, sodaß die Klagsrolle der testamentarischen Erbin zugekommen wäre, weil diese den schwächeren Titel besitze.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Die Rechtsmittelwerber verkennen den Zweck des Abhandlungsverfahrens, welches ein außerstreitiges ist und nicht dazu dient, einen Erbrechtsstreit zu vermeiden. Es ist dem Außerstreitrichter versagt, über die Gültigkeit des Testamentes Stellung zu beziehen. Es ist lediglich zu prüfen, ob eine letztwillige Anordnung überhaupt geeignet erscheint, als Grundlage für die Abgabe der Erbserklärung und für den Erbrechtsausweis zu dienen, ob mithin das Schriftstück äußerlich unbedenklich und inhaltlich schlüssig ist (Hummel, Die Beurteilung der Gültigkeit eines Testamentes im Abhandlungsverfahren, NZ 1955, 113).

Unter dem Ausdruck "gehörige Form" im § 126 AußStrG kann nichts anderes verstanden werden, als was in den §§ 553 und 577 ABGB als innere bzw. äußere Form der letztwilligen Anordnung erklärt worden ist (7 Ob 675/80). Ob beim Zustandekommen auch die Vorschrift des § 579 ABGB genau beobachtet worden ist, betrifft nicht mehr die Form der letztwilligen Anordnung, sondern die Gültigkeit derselben. Darüber ist aber erst in einem einzuleitenden Erbrechtsstreit zu verhandeln und zu entscheiden (SZ 46/85).

Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, ist aufgrund der Verschiedenheit der Schriftzüge der Zeugen nicht daran zu zweifeln, daß es sich dabei um Unterschriften handelt.

Der auf die Zeugenschaft hinweisende Zusatz ist Gültigkeitserfordernis, er muß aber nicht von jedem einzelnen Zeugen, ja nicht einmal von Zeugen hand geschrieben sein (Welser in Rummel2 Rz 8 zu § 579 mwN). Durch diesen Zusatz soll einerseits eine Verwechslung der Zeugen mit dem Testator verhindert werden, anderseits fällt es Testamentsfälschern schwerer, Personen Unterschriften herauszulocken, die sie als Zeugenunterschriften ausgeben könnten (Koziol/Welser II9, 335). Dieser Zusatz muß das Wort "Zeuge" nicht enthalten, es genügt, wenn sich aus ihm die Zeugeneigenschaft klar ergibt. Nach Ansicht des erkennenden Senates ergibt sich aus dem Beisatz "Die Unterschrift bezeugen:", welcher sich oberhalb der Unterschrift der Zeugen befindet, mit ausreichender Deutlichkeit ein auf die Zeugenschaft hinweisender Zusatz.

Wenn in den Rechtsmitteln darauf hingewiesen wird, daß sich neben der Unterschrift des Verstorbenen andere unleserliche Worte befinden, so vermag dieser Umstand an der äußeren Gültigkeit des Testamentes nichts zu ändern, alle weiteren Fragen werden im Erbrechtsstreit zu prüfen sein.

Eine Verschiebung der Parteirollen im Erbrechtsstreit erfordert objektiv begründete Bedenken gegen die Echtheit der letztwilligen Verfügung (RZ 1978/59; EvBl 1961/103); sie hat nur dann zu erfolgen, wenn begründete Bedenken gegen die Annahme bestehen, daß die Testamentserben auch die Erbschaft erlangen werden und die größere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß das Testament unwirksam geworden ist (6 Ob 2, 3/84; NZ 1994, 133).

Aus den oben angeführten Gründen besteht im vorliegenden Fall keine größere Wahrscheinlichkeit dafür, daß das Testament unwirksam ist, sodaß dem Revisionsrekurs der gesetzlichen Erben ein Erfolg zu versagen war.

Durch diese Entscheidung wird dem Prozeßverfahren, in welchem der Streit der Erbansprecher endgültig zu klären ist, weder hinsichtlich der bei der Auslegung zu berücksichtigenden Tatsachengrundlage, noch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung vorgegriffen (6 Ob 2, 3/84; NZ 1994, 133).

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