OGH 9ObA13/95

OGH9ObA13/9515.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Alfred Hoppi und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing.P.K***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz und Mag.Dr.Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Egon S*****, EDV-Berater, ***** vertreten durch Dr.Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 33 Cga 57/90 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, in eventu auf Zahlung von S 100.000,-- sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Oktober 1994, GZ 8 Ra 73, 80 und 81/94-5, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.Juli 1994, GZ 33 Cga 14/94y-2, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Beklagte war für die klagende Partei vorerst aufgrund eines Kooperationsvertrages und ab November 1987 bis 31.3.1988 im Rahmen eines befristeten Dienstverhältnisses als EDV-Organisator tätig.

Mit der nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Verfahren zu 33 Cga 57/90 des Landesgerichtes für ZRS Graz erhobenen Klage begehrte er als Kläger die Zahlung eines Betrages von S 85.521,25 S sA an Reisekosten und Sonderzahlungen.

Die damals beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger habe die Reisekostenabrechnungen nicht vorschriftsmäßig gelegt. Weiters habe der Kläger gegen die Bestimmungen der Konkurrenzklausel des Kooperationsvertrages und des Dienstvertrages verstoßen. Die Beklagte sei daher berechtigt, vom Kläger die vereinbarte Konventionalstrafe in der Höhe von 3 Monatsentgelten zu fordern bzw die entsprechenden Beträge einzubehalten. Der Kläger habe während des aufrechten Dienstverhältnisses grob treuwidrig bei der Beklagten beschäftigte Dienstnehmer abgeworben, um mit diesen gemeinsam in Schädigungsabsicht die Tätigkeit bei der Österreichischen S***** AG und bei S***** fortzusetzen.

Das Erstgericht gab im ersten Rechtsgang dem Begehren des Klägers mit einem Teilbetrag von S 81.581,90 sA statt und wies das Mehrbegehren (unangefochten) ab. Die Ansprüche des Klägers bestünden in der zuerkannten Höhe zu Recht. Die Beklagte habe eine Aufrechnungseinrede nicht erhoben. Im übrigen wäre ein Anspruch der Beklagten auf eine Konventionalstrafe auch nicht berechtigt. Die Konkurrenzklausel des Kooperationsvertrages sei durch den Abschluß des Dienstvertrages einvernehmlich aufgehoben worden, sodaß auch die die Ausübung der Konkurrenztätigkeit betreffenden Bestimmungen dieses Vertrages außer Kraft getreten seien. Der Kläger habe wohl gegen die Konkurrrenzklausel des Dienstvertrages verstoßen, weil er als Gesellschafter der O*****-GesmbH selbständig tätig geworden sei; diese Konkurrenzklausel sei jedoch rechtsunwirksam, weil ihre Einhaltung das Fortkommen des Klägers unbillig erschwere, zumal er als EDV-Fachmann auf die Verwendung dieser Kenntnisse angewiesen sei. Die vertragliche Verpflichtung zur Unterlassung der Berufsausübung auf diesem Gebiet für ein Jahr, sohin für einen Zeitraum, der das Vierfache der Dauer des Dienstverhältnisses betrage, sei daher unzulässig.

Das Berufungsgericht hob im ersten Rechtsgang über Berufung der Beklagten dieses Urteil in seinem stattgebenden Teil auf und verwies die Sache an das Erstgericht zurück. Gegen die Entscheidung des Erstgerichtes über die Klagsforderung bestünden keine Bedenken. Die Beklagte habe wohl eine Forderung nicht aufrechnungsweise eingewendet, jedoch geltend gemacht, daß die vom Kläger erhobene Forderung durch Gegenverrechnung bereits getilgt sei. Diesen Einwand habe das Erstgericht nicht für berechtigt erachtet. Bei Prüfung der von der Beklagten erhobenen Forderungen sei aber nicht ausschließlich vom Inhalt des Dienstvertrages auszugehen, es sei vielmehr auch der Inhalt des Kooperationsvertrages zu berücksichtigen, dessen Bestimmungen ungeachtet des Abschlusses des Dienstvertrages aufrecht geblieben seien. Gegen diesen Vertrag habe der Kläger dadurch verstoßen, daß er in ein Dienstverhältnis zur Firma S***** getreten sei. Das Verfahren sei ergänzungsbedürftig, weil es weiterer Feststellungen zur Frage bedürfe, ob durch die Konkurrenzklausel das Fortkommen des Klägers unbillig erschwert worden sei. Erforderlich sei es auch zu klären, welcher Schade der beklagten Partei durch den Verstoß des Klägers entstanden sei; dem komme im Zusammenhang mit einer Mäßigung der vereinbarten Konventionalstrafe Bedeutung zu. Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß wurde für zulässig erklärt.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Teile gegen diesen Beschluß nicht Folge. Das Vorbringen der Beklagten sei als Aufrechungseinrede zu qualifizieren. Der Inhalt des Kooperationsvertrages sei jedoch nicht mehr entscheidend, weil dieser Vertrag mit novatorischer Wirkung durch den Dienstvertrag ersetzt worden sei. Wesentlich sei daher nur mehr, ob der Kläger gegen die Konkurrenzklausel des Dienstvertrages verstoßen habe. Das sei aber nach dem festgestellten Verhalten des Klägers nicht der Fall. Bei der Firma S***** handle es sich nicht um ein Konkurrenzunternehmen; dafür, daß es sich bei dem Anstellungsvertrag mit diesem Unternehmen um einen Scheinvertrag handle, bestehe keine Grundlage. Die Beteiligung an einer Gesellschaft mbH ausschließlich in kapitalmäßiger Form sei nicht als Betrieb eines selbständigen Unternehmens anzusehen. Erforderlich erweise sich das Verfahren hingegen zu der auf den Titel des Schadenersatzes gestützten, einredeweise erhobenen Gegenforderung wegen Abwerbung der Dienstnehmer R***** und H*****. Es werde zu prüfen sein, ob die Kündigung dieser Dienstnehmer über Initiative oder maßgebliche Einflußnahme des Klägers erfolgte, allenfalls welcher Schade der Beklagten dadurch entstanden sei. Dieser Beschluß wurde den Parteien im August 1990 zugestellt.

Im fortgesetzten Verfahren vor dem Erstgericht brachte die Beklagte in den mündlichen Verhandlungen vom 22.8.1990 und vom 15.10.1990 sowie im Schriftsatz vom 15.1.1991 neu vor, die Firma S***** sei doch ein Konkurrenzunternehmen zur beklagten Partei, weil sie das Dienstleistungsgewerbe der EDV-Organisation und Information betreibe, wenn auch nur als Nebenerwerbszweig. Der Kläger sei bei der Frima S***** teilzeitbeschäftigt gewesen. In der übrigen Zeit sei er selbständig einer die Beklagte konkurrenzierenden Tätigkeit nachgegangen. Er habe sein Dienstverhältnis mit der Firma S***** nach dem 31.12.1988 gelöst und diese dann im Rahmen eines Dienstverhältnisses zur O*****, somit in konkurrenzierender Tätigkeit noch innerhalb der erst am 31.3.1989 abgelaufenen Jahresfrist, beim Steeb-Projekt weiter betreut. An der O*****-EDV-Beratungs GesmbH sei der Kläger nicht bloß kapitalmäßig beteiligt gewesen, er habe in diesem Unternehmen tätig mitgewirkt und dadurch gegen die Konkurrenzklausel verstoßen. Durch das Ausscheiden der Mitarbeiter R***** und H*****, das über Initiative und maßgebliche Einflußnahme des Klägers erfolgt sei, sei der Beklagten ein Nettoumsatz für zweimal Sechs-Mann-Monate von je 682.000 S sowie für 150 Mann-Tage beratender Tätigkeit in der Höhe von S 685.000,-- entgangen, was abzüglich von Personal- und Spesenaufwendungen für den Kläger sowie R***** und H***** in der Höhe von S 812.000,-- einen Verdienstentgang von S 1,238.000,-- ergebe. Durch die Abwerbung eines weiteren Mitarbeiters sei der beklagten Partei ein Schaden von S 282.600,-- entstanden. Diese Beträge werden aufrechnungsweise eingewendet.

Aufgrund weiter aufgenommener Beweise stellte das Erstgericht ergänzend fest, daß eine abwerbende Tätigkeit des Klägers bezüglich der Zeugen R***** und H***** nicht erwiesen sei. Die Firma S***** sei im Besitz einer Gewerbeberechtigung für "Dienstleistungen in der automatisierten Datenverarbeitung und Informationstechnik". Der Kläger sei bei diesem Unternehmen nur teilzeitbeschäftigt gewesen, weil er daneben seine alten Kunden betreut habe, wie in der Zeit davor. Dies sei der beklagten Partei bekannt gewesen und Gegenstand des Zusatzvertrages gewesen. Der Kläger, R***** und H***** haben ihr Dienstverhältnis zur Fa. S***** per 31.12.1988 gelöst und alle Genannten seien seither für die O*****-EDV-Beratungs GesmbH tätig. Der Kläger selbst habe gegen stundenweise Abrechnung die noch nötigen Arbeiten am Steeb-Projekt bei S***** durchgeführt. Es habe sich um die nötigen Anpassungen gehandelt. Das Projekt bei S***** sei erst Mitte 1989 abgeschlossen gewesen.

Ausgehend hievon stellte das Erstgericht fest, daß die Klageforderung mit S 81.581,90 sA zu Recht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht bestehe und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 81.581,90 sA an den Kläger. Mit Rücksicht auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes sei nicht mehr zu prüfen, ob der Kläger gegen die Konkurrenzklausel verstoßen habe; im übrigen stünde der beklagten Partei ein Anspruch hieraus nicht zu, weil der Kläger nicht gegen seine Verpflichtungen aus der Konkurrenzklausel verstoßen habe. Daß der Kläger andere Dienstnehmer abgeworben habe, sei nicht erwiesen; die Beklagte habe auch nur die Höhe ihres Schadens behauptet, diesen jedoch nicht nachgewiesen. Dieses Urteil wurde der beklagten Partei am 7.10.1991 zugestellt.

Das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht gab mit Urteil vom 9.6.1993 (der beklagten Partei zugestellt am 6.8.1993) der Berufung der beklagten Partei, mit der nur die Entscheidung über die Gegenforderung angefochten wurde, nicht Folge. Was den Verstoß gegen die Konkurrenzklausel betreffe, so sei diese Frage vom Obersten Gerichtshof im ersten Rechtsgang abschließend entschieden worden. Es sei daher davon auszugehen, daß ein solcher Verstoß nicht vorliege. Dies dürfe auch aufgrund neuer Tatsachen nicht in Zweifel gezogen werden. Dazu verwies das Berufungsgericht auf die zu dieser Frage ständige Judikatur, die es auch zitierte, sowie darauf, daß neu hervorgekommene Tatsachen allenfalls die Grundlage für eine Wiederaufnahmsklage bilden könnten. Das Erstgericht sei daher nicht verpflichtet gewesen, zu dieser Frage weitere Beweise aufzunehmen. Die Feststellung, daß die Kündigungen anderer Dienstnehmer nicht zufolge Abwerbens durch den Kläger erfolgt seien, sei unbedenklich, damit sei auch der darauf gestützte Anspruch der Beklagten nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof gab mit Urteil vom 10.11.1993 (Entscheidung eingelangt beim Berufungsgericht am 17.1.1994, beim Erstgericht am 20.1.1994, der beklagten Partei zugestellt am 26.1.1994) der Revision der beklagten Partei nicht Folge. Die beklagte Partei habe die von ihr eingewendete Gegenforderung auf zwei Rechtsgründe gestützt. Zum einen darauf, daß der Kläger gegen die Konkurrenzklausel verstoßen habe und zum anderen darauf, daß der Kläger Angestellte der beklagten Partei abgeworben habe. Der Oberste Gerichtshof habe im ersten Rechtsgang den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes mit der Begründung bestätigt, daß das Verfahren zu dem einredeweise geltend gemachten, auf die Abwerbung von Dienstnehmer gegründeten Schadenersatzanspruch ergänzungsbedürftig sei. Es seien ergänzende Feststellungen zur Frage erforderlich, ob und in welchem Ausmaß der Kläger den Entschluß der Genannten, ihr Dienstverhältnis zu kündigen, veranlaßt oder maßgeblich mitbestimmt habe. Hingegen habe er entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes weitere Ergänzungen des Verfahrens zu dem von der Beklagten einredeweise erhobenen Anspruch auf die Konventionalstrafe wegen Verstoßes des Klägers gegen die Konkurrenzklausel nicht für erforderlich erachtet. Ein Anspruch der Beklagten aus einem Verstoß des Klägers gegen die Konkurrenzklausel sei damit vom Obersten Gerichtshof verneint worden. Den Parteien sei es zwar nicht verwehrt, in dem nach einem Aufhebungsbeschluß fortgesetzten Verfahren neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, früher nicht beantwortete Behauptungen zu bestreiten oder das Klagebegehren zu ergänzen oder abzuändern. Eine Beschränkung bestehe jedoch insoweit, als die aufhebende Instanz eine bestimmte Frage aufgrund des gegebenen Sachverhaltes bereits abschließend entschieden habe. Dann dürfe die Beantwortung dieser Frage auch aufgrund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden; abschließend erledigte Streitpunkte könnten nicht wieder aufgerollt werden. Dazu verwies der Oberste Gerichtshof auf die seit SZ 28/96 ständige Rechtsprechung (SZ 55/164 = JBl 1983, 441 = RZ 1984/1; 7 Ob 652/84 ua). Ausgehend hievon sei der Aufrechnungseinwand, soweit die Forderung aus einer Verletzung der Konkurrenzklausel durch den Beklagten abgeleitet wurde, nicht mehr Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens vor dem Erstgericht gewesen. Auch soweit die Revisionswerberin dem entgegenhalte, sie habe mit dem im fortgesetzten Verfahren erstatteten Vorbringen einen neuen Anspruch erhoben, könne ihr nicht gefolgt werden. Gegenstand des ergänzenden Vorbringens seien lediglich neue Tatsachen zur Begründung des bereits zuvor erhobenen Anspruches. Anspruchsgrundlage blieb die auf die Verletzung der Konkurrenzklausel gestützte Konventionalstrafe, die Beklagte habe lediglich weitere Verstöße des Klägers gegen diese Bestimmung des Dienstvertrages behauptet. Gerade ein solches Vorbringen sei aber hinsichtlich dieses Anspruchspunktes ausgeschlossen. Auch soweit die beklagte Partei der Rechtsmeinung der Vorinstanzen entgegenhalte, sie habe von den neu vorgebrachten Tatsachen erst nach Schluß der Verhandlung im ersten Rechtsgang Kenntnis erlangt, komme dem keine Berechtigung zu. Das neue Vorbringen beziehe sich auf Umstände, die sich bereits erheblich vor Schluß der Verhandlung im ersten Rechtsgang ereignet hätten. In Konsequenz der Rechtsprechung, daß im Aufhebungsbeschluß abschließend geklärte Fragen, von der Erörterung im fortgesetzten Verfahren ausgeschlossen seien, habe der Oberste Gerichtshof ungeachtet des Fehlens einer Sachentscheidung die Wiederaufnahmsklage gegen den Aufhebungsbeschluß zugelassen, wenn die Sache durch ihn zu einem Teil

bereits eine abschließende Erledigung erfahren habe (SZ 58/182 = JBl

1986/669 = RZ 1986/45 ua). Tatsachen, die der Beklagten nach Schluß

der Verhandlung im ersten Rechtsgang neu zur Kenntnis gelangten, wären daher mit Wiederaufnahmsklage geltend zu machen gewesen; das neue Vorbringen sei auch bezüglich solcher Tatsachen im fortgesetzten Verfahren nicht zulässig gewesen. Daher seien auch Beweisaufnahmen hiezu entbehrlich gewesen.

Auch das auf die behauptete Abwerbung von Dienstnehmern gestützte Schadenersatzbegehren sei nicht berechtigt, weil eine Abwerbung durch den Kläger nicht erwiesen sei.

Am 7.1.1994 erhob die klagende (im Vorprozeß beklagte) Partei die vorliegende Klage, mit der sie die Wiederaufnahme des Verfahrens zu 33 Cga 57/90 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht und nach Wiederaufnahme in der Hauptsache die Entscheidung dahin begehrt, daß ausgesprochen werde, daß die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht bestehe und das Klagebegehren abgewiesen werde. Sie habe erst in der Beweistagsatzung vom 10.1.1991 von dem Sachverhalt erfahren, der einen Verstoß des Klägers gegen die Konkurrenzklausel begründe; es handle sich dabei um jene Umstände, die Gegenstand des Vorbringens gewesen seien, das das Erstgericht und das Berufungsgericht im zweiten Rechtsgang nicht für zulässig erachtet haben. Ausgehend hievon wären diese Umstände mit Wiederaufnahmsklage geltend zu machen. Die klagende Partei vertrete dazu nach wie vor die Ansicht, daß das Vorbringen rite erstattet worden sei. Ob tatsächlich eine Wiederaufnahmsklage erforderlich sei, werde erst nach der Entscheidung des Revisionsgerichtes feststehen. Jedenfalls könnte aber, insbesondere wegen der ungeklärten Rechtssituation die Frist für diese Klage nicht vor Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu laufen beginnen, so daß die Klage jedenfalls rechtzeitig erhoben sei. Für den Fall, daß die Wiederaufnahmsklage als verfristet angesehen werden sollte, begehrt die klagende Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 534 ZPO; die Versäumung der Frist wäre wegen der unklaren Rechtssituation auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen. Weiters stellt sie das Begehren, den Beklagten zu verpflichten, ihr einen Betrag von S 100.000,-- zu zahlen. Ausgehend von dem in der Beweistagsatzung vom 10.1.1991 hervorgekommenen Sachverhalt sei ein Verstoß des Beklagten gegen die vereinbarte Konkurrenzklausel gegeben, so daß die Voraussetzungen für die vereinbarte Konventionalstrafe erfüllt seien. Sollte über die Forderung weder im anhängigen Verfahren (33 Cgsa 57/90, das sich im Revisionsstadium befinde) noch im wiederaufzunehmenden Verfahren als Gegenforderung entschieden werden, werde dieser Anspruch eventualiter mit neuerlicher Klage geltend gemacht.

Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auch die eventualiter erhobene Klage auf Zahlung eines Betrages von S 100.000,-- zurück. Die Wiederaufnahmsklage sei verspätet erhoben worden. Die Notfrist von 4 Wochen im Falle des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO sei vom 10.1.1991 zu berechnen, weil die neuen Tatsachen und Beweismittel der klagenden Partei nach ihrer Behauptung an diesem Tag bekannt geworden seien. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht erfüllt, weil die Versäumung nicht auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen sei, da der klagenden Partei schon aufgrund der Entscheidungen des Erst- und des Berufungsgerichtes die Rechtslage hätte klar sein müssen, zumal sie bereits dort auf die Wiederaufnahmsklage verwiesen worden sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge und bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde. Es trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes im wesentlichen bei. Der Lauf der vierwöchigen Frist des § 534 ZPO habe am 10.1.1991 begonnen, weil die beklagte Partei, ausgehend von ihrem Vorbringen, an diesem Tag Kenntnis von den den Gegenstand der Wiederaufnahmsklage bildenden Tatsachen erlangt habe. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht berechtigt, doch sei er nicht zurückzuweisen, sondern abzuweisen, weil sich seine mangelnde Berechtigung aus dem Fehlen eines Grundes im Sinne des § 146 ZPO ergebe. Der Zulässigkeit der eventualiter eingebrachten Klage stehe die Bedingungsfeindlichkeit von Prozeßhandlungen entgegen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Erstgericht die Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage aufgetragen werde, in eventu die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erhebung der Wiederaufnahmsklage zu bewilligen oder aber den Beschluß über die Zurückweisung des eventualiter erhobenen Leistungsbegehrens aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens über diese Klage aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Es trifft zu, daß die Frist für die Erhebung der Wiederaufnahmsklage gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO erst dann zu laufen beginnt, wenn feststeht, daß die anspruchsbegründenden Tatsachen im Hauptverfahren nicht berücksichtigt werden. Daraus ist aber für die klagende Partei letztlich nichts gewonnen. Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 27.6.1990 wurde über die im Verfahren zu 33 Cga 57/90 von der klagenden (dort beklagten) Partei erhobene Gegenforderung abschließend entschieden. Ab diesem Zeitpunkt war klar, daß im Sinne der ständigen Rechtsprechung eine neuerliche Aufrollung dieses Streitpunktes im Verfahren ausgeschlossen war. In Konsequenz der Rechtsprechung, daß im Aufhebungsbeschluß abschließend geklärte Fragen, von der Erörterung im fortgesetzten Verfahren ausgeschlossen seien, hat der Oberste Gerichtshof - wie bereits oben dargestellt - ungeachtet des Fehlens einer Sachentscheidung die Wiederaufnahmsklage auch gegen den Aufhebungsbeschluß zugelassen, wenn die Sache durch ihn zu einem Teil bereits eine abschließende Erledigung erfährt (SZ 58/182 = JBl 1986/669 = RZ 1986/45 ua); dies deshalb, weil auch in diesem Fall die Frist des § 534 Abs 1 ZPO im Falle der Geltendmachung eines Wiederaufnahmsgrundes gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO von dem im § 534 Abs 2 Z 4 ZPO genannten Zeitpunkt läuft. Ist ein Streitpunkt im Verfahren abschließend erledigt, so steht damit fest, daß weiteres Sachvorbringen in diesem Prozeß ausgeschlossen ist; die Partei ist damit nicht mehr in der Lage, ihr neu zur Kenntnis gelangte Umstände in diesem Verfahren zu benützen, so daß bei nach diesem Zeitpunkt eingetretener Kenntnis von neuen Tatsachen und Beweismitteln die Voraussetzungen für die Erhebung einer Wiederaufnahmsklage gegeben sind. Mit dieser Kenntnis wird auch die Frist für die Wiederaufnahmsklage in Lauf gesetzt. Die mangelnde Kenntnis der Partei von diesen verfahrensrechtlichen Wirkungen bewirkt keine Änderung des Fristlaufes.

Nach dem Vorbringen der klagenden Partei hat sie von den mit der Klage geltend gemachten Umständen am 10.1.1991 Kenntnis erhalten. Zutreffend sind daher die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klage verspätet erhoben wurde.

Die Wiederaufnahmsklage ist ihrer Natur nach ein Rechtsbehelf gegen solche Entscheidungen, die gültig aber unrichtig sind, ohne daß dieser Unrichtigkeit durch ein Rechtsmittel abgeholfen werden könnte. Historisch hängt dieser Rechtsbehelf eng mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zusammen (Pollak, 622). Die Fristen, an welche die Zivilprozeßordnung die Wiederaufnahmsklage bindet, führen im Fall ihrer Versäumung nicht zum Verlust eines Anspruches materiellrechtlicher Natur, sondern bewirken lediglich den Ausschluß von der Geltendmachung eines Rechtsbehelfes. Ihrer Funktion nach sind sie Präklusivfristen prozessualer und nicht materiellrechtlicher Natur (SZ 23/217). In § 146 ZPO stellt die ZPO unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen den Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Verfügung, wenn eine Partei durch die Versäumung einer befristeten Prozeßhandlung den Nachteil des Ausschlusses von dieser Prozeßhandlung erleidet. Auch bei einer Rechtsmittelklage handelt es sich um eine Prozeßhandlung in diesem Sinne. Da es sich bei den Fristen des § 534 ZPO sohin um prozeßrechtliche handelt, steht gegen ihre Versäumung grundsätzlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand offen.

Zutreffend wurde jedoch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen. Gemäß § 148 Abs 2 ZPO muß der Antrag binnen 14 Tagen gestellt werden. Diese Frist beginnt mit dem Tag an dem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist. Das Hindernis, das der rechtzeitigen Erhebung der Wiederaufnahmsklage durch die klagende Partei entgegenstand, lag nach dem Vorbringen der Klage darin, daß der klagenden Partei bzw ihrem Vertreter die Rechtslage nicht klar war. Im Hinblick auf die ständige Judikatur mußte diesem jedoch bereits am 10.1.1991 klar sein, daß neues Vorbringen zu einer bereits abschließend behandelten Frage nicht mehr erstattet werden kann und daher neue Tatumstände und Beweismittel nur mehr im Weg der Wiederaufnahmsklage geltend gemacht werden können. Es kann unerörtert bleiben, ob im Hinblick auf die rechtliche Schwierigkeit dieser verfahrensrechtlichen Situation und die doch nicht alltägliche rechtliche Problematik die Nichteinbringung der Klage innerhalb von 4 Wochen ab Kenntnis des Wiederaufnahmsgrundes als minderer Grad des Versehens gewertet werden könnte und bei Einbringung der Klage nach Ablauf dieser Frist das verschuldete Versäumnis daher der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegengestanden wäre.

Am 6.8.1993 wurde die Entscheidung des Berufungsgerichtes an den Rechtsvertreter der klagenden Partei zugestellt, in der das Berufungsgericht die Rechtslage eingehend darstellte und die klagende Partei unter Zitierung der einschlägigen Rechtsprechung darauf hinwies, daß die neuen Tatsachen und Beweismittel nur im Weg der Wiederaufnahmsklage geltend gemacht werden könnten. Damit mußten beim Anwalt der klagenden Partei allenfalls zuvor vorhandene Zweifel über die notwendige Vorgangsweise beseitigt gewesen sein. Selbst wenn das Verschulden des Anwalts bis zu diesem Zeitpunkt allenfalls noch als minderer Grad des Versehens qualifiziert werden könnte, überstieg die weitere Untätigkeit ab da diese Grenze. Die klagende Partei hat jedoch die Wiederaufnahmsklage und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht innerhalb von 14 Tagen ab diesem Zeitpunkt eingebracht, sondern erst rund 5 Monate später. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher jedenfalls verfristet.

Der eventualiter erhobenen Leistungsklage steht bis zu einem Klagebegehren von S 81.581,90 sA bereits die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung über die Aufrechnungseinrede entgegen (§ 411 Abs 1 zweiter Satz ZPO; Fasching, ZPR2 Rz 1291 mwH). Die Rechtskraft dieser Entscheidung über die Gegenforderung ist von Amts wegen wahrzunehmen (Fasching aaO Rz 1538) und hat die Zurückweisung dieses Teils des Klagebegehrens zur Folge (Rechberger ZPO § 411 Rz 2 und 11 mwH). Hinsichtlich des restlichen Klagebegehrens von S 18.418,10 sA ist, abgesehen von der hier nicht weiter zu erörternden Bindungswirkung der Vorentscheidung (JBl 1994, 482), von Bedeutung, daß die Klage eventualiter von zwei Bedingungen, nämlich einer Sachentscheidung im anhängigen Verfahren oder einer Sachentscheidung im Wiederaufnahmsverfahren abhängig gemacht wurde.

Die Rechtsprechung hat sich mit bedingten Prozeßhandlungen vor allem im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren beschäftigt. Die Frage, ob ein Rechtsmittel auch bloß bedingt erhoben werden kann, wurde zunächst dahin entschieden, daß die Beisetzung einer Bedingung das Rechtsmittelbegehren unbestimmt gestalte und die Zurückweisung des Rechtsmittels zur Folge habe (vgl JBl 1957, 213; JBl 1969, 345; MietSlg 32.708). In jüngerer Zeit wurde in Lehre und Rechtsprechung aber anerkannt, daß dieser Grundsatz nur gelte, wenn die Bedingung dazu führen würde, daß das Verfahren zur Überprüfung der Entscheidung nur bei Eintritt oder Nichteintritt einer bestimmten Tatsache einzuleiten sei. Innerhalb eines unbedingt eingeleiteten Verfahrens zur Überprüfung einer Entscheidung sei es hingegen zulässig, Prozeßhandlungen an Umstände, die sich innerhalb des Verfahrens ereignen, also an innerprozessuale Bedingungen zu knüpfen (vgl Fasching, Komm III 11 f; derselbe, Lehrbuch2 Rz 758; EvBl 1974/289 = RZ 1974/89; 3 Ob 76/87; 8 Ob 503/90 = tw JUSextra 1990/428; 4 Ob 509/93; vgl auch RZ 1994/14). In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof einen Rekurs in einem Unterhaltsfeststellungsverfahren, der nur für den Fall erhoben wurde, daß einem Unterhaltsherabsetzungsantrag nicht stattgegeben würde als unzulässig zurückgewiesen. Es handle sich nicht um konkurrierende Rechtsbehelfe zur Überprüfung einer gerichtlichen Entscheidung, es würde vielmehr mit dem Herabsetzungsantrag mit der Behauptung geänderter Verhältnisse ein neues Verfahren mit einem geänderten Rechtsschutzziel eröffnet; es handle sich dabei daher nicht um eine innerprozessuale Bedingung (EvBl 1974/288). Zu 5 Ob 20/94 wurde aus denselben Erwägungen ein nur bedingt, nämlich abhängig vom Ausgang eines anderen Verfahrens erhobener Revisionsrekurs als unzulässig zurückgewiesen.

Innerprozessuale Bedingungen sind dann zulässig, wenn bereits der Verfahrensabschnitt, für den die Prozeßhandlung wirken soll, eingeleitet ist und die Bedingung an in diesem Verfahrensabschnitt eintretende innerprozessuale Tatsachen oder Vorgänge geknüpft ist. Die Einleitung des Verfahrens selbst kann nicht bedingt erfolgen, insbesondere kann die Einbringung der Klage nicht bedingt erfolgen (Fasching ZPR2 Rz 758).

Die Erhebung einer Leistungsklage für den Fall der Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage ist eine diesen Grundsätzen widersprechende Bedingung. Die Erhebung der Klage wird vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängig gemacht. Dies ist nach den oben dargestellten Grundsätzen jedoch unzulässig. Die angefochtene Entscheidung ist daher auch in diesem Punkt frei von Rechtsirrtum.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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