Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.
Die Revisionsrekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen AG hat die Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende und gefährdete Partei begehrt von der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei, als deren Vertreter sie in der Klage die Finanzprokuratur bezeichnete, unter Hinweis auf den Wahlgerichtsstand nach § 86a JN beim Erstgericht die Räumung einer Reihe von Grundstücken der Liegenschaften der klagenden Partei und verband damit einen Sicherungsantrag, wonach die beklagte Partei ab sofort jegliche Benützung, insbesondere jegliche Bautätigkeit und jeglichen KFZ-Schwerverkehr auf diesen Grundstücken einzustellen und in Hinkunft zu unterlassen habe. Der Verfassungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 13.10.1993 die diese Liegenschaften betreffenden Enteignungsbescheide aufgehoben. Teile der Liegenschaften würden derzeit im Auftrag der beklagten Partei durch Leute der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG und von dieser eingesetzten Bauunternehmen rechtswidrig und titellos zur Errichtung der Autobahn-Nordumfahrung Klagenfurt benützt. Durch diese umfangreichen Bauarbeiten werde die Grundstückssubstanz wesentlich verletzt.
Das Erstgericht trug der beklagten Partei zu Handen der Finanzprokuratur durch Beschluß gemäß § 243 Abs 1 ZPO die Beantwortung der Klageschrift und eine Äußerung zum Sicherungsantrag binnen zwei Wochen auf.
Die beklagte Partei "vertreten durch die Finanzprokuratur" diese vertreten durch die "Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-AG, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.Nikolaus Vogler" erstattete fristgerecht eine Äußerung (ON 4) und weiters eine Klagebeantwortung (ON 5) worin sich die Beklagte als "vertreten durch die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-AG vertreten durch Rechtsanwalt Dr.Erich Nikolaus Vogler" bezeichnete. In einem weiteren Schriftsatz erstattete die beklagte Partei "vertreten durch die Finanzprokuratur" eine Klagebeantwortung verbunden mit einer Äußerung zum Sicherungsantrag. In den beiden erstgenannten Schriftsätzen wurde darauf verwiesen, daß die Finanzprokuratur die Klage an die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-AG weitergeleitet habe, weil die Finanzprokuratur in dieser Angelegenheit die Republik Österreich nicht vertrete. Im Schriftsatz der Finanzprokuratur wurde vorgetragen, daß die klagende Partei die beklagte Partei infolge Berufung auf § 86a JN offenbar in jenem Verwaltungsbereich in Anspruch nehme, in dem sie durch die Prokuratur vertreten werde.
Das Erstgericht wies die von der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG für die beklagte Partei, vertreten durch die Finanzprokuratur, eingebrachte Äußerung zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und die von der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG für die beklagte Partei eingebrachte Klagebeantwortung mangels gesetzlicher Vertretung zurück.
Es ging davon aus, daß die Beklagte als Partei vor den Gerichten gemäß § 1 und 2 ProkG von der Finanzprokuratur vertreten werde. Eine gesetzliche Befugnis der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG zur Vertretung der beklagten Partei lasse sich den Verordnungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23.9.1988 (BGBl 1989/42) und 17.8.1990 (BGBl 1990/619) sowie dem Bundesgesetz vom 29.12.1992 (BGBl 1992/826) nicht entnehmen. Nach § 7 des Bundesgesetzes betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften (BGBl 1992/826) seien der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG jene Aufgaben übertragen worden, welche den in § 1 des Bundesgesetzes betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften genannten Aktiengesellschaften nach den in § 7 Abs 1 aufgezählten Bundesgesetz zukommen. Wenn auch § 4 des Bundesgesetzes betreffend die Errichtung einer Autobahnen- und Schnellstraßen-Gesellschaft BGBl 1981/300, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl 1990/159, vorsehe, daß die für die Errichtung der in § 1 genannten Strecken notwendigen Grundflächen von der Autobahnen- und Schnellstraßen-AG auf deren Kosten im Namen des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) zu erwerben seien, sei daraus keine Vertretungsbefugnis der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG in einem Verfahren abzuleiten, in dem es nicht um den Erwerb, sondern um die Räumung von Grundflächen gehe. Somit seien die beklagte Parteien von der Finanzprokuratur zu vertreten.
Das Rekursgericht gab dem dagegen von der beklagten Partei, vertreten durch die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-AG, diese vertreten durch Rechtsanwalt Dr.Erich Nikolaus Vogler erhobenen Rekurs Folge und behob die erstgerichtliche Entscheidung. Das Rekursgericht verwies auf § 4 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20.5.1981 betreffend die Errichtung einer Autobahnen- und Schnellstraßen-Gesellschaft, wonach diese das Recht habe, die für den Straßenbau notwendigen Grundflächen im Namen des Bundes zu erwerben. Es erörterte, daß daraus keine wörtliche Fixierung lediglich auf den Grundstückserwerb in der Weise abgeleitet werden könne, daß die klagsgegenständliche Räumung oder sicherungsgegenständliche Benützungsbeschränkung erworbener Grundstücke die Autobahnen- und Schnellstraßen-Gesellschaft sowie in der Folge ihre Rechtsnachfolgerin, nämlich die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-AG nicht tangiere und sie nicht namens des Bundes und der Bundesstraßenverwaltung handeln ließe. Darin und in der gesetzlichen Betrauung mit der Planung und Errichtung des gegenständlichen Teiles der A 2-Südautobahn liege die gesetzliche Vertretungsregelung. Auch der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 13.10.1993 darauf verwiesen, daß die Tauernautobahn AG im dortigen Verfahren als gesetzliche Vertretung für den Bund (Bundesstraßenverwaltung) einschreite (VfGH 13.10.1993 B 200/92-19, B 1897/92-19 I 3). Im übrigen wäre selbst bei mangelnder gesetzlicher Vertretungsmacht vorerst nach dem § 6 ZPO vorzugehen gewesen.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil die gesetzliche Vertretung der beklagten Parteien durch die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-AG eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darstelle.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei, vertreten durch die Finanzprokuratur, mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wieder herzustellen.
Die beklagte Partei sei beschwert, weil jede Partei einen Anspruch darauf habe, ausschließlich durch den von ihr bevollmächtigten oder ihren gesetzlichen Vertreter vertreten zu werden. Nach § 4 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20.5.1991 betreffend die Errichtung einer Autobahnen- und Schnellstraßen-Gesellschaft habe die Österreichische
Autobahnen- und Schnellstraßen-Gesellschaft das Recht und die Pflicht, die für den Straßenbau notwendigen Grundflächen im Rahmen des Bundes zu erwerben. Durch diese Bestimmung werde sie beim Grunderwerb gesetzliche Vertreterin des Bundes. Soweit sie mit der Planung und Errichtung des gegenständigen Teiles der A 2-Südautobahn gesetzlich betraut worden sei, handle es sich nicht um eine gesetzliche Vertretungsregelung, sondern seien diese Aufgaben von der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG im eigenen Namen zu besorgen. Dadurch sei die Herstellung des strittigen Streckenabschnittes der A 2 aus den Aufgaben des Bundes ausgeschieden worden. Es könne dahingestellt bleiben, ob eine Straßensondergesellschaft in Angelegenheiten des Grunderwerbes anstelle der Finanzprokuratur Vertreterin des Bundes vor Gericht sei oder selbst Parteistellung habe, weil sie jedenfalls nicht Vertreterin des Bundes sei sondern im eigenen Namen handle, soweit sie mit der Planung und Errichtung von Straßen gesetzlich beauftragt sei.
Dieser Rechtsmeinung ist zu folgen.
Nach § 1 Abs 1 Z 1 des Prokuraturgesetzes (StGBl 1945/172) ist die Finanzprokuratur in Wien berufen unter anderem die Republik Österreich (§ 2 Abs 1 Z 1 leg cit) auch hinsichtlich ihrer Anstalten, Unternehmungen, Betriebe und sonstigen Einrichtungen vor allen Gerichten und Verwaltungsbehörden zu vertreten. Die Befugnis zur Vertretung nach Abs 1 Z 1 leg cit vor den ordentlichen Gerichten ist eine ausschließliche, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Nach diesem im Prokuraturgesetz allgemein umschriebenen Wirkungsbereich liegt die Hauptaufgabe der Finanzprokuratur in der anwaltlichen Vertretung und Beratung des Bundes als Träger von Privatrechten. Soweit daher die Vertretungsbefugnis eine "ausschließliche" ist (Vertretungsmonopol), können Zustellungen mit Rechtswirkungen nur an die Finanzprokuratur erfolgen (SZ 25/262, 5 Ob 780, 781/80, 3 Ob 81/82).
Zu prüfen ist aber die vom Rekursgericht bejahte Frage, ob die Bestimmungen, durch die die Planung und Errichtung der A 2-Südautobahn einer Straßensondergesellschaft übertragen wurde, dieser eine ausnahmsweise gesetzliche Vertretungsbefugnis der Republik Österreich vor Gericht einräumen.
Mit Bundesgesetz vom 20.5.1981 betreffend die Errichtung einer Autobahnen- und Schnellstraßen-Gesellschaft BGBl 1981/300 hat der Bund die Planung und Errichtung einer Teilstrecke der A 2-Südautobahn einer zu errichtenden Aktiengesellschaft (Autobahnen- und Schnellstraßen-AG) übertragen. Nach § 4 Abs 1 leg cit hatte die Gesellschaft die für die Errichtung der genannten Strecken notwendigen Grundflächen auf deren Kosten im Namen des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) zu erwerben. Mit Bundesgesetz vom 8.10.1982 (BGBl 1982/591) wurde der Bund verpflichtet, eine Gesellschaft mit dem Firmenwortlaut "Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG" zu errichten. Der Zweck dieser Gesellschaft war die Übernahme der finanziellen Verpflichtungen verschiedener Straßensondergesellschaften, unter anderem auch der Tauernautobahn-AG. Mit Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23.9.1988 (BGBl 1989/42) wurde der Tauernautobahn-AG die Planung und mit Verordnung vom 17.8.1990 (BGBl 1990/619) die Errichtung der A 2-Südautobahn im Abschnitt Umfahrung Klagenfurt übertragen. Schließlich wurden mit Bundesgesetz vom 29.12.1992 (BGBl 1992/826) verschiedene Straßen- und Sondergesellschaften, so auch die Autobahnen- und Schnellstraßen-AG und die Tauernautobahn-AG zur "Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG" verschmolzen. Dieser Gesellschaft wurden nach § 7 leg cit alle Aufgaben zugewiesen, die den verschmolzenen Aktiengesellschaften zukamen. Nach Abs 4 dieser Bestimmung konnten sich die Gesellschaften von der Finanzprokuratur rechtlich beraten und vertreten lassen.
Durch die Übertragung der Errichtung der Umfahrungsstrecke Klagenfurt
an eine eigene Rechtsperson - nämlich eine Straßensondergesellschaft -, sind diese Agenden aus den Aufgaben des Bundes ausgeschieden und von der Straßensondergesellschaft zu erfüllen. Der erkennende Senat hat in einem vergleichbaren Fall bereits ausgesprochen, daß dies eine Form der mittelbaren Besorgung von nicht hoheitlichen Verwaltungsaufgaben des Bundes darstellt und daß damit diese Aufgabe aus den vom Bund unmittelbar zu besorgenden Angelegenheiten ausgeschieden ist (2 Ob 534/90 = ZVR 1991/74).
Soweit daher die Straßensondergesellschaft in Erfüllung der ihr durch das Gesetz übertragenen Aufgaben tätig wird, handelt sie im eigenen Namen und nicht als Vertreterin des Bundes. Lediglich die notwendigen Grundflächen kann sie gemäß § 4 Abs 1 des Gesetzes BGBl 1981/300 im Namen des Bundes erwerben. Daraus kann aber keine Vertretungsmacht für den Bund in einem Verfahren abgeleitet werden, in dem dieser auf Räumung einer Grundfläche geklagt wird.
Aus der Bestimmung des § 7 Abs 4 BGBl 1992/826, wonach sich die Gesellschaften durch die Finanzprokuratur vertreten lassen können, ist lediglich herauszulesen, daß die Finanzprokuratur über Ersuchen der Gesellschaft tätig werden kann, nicht aber umgekehrt, daß die eine eigene Rechtspersönlichkeit darstellende Gesellschaft als Vertreterin des Bundes aufzutreten berechtigt sei.
Soweit das Rekursgericht darauf verweist, daß der Verfassungsgerichtshof die Tauernautobahn-AG im dortigen Verfahren als gesetzliche Vertreterin für den Bund (Bundesstraßenverwaltung) angesehen hat, ist darauf hinzuweisen, daß es sich hiebei um ein Enteignungsverfahren gehandelt hat, in welchem die Sonderstraßengesellschaft berechtigt ist, im Namen des Bundes aufzutreten (§ 4 Abs 1 und 3 BGBl 1981/300). Eine weitergehende Vertretungsbefugnis der Sonderstraßengesellschaft besteht jedoch nicht.
Da im vorliegenden Fall die Republik Österreich geklagt wurde, ist ausschließlich die Finanzprokuratur zur Vertretung befugt.
Zutreffend hat daher das Erstgericht die von der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen AG eingebrachten Schriftsätze zurückgewiesen. Ein Vorgehen nach § 6 Abs 2 ZPO war nicht erforderlich, weil die Republik Österreich ohnedies durch die Finanzprokuratur vertreten ist, die innerhalb der ihr eingeräumten Frist von 2 Wochen eine Äußerung zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und eine Klagebeantwortung eingebracht hat.
Es war wie spruchgemäß zu entscheiden.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)