OGH 4Ob1006/95

OGH4Ob1006/9531.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GesellschaftmbH & Co KG, Wien 19, Muthgasse 2, vertreten durch Fiebinger & Polak, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei D***** GesellschaftmbH, Linz, Promenade 23, vertreten durch Dr.Norbert Nagele und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 7.November 1994, GZ 2 R 214/94-7, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ein Vorspannangebot ist sittenwidrig, wenn es geeignet ist, Verbraucher ohne jede sachliche Prüfung, allein wegen der Möglichkeit, die Vorspannware zu einem Bruchteil des üblichen Preises zu erwerben, zum Kauf einer Hauptware zu verleiten, die sie erfahrungsgemäß nicht gekauft hätten (ÖBl 1993, 73 - Badezimmerradio; ÖBl 1993, 234 - 777-Jubel-Abo 4 Ob 132/94 mwN). Maßgebend ist der Eindruck, den die angeprochenen Verkehrskreise von der möglichen Ersparnis haben (SZ 54/121 = ÖBl 1982, 13 - Osterfrühling bei E). Vorspannware war im vorliegenden Fall ein "namenloses" Farbfernsehgerät um S 999,--; Hauptware ein Jahresabonnement einer Tageszeitung um S 1.896,--. Das als Vorspannware ohne Markenhinweis verkaufte Farbfernsehgerät SABA M 3704 hat einen handelsüblichen Letztverbraucherpreis von S 2.990,--; ein "namenloses" Farbfernsehgerät war zum Zeitpunkt der beanstandeten Ankündigung um S 1.990,-- erhältlich.

Ob die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Ankündigung den Eindruck gewannen, um nur S 999,-- ein Farbfernsehgerät zum handelsüblichen Preis von fast S 3.000,-- oder zum handelsüblichen Preis von fast S 2.000,-- erwerben zu können, ist für die Entscheidung unerheblich. Auch bei Annahme eines handelsüblichen Preises von fast S 3.000,-- ist nicht anzunehmen, daß das Zeitungsabonnement nur wegen der Möglichkeit bestellt wurde, das Fernsehgerät um nur S 999,-- zu kaufen. Wer kein Interesse an der Zeitung hat und sie nicht, auch nicht fallweise, gekauft hätte, wird ein Zeitungsabonnement selbst dann nicht bestellen, wenn er es - bei einem üblichen Preis eines Marken-Fernsehgerätes von fast S 3.000,-- - praktisch geschenkt erhält.

Schließlich könnte er sich um den gleichen Betrag ein Farbfernsehgerät seiner Wahl kaufen und wäre nicht damit belastet, jeden Tag die für ihn uninteressante Zeitung entsorgen zu müssen. Selbst eine Preisersparnis von rund S 100,-- (Differenz zwischen Abonnementpreis zuzüglich Preis der Vorspannware und handelsüblichem Preis eines Marken-Farbfernsehgerätes) wird ihn nicht dazu bewegen, diese Belastung auf sich zu nehmen.

Das beanstandete Vorspannangebot ist daher selbst dann nicht geeignet, ausschließlich wegen der erhofften Preisersparnis beim Kauf der Vorspannware zur Bestellung des Zeitungsabonnements zu veranlassen, wenn als üblicher Preis der Vorspannware der eines Marken-Fernsehgerätes zugrundegelegt wird. Es ist daher für die Entscheidung unerheblich, ob die angesprochenen Verkehrskreise ihren Überlegungen den Preis eines Markengerätes oder den eines "namenlosen" Gerätes als üblichen Preis der Vorspannware zugrundegelegt haben. Daß die Zulässigkeit des Vorspannangebotes nach dem Eindruck zu beurteilen ist, den es bei den angeprochenen Verkehrskreisen erweckt, zieht die angefochtene Entscheidung nicht in Zweifel. Auf das Ergebnis der Werbeaktion wird nur zur Bekräftigung dieser Beurteilung verwiesen.

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