OGH 3Ob176/94

OGH3Ob176/9425.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien

1. Ing.Herfried B*****, und 2. Ing.Gerd S*****, beide vertreten durch Dr.Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in Linz, wider die verpflichteten Parteien 1. S***** GmbH, und 2. "A*****, wegen zwangsweiser Räumung, infolge Revisionsrekurses der Aufschiebungswerber 1. Mevlüt A*****,

2. Necati C*****, 3. Ethem Y*****, 4. Sevket *****, Arbeiter, 5. Cavit Ö*****, und 6. Arik G*****, alle vertreten durch Frischenschlager & Gallistl Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 4.August 1994, GZ 18

R 539/94-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 8.Juli 1994, GZ 9 C 154/94g-11, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerber haben die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die betreibenden Parteien haben von den beiden Eigentümern zwei Häuser, davon eines mit Ausnahme des Stiegenhauses und des zweiten Obergeschoßes, und ein Grundstück, auf dem sich ein Hof und die Zufahrt zu einem der beiden Häuser befinden, gemietet und ihrerseits alle gemieteten Bestandobjekte an die verpflichteten Parteien vermietet. Diese wurden aufgrund einer von den betreibenden Parteien eingebrachten, den verpflichteten Parteien am 4.2.1994 durch Hinterlegung zugestellten Klage mit dem ebenfalls hinterlegten rechtskräftig gewordenen Versäumungsurteil des Erstgerichtes vom 4.3.1994 schuldig erkannt, die angeführten Bestandobjekte zu räumen. Den betreibenden Parteien wurde vom Erstgericht aufgrund dieses Versämungsurteils die Exekution durch zwangsweise Räumung der Bestandobjekte bewilligt. Auch der Beschluß über die Bewilligung der Räumung wurde den verpflichteten Parteien durch Hinterlegung zugestellt.

Mehrere Personen, die aufgrund von Mietverträgen, die sie mit den verpflichteten Parteien schlossen, Mieter von Wohnungen sind, die sich in den angeführten Häusern befinden, beantragten die Aufschiebung der Räumungsexekution. Die verpflichteten Parteien seien als "obligatorische Fruchtnießer" anzusehen, weshalb die mit diesen abgeschlossenen Mietverträge gemäß § 2 Abs 1 MRG Hauptmietverträge seien. Überdies sei der mit den verpflichteten Parteien (zu ergänzen offensichtlich: von den betreibenden Parteien) abgeschlossene Mietvertrag ein Scheingeschäft, das mit der Absicht geschlossen worden sei, die bestmögliche Verwertung der Liegenschaft durch Weitergabe unter Umgehung der mietrechtlichen Schutzbestimmungen zu gewährleisten. Die beiden Häuser seien zur Gänze weitervermietet worden. Sie (die Antragsteller) hätten deshalb bei der zuständigen Gemeinde den Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter eingebracht. Die Räumungsexekution solle nur zur Umgehung ihrer Ansprüche nach § 2 Abs 3 MRG auf Anerkennung als Hauptmieter vollzogen werden.

Die betreibenden Parteien beantragten in der von ihnen eingeholten Äußerung die Abweisung des Aufschiebungsantrags. Von ihnen seien nur Büro-, Geschäfts- und Lagerräume gemietet worden. Wohnungen seien zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages nicht vorhanden gewesen. Sie seien erst von den verpflichteten Parteien errichtet worden, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Umgehung des Mietrechtsgesetzes beabsichtigt gewesen sei. Die Anträge der Aufschiebungswerber seien überdies nicht gegen die Hauseigentümer, sondern gegen sie (betreibende Parteien) gerichtet.

Das Erstgericht schob die Exekution zur Gänze ohne Auferlegung einer Sicherheit bis zur rechtskräftigen Erledigung des von den Aufschiebungswerbern eingebrachten Antrags auf Anerkennung als Hauptmieter auf. Die Voraussetzung des § 34a Abs 2 MRG seien erfüllt, zumal die betreibenden Parteien den ihnen gemäß § 2 Abs 3 MRG obliegenden Beweis des Fehlens der Umgehungsabsicht nicht erbracht hätten.

Das Rekursgericht wies infolge Rekurses der betreibenden Parteien den Aufschiebungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die beiden Häuser seien von den verpflichteten Parteien mit geringfügigen, im Sinn einer teleologischen Reduktion zu vernachlässigenden Ausnahmen "als Ganzes" gemietet worden, weshalb die Aufschiebungswerber schon aufgrund des § 2 Abs 1 MRG und damit ex lege Mieter seien. Sie könnten und müßten daher ihre Rechte mit einer Klage nach § 37 EO geltend machen. Der - überflüssigerweise gestellte - Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter könne hingegen nicht erfolgreich sein und vermöge daher die Aufschiebung der Exekution nicht zu rechtfertigen.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Aufschiebungswerbern gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben auf den zu beurteilenden Aufschiebungsantrag zu Recht § 34a Abs 2 MRG angewendet. Nach dieser Bestimmung kann die Aufschiebung (Hemmung) der Exekution auf Antrag angeordnet werden, wenn ein Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs 3 MRG gestellt und glaubhaft gemacht ist, daß die Räumungsexekution zur Umgehung der Ansprüche des Mieters nach § 2 Abs 3 MRG auf Anerkennung als Hauptmieter vollzogen werden soll. Im übrigen gelten die Bestimmungen der Exekutionsordnung über die Aufschiebung der Exekution; § 44 Abs 2 Z 3 EO ist nicht anzuwenden.

Zur Aufschiebung nach § 42 EO ist es ständige Rechtsprechung, daß mit Ausnahme der im § 44 Abs 3 E ausdrücklich ausgenommenen Aufschiebung nach § 42 Abs 1 Z 2a EO die Erfolgsaussichten der Verfahrenshandlung, auf die der Aufschiebungsantrag gestützt wird, zu prüfen sind und daß die Aufschiebung nicht bewilligt werden darf, wenn die Verfahrenshandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit als aussichtslos zu beurteilen ist (Miet 42.547; SZ 63/49; RdW 1989, 160 ua). Da sich hiezu aus § 34a MRG keine Ausnahme ergibt, gilt das Gesagte daher, wie schon das Rekursgericht richtig erkannte, auch für Aufschiebungsanträge nach der angeführten Gesetzesstelle. Das Rekursgericht hat aber auch zutreffend die Erfolgsaussichten des von den Aufschiebungswerbern eingebrachten Antrags auf Anerkennung als Hauptmieter, auf den sie ihren Aufschiebungsantrag stützen, verneint:

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Aufschiebungswerber, wie das Rekursgericht meint, aufgrund des § 2 Abs 1 MRG als Hauptmieter anzusehen sind. Dies könnte nicht nur deshalb zweifelhaft sein, weil der Mietvertrag in einem Fall nicht über das ganze Haus geschlossen wurde, sondern vor allem auch deshalb, weil in der angeführten Gesetzesstelle die Worte "mit dem Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses" und die hierauf bezugnehmende Regelung des letzten Satzes dieser Gesetzesstelle ebenso wie die Worte "dinglich oder obligatorisch berechtigten" als Ergänzung zu dem schon früher angeführten Fruchtnießer erst durch das 3.WÄG eingefügt wurden. Die geänderten Bestimmungen treten aber gemäß dem Art II III.Abschnitt Abs 2 3.WÄG erst mit 1.3.1994 in Kraft. Gemäß Art II II.Abschnitt Z 1

3. WÄG gelten sie zwar, von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, auch für Mietverträge, die vor ihrem Inkrafttreten geschlossen worden sind. Der Oberste Gerichtshof hat aber zu der vergleichbaren Bestimmung des § 43 Abs 1 MRG schon entschieden, daß dieses Gesetz nicht auf Sachverhalte anzuwenden ist, die schon vor seinem Inkrafttreten endgültig und abschließend verwirklicht wurden (JBl 1988, 525 = Miet 40.594/3). Hiebei könnte von Bedeutung sein, daß der zwischen den Parteien des Exekutionsverfahrens geschlossene Mietvertrag mit dem Zugang der Klage durch die verpflichteten Parteien als aufgelöst anzusehen ist (vgl Miet 42.134, 34.264; EvBl 1986/121 = Miet 19.154) und dieser Tag vor dem Inkrafttreten des

3. WÄG liegen könnte.

Wird die Auflösung - wie hier - in der Räumungsklage erklärt, so gilt diese Erklärung grundsätzlich mit der Zustellung der Klage als zugegangen (MietSlg 41.133; Würth in Rummel2, Rz 6 zu § 1118 ABGB). Dies wäre auf jeden Fall noch vor dem Inkrafttreten des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes gewesen. Im Hinblick, daß nach der Aktenlage von den beklagten (verpflichteten) Parteien kein einziges Gerichtsstück übernommen wurde, der Zusteller vielmehr am 15.6.1994 vermerkte, daß beide verpflichteten Parteien an der von den Betreibenden angegebenen Adresse "ausgezogen" seien, die verpflichteten Parteien sich am Räumungsverfahren überhaupt nicht beteiligten, kann nicht ausgsechlossen werden, daß es sich bei der in der Klage angegebenen Anschrift nicht (mehr) um die Abgabestelle gehandelt hat, sodaß die Auflösungserklärung erst am 1.3.1994 oder später zuging. Der Tag des Zuganges muß aber nicht erhoben oder festgestellt werden, weil in beiden denkbaren Fällen der vorliegende Antrag an die Schlichtungsstelle verfehlt ist. Erfolgte der Zugang der Auflösungserklärung am 1.3.1994 oder später, so ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, daß ihnen dann der Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter gemäß § 2 Abs 3 MRG nicht offen steht. Diese Bestimmung gibt das Antragsrecht nur dem Mieter, mit dem ein Untermietvertrag geschlossen wurde, und trifft daher schon dem Wortlaut nach nicht auf den Fall zu, daß der Antragsteller gemäß § 2 Abs 1 MRG Hauptmieter ist. Es wäre darüber hinaus auch deshalb nicht sachgerecht, einem Mieter, der aufgrund des § 2 Abs 1 MRG Hauptmieter ist, das Recht zur Antragstellung nach dem Abs 3 dieser Gesetzesstelle einzuräumen, weil für die Frage der Hauptmiete nach § 2 Abs 1 MRG nicht entscheidend ist, ob der vom Vertragspartner des Mieters mit dem Eigentümer der Liegenschaft geschlossene Mietvertrag nur "zur Untervermietung" und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach dem Mietrechtsgesetz zustehenden Rechte geschlossen wurde.

Aber auch dann, wenn auf die von den Aufschiebungswerbern geschlossenen Mietverträge § 2 Abs 1 MRG nicht anzuwenden wäre, könnte die von ihnen beantragte Aufschiebung der Exekution derzeit nicht bewilligt werden. Der von ihren Vermietern, also den verpflichteten Parteien, mit den betreibenden Parteien geschlossene Mietvertrag wäre dann gemäß § 2 Abs 2 MRG ein Untermietvertrag und sie selbst wären Untermieter der Untermieter (vgl hiezu SZ 49/159 = Miet 28.147). Auf einen solchen Fall trifft zwar der Wortlaut des § 2 Abs 3 MRG nicht zu, weil darin ausdrücklich nur der Fall geregelt wird, daß der Untermietvertrag mit dem Mieter des in Umgehungsabsicht geschlossenen Hauptmietvertrages zustande kam. Nach dem Zweck der Regelung muß hievon aber auch der Fall erfaßt sein, daß ein Untermietvertrag nur zur Untervermietung durch den Untermieter und zur Umgehung der einem Untermieter nach dem Mietrechtsgesetz zustehenden Recht gschlossen wird. Es ist dabei daran zu denken, daß der Hauptmieter, auf den die Voraussetzungen des § 2 Abs 3 MRG zutreffen und der deshalb befürchten muß, infolge eines Antrags des Untermieters seine Stellung als Hauptmieter zu verlieren, einen Untermieter als Strohmann zwischenschaltet. Würde man in einem solchen Fall dem letzten Untermieter nicht das Recht einräumen, die Anerkennung als Hauptmieter zu begehren, so wäre der mit der Regelung des § 2 Abs 3 MRG verfolgte Zweck, Umgehungsgeschäfte zu unterbinden, vereitelt, weil der mit Umgehungsabsicht geschlossene Hauptmietvertrag nicht beseitigt werden könnte. Diese Überlegung gebietet es, dem letzten Untermieter das Recht einzuräumen, an Stelle seines Vertragspartners, des ersten Untermieters, die Anerkennung als Hauptmieter zu begehren. Geschieht dies mit Erfolg, so sind sowohl der Hauptmietvertrag als auch der erste Untermietvertrag nichtig (vgl WoBl 1993,105; SZ 64/66; SZ 60/8 ua) und der letzte Untermieter wird als Hauptmieter Vertragspartner des Liegenschaftseigentümers.

Sollte der zwischen den Parteien des Exekutionsverfahrens geschlossene Vertrag als Untermiete zu beurteilen und zur Umgehung der den Aufschiebungswerbern sonst nach dem Mietrechtsgesetz zustehenden Rechte geschlossen worden sein, so hätten sie die Möglichkeit, gemäß § 2 Abs 3 MRG ihre Anerkennung als Hauptmieter zu begehren. Diese Möglichkeit stünde ihnen unabhängig davon zu, ob der Mietvertrag, den die Parteien des Exekutionsverfahrens geschlossen haben, bereits aufgelöst ist (vgl Miet 38.274/38, 38.271/37 ua). Ein solcher Antrag wäre aber auch gegen die Liegenschaftseigentümer zu richten gewesen und es hätte eines entsprechenden Vorbringens zu dem zwischen den Parteien des Exekutionsverfahrens geschlossenen Mietvertrag bedurft. Daß dies hier der Fall war, haben die Aufschiebungswerber aber nicht dargetan.

Das Rekursgericht hat somit mit Recht den Antrag der Aufschiebungswerber, auf die sie ihren Aufschiebungsantrag stützen, als mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos angesehen und deshalb den Aufschiebungsantrag zutreffend abgewiesen.

Da dem Zuspruch von Kosten für den Revisionsrekurs schon § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO entgegensteht, muß nicht erörtert werden, ob § 35 Abs 3 MRG, der den Kostenersatz ebenfalls ausschließen würde, sinngemäß anzuwenden gewesen wäre.

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