OGH 11Os161/94

OGH11Os161/9417.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Jänner 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Haubenwallner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred M* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 zweiter und dritter Fall StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Feldkirch vom 16. September 1994, GZ 15 Vr 525/94‑29, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Raunig, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Adam zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0110OS00161.9400000.0117.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred M* auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen der Verbrechen (zu A) der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 zweiter und dritter Fall StGB, (zu B) des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und (zu C 1‑3) der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1106 Abs 1 Z 1 und 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in der Nacht zum 6. Juni 1994 in Feldkirch Sabine J*

(A) mit schwerer gegen sie gerichteter Gewalt und durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gewalt für Leib oder Leben zur Vornahme und Duldung des wiederholten Beischlafes sowie zur Vornahme von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen, nämlich des wiederholten Oralverkehrs, weiters zum Schlucken seines Spermas und zum Lecken seiner Hoden und seines Afters genötigt, indem er ihr zwei Faustschläge gegen die linke Gesichtsseite versetzte, ihr eine Gaspistole, die sie für eine echte Faustfeuerwaffe hielt, an die linke Kopfseite hielt, ihr erklärte, daß er sie umbringen werde, wenn sie nicht ohne Verwendung eines Kondoms den geforderten Oralverkehr durchführe und ihr auch während der ca 2 Stunden dauernden sexuellen Handlungen immer wieder die Gaspistole an den Kopf hielt, sodaß Sabine J* durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand der Todesangst versetzt und in besonderer Weise erniedrigt wurde;

(B) durch die Aufforderung, ihm die 500 S, die er ihr zuvor für die Vornahme eines Geschlechtsverkehrs bezahlt hatte, zurückzugeben, und durch die Erklärung, daß er sie andernfalls umbringen werde, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

(C) durch Drohungen mit dem Tod (zu 1.) zu einer Handlung, nämlich zur Ausfolgung ihres Reisepasses genötigt, sowie (zu 2. und 3.) zur Unterlassung der Anzeigeerstattung bei der Polizei zu nötigen versucht, und zwar

(1) durch die Aufforderung, ihm ihren Reisepaß zu übergeben und die Erklärung, daß er sie andernfalls umbringen werde;

(2) durch die Äußerung: "Wenn Du mich bei der Polizei anzeigst, bringe ich Dich um, und wenn ich im Knast bin, bringt Dich ein anderer um", wobei er eine Gaspistole in einem Schulterhalfter am Körper trug;

(3) nach gemeinsamer Fahrt mit seinem PKW in einen Wald durch die Äußerung, daß er sie umbringen werde, wenn sie zur Polizei gehe, wobei er ihr eine Gaspistole am Kopf ansetzte.

Die Geschworenen bejahten die Hauptfrage I nach dem Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 zweiter und dritter Fall StGB im Stimmenverhältnis 6 : 2. Demzufolge blieb die Eventualfrage in Richtung des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 184 Abs 1 StGB unbeantwortet.

Die weitere Hauptfrage II nach dem Verbrechen des schweren Raubes unter Verwendung einer Waffe (§§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB) wurde von den Geschworenen im Stimmenverhältnis 2 : 6 verneint, die dadurch aktuell gewordene Eventualfrage VII nach dem ‑ durch keine derartige Qualifikation beschwerten ‑ Grundddelikt des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB aber stimmeneinhellig bejaht. Gleichfalls jeweils stimmeneinhellig bejahten die Geschworenen auch die Hauptfrage III nach dem Verbrechen der vollendeten schweren Nötigung ‑ durch Abnötigen des Reisepasses ‑ und jene (IV) nach versuchter schwerer Nötigung.

Die (zudem offenkundig versehentlich im Widerspruch zu § 312 StPO nicht anklagekonform in Richtung der bloß versuchten schweren Nötigung, sondern nach dem Verbrechen der vollendeten schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1; 106 Abs 1 erster Fall StGB gestellte) Hauptfrage V, welche das inkriminierte Drohverhalten des Angeklagten gegenüber Sabine J* während einer gemeinsamen Autofahrt zum Gegenstand hatte, bejahten die Geschworenen ebenfalls einstimmig. Da der Schwurgerichtshof diesen Teil des Wahrspruchs aber auf Grund eines neuerlichen Versehens (nun anklagekonform) im Rahmen des Schuldspruches den §§ 15105 Abs 1 und 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB unterstellte und bei der Strafbemessung als mildernd wertete, daß es (auch) insoweit beim Versuch geblieben ist (§ 34 Z 13 StGB), hat sich im Ergebnis weder der an sich unter Nichtigkeitssanktion nach Z 6 des § 345 Abs 1 StPO stehende Verstoß gegen § 312 StPO noch die zur Begründung einer materiellen Nichtigkeit geeignete Diskrepanz zwischen dem Wahrspruch und dem Urteilsspruch zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt (§ 345 Abs 3 StPO). Die beiden vom Angeklagten nicht gerügten Vorgänge können daher auf sich beruhen.

 

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagten bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 6, 8, 9, 11 lit a und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die in keinem Punkt berechtigt ist.

Zu Unrecht erachtet sich der Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge (Z 5) durch die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung vom 16.September 1994 gestellten Beweisanträge in seinen Verteidigungsrechten verletzt.

Denn die Einvernahme des ärztlichen Sachverständigen Dr.Z* hinsichtlich der "Verletzungen der Sabine J*", welche auf den Nachweis der Unrichtigeit der belastenden Angaben dieser Zeugin mit der Begründung abzielte, daß die bei der Anzeigeerstattung im Mund der Zeugin festgestellte blutende Verletzung nicht durch die inkriminierten Tathandlungen, sondern erst später herbeigeführt worden sei, weil derartige Blutungen schon nach kurzer Zeit wieder aufhören würden (347), ist zur Erzielung des erwarteten Beweisergebnisses von vornherein nicht geeignet. Abgesehen davon, daß auch das ‑ mangels Verlesung in der Hauptverhandlung im gegenständlichen Verfahren nicht verwertete ‑ schriftliche Gutachten dieses Sachverständigen (349 iVm ON 11) ‑ keine Ausführungen über das Alter der betreffenden Verletzung im Mund des Tatopfers zur Zeit der rund 1 1/2 bis 1 3/4 Stunden nach Verübung der vorliegenden Tathandlungen erfolgten Anzeigeerstattung enthält (vgl zu diesem Zeitabstand 13, 15, 27 und 283), entspricht das Auftreten von Blutungen bzw. von Nachblutungen bei einer erst relativ kurze Zeit zurückliegenden Verletzung, welche noch dazu ‑ wie hier ‑ ständigen bewegungsbedingten Spannungen ausgesetzt war, der Lebenserfahrung. Hieraus ergibt sich aber ‑ ohne daß es dazu besonderer medizinischer Kenntnisse bedarf ‑ zwangsläufig, daß solche Blutungen angesichts der Kürze des vorliegend in Frage kommenden Zeitraumes keinen Aufschluß über den Entstehungszeitpunkt der tatgegenständlichen Verletzung zu geben vermögen. Der Beweisantrag verfiel daher zu Recht der Ablehnung (347 und 349).

Dem weiteren Beweisantrag des Angeklagten auf Vernehmung der Zeugen Guntram M*, Burkhard M*, Gerhard B* und Patrick H* "hinsichtlich des Vorfalles am 13. Jänner 1994" (347) hinwieder mangelt es an einem konkreten Beweisthema. Soweit damit der Sache nach der Nachweis der Richtigkeit der Behauptung des Angeklagten angestrebt wird, von Sabine J* der vorliegenden Straftaten im Auftrag von ‑ sich für einen Vorfall vom 13. Jänner 1994 rächen wollenden ‑ Angehörigen des Feldkircher Zuhälter‑ und Prostituiertenmilieus fälschlich bezichtigt worden zu sein (251 und 267 ff), lassen sich weder unmittelbar aus dem Beweisantrag selbst noch sonst aus dessen Inhalt im Zusammenhang mit dem Vorbringen des Angeklagten in der Hauptverhandlung jene Umstände ableiten, die durch die beantragten Zeugeneinvernahmen erwiesen werden sollten. Am 13. Jänner 1994 hatte nämlich eine Prostituierte nach einer Auseinandersetzung mit dem Angeklagten diverses Wohnungsinventar der Genannten mit Rasierschaum besprüht; überdies soll in die Wohnungstür die Phrase "Paß auf" eingeritzt worden sein (253, 267). Da das betreffende Vorbringen des Angeklagten aber nur auf Mutmaßungen beruht (255, 267) und darnach auch seine Brüder maßgebliche einschlägige Informationen im wesentlichen nur von ihm selbst bzw bei der Herstellung von Photos in seiner Wohnung nach dem Vorfall vom 13. Jänner 1994 erlangt haben (319), hätte bei der Antragstellung dargetan werden müssen, auf Grund welcher Umstände die Zeugen Guntram M* und Burkhard M* (die beiden Brüder des Angeklagten) sowie die anderen Zeugen Beobachtungen oder sonstige Wahrnehmungen gemacht hätten, die ihnen eine Bestätigung der gegenständlichen Behauptungen des Angeklagten ermöglichen würden. Einen derartigen ‑ über sein eigenes Wissen hinausgehenden - Informationsstand dieser Zeugen hat der Angeklagte aber bei seiner ‑ für die Entscheidung über die Relevanz des Beweisbegehrens allein maßgeblichen ‑ Antragstellung nicht behauptet, sodaß das inhaltlich nur auf die Aufnahme eines bloßen Erkundungsbeweises hinauslaufende Begehren vom Erstgericht ebenfalls zu Recht abgelehnt wurde.

Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) nach §§ 312 bis 317 StPO erblickt der Angeklagte ‑ wie (der Sache nach) auch in seinen Ausführungen zur Z 11 a des § 345 Abs 1 StPO - darin, daß den Geschworenen zu der ‑ ohnedies verneinten Hauptfrage II nach dem Verbrechen des schweren Raubes gemäß §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB ‑ ersichtlich gemeint: zu der einstimmig bejahten Eventualfrage VII nach dem Grunddelikt des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB - keine (weitere) Eventualfrage in Richtung eines (bloßen) Deliktsversuches nach § 15 StGB gestellt wurde. Eine solche Frage war aber nicht indiziert: Der Beschwerde zuwider hat nämlich Sabine J* nicht von einer freiwillig erfolgten Herausgabe des tatgegenständlichen Geldes gesprochen, welche ja das Vorliegen einer Straftat überhaupt ausgeschlossen hätte, sondern ‑ zufolge der bezughabenden Passagen des Hauptverhandlungsprotokolls in ihrer Gesamtheit (287 und 305) ‑ nur ihre Bereitschaft bekundet, dem Angeklagten den für die Gewährung der Vornahme des Geschlechtsverkehrs erhaltenen Betrag aus Empörung über dessen Verhalten zu irgendeinem späteren Zeitpunkt gleichsam "vor die Füße zu werfen". Das Verbrechen des Raubes ist mit der Sachbemächtigung, das heißt mit der Wegnahme oder Abnötigung der Raubbeute vollendet. Daß der Angeklagte den in Rede stehenden Geldbetrag wieder in seine Verfügungsgewalt gebracht hat, wurde aber ‑ insoweit in Übereinstimmung mit den Angaben der Zeugin Sabine J* - auch von ihm selbst nicht bestritten (insbesondere 241 iVm 73, 287 und 305).

Wenn der Angeklagte ohne jegliche faktenmäßige Zuordnung ganz allgemein das Fehlen von Eventualfragen in Richtung des Deliktsstadiums des Versuches (§ 15 StGB) mit der Begründung kritisiert, daß damit den Geschworenen die Möglichkeit zur Entscheidung darüber genommen worden sei, ob die eine oder andere Handlung beim Versuch geblieben ist, läßt er die erforderliche Substantiierung vermissen; die Rüge (Z 6) gelangt solcherart nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Auch der Beschwerdeeinwand, die anklagegegenständliche Qualifikation nach § 201 Abs 3 zweiter und dritter Fall StGB (Herbeiführung eines qualvollen Zustandes und einer besonderen Erniedrigung des Tatopfers durch die vorliegende Vergewaltigung) hätte nicht in die den Geschworenen diesbezüglich gestellte Hauptfrage I nach dem Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB mitaufgenommen werden dürfen, sondern ‑ um den Geschworenen eine sachgerechte Beurteilung auch in Ansehung der aktuellen strafsatzändernden Umstände zu ermöglichen ‑ selbständigen Eventualfragen (gemeint: Zusatzfragen nach § 316 StPO) in Richtung der jweiligen qualifikationsbegründenden Tathandlungen vorbehalten werden müssen, ist nicht stichhältig. Denn nach der Bestimmung des § 317 Abs 2 StPO bleibt es dem Ermessen des Schwurgerichtshofes anheimgestellt, den Geschworenen entweder eine neben den gesetzlichen Merkmalen des Grundtatbestandes (hier der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB) auch die aktuellen Qualifikationsmerkmale (hier nach § 201 Abs 3 StGB) mitumfassende einheitliche Schuldfrage vorzulegen oder aber derartige Merkmale zum Gegenstand einer selbständigen Zusatzfrage zu machen (Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 316 E 8, 8 a und 9, sowie § 317 E 6 b uva). Zudem wurden die Geschworenen sowohl durch die sogenannte "allgemeine Rechtsbelehrung für die Geschworenen" (StPOForm RMB 1), auf deren Inhalt sie in der schriftlichen Rechtsbelehrung ausdrücklich verwiesen wurden (413 und 421 f), als auch durch die Antwortspalte des Fragenformulars (357 ff) auf die ihnen durch § 330 Abs 2 StPO eingeräumte Möglichkeit einer nur teilweisen (einschränkenden) Bejahung der gestellten Fragen hingewiesen.

Der Angeklagte ist auch mit seiner Instruktionsrüge (Z 8) nicht im Recht, denn er behauptet keine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung, sondern bemängelt nur deren Verständlichkeit für juristische Laien (Mayerhofer‑Rieder aaO § 345 Z 8 E 43 und 66 b).

Überdies ist der Gefahr einer etwaigen schweren Verständlichkeit der schriftlichen Belehrung dadurch vorgebeugt, daß sie den Geschworenen auch mündlich erklärt werden muß, im Anschluß daran die Fragen zu besprechen sind und der Vorsitzende sich hierauf zu überzeugen hat, ob seine Belehrung auch verstanden woden ist (§ 323 StPO; vgl hiezu insbesondere 13 Os 187/93 mwN).

Von der behaupteten Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung kann demnach keine Rede sein.

Indem der Beschwerdeführer gestützt auf § 345 Abs 1 Z 9 StPO den Wahrspruch unter Hinweis auf die von den Geschworenen in ihrer Niederschrift zu den Hauptfragen I‑III jeweils angeführte Begründung als undeutlich kritisiert, bringt er den damit geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, können doch Urteilsnichtigkeit begründende Mängel des Wahrspruchs in der Bedeutung der genannten Gesetzesstelle ausschließlich aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden, nicht jedoch aus der vom Obmann der Geschworenen gemäß § 331 Abs 3 StPO zu verfassenden Niederschrift (Mayerhofer‑Rieder aaO § 345 Z 9 E 7). In Ansehung der Hauptfrage II nach schwerem Raub übersieht der Angeklagte zudem die (stimmenmehrheitlich) verneinende Antwort der Geschworenen, weshalb sich die Beschwerde insoweit als nicht zu seinem Vorteil ausgeführt erweist.

Wenn der Beschwerdeführer unter diesem Nichtigkeitsgrund schließlich auch noch ein "näheres" Eingehen auf das ‑ als widersprüchlich bezeichnete - Vorgehen der Sabine J* in der Niederschrift der Geschworenen vermißt, verkennt er, daß das Fehlen einer ausreichenden Begründung des Wahrspruches in der Niederschrift ‑ mangels einer Verpflichtung der Geschworenen zur Begründung ihres Wahrspruches nach Art eines schöffengerichtlichen Urteils ‑ niemals Urteilsnichtigkeit begründen kann (14 Os 85/94; Mayerhofer‑Rieder aaO § 331 E 12 und 14, § 345 E 5) und kritisiert damit in Wahrheit lediglich in unzulässiger Weise die den Geschworenen allein vorbehaltene Beweiswürdigung.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß die Kritik des Angeklagten am Inhalt der Niederschrift der Geschworenen auch sachlich nicht gerechtfertigt ist. Diese haben zur Hauptfrage I nach dem Verbrechen der Vergewaltigung unter Angabe des entsprechenden Stimmenverhältnisses erklärt, die Zeugenaussage der Sabine J* für wahr (siehe die Zweitausfertigung der Niederschrift; das "ja" in der Erstausfertigung ist ein offensichtlicher Schreibfehler) befunden zu haben. Bei ihrer Antwort auf die Hauptfrage III nach schwerer Nötigung, betreffend die Wegnahme eines Reisepasses haben sie durchaus zutreffend auch auf die (freilich eine freiwillige Ausfolgung des Passes an seine Person behauptende) Einlassung des Angeklagten (231 und 237) Bezug genommen (jeweils 369).

Letztlich versagen auch die Rechtsrügen (Z 11 lit a und 12).

Mit der Behauptung, aus der "Verantwortung" (gemeint wohl: Aussage) der Zeugin Sabine J* gehe eindeutig hervor, daß die Herausgabe des Geldbetrages von 500 S nicht als Raub, sondern als straffreie Handlung zu beurteilen gewesen wäre (Z 11 lit a), hält der Angeklagte nicht an den im bezughabenden Wahrspruch der Geschworenen (vgl die Beantwortung der Eventualfrage VII nach dem Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB) getroffenen (gegenteiligen) Konstatierungen fest und bringt damit die Beschwerde insoweit nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Gleiches gilt für die weitere Beschwerdeargumentation (sachlich Z 12), mit welcher der Angeklagte ‑ bei der bereits erwähnten Substituierbarkeit der im § 201 Abs 3 StGB angeführten qualifikationsbegründenden Tatumstände auch rechtlich verfehlt ‑ die Richtigkeit der von den Geschworenen über die Zeitdauer des angenommenen Versetzens des Tatopfers in einen qualvollen Zustand getroffenen Feststellungen (§ 201 Abs 3 StGB) unter Bezugnahme auf nicht näher spezifizierte Verfahrensergebnisse bestreitet. Eine den materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs 1 StPO bewirkende unrichtige rechtliche Subsumtion kann aber nur aus den im Verdikt selbst festgestellten Tatsachen, nicht jedoch aus wahrspruchsfremden Prämissen abgeleitet werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 201 Abs 3 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren.

Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von drei Verbrechen, die zweifache "Qualifizierung" des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 3 StGB, den Umstand, daß die Vergewaltigung auch eine leichte Körperverletzung des Tatopfers zur Folge hatte, die Wiederholung des Verbrechens der schweren Nötigung sowie zwei Vorverurteilungen wegen Körperverletzungsdelikten; als mildernd nahm es hingegen an, daß "das Verbrechen der schweren Nötigung in zwei Fällen beim Versuch geblieben ist".

Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit welcher er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe (unter Anwendung des § 41 StGB) begehrt, sowie jene der Staatsanwaltschaft, womit eine Erhöhung der Freiheitsstrafe angestrebt wird.

Beide Berufungen sind nicht berechtigt.

Die Berufung des Angeklagten vermag vom Erstgericht unberücksichtigt gebliebene Umstände mildernder Natur nicht darzutun; der bloße Hinweis auf sozial schlechte Verhältnisse und eine daraus abgeleitete Verrohung des Angeklagten stellen nach Lage des Falles ebensowenig einen Milderungsgrund dar wie die Behauptung, beim Tatopfer (der Vergewaltigung) handle es sich um eine "in allen Belangen sexuell ausgereifte Frau".

Aber auch die Staatsanwaltschaft vermag in ihrer Berufung keinen weiteren, einen zusätzlichen Erschwerungsgrund bildenden Umstand darzustellen. Das Erstgericht hat demnach die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt und auch ihrem Gehalt entsprechend gewürdigt.

Unter Bedachtnahme darauf sowie auf die allgemeinen Grundsätze für die Strafzumessung (§ 32 StGB) wurde ‑ bei einem von fünf bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen ‑ unter weiterer Berücksichtigung der intensiven kriminellen Energie des Angeklagten zur Erreichung der von ihm angestrebten Ziele die vom Geschworenengericht ausgesprochene Freiheitsstrafe nach der tat‑ und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten nicht zu gering, aber auch keineswegs zu hoch ausgemessen.

Es war darum auch beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

 

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