OGH 2Ob589/94

OGH2Ob589/9422.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** & Sohn, *****gesmbH, *****, vertreten durch Dr.Gerald Kleinschuster ua Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Firma D***** GesmbH, *****, wegen S 14.203,-- sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 21.Juni 1994, GZ 45 R 708/93-17, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 10.Mai 1993, GZ 3 C 1154/92p-14, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Rekurs gegen die Zurückweisung der Berufung im Kostenpunkt wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei zuletzt Zahlung eines Betrages von S 14.203,-- samt Anhang als Kaufpreis für gelieferte Waren.

Die beklagte Partei wendete dagegen ein, die verrechneten Positionen nicht bestellt zu haben; bestimmte Waren seien nicht geliefert worden.

Das Erstgericht gab der Klage mit einem Teilbetrag von S 8.261,20 statt und wies das darüber hinausgehende Begehren ab.

Gegen den klagsabweisenden Teil dieses Urteils richtete sich die Berufung der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie hieraus resultierender unrichtiger Tatsachenfeststellung bzw unrichtiger Beweiswürdigung mit dem Antrag, das Ersturteil im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung abzuändern. Inhaltlich wurde dieses Rechtsmittel jedoch nur aus dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung ausgeführt.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig zurück. Die klagende Partei führe zwar an, das Urteil auch aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung anzufechten, in Wahrheit werde aber das Ersturteil ausschließlich wegen unrichtiger Lösung der Tatfrage bekämpft. Die Berufungswerberin wende sich ausschließlich gegen die Feststellung, daß gewisse Gegenstände der beklagten Partei nicht geliefert worden seien. Eine Bekämpfung der diesbezüglichen Feststellungen sei unzulässig. Wenn auch in der Berufung ausgeführt werde, die Rechtsmeinung des Erstgerichtes sei unrichtig, wonach praktisch nur eine schriftliche Bestätigung den Beweis für die Abholung von Waren liefern könnte, stelle dies in Wahrheit keine Rechtsrüge dar, sondern beziehe sich nur auf eine Bekämpfung der vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellung.

Das Berufungsgericht wies gleichzeitig den mit der Berufung erhobenen Rekurs gegen die Kostenentscheidung des Erstgerichtes als verspätet zurück.n

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag sie zu beheben, in der Sache selbst zu entscheiden und der Berufung der klagenden Partei Folge zu geben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Zurückweisung der Berufung im Kostenpunkt wird ebenfalls bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt. Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Zurückweisung der Berufung im Kostenpunkt wendet, ist es unzulässig.

Die Rekurswerberin vertritt in ihrem Rechtsmittel die Meinung, das Berufungsgericht hätte auf jeden Fall in der Sache selbst entscheiden müssen und verweist dazu auf die Lehrmeinung Faschings (in Lehrbuch2 Rz 1837, 1744). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes sei auch der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung inhaltlich zur Darstellung gebracht worden, weil das Erstgericht - ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht - offensichtlich die Regel der Beweislastverteilung verkannt habe.

Der Rekurs ist zulässig, weil gegen einen Beschluß, mit dem das Berufungsgericht eine Berufung zurückweist, ein Rekurs ohne Rücksicht auf den Streitwert erhoben werden kann (RZ 1992/1; EvBl 1991/62; SZ 65/157).

Er ist aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mit ausführlicher Begründung unter Ablehnung der Lehrmeinung Faschings (Lehrbuch2 Rz 1837) und Fuciks (RZ 1984/60) dargelegt, daß in Rechtsstreitigkeiten mit einem S 15.000,-- nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand über Berufungen, in denen ausschließlich andere Berufungsgründe als in § 501 Abs 1 ZPO genannt, geltend gemacht werden, nicht sachlich zu entscheiden ist, sondern daß diese Berufungen als unzulässig zurückzuweisen sind (SZ 65/157). Nur dann, wenn zulässige Berufungsgründe geltend gemacht - und ausgeführt - werden, ist über eine derartige Berufung sachlich zu entscheiden (vgl 3 Ob 518/93).

Der erkennende Senat schließt sich den in SZ 65/157 dargelegten Argumenten der Rechtsmeinung an, daß eine Berufung gegen ein Urteil mit einem S 15.000,-- nicht übersteigenden Streitwert, in der lediglich der Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung ausgeführt wird, vom Berufungsgericht zurückzuweisen ist.

Auch in der Sache ist der Rekurs nicht berechtigt.

Die Berufung bekämpft ausschließlich die Feststellung des Erstgerichtes, daß gewisse Gegenstände der beklagten Partei nicht geliefert worden seien. Das Erstgericht hat dazu in seiner Beweiswürdigung ausgeführt, daß üblicherweise schriftliche Unterlagen über die Ausfolgung von gelieferten Waren bestünden. Daß damit eine Rechtsansicht des Erstgerichte ausgesprochen worden sei, wonach nur die Vorlage schriftlicher Urkunden den vollen Beweis über die Lieferung bestimmter Waren herstellen könne, ist dem Ersturteil in keiner Weise zu entnehmen. Die Aussage, üblicherweise würden Waren nur gegen Lieferschein ausgefolgt, stellt daher in Wahrheit nur ein Hilfsargument für die Beweiswürdigung des Erstgerichtes dar.

Die in der Berufung aufgestellte Behauptung, das Erstgericht sei der "unrichtigen Rechtsmeinung" gewesen, daß nur eine schriftliche Bestätigung den Beweis für die Abholung von Waren liefern könne, stellt sich daher wie auch das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, lediglich als Bekämpfung der Tatsachenrüge nicht aber als ausgeführte Rechtsrüge dar. Überdies würde es sich auch bei Rechtsausführungen des Erstgerichtes über die Zulässigkeit eines Beweismittels nicht um eine materiellrechtliche Frage handeln, die mit dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht werden könnte.

Da daher die Berufung zulässige Berufungsausführungen nicht enthält, wurde sie vom Berufungsgericht zu Recht zurückgewiesen.

Soweit sich das Rechtsmittel auch gegen die Zurückweisung der Berufung im Kostenpunkt wendet, ist es unzulässig, weil die Anrufung des Obersten Gerichtshofes in Kostenfragen auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Entscheidung über den Kostenpunkt aus rein formellen Gründen vom Gericht zweiter Instanz abgelehnt wurde (MietSlg 37.783).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

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