OGH 2Ob593/94

OGH2Ob593/9422.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Erwin P*****, vertreten durch Dr.Hans Kaska und Dr.Christian Hirtzberger, Rechtsanwälte in St.Pölten, wider die beklagte Partei Helga P*****, vertreten durch Dr.Reinhard Kohlhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 9.295,20 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes vom 27.Juli 1994, GZ R 526/94-14, womit das Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 28.März 1994, GZ 2 C 37/93-9, zum Teil aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil vom 30.9.1991 gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden und ausgesprochen, daß das Alleinverschulden an der Zerrüttung der Ehe den Kläger trifft. Das Urteil ist seit 19.7.1993 rechtskräftig.

Seit 5.10.1992 ist beim Erstgericht ein Verfahren nach den §§ 81 ff EheG anhängig, in welchem insbesondere die Liegenschaft EZ ***** KG O***** mit dem Haus A***** Gasse 6 streitverfangen ist. Unstrittig im Aufteilungsverfahren ist, daß diese Liegenschaft samt Haus als Ehewohnung in die Aufteilung einzubeziehen ist. Im Aufteilungsverfahren begehren beide Parteien primär die Zuweisung der Liegenschaft in ihr Alleineigentum.

Mit der am 5.3.1993 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger zunächst die Zahlung von S 6.093,60 sA mit der Begründung, die Beklagte sei aufgrund des Schenkungsvertrages vom 1.2.1977 Alleineigentümerin des ehelichen Hauses in ***** A***** Gasse 6, welches von beiden Ehegatten bewohnt werde; das Wohnungs- und Nutzungsrecht an dieser Liegenschaft stehe dem Kläger gemeinsam mit seiner Gattin zu. Aufgrund dieser vertraglichen Vereinbarung habe die Beklagte für die Erhaltung des Hauses als Eigentümerin aufzukommen. Für die Behebung eines Heizungsdefektes und für Installationsarbeiten habe der Kläger den Klagsbetrag ausgelegt und verlange dessen Ersatz. In der Verhandlung vom 3.11.1993 wurde das Klagebegehren um S 2.258,40 mit der Begründung ausgedehnt, daß der Kläger diesen Betrag für ein Heizungsservice sowie für die Ingangsetzung der Heizung zu Beginn der Heizperiode bezahlt habe. In der Verhandlung vom 16.12.1993 machte der Kläger schließlich weitere S 943,20 für eine neuerliche Serviceleistung an der Heizung des gemeinsamen Hauses geltend.

Die Beklagte wendete ein, der Kläger sei im Rahmen seiner Unterhaltsverpflichtung zur Tragung dieser Kosten verhalten. Es handle sich nicht um Reparaturen des Hauses, sondern um laufende Reparatur- und Wartungskosten der Einrichtungen, welche zu den Betriebskosten des Hauses gehörten und vom Kläger zu tragen seien. Es sei niemals vereinbart worden, daß die Beklagte die Betriebs- und Erhaltungskosten des Hauses zu tragen habe. Die Beklagte wendete eine Gegenforderung von S 14.785,39 kompensando ein, weil ihr der Kläger die Hälfte verschiedener seit August 1993 von ihr allein bestrittener Ausgaben für das gemeinsame Haus zu ersetzen habe.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren mit S 3.201,60 sA als zu Recht bestehend und die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend festgestellt und dem Klagebegehren im Umfang von S 3.201,60 sA stattgegeben; das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Das Erstgericht ging dabei im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Trotz Auflösung der Ehe bewohnen die Streitteile weiterhin gemeinsam, wenngleich mit getrennten Wohnbereichen, das Haus in ***** A***** Gasse 6. Das Haus stand ursprünglich im Miteigentum der Streitteile. Am 2.2.1977 schenkte der Kläger seine Liegenschaftshälfte der Beklagten, behielt sich jedoch ein Wohnungs- und Nutzungsrecht gemeinsam mit dieser vor. Eine ausdrückliche Vereinbarung, die Betriebskosten des Hauses bzw im Haus anfallende Reparaturen zu bezahlen, wurde nicht getroffen. Da die Beklagte aber über keinerlei Einkommen verfügte, bezahlte der Kläger in weiterer Folge, wie schon bisher, sämtliche für das Haus anfallende Kosten einschließlich der Betriebskosten und anfallender Reparaturen. Am 21.11.1985 vereinbarten die Streitteile mündlich, daß der Kläger auch weiterhin sämtliche Kosten des Hauses bezahlen sollte. Am 4.5.1990 wurde neuerlich eine derartige Vereinbarung getroffen und zahlte der Kläger auch weiterhin die Kosten für das Haus bis einschließlich Juli 1993.

Im November 1991 platzten an der Mischbatterie in der Küche des gemeinsamen Hauses Dichtungen. Die über die Behebung dieses Schadens gelegte Reparaturrechnung in der Höhe von S 4.071,60 bezahlte der Kläger. Im November 1992 sprang die Heizung des Hauses nicht an, weshalb die Zündung repariert werden mußte; dafür bezahlte der Kläger S 2.022,--. Da die Heizung im Oktober 1993 abermals nicht ansprang, mußte der Kläger S 2.258,40 bezahlen. Eine neuerliche Überprüfung der Heizung im November 1993 kostete S 943,20 welche ebenfalls vom Kläger bezahlt wurden.

Mit Urteil vom 3.11.1993 wurde der Kläger dazu verurteilt, der Beklagten ab 1.8.1993 einen Unterhalt von insgesamt S 9.800,-- zu bezahlen. Dem Urteil liegt zugrunde, daß der Kläger seit 1.8.1993 die Kosten des gemeinsam bewohnten Hauses nicht mehr trägt.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß der Kläger die in den Jahren 1991 und 1992 geleisteten Zahlungen nicht ersetzt verlangen könne, weil er sich zur Tragung dieser Kosten verpflichtet habe. Ab 1.8.1993 bestehe jedoch keine unterhaltsrechtliche Verpflichtung des Klägers mehr, die von ihm bis dahin getragenen Kosten des Hauses weiterhin zu bezahlen. Ab diesem Zeitpunkt würden sohin sämtliche Aufwendungen für das Haus die Beklagte als Eigentümerin treffen; wenn der Kläger nach diesem Zeitpunkt zwei Heizungsreparaturen veranlaßt habe, so habe er als Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt, der seinen Aufwand von der Eigentümerin ersetzt verlangen könne. Im Umfang des Begehrens über S 3.201,60 bestehe der vom Kläger geltend gemachte Anspruch zu Recht.

Während der klagsabweisende Teil dieser Entscheidung in Rechtskraft erwuchs, erhob die Beklagte Berufung.

Aus Anlaß dieses Rechtsmittels hob das Berufungsgericht im Umfange der Klagsstattgebung die Entscheidung des Erstgerichtes und das diesbezügliche vorangegangene Verfahren ab den jeweiligen Klagsausdehnungen, infolge Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges als nichtig auf und überwies die Rechtssache insoweit dem ***** als dem zuständigen Außerstreitgericht (§ 235 AußStrG).

Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, § 235 AußStrG enthalte Anordnungen über die Abgrenzung zwischen streitiger und außerstreitiger Gerichtsbarkeit, deren Verletzung Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 6 bewirke und die daher jederzeit von Amts wegen zu berücksichtigen sei. Es sei daher zu prüfen, ob nicht über das Begehren des Klägers im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden sei.

Die im vorliegenden Fall gegebene rechtliche Eigenschaft der Liegenschaft als Ehewohnung sei nicht nur Voraussetzung dafür, daß die Zuweisung der künftigen Rechte an dieser Liegenschaft materiell-rechtlich der nachehelichen Aufteilung unterliege, sondern gleichzeitig auch Voraussetzung für eine auf § 235 Abs 1 AußStrG zu gründende Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges.

Der vom Kläger auf das Alleineigentum der Beklagten gestützte Anspruch auf Ersatz seines Aufwandes falle nicht in den durch § 229 AußStrG umrissenen primären Aufgabenbereich des Außerstreitrichters. Es falle aber nicht nur die rechtsgestaltende Aufteilungsentscheidung in das außerstreitige Verfahren, sondern gemäß § 235 Abs 2 AußStrG alle im Prozeßweg erhobenen Ansprüche hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse soweit sie der Aufteilung unterliegen. Ähnlich wie zB eine Räumungsklage sei auch die vorliegende Klage auf das Eigentumsrecht eines Ehegatten an einem Gegenstand des ehelichen Gebrauchsvermögen gestützt. Die streitverfangene Kostentragungsfrage wäre vom Außerstreitrichter nach den § 86, 87 Abs 1, 94 EheG zu regeln.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht die Durchführung des Berufungsverfahrens aufzutragen.

Die Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist zulässig (siehe Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 519), er ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger gesteht in seinem Rechtsmittel wohl zu, daß ein gewisser Zusammenhang zwischen dem von ihm geltend gemachten Anspruch mit dem Gegenstand des Außerstreitverfahrens auf Aufteilung des ehelichen Vermögens bestehe. Die hier gegenständlichen Fragen seien aber vom Außerstreitrichter für die Vergangenheit nicht zu lösen. Die Bestimmungen der §§ 86, 87 Abs 1 und 94 EheG berechtigten den Außerstreitrichter wohl, von den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen abzugehen, sie könnten jedoch nicht dazu führen, daß auch gemeinsame Berührungspunkte der Ehegatten vermögensrechtlicher Natur, welche nicht die Substanz des ehelichen Vermögens bzw das Nutzungsrecht an der Wohnung betreffen, ebenfalls in die Zuständigkeit des Außerstreitgerichtes fielen. Wenngleich es richtig sei, daß nach Vorliegen einer Entscheidung des Außerstreitgerichtes sich die Rechtslage zwischen den Ehegatten hinsichtlich der bestehenden Verträge und Eigentumsverhältnisse ändern könne, sei bis dahin von den bestehenden Verträgen als vorläufige Regelung auszugehen. Solange noch ein Verfahren über die Aufteilung des Vermögens anhängig sein, könne, zumindest soweit es sich nicht um Streitigkeiten über die Substanz des aufzuteilenden Vermögens handle, eine Überweisung in das außerstreitige Verfahren nicht erfolgen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Wie das Berufungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, wird die Geltendmachung von Ansprüchen eines vormaligen Ehegatten gegen den anderen durch § 235 Abs 1 AußStrG dann in das Außerstreitverfahren gewiesen, wenn der Anspruch einen Bestandteil jener Vermögensmasse betrifft, die im konkreten Fall einer noch ausstehenden oder doch noch möglichen nachehelichen Aufteilung unterliegt (SZ 54/126). Ein von einem vormaligen Ehegatten erhobener Anspruch ist daher gemäß § 235 AußStrG dann in das außerstreitige Verfahren zu überweisen, wenn er der ehelichen Aufteilung unterliegt. Die gesetzgeberische Absicht, alle sich auf Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse beziehenden gerichtlichen Verfahren zwischen Ehegatten in das besondere außerstreitige Verfahren überzuleiten, bezieht sich auch auf Klagen, die, etwa gestützt auf das Eigentumsrecht eines Ehegatten an einem solchen Gegenstand, vor dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe anhängig gemacht wurden (SZ 57/14).

Entgegen der Ansicht des Klägers unterliegen die von ihm geltend gemachten Ansprüche durchaus der ehelichen Aufteilung. Es sind nämlich gemäß § 81 Abs 1 Satz 2 EheG bei der Aufteilung die Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen, in Anschlag zu bringen. Die im vorliegenden Fall vom Kläger geleisteten Zahlungen dienten der Abdeckung sogenannter konnexer Schulden, weil es sich um solche handelt, die zur Instandhaltung des Hauses in dem sich die eheliche Wohnung befand, eingegangen wurden (siehe Pichler in Rummel2, Rz 2a zu § 81 EheG). Wurden derartige Schulden - so wie im vorliegenden Fall - von einem Ehegatten getilgt, so müssen die entsprechenden Zahlungen bei der Aufteilung berücksichtigt werden, so wie dies auch bei einer noch offenen Schuld zu geschehen hätte (vgl EFSlg 57.301).

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch unterliegt sohin der ehelichen Aufteilung, weshalb die vom Berufungsgericht vorgenommene Überweisung in das außerstreitige Verfahren zu Recht erfolgte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Die Bestimmung des § 235 Abs 2 AußStrG ist auf Rekurse im Zwischenstreit über die Überweisung an den Außerstreitrichter nicht anzuwenden (SZ 54/36).

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