OGH 10ObS272/94

OGH10ObS272/9419.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Herbert Vesely (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Fendrich (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Christian H*****, Lehrling, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Tögl und Dr.Nicoletta Wabisch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Integritätsabgeltung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.September 1994, GZ 8 Rs 14/94-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 22. November 1993, GZ 32 Cgs 241/92-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage der grob fahrlässigen Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften (§ 213 a Abs 1 ASVG) im Sinne der neuesten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 6/61; 10 Ob S 76/94; 10 Ob S 156/93) zutreffend gelöst, sodaß es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Der Senat hält daran fest, daß das Zuwiderhandeln gegen Unfallverhütungsvorschriften für sich allein zur Annahme grober Fahrlässigkeit nicht ausreicht. Entscheidende Kriterien für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades sind auch nicht die Zahl der übertretenen Vorschriften, sondern die Schwere der Sorgfaltsverstöße und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dabei ist im wesentlichen zu prüfen, ob der Betreffende (hier: der Aufseher im Betrieb) ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat (10 Ob S 156/94; 9 Ob A 315/92 ua).

Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine nicht übliche Konstruktion, bei der Erfahrungswerte für die Handhabung fehlten. Eine Abstützung der Platten während der Montage entsprechend den einschlägigen Arbeitnehmerschutzvorschriften wäre nach den Feststellungen nur mittels eingehender Berechnungen eines Statikers oder des Produzenten möglich gewesen. Ursache für das Umstürzen der Platten war auch nicht Windeinwirkung (§ 62 Abs 2 der V vom 10.11.1954, BGBl 267 idgF), sondern die Durchführung von Planierarbeiten mit einer Straßenwalze, wodurch der Boden in Vibration geriet. Eine grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften ist bei dieser Sachlage nicht erkennbar.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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