OGH 11Os146/94

OGH11Os146/9418.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Oktober 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Hobel als Schriftführerin, in der beim Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 2 d E Vr 9614/92 anhängig gewesenen Strafsache gegen Ottfried S***** und eine andere Beschuldigte wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Grundrechtsbeschwerde der Ariane G***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Gegen Ottfried S***** und Ariane G***** war beim Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 2 d E Vr 9611/92 ein Strafverfahren wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen anhängig, das hinsichtlich Ottfried S***** am 1. Oktober 1993 mit rechtskräftigem Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO (ON 71), bezüglich Ariane G***** am 4.Juli 1994 mit einer Verfahrenseinstellung gemäß § 227 Abs 1 StPO beendet wurde (ON 101).

Aus den vom Obersten Gerichtshof beigeschafften Akten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ergibt sich, daß über Ottfried S***** und Ariane G***** auf Grund von Haftbefehlen des Untersuchungsrichters am 16.August 1992 die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr verhängt wurde (S 3 verso AV-Bogen, ON 8 und 10). Ottfried S***** und Ariane G***** erhoben jeweils Haftbeschwerde, zogen diese jedoch am 28.August 1992 in der Haftprüfungsverhandlung (ON 21 und ON 22) zurück. Ariane G***** wurde am 9.September 1992 (83), Ottfried S***** am 17. September 1992 (77 und ON 31) gegen Anwendung gelinderer Mittel iSd § 180 Abs 5 Z 1, 3, 5 StPO enthaftet.

Die von der Beschwerdeführerin (handschriftlich abgefaßte) als "Beschwerde wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit" bezeichnete (mit 1.Oktober 1994 datierte) und am 5.Oktober 1994 - auch im Namen ihres Verlobten Ottfried S***** - eingebrachte, nicht mit der Unterschrift eines Verteidigers versehene Eingabe wendet sich gegen die Verhängung der Untersuchungshaft "unter unrichtiger Anwendung des Gesetzes", gegen die Vorgangsweise der Journalrichterin anläßlich der Vernehmung und die Modalitäten der Verfahrensabwicklung, insbesondere aber dagegen, daß sie nach der Enthaftung gegen Gelöbnis in ihrer Bewegungsfreiheit betreffend Auslandsreisen eingeschränkt gewesen sei.

Einen nach § 2 Abs 1 GRBG geforderten Sachbezug läßt die Beschwerde nur insoweit erkennen, als sie sich global gegen die Annahme der Haftgründe wendet, ohne allerdings die angefochtene Entscheidung oder Verfügung genau zu bezeichnen und den Tag, der für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich ist, anzuführen (§ 3 Abs 1 GRBG).

Die Beschwerde ist unzulässig.

Gemäß § 1 Abs 1 GRBG steht dem Betroffenen die Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof wegen Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges zu.

Wie sich aus dem Vorgesagten ergibt, hat die Beschwerdeführerin (ebenso wie Ottfried S*****) weder eine Beschwerdeentscheidung der Ratskammer gemäß §§ 194 Abs 2, 195 Abs 1 StPO aF herbeigeführt, noch eine Beschwerdeentscheidung des Gerichtshofs zweiter Instanz (§ 195 Abs 6 StPO aF) erwirkt, sodaß es schon deshalb an der gemäß § 1 Abs 1 GRBG erforderlichen Anfechtungsvoraussetzung mangelt.

Ohne daß es eines Eingehens auf die Frage der Rechtzeitigkeit und weiterer grundlegener Beschwerdeerfordernisse bedarf - wobei jedoch noch bemerkt sei, daß dem Grundrechtsbeschwerde-Gesetz (§ 12 Abs 2) rückwirkende Kraft nur insoweit zukommt, als die Beschwerdefrist in Ansehung einer vor seinem Inkrafttreten getroffenen Haftentscheidung nicht vor dem 1.Jänner 1993 abgelaufen ist (14 Os 49/94 ua) - war daher die Grundrechtsbeschwerde schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen, weshalb sich auch ein Vorgehen nach § 3 Abs 2 GRBG (Verbesserung durch Beisetzung einer Verteidigerunterschrift) erübrigte (15 Os 139/93 ua).

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