OGH 4Ob82/94

OGH4Ob82/9419.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) "H***** Gesellschaft mbH, *****; 2) I***** Aktiengesellschaft, *****; 3) W***** Gesellschaft mbH, ***** alle vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei "G*****, vertreten durch Dr.Josef Unterweger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert: 500.000 S), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14.März 1994, GZ 4 R 21/94-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 19.Oktober 1993, GZ 37 Cg 26/92-13, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gegen sein abänderndes Urteil liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hier nicht vor:

Welchen Sinngehalt das von den Plakaten der Beklagten angesprochene Publikum der Bildaussage in Verbindung mit dem Text: "PVC ist Umweltgift! Stop Chlorchemie!" entnommen hat, hängt nach ständiger Rechtsprechung sowohl bei einer nach § 7 Abs 1 UWG zu beurteilenden Werbeankündigung als auch nach § 1330 Abs 2 ABGB nicht etwa davon ab, wie die Behauptungen gemeint waren, sondern davon, wie sie zumindest ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei ungezwungener Auslegung verstehen wird (ÖBl 1993, 84 und 163; MR 1993, 101, jeweils mwN; zuletzt etwa 4 Ob 40/93; 4 Ob 133/93; 4 Ob 1120/93; 6 Ob 17/94). Die Ermittlung des Bedeutungsinhalts einer Wort-Bild-Äußerung nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers und Betrachters ist demnach stets eine Frage des Einzelfalles, hängt sie doch ausschließlich von den jeweiligen konkreten Formulierungen und Abbildungen sowie von der Gesamtaufmachung - hier des Plakates - ab. Überdies ist auch in der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß das angesprochene Publikum die Wort-Bild-Aussage des Plakates entgegen der Meinung der Kläger und des Erstgerichtes keineswegs dahin verstanden habe, daß PVC "giftig" im Sinne des § 2 Abs 5 Z 7 ChemG und daher zu beseitigen sei, sondern der Wort-Bild-Angabe nur entnehmen konnte, daß dieser Werkstoff umweltschädlich und deshalb zu beseitigen sei, keine die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung erblickt werden; dies umso weniger, als ja auch dem unbefangenen Durchschnittsbetrachter des Plakates die unmißverständliche Forderung "Stop Chlorchemie!" nicht verborgen bleiben konnte. Ist damit aber der Sinngehalt der beanstandeten Behauptungen nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittsbetrachters in einer bestimmten Richtung klar, so kann entgegen der Meinung der Klägerin schon aus diesem Grunde die Anwendung der sogenannten "Unklarheitenregel" nicht mehr in Betracht kommen (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 45 f; Aicher in Aicher, Das Recht der Werbung 247 f; Rummel in Koziol, Haftpflichtrecht2 II 283 f; ÖBl 1982, 66; 4 Ob 51/93; 4 Ob 1072/94).

Das Berufungsgericht ist im vorliegenden Fall auf Grund der von ihm übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes zur Auffassung gelangt, daß die vom Publikum so verstandene Wort-Bild-Aussage des beanstandeten Plakates der Beklagten wahr sei; die Kläger treten dieser Ansicht entgegen, können aber damit schon deshalb keine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage aufzeigen, weil der Wahrheitsbeweis nach ständiger Rechtsprechung schon dann als erbracht anzusehen ist, wenn er den Inhalt der Mitteilung im wesentlichen bestätigt (Koppensteiner aaO 115; ÖBl 1990, 18; ÖBl 1991, 87; ÖBl 1992, 71 und 133; vgl auch ecolex 1991, 610).

Diese Erwägungen führen bereits zur Zurückweisung der Revision (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Das gilt auch für die Revisionsbeantwortung der Beklagten, welche auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen hat, so daß ihre Rechtsmittelgegenschrift zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig war.

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