OGH 6Ob17/94

OGH6Ob17/9413.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Monika S*****, vertreten durch Zamponi, Weixelbaum & Partner, Rechtsanwälte OEG in Linz, wider die beklagte Partei Friedrich F*****, vertreten durch Dr.Franz Penninger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Unterlassung und Widerruf (Gesamtstreitwert: 300.000 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 20.Jänner 1994, GZ 6 R 191/93-18, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 2. Juli 1993, GZ 5 Cg 16/93i-12, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 526 Abs 2 Satz 2 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof gegen seinen Aufhebungsbeschluß liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hier nicht vor:

Daß die in der "V***** Rundschau" vom 22.10.1992 aufgrund eines Interviews veröffentlichten Äußerungen des Beklagten über die politische Tätigkeit der Klägerin in der Gemeinde R***** allesamt herabsetzend sind, liegt klar auf der Hand. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ÖBl 1993, 84 = MR 1993, 17 = EvBl 1993/134; MR 1993, 101 und 221, jeweils mwN; 4 Ob 19/93; 4 Ob 40/93; 4 Ob 131/93; 4 Ob 171/93) den Unterschied zwischen "Tatsachen" im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB und reinen Werturteilen dargetan und ebenso zutreffend darauf verwiesen, daß es bei Beurteilung der Frage, ob "Tatsachen" verbreitet wurden, auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung(en) ankommt; das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers oder -hörers, nicht aber der subjektive Wille des Erklärenden ist maßgebend (ÖBl 1993, 84 mwN). Ob Tatsachenbehauptungen oder rein subjektiven Aussagen (Werturteile) vorliegen, hängt demnach stets von den näheren Umständen, Formulierungen und deren "Aufmachung" ab, unter denen sie geäußert wurden, also von den jeweiligen konkreten Umständen des Einzelfalles. Danach kann es aber nicht zweifelhaft sein, daß sämtliche beanstandeten Äußerungen des Beklagten eine nachprüfbare Tatsachenmitteilung sind. Das gilt auch für seine Bewertung des politischen Agierens der Klägerin als "Quertreiben", wurde doch eine solche wertende Beurteilung hier nicht isoliert ausgesprochen, sondern gerade im Zusammenhang mit allen anderen von der Klägerin als unrichtig beanstandeten konkreten Verhaltensvorwürfen erhoben. Insoweit liegt daher eine "konkludente Tatsachenbehauptung" vor, weil dem "Urteil" entnommen werden kann, daß es von bestimmten Tatsachen ausgeht (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 175; ÖBl 1980, 130; MR 1993, 14 uva; zuletzt etwa 4 Ob 171/93). Daß aber eine Herabsetzung des politischen Gegners durch unwahre Tatsachenbehauptungen auch das Maß einer zulässigen politischen Kritik überschreitet und selbst im Wege einer umfassenden Interessenabwägung oder mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gerechtfertigt werden kann, hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (NRSp 1992/199; ÖBl 1993, 84; MR 1993, 14; zuletzt etwa 4 Ob 40/93). Damit ist dem Ausspruch des Berufungsgerichtes für die Zulassung des Rekurses bereits die angenommene Grundlage entzogen.

Aus diesen Erwägungen war der Rekurs zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 letzter Satz, § 528 a ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Das gilt auch für die Rekursbeantwortung der Klägerin, welche auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen hat, sodaß ihre Rechtsmittelgegenschrift zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war.

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