European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0130OS00071.940000.0608.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herbert G* des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 26.Juni 1993 in St. Pölten dadurch, daß er gegen Gerhard L* ein Messer richtete, ihm dieses im Bereich der Brust anhielt und äußerte: "Gib mir dein Geld, sonst bring ich dich um", sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben und unter Verwendung einer Waffe, einem anderen eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Der Schuldspruch beruht auf einem einhelligen Wahrspruch der Geschworenen, welche die Hauptfrage in Richtung versuchten schweren Raubes bejaht und demzufolge eine Eventualfrage in Richtung Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung unbeantwortet gelassen haben.
Gegen diesen Schuldspruch erhebt der Angeklagte eine auf die Nichtigkeitsgründe der Z 6, 8 und 12 ("hilfsweise" Z 13) des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde.
Ausgangspunkt aller Einwände ist der Rechtsstandpunkt, daß das gattungsmäßig als "Messer" umschriebene Tatwerkezug keine Waffe im Sinne des § 143 StGB gewesen sei, weil ein "gewöhnliches Messer" vom Waffenbegriff nicht erfaßt werde. Diese rechtliche Prämisse ist verfehlt. Messer sind nach ständiger Judikatur (ua 12 Os 110/92, 13 Os 73/93, siehe auch Leukauf‑Steininger, Komm3 § 143 RN 12) als Waffen im Sinne des § 143 StGB zu beurteilen, weil sie zur Gewaltanwendung gegen eine Person oder zur Unterstützung einer personsbezogenen Bedrohung geeignet und bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit in einem Kampf einer Waffe im engeren Sinn gleichwertig sind.
Zwar wird fallweise im Schrifttum ein engerer Waffenbegriff (zu § 143 StGB) vertreten, der jedoch in der Rechtsprechung keinen Niederschlag findet. Auch die vom Beschwerdeführer genannte Literatur verweist auf den von der Rechtsprechung entwickelten weiteren Waffenbegriff.
Somit versagen allein schon wegen der Unrichtigkeit der zugrunde gelegten Rechtsmeinung alle Beschwerdeeinwände:
Entgegen der das Fragenschema betreffenden Anfechtung (Z 6) mußte der Schwurgerichtshof anläßlich der Fragestellung auf eine mögliche Beurteilung der Tat nach §§ 15, 142 Abs 1 und Abs 2 StGB als versuchter (sogenannter) minderschwerer Raub nicht Bedacht nehmen, weil eine ohne Messerverwendung unternommene Tat sachverhaltsmäßig nicht indiziert war und aus dem Gebrauch des Messers als Waffe bei richtiger rechtlicher Sicht eine Qualifikation nach § 143 StGB folgte, welche kraft Gesetzes die privilegierende Norm des § 142 Abs 2 StGB ausschloß.
In gleicher Weise versagt die Instruktionsrüge (Z 8). Die den Geschworenen erteilte Belehrung, wonach ein Messer eine Waffe im Sinne des § 143 StGB ist, folgte nämlich ‑ wie bereits erwähnt ‑ der ständigen Rechtsprechung und stellte daher die Rechtslage richtig dar. Für differenzierende Ausführungen über Klappmesser, Küchenmesser und Taschenmesser bestand kein Anlaß, weil alle diese Gegenstände den für die gesetzliche Qualifikation "Waffe" maßgeblichen Kriterien genügen. Es bedurfte auch keiner Erläuterungen über die Privilegierungsbestimmung des § 142 Abs 2 StGB, weil sich die Rechtsbelehrung auf die Fragestellung zu beschränken hat (§ 321 Abs 2 StPO) und das Fragenprogramm mit Recht auf eine Beurteilungsvariante als versuchter minderschwerer Raub nicht einging.
Daß dem Schuldspruch auch der ins Treffen geführte materiellrechtliche Mangel (Z 12) nicht anhaftet, wurde schon anläßlich der Ablehnung des zentralen rechtlichen Beschwerdestandpunktes dargelegt. Die unter Verwendung eines Messers verübte Tat ist ohne Rechtsirrtum als versuchter schwerer Raub subsumiert, weil es sich beim bezeichneten Tatinstrument um eine Waffe im Sinne des § 143 StGB handelt.
Letztlich geht auch die subsidiäre Bezugnahme des Beschwerdeführers auf den Nichtigkeitsgrund der Z 13 des § 345 Abs 1 StPO fehl, weil ein allein den Strafausspruch und nicht den Schuldspruch betreffendes Beschwerdeanliegen gar nicht bezeichnet wird.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB (unter Anwendung des § 41 StGB) eine dreieinhalbjährige Freiheitsstrafe. Zudem widerrief es die jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren gewährten bedingten Nachsichten der mit dem Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 20.9.1991 zu 18 E Vr 718/91 verhängten sechsmonatigen und der mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Herzogenburg vom 10.9.1992 zu U 25/92 verhängten zweimonatigen Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wurden drei einschlägige Vorstrafen als erschwerend, als mildernd hingegen der Umstand gewertet, daß die Tat beim Versuch geblieben ist.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine weitere Herabsetzung der ohnehin das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe an, wogegen die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der Strafe begehrt. Der Widerruf blieb unbekämpft; § 498 Abs 3 nF. StPO gilt noch nicht für den vorliegenden Fall (s Art IV Abs 2 StPÄG 1993).
Beide Berufungen sind nicht berechtigt.
Seine Alkoholbeeinträchtigung zur Tatzeit kann dem Angeklagten nach § 35 StGB nicht als mildernd zugute kommen, da er aus früherer Delinquenz wußte, daß er im alkoholisierten Zustand zu strafbaren Handlungen neigt. Jedoch sind die besonderen Milderungsumstände ‑ dem Sachverständigengutachten folgend ‑ um jenen eingeschränkter Zurechnungsfähigkeit zufolge des allgemeinen geistigen Abbaus beim Angeklagten zu erweitern.
Sonst hat der Schöffensenat die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig erfaßt und zutreffend im Rahmen der allgemeinen Schuldkriterien auf die ‑ verglichen mit durchschnittlichen Raubtaten ‑ geringere Tatintensität hingewiesen. Das ausgesprochene Strafmaß erscheint auch unter den erwähnten erweiterten Strafzumessungsgründen schuldangemessen, sodaß keine der beiden Berufungen Erfolg haben konnte.
Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.
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