Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurden Kemal U***** (geboren am 12.Dezember 1972) und Hakan K***** (geboren am 2.Februar 1973) des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil sie am 14.November 1992 in Linz als Mittäter dem Markus M***** mit Gewalt und durch gefährliche Drohung unter Verwendung einer Waffe, nämlich dadurch, daß ihn Hakan K***** festhielt, ihm am Hals ein aufgeklapptes Taschemesser ansetzte und dabei äußerte "Gib mir die Geldtasche", Kemal U***** danach ebenfalls das Messer ergriff, es drohend in Richtung des Halses hielt, die Geldtasche übernahm und durchsuchte sowie der gesondert verfolgte Mehmet B***** ein Taxi für die Flucht bereithielt, Bargeld im Gesamtbetrag von mehreren 100 S mit dem Vorsatz weggenommen hatten, sich durch Zueignung dieses Geldbetrages unrechtmäßig zu bereichern.
Die Geschworenen hatten die anklagekonform für jeden der beiden Angeklagten gesondert gestellte Hauptfrage nach schwerem Raub im Sinn der §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB jeweils stimmeneinhellig mit der Einschränkung bejaht, daß der auch die Mittäterschaft des gesondert verfolgten Mehmet B***** erfassende Anklagevorwurf zu entfallen habe. Weitere Fragen wurden nicht gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Nur der Angeklagte Hakan K***** bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 6, 8, 9 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er sich lediglich gegen die Annahme eines durch Verwendung einer Waffe beschwerten Raubes und somit allein gegen die ihm angelastete Tatqualifikation des § 143 zweiter Fall StGB wendet.
Unter dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 6) rügt der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer uneigentlichen Zusatzfrage (EvBl. 1989/126) in Richtung der Tatqualifikation des § 143 zweiter Fall StGB; dadurch sei den Geschworenen die Bedeutung des Tatbestandsmerkmals "unter Verwendung einer Waffe" nicht bewußt geworden und damit ein Schuldspruch nur wegen einfachen Raubes (§ 142 Abs. 1 StGB) oder minderschweren Raubes (§ 142 Abs. 2 StGB) nicht in Erwägung gezogen werden. Er meint, ferner seiner bzw. der Verantwortung des Mitangeklagten Kemal U***** sowie der Aussage des Zeugen Markus M***** wäre zu entnehmen, daß die Raubtat auch ohne Verwendung des Taschenmessers begangen worden sein könnte.
Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß die im § 143 StGB angeführten und jeweils mit einer höheren Strafdrohung verbundenen Qualifikationsumstände (hier: Verübung des Raubes unter Verwendung einer Waffe) zwar grundsätzlich Gegenstand einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) sein können, zuläsisgerweise (§ 317 Abs. 2 StPO) aber auch in die Hauptfrage aufgenommen werden dürfen; dies unter der Voraussetzung, daß die Hauptfrage mit einer ensprechenden Einschränkung (§ 330 Abs. 2 StPO) bejahen können (EvBl. 1989/126; Steininger in "Fälle und Lösungen zum Strafrecht4, S 22 f). Dieser Hinweis ist - entgegen der Behauptung in der Instruktionsrüge (Z 8) - in der den Geschworenen erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung enthalten (S 219). Somit stand den Laienrichtern die Möglichkeit offen, die in der Hauptfrage enthaltene Tatqualifikation nach dem § 143 zweiter Fall StGB durch eine entsprechende einschränkende Bejahung dieser Hauptfrage ("ja, aber nicht unter Verwendung einer Waffe") auszuschalten.
Zu einer uneigentlichen Zusatzfrage nach minderschwerem Raub im Sinn des § 142 Abs. 2 StPO (vgl. EvBl. 1989/126) bestand hingegen schon nach dem Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung kein Anlaß:
Der Beschwerdefürher selbst brachte im Zuge seiner wiederholten Vernehmungen vor der Polizei, dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung stets unmißverständlich zum Ausdruck, daß dem Raubopfer ein Messer, möglicherweise mit nur ausgeklinktem Dosen- bzw. Flaschenöffnerteil am Hals angesetzt wurde (S 38, 74, 179 ff). Auf konkrete Befragung räumte er letztlich sogar ein, daß das Messer mit "nach oben zeigender Spitze", also augenscheinlich mit geöffneter Klinge, angesetzt wurde (S 189, 190 iVm Beilage 1). Der bei der Polizei und dem Untersuchungsrichter im wesentlichen noch leugnende Mitangeklagte Kemal U***** gestand in der Hauptverhandlung die Raubverübung ausdrücklich unter Verwendung eines "aufgeklappten" Messers mit zuzüglich herausstehendem Flaschenöffnerteil ein (S 163), womit die Aussage des Tatopfers Markus M*****, der stets von einem Messer bzw. einem von ihm nicht näher identifizierten "spitzen Gegenstand" gesprochen hat (S 32, 88, 89, 192), durchaus im Einklang steht. Ein die vermißte Fragestellung rechtfertigendes Tatsachensubstrat vermag der Beschwerdeführer sohin nicht aufzuzeigen.
Demzufolge bedarf es aber keiner näheren Ausführungen, daß auch die weitere Rüge, mit der der Beschwerdeführer eine Rechtsbelehrung (Z 8) über die im Fragenschema eben gar nicht aufscheinende Bestimmung des § 142 Abs. 2 StGB vermißt, fehl geht. Die Rechtsbelehrung kann nämlich nur insofern angefochten werden, als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich gestellt wurden (Mayerhofer-Rieder3, ENr. 20, 22 zu § 345 Z 8 StPO).
Gleichfalls unbegründet ist der Vorwurf, der Wahrspruch der Geschworenen leide an einer Unvollständigkeit (Z 9). Der Beschwerdeführer verkennt, daß dieser Nichtigkeitsgrund ausschließlich aus dem - hier übrigens vollkommen eindeutigen - Wahrspruch selbst und nicht aus anderen Vorgängen, wie der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten angeblichen Unkenntnis der Geschworenen über die Bedeutung der hier aktuellen Qualifikationsvoraussetzung des § 143 zweiter Fall StGB abgeleitet werden kann (Mayerhofer-Rieder ENr. 6, 7 zu § 345 Z 9 StPO).
Letztlich versagt auch die Subsumtionsrüge (Z 12), mit der sich der Beschwerdeführer gegen die rechtliche Beurteilung des bei Verübung des Raubes verwendeten Taschenmessers als Waffe im Sinn des § 143 zweiter Fall StGB wendet.
Als Waffe im Sinn dieser Gesetzesbestimmung gilt nach gesicherter Rechtsprechung über den (technischen) Waffenbegriff des § 1 WaffenG hinaus jeder Gegenstand, der zur Gewaltanwendung gegen eine Person bzw. zur Unterstützung einer personsbezogenen Drohung geeignet und bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit in einem Kampf einer Waffe im engeren Sinn gleichwertig ist (Leukauf-Steininger3 RN 10 zu § 143 StGB und die dort zitierte Judikatur). Diesen Voraussetzungen wird ein zur Herbeiführung von jedenfalls nicht unerheblichen Stich- und Schnittverletzungen grundsätzlich geeignetes Taschenmesser durchaus gerecht, und zwar unabhängig davon, ob nur der spitz zulaufende und demzufolge im gleichen Maße gefahrenträchtige Dosenöffnerteil oder die Messerklinge geöffnet war. Die Benützung des Taschemessers als Mittel der Drohung mit gegenwärtiger GEfahr für Leib oder Leben bei Ausführung des Raubes wurde von den Geschworenen sohin rechtsrichtig als Verwendung einer Waffe gewertet und die Raubtat daher zutreffend der mit einer höheren Strafdrohung verbundenen Qualifikation des § 143 zweiter Fall StGB unterstellt.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Hakan K*****nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Bei deren Bemessung war die Vorstrafe nach dem § 142 Abs. 1 StGB erschwerend, mildernd hingegen das Alter unter 21 Jahren, die Schadensgutmachung und das Geständnis.
Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 41 StGB und die bedingte Nachsicht eines Teiles derselben anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.
Der Berufungswerber vermag nichts aufzuzeigen, was eine Herabsetzung der Strafe rechtfertigen könnte.Die Schadensgutmachung (vgl. S 197) wurde vom Erstgericht ohnedies als mildernd gewertet. Von einer nur untergeordneten Beteiligung an der Tat iS des § 34 Z 6 StGB kann im Hinblick auf den im Wahrspruch festgestellten Tathergang keine Rede sein. Aus dem Akteninhalt ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte die Tat nur aus Unbesonnenheit (§ 34 Z 7 StGB) oder mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefaßter Absicht (§ 34 Z 9 StGB) begangen hätte. Bei Bedachtnahme darauf, daß der Berufungswerber nur drei Wochen nach der Bestätigung des Schuldspruches wegen des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB durch den Obersten Gerichtshof am 20. Oktober 1992, 14 Os 116/92, den verfahrensgegenständlichen Raub begangen hat, ist die Annahme einer günstigen Verhaltensprognose und damit eine außerordentliche Strafmilderung iS des § 41 Abs. 1 StGB nicht gerechtfertigt. Die verhängte gesetzliche Mindeststrafe ist insbesondere bei Würdigung der Wirkungslosigkeit der vorangegangenen Verurteilung nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) keineswegs zu streng ausgemessen worden, sodaß eine Herabsetzung nicht angebracht ist. Angesichts des Strafmaßes kommt eine Anwendung des § 43 a StGB nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)