OGH 4Ob65/94

OGH4Ob65/941.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut E*****, vertreten durch Dr.Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Rudolf S*****, vertreten durch Dr.Klaus Reisch und Dr.Anke Reisch, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 5.April 1994, GZ 2 R 81/94-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. Februar 1994, GZ 17 Cg 9/94d-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt, einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teiles, wie folgt zu lauten haben:

Der Antrag des Klägers, dem Beklagten zu untersagen, nachstehende Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten:

a) die vom Kläger geleitete Schischule H***** in K***** arbeite mit wenigen Fachkräften

b) die vom Kläger geleitete Schischule H***** in K***** arbeite mit - teils - schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen Kräften

c) die Schischule K***** arbeite mit über 200 großteils staatlich geprüften Schi- oder Landeslehrern, solange in dieser Schischule der Anteil an Schilehreranwärtern überwiegt, wird abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 23.932,80 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 3.988,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Beide Streitteile betreiben in K***** Schischulen. Im Gemeindegebiet von K***** bestehen noch zwei weitere Schischulen. In das Schigebiet um K***** kommen in- und ausländische Schifahrergruppen, die von Personen oder "Skiguides" begleitet werden, welche den Eindruck erwecken, Schilehrer zu sein.

Die Schischule "K*****" des Beklagten gibt das "R***** Magazin" heraus. In der Ausgabe Nr.7 vom Dezember 1993 erschien auf Seite 3 ein Bericht, in dem es (ua) hieß:

"Einige Vermittler denken aber nur an die gebotenen Prozentsätze und senden Gäste an Schischulen, die mit wenigen Fachkräften, aber mit vielen ausländischen, teils schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen Kräften arbeiten..... K***** ist weltbekannt durch den Schisport - die Schischule K***** durch Qualität. Über 200 großteils staatlich geprüfte Schi- oder Landeslehrer garantieren schnellsten Lernerfolg, größtmögliche Sicherheit und einen unvergeßlichen Urlaub...."

Der Artikel erschien auch in englischer Sprache, wobei bei dem zuerst wiedergegebenen Satz das Wort "teils" nicht übersetzt war.

Das "R***** Magazin" wird an Hotels, Restaurants, Pensionen und Sportgeschäfte in K***** verteilt; die Zeitschrift liegt auch im Kurhaus "A*****" und in den Bergbahnstationen auf.

Sowohl in der Schischule des Klägers als auch in der des Beklagten sind Diplom-Schilehrer, staatlich geprüfte Schilehrer, Landeslehrer und ungeprüfte Schilehreranwärter tätig. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, wieviele Diplom-Schilehrer, staatlich geprüfte Schilehrer, Landeslehrer und geprüfte Schilehreranwärter in jeder der beiden Schischulen beschäftigt sind.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, nachstehende Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten:

a) die vom Kläger geleitete Schischule H***** in K***** arbeite mit wenigen Fachkräften;

b) die vom Kläger geleitete Schischule H***** in K***** arbeite mit - teils - schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen Kräften;

c) die Schischule K***** arbeite mit über 200 großteils staatlich geprüften Schi- oder Landeslehrern, so lange in dieser Schischule der Anteil an Schilehreranwärtern überwiegt.

Die Äußerung beziehe sich erkennbar auf die drei anderen Kitzbüheler Schischulen. Ihnen werde unterstellt, schlecht ausgebildete ausländische Schilehrer mit geringen Ortskenntnissen einzusetzen. In der Schischule des Beklagten werde kein qualifizierteres Personal beschäftigt als in den Schischulen seiner Mitbewerber. Der Beklagte setze wesentlich mehr Schilehreranwärter ein als der Kläger. Die Behauptungen des Beklagten seien eine sittenwidrige, unwahre Herabsetzung der Mitbewerber und der von ihnen angebotenen Schischulleistungen. Die Angaben über die Schischule des Beklagten seien auch zur Irreführung geeignet, weil er weniger staatlich geprüfte Schi- oder Landeslehrer beschäftige als der Artikel erwarten lasse.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Im Artikel sei nur ganz allgemein von "Schischulen" die Rede; der Kläger werde nicht erwähnt. Die Zahl der Mitbewerber sei groß, weil sich die Werbung auf den gesamten Schigroßraum K***** beziehe. Dort gebe es eine Vielzahl von Schischulen. Seit der Novellierung des Tiroler Schischulgesetzes dürften alle in- und ausländischen Schischulen in K***** unterrichten. Ausländische Schilehrer seien vielfach nicht ausreichend qualifiziert. Davor werde im beanstandeten Artikel - zum Vorteil der heimischen Schischulen - gewarnt. Daß die Angaben über die Schischule des Beklagten irreführend wären, habe der Kläger nicht bescheinigt. Würde die einstweilige Verfügung erlassen, entstünde dem Beklagten ein unwiederbringlicher Schaden, wäre es ihm doch untersagt, im "R***** Magazin" zu werben. Er beantrage daher, dem Kläger eine Sicherheitsleistung von mindestens 500.000 S aufzuerlegen.

Das Erstgericht untersagte dem Beklagten, zu behaupten und die Behauptungen zu verbreiten, daß die vom Kläger geleitete Schischule H***** in K***** mit wenigen Fachkräften und mit - teils - schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen Kräften arbeite. Das Mehrbegehren wies das Erstgericht ab.

Das "R***** Magazin" werde ausschließlich in K***** verteilt. Im Stadtgebiet von K***** seien vier Schischulen tätig; somit sei der Kreis der Mitbewerber klein und leicht überschaubar. Durch den Hinweis auf Schischulen, die mit wenigen Fachkräften, aber mit vielen ausländischen, teils schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen Kräften arbeiteten, würden die Mitwerber herabgesetzt. Dies sei unzulässige vergleichende Werbung. Der Kläger habe aber die Unrichtigkeit der Angaben über die Schischule des Beklagten nicht bescheinigt. Insoweit sei der Antrag daher abzuweisen. Die fehlende Anspruchsbescheinigung könne nicht durch Sicherheitsleistung ersetzt werden.

Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Auch wahre vergleichende Wertung verstoße gegen § 1 UWG, wenn sie zugleich einen Hinweis auf die Minderwertigkeit der Waren oder Leistungen entweder namentlich genannter oder doch deutlich erkennbarer Mitbewerber enthalte. Werde das Konkurrenzunternehmen nicht namentlich genannt, so genüge es, wenn es von der Äußerung erkennbar betroffen oder wenigstens mitbetroffen sei. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Kreis der in Betracht kommenden Mitbewerber sehr klein und leicht überschaubar sei. Wer zu Werbezwecken Vergleiche ziehe, müsse dem Publikum alle wesentlichen Umstände mitteilen, um ihm ein objektes Urteil zu ermöglichen. Eine von den angesprochenen Kreisen nicht nachprüfbare, mit Schlagworten operierende Pauschalabwertung der Mitbewerber sei jedenfalls sittenwidrig. Im vorliegenden Fall würden allgemein sämtliche als Mitbewerber im Einzugsbereich K***** tätigen Schischulen pauschal und unkritisch abqualifiziert. Dies sei - schon im Hinblick auf die regionale Eingrenzung des betroffenen Gebietes - wettbewerbswidrig. Da der Kläger seinen Anspruch insoweit ausreichend bescheinigt habe, sei ihm keine Sicherheitsleistung aufzuerlegen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs des Beklagten ist im Ergebnis berechtigt.

Soweit der Beklagte seine Werbeaussage deshalb für zulässig hält, weil nach der neueren Rechtsprechung das wahrheitsgemäße Herausstellen der eigenen besseren Leistung im Wege ihrer Gegenüberstellung mit der schlechteren Leistung namentlich genannter Mitbewerber an Hand objektiv überprüfbarer Daten als grundsätzlich zulässig angesehen wird (SZ 63/108; MR 1991, 159; ÖBl 1991, 160 ua), kann ihm allerdings nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat ja in seinem Artikel nicht im einzelnen genau dargelegt, wieviele Schilehrer jeder einzelnen Ausbildungskategorie er und bestimmte andere Mitbewerber haben; vielmehr hat er der mit nur ungefähren Angaben ("über 200 großteils staatlich geprüfte Ski- oder Landeslehrer") zum Ausdruck gebrachten Hervorhebung der Qualität der eigenen Schischule die Behauptung gegenüber gestellt, es gebe (irgendwelche) Schischulen, die nur wenige Fachkräfte, aber viele (teils) schlecht ausgebildete und ortsunkundige Kräfte zur Verfügung hätten. Aus dem Zusammenhang war nur klar, daß diese nicht näher bezeichneten Schischulen im Raum K***** auftreten müssen, könnten sie doch sonst nicht die Gefahr hervorrufen, daß beim Beklagten nicht mehr die für die Gratisleistungen erforderliche "wirtschaftliche Basis stimmt". Die - für eine zulässige vergleichende Werbung typische - Möglichkeit der exakten Überprüfung des Vergleiches war daher nicht gegeben. Im Hinblick auf den Inhalt der Werbeaussage konnte der Beklagte entgegen seinen Rechtsmittelausführungen auch nicht die Wahrheit seiner Behauptung bescheinigen; daß jedenfalls die Schischule des Klägers nicht zu den "minderwertigen" gehöre, hat der Beklagte in erster Instanz selbst ausdrücklich zugegeben. Der Leser des beanstandeten Artikels mußte aber mangels näherer Aufklärung auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß der Beklagte auch den Kläger gemeint habe.

Ob der vom Beklagten angestellte Vergleich seiner mit Fachkräften bestens ausgestatteten Schischule mit anderen nicht näher bezeichneten "minderwertigen" Schulen aus dem Kreis der im Raum K***** ansässigen oder tätigen Schischulen unter mehreren Schischulen gegen § 1 UWG verstoßen hat, braucht aber hier nicht beurteilt zu werden. Bei der - im Hinblick auf die Rechtsrüge des Beklagten gebotenen - allseitigen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes (SZ 52/192; SZ 53/75; SZ 54/133 uva) ist nämlich wahrzunehmen, daß die beanstandeten Werbeaussagen das vom Kläger angestrebte Verbot nicht rechtfertigen.

Nach dem Begehren des Klägers soll dem Beklagten die Behauptung verboten werden, die vom Kläger geleitete Schischule arbeite mit wenig Fachkräften und mit schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen Kräften. Eine solche Behauptung, die, weil sie nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten unwahr wäre, gegen § 7 UWG verstieße, hat aber der Beklagte in dem beanstandeten Artikel nicht aufgestellt. Er hat nur behauptet, daß es (offenkundig gemeint: im Raum von K*****) Schischulen mit schlecht ausgebildeten Schilehrern gebe. Damit hat er den Kläger nicht nur nicht nementlich bezeichnet; aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich auch nicht schlüssig, daß er damit - selbst wenn es im Raum K***** tatsächlich nur vier Schischulen geben sollte - auch die Schischule des Klägers kritisiert hat. Die Besonderheit der Werbeaussage des Beklagten liegt ja darin, daß die - nicht bloß pauschale, sondern in einer bestimmten Richtung, wenn auch nicht exakt, konkretisierte - Anschuldigung, wenig Fachkräfte zu beschäftigen, nicht gegen alle Unternehmen aus einem überschaubaren Kreis (wie etwa in den Fällen der ÖBl 1981, 75; ÖBl 1983, 139; ÖBl 1985, 92; SZ 60/211; MR 1990, 148 uva), sondern nur gegen irgendwelche (mindestens zwei) von mehreren Schischulen erhoben wurde. Mag auch der Kläger durch das Ausstreuen solcher Verdächtigungen gegen namentlich nicht genannte "schwarze Schafe" aus dem Kreis der K***** Schischulen beeinträchtigt werden - schenkt nämlich jemand dem Beklagten Glauben, so wird er, um sicher zu gehen, jedenfalls nur dessen Schischule in Anspruch nehmen -, so ist doch die Kritik des Beklagten weder ausdrücklich noch auch erkennbar auf den Kläger bezogen. Dem Beklagten kann daher eine solche, von ihm gar nicht gemachte, Äußerung nicht untersagt werden.

Aus diesen Erwägungen waren in Stattgebung des Revisionsrekurses die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag zur Gänze abgewiesen wird.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50 Abs 1, § 52 ZPO. (Im Verfahren erster Instanz hat der Beklagte Kosten nicht verzeichnet.)

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