OGH 4Ob58/94

OGH4Ob58/9431.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sebastian Z*****, vertreten durch Dr.Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Rudolf S*****, vertreten durch Dr.Klaus Reisch und Dr.Anke Reisch, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Unterlassung, Widerruf und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innbruck als Rekursgericht vom 5. April 1994, GZ 2 R 83/94-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 14.Februar 1994, GZ 17 Cg 8/94g-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung - unter Einschluß des mangels Anfechtung unberührt bleibenden abweisenden Teiles des Beschlusses des Erstgerichtes - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Der Antrag, zur Sicherung des Anspruches des Klägers gegen den Beklagten auf Unterlassung der mit Klage geltend gemachten wettbewerbswidrigen Behauptungen werde dem Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils verboten, nachstehende Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten:

a) die vom Kläger geleitete Schischule arbeite mit wenigen Fachkräften;

b) die vom Kläger geleitete Schischule arbeite mit - teils - schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen Kräften;

c) die Schischule K***** arbeite mit über 200 großteils staatlich geprüften Ski- oder Landeslehrern, solange in dieser Schischule der Anteil an Schilehreranwärtern überwiegt,

wird abgewiesen."

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 23.932,80 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 3.988,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Gesellschafter und Leiter der Schischule K*****. Der Kläger ist Gesellschafter und Betreiber der Schischule K***** H*****. Ihm wurde mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 14.5.1991 "die Bewilligung zum Betrieb einer Schischule im Schischulgebiet des Gebietes der Stadtgemeinde K***** erteilt. Ferner betreibt Helmut E***** in K***** die Schischule H*****.

Im Hinblick auf die Weitläufigkeit des Schigebietes in der unmittelbaren Umgebung von K***** werden (in- und ausländische) Schigruppen häufig von mitgebrachten Personen, die Schilehrertätigkeit für diese Gruppen ausüben, begleitet. Zudem werden auch sogenannte "Skiguides" von Personen und Gruppen mit ihrer Begleitung betraut. Alle diese Begleiter und Skiguides vermitteln dem Publikum optisch den Eindruck, sie seien Schilehrer, die Schikurse abhalten. Daß sie einer der in K***** ansässigen Schischulen zugeordnet werden, ist nicht bescheinigt.

Die Schischule des Beklagten gibt in der Wintersaison eine Werbeschrift heraus, die auf der Titelseite als "R*****" und im Blattinneren als "R*****N*****" bezeichnet wird. Diese Werbeschrift wird von den Schilehrern der Schischule K***** ausgetragen und an Hotels, Restaurants, Pensionen und Sportgeschäfte in K***** zugestellt. Das Magazin liegt auch im Kurhaus "A*****" und bei den Bergstationen auf. In der Ausgabe Nr 7 für Dezember 1993 befand sich auf Seite 3 ein Artikel des Beklagten unter der Überschrift "In die neue Skisaison mit den R*****" auf Deutsch und Englisch. Darin hieß es unter anderem:

"Die Skischule K***** bietet für die neue Skisaison wiederum besondere Leistungen für unsere Gäste.

Skischulen gibt es mehrere, bei besonderen, unentgeltlichen

Leistungen ist die Skischule K***** aber konkurrenzlos.......

Diese Gratisleistungen können aber nur aufrecht erhalten bleiben,

solange die wirtschaftliche Basis stimmt. Einige Vermittler denken

aber nur an die gebotenen Prozentsätze und senden Gäste an

Skischulen, die mit wenigen Fachkräften, aber mit vielen

ausländischen, teils schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen

Kräften arbeiten.

K***** ist weltbekannt durch den Skisport - die Skischule K*****

durch Qualität. Über 200 großteils staatlich geprüfte Ski- oder

Landeslehrer garantieren schnellsten Lernerfolg, größtmögliche

Sicherheit und einen unvergeßlichen Urlaub in unserer Heimatstadt in

Gruppenkursen oder beim Privatunterricht........."

Im englischen Text wurde das Wort "teils" ausgelassen, so daß dort nur von Schischulen die Rede ist, welche mit schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen Kräften arbeiten.

Sowohl in der Schischule des Klägers als auch in jener des Beklagten arbeiten geprüfte Schilehrer und Schiführer, Dipl.-Schilehrer, Landesschilehrer und Schilehreranwärter. Welche Anzahl davon ab Beginn der Wintersaison 1993/94 in jeder der beiden Schischulen ständig und welche Anzahl in der Hochsaison beschäftigt war, ist nicht bescheinigt.

Mit der Behauptung, daß der Beklagte mit diesen Artikel unter gleichzeitiger Anpreisung seiner eigenen Schischule erkennbar die drei anderen Schischulen in Kitzbühel - darunter jene des Klägers - wider die guten Sitten durch unwahre Behauptungen in einer Weise herabsetze, die geeignet sei, den Betrieb des Unternehmens und den Kredit des Inhabers zu schädigen, begehrt der Kläger zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung -, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, die Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten:

a) die vom Kläger geleitete Schischule arbeite mit wenigen Fachkräften;

b) die vom Kläger geleitete Schischule arbeite mit - teils - schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen Kräften.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. In seinem Artikel scheine der Name des Klägers nicht auf. Daß die Anzahl der Mitbewerber sehr klein und leicht überschaubar sei, habe der Kläger nicht bescheinigt; das wäre auch unmöglich, weil es im Schigroßraum K***** eine Vielzahl von Schischulen gebe. Überdies sei nunmehr auch ausländischen Vereinen die Ausübung der Schilehrertätigkeit gestattet. Bestimmte Lehrtätigkeiten, die in Wahrheit zu einer Schischule gehörten, seien aus dem Geltungsbereich des Tiroler Schischulgesetzes ausgenommen worden. Der beanstandete Satz sei daher richtig und verstoße nicht gegen die guten Sitten. Alle Leser des "R*****" wüßten natürlich, daß es neben den heimischen Schischulen auch noch ortsfremde gibt, so daß mit Sicherheit niemand auf die Idee komme, die Schischule des Klägers könnte zu den Minderwertigen gehören.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Es nahm noch als bescheinigt an, daß es im Schischulgebiet von K***** insgesamt vier Schischulen gebe. Die Zahl der Mitbewerber sei demnach klein und überschaubar. Vergleichende Werbung verstoße dann gegen § 1 UWG, wenn sie zugleich einen Hinweis auf die Minderwertigkeit der Waren oder Leistungen eines oder mehrerer namentlich genannter oder doch deutlich erkennbarer Mitbewerber enthalte. Es genüge, daß ein Konkurrenzunternehmen von der Äußerung erkennbar betroffen oder wenigstens mitbetroffen sei. Das "R*****" diene nur zur Werbung innerhalb des Schischulgebietes K*****. Da der Kreis der Mitbewerber für den angesprochenen Personenkreis sehr klein sei, sei die namentliche Nennung der Mitbewerber nicht erforderlich. Der beanstandete Hinweis auf andere Schischulen bedeute eine vergleichende Werbung mit Herabsetzung der Mitbewerber.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Ob es im Schischulgebiet von K***** tatsächlich nur vier Schischulen gibt, könne mangels rechtlicher Erheblichkeit offenbleiben. Vergleichende Werbung sei sittenwidrig, wenn in der beanstandeten Werbeaussage ein Hinweis auf die Minderwertigkeit der Leistung bestimmter Mitbewerber liege, insbesondere wenn diese namentlich genannt oder leicht erkennbar seien. Werde das Konkurrenzunternehmen nicht namentlich genannt, dann genüge es, wenn es von der Äußerung erkennbar betroffen oder wenigstens mitbetroffen ist. Letzteres sei insbesondere dann anzunehmen, wenn der Kreis der in Betracht kommenden Mitbewerber sehr klein und leicht überschaubar ist, der Vergleich also nicht eine Vielzahl von Mitbewerbern trifft. Nehme eine Werbeschrift nicht eindeutig auf erkennbare Mitbewerber Bezug, so liege unzulässige vergleichende Reklame für sich allein genommen noch nicht vor; das sei nur dann der Fall, wenn die zum Vergleich herangezogene Ware oder Leistung zugleich mit der Anpreisung der eigenen herabgesetzt werde. Nur eine wahrheitsgemäße, sachliche Aufklärung der Öffentlichkeit über die Vorzüge der eigenen Ware oder Leistung ohne Nennung von Mitbewerbern falle nicht unter § 1 UWG. Eine mit Schlagworten operierende Pauschalabwertung der Mitbewerber verlasse den Boden einer sachlichen Aufklärung des Publikums und sei jedenfalls sittenwidrig. Durch die beanstandete Werbeaussage würden ganz allgemein sämtliche als Mitkonkurrenten im Einzugsbereich K***** tätigen Schischulen pauschal und unkritisch abqualifiziert. Es komme aber weder darauf an, ob sich dort nur vier oder allenfalls mehr solche Unternehmen befinden und ob das Magazin des Beklagten nur im eigentlichen Schischulgebiet oder im Schigroßraum K***** verteilt worden ist. Entscheidend sei vielmehr, daß durch die pauschal formulierte Vergleichswerbung grundsätzlich alle mit der Schischule des Beklagten in Konkurrenz stehenden anderen Schischulen als wenig(er) qualifiziert, ausgebildet und ortskundig hingestellt würden als die eigene, im Werbeprodukt des Beklagten angepriesene. Dies sei jedoch - schon im Hinblick auf die regionale Eingrenzung des betroffenen Gebietes - sittenwidrig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs des Beklagten ist im Ergebnis berechtigt.

Soweit der Beklagte seine Werbeaussage deshalb für zulässig hält, weil nach der neueren Rechtsprechung das wahrheitsgemäße Herausstellen der eigenen besseren Leistung im Wege ihrer Gegenüberstellung mit der schlechteren Leistung namentlich genannter Mitbewerber an Hand objektiv überprüfbarer Daten als grundsätzlich zulässig angesehen wird (SZ 63/108; MR 1991, 159; ÖBl 1991, 160 ua), kann ihm allerdings nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat ja in seinem Artikel nicht im einzelnen genau dargelegt, wieviele Schilehrer jeder einzelnen Ausbildungskategorie er und bestimmte andere Mitbewerber haben; vielmehr hat er der mit nur ungefähren Angaben ("über 200 großteils staatlich geprüfte Ski- oder Landeslehrer") zum Ausdruck gebrachten Hervorhebung der Qualität der eigenen Schischule die Behauptung gegenübergestellt, es gebe irgendwelche Schischulen, die nur wenige Fachkräfte, aber viele (teils) schlecht ausgebildete und ortsunkundige Kräfte zur Verfügung hätten. Aus dem Zusammenhang war nur klar, daß diese nicht näher bezeichneten Schischulen im Raum K***** auftreten müssen, könnten sie doch sonst nicht die Gefahr hervorrufen, daß beim Beklagten nicht mehr die für die Gratisleistungen erforderliche "wirtschaftliche Basis stimmt". Die - für eine zulässige vergleichende Werbung typische - Möglichkeit der exakten Überprüfung des Vergleiches war daher nicht gegeben.

Im Hinblick auf den Inhalt der Werbeaussage konnte der Beklagte entgegen seinen Rechtsmittelausführungen auch nicht die Wahrheit seiner Behauptung bescheinigen; daß jedenfalls die Schischule des Klägers nicht zu den "minderwertigen" gehöre, hat der Beklagte in erster Instanz selbst ausdrücklich zugegeben. Der Leser des beanstandeten Artikels mußte aber mangels näherer Aufklärung die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß der Beklagte auch den Kläger gemeint habe.

Ob der vom Beklagten angestellte Vergleich seiner mit Fachkräften

bestens ausgestatteten Skischule mit nicht näher bezeichneten

"minderwertigen" Schulen aus dem Kreis der im Raum K*****, ansässigen

oder tätiger Schischulen gegen § 1 UWG verstoßen hat, braucht aber

hier nicht beurteilt zu werden. Bei der - im Hinblick auf die

Rechtsrüge des Beklagten gebotenen - allseitigen rechtlichen

Beurteilung des Sachverhaltes (SZ 52/192; SZ 53/75; SZ 54/133 uva)

ist nämlich wahrzunehmen, daß die beanstandeten Werbeaussagen das vom

Kläger angestrebte Verbot nicht rechtfertigen:

Nach dem Begehren des Klägers soll dem Beklagten die Behauptung

verboten werden, die vom Kläger geleitete Schischule arbeite mit

wenig Fachkräften und mit schlecht ausgebildeten und ortsunkundigen

Kräften. Eine solche Behauptung, die, weil sie nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten unwahr wäre, gegen § 7 UWG verstieße, hat aber der Beklagte in dem beanstandeten Artikel nicht aufgestellt. Er hat nur behauptet, daß es (offenkundig gemeint: im Raum von K*****) Schischulen mit schlecht ausgebildeten Schilehrern gebe. Damit hat er den Kläger nicht nur nicht namentlich bezeichnet; aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich auch nicht schlüssig, daß er damit - selbst wenn es im Raum K***** tatsächlich nur vier Schschulen geben sollte - auch die Schischule des Klägers kritisiert hat. Die Besonderheit der Werbeaussage des Beklagten liegt ja darin, daß die - nicht bloß pauschale, sondern in einer bestimmten Richtung, wenn auch nicht exakt, konkretisierte - Anschuldigung, wenig Fachkräfte beizustellen, nicht gegen alle Unternehmen aus einem überschaubaren Kreis (wie etwa in den Fällen der ÖBl 1981, 75; ÖBl 1983, 139; ÖBl 1985, 92; SZ 60/211; MR 1990, 148 uva), sondern nur gegen irgendwelche (mindestens zwei) von mehreren Schischulen erhoben wurde. Mag auch der Kläger durch das Ausstreuen solcher Verdächtigungen gegen namentlich nicht genannte "schwarze Schafe" aus dem Kreis der K***** Schischulen beeinträchtigt werden - schenkt nämlich jemand dem Beklagten Glauben, so wird er, um sicher zu gehen, jedenfalls nur dessen Schischule in Anspruch nehmen -, so ist doch die Kritik des Beklagten weder ausdrücklich noch auch erkennbar auf den Kläger bezogen. Dem Beklagten kann daher eine solche, von ihm gar nicht gemachte, Äußerung nicht untersagt werden.

Aus diesen Erwägungen waren in Stattgebung des Revisionsrekurses die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag zur Gänze abgewiesen wird.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50 Abs 1, § 52 ZPO. (Im Verfahren erster Instanz hat der Beklagte Kosten nicht verzeichnet).

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