OGH 15Os163/93

OGH15Os163/9317.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Februar 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Straßegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter R***** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a und lit. b FinStrG und einer anderen strafbaren Handlung über über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 25.Juni 1993, GZ 24 Vr 387/92-50, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Weiß, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter R***** der (Finanz-)Vergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 lit. a FinStrG (1.a) und nach § 33 Abs. 1 lit. b FinStrG (1.b) sowie des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB (2.) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Innsbruck

(zu 1.a): am 18. und 19.Februar 1988 vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten, indem er als faktischer Geschäftsführer der Firma F***** R***** GesmbH in der Umsatzsteuervoranmeldung für Jänner 1988 einen Vorsteuerbetrag von 1,807.300 S zu Unrecht geltend machte,

(zu 1.b): betreffend den Zeitraum 1986 bis 1988 unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des EStG 1972 (nunmehr: 1988) entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten , indem er als faktischer Geschäftsführer der Firma T*****-M*****-C*****-R***** GesmbH bzw. F***** R***** GesmbH die Führung von Lohnkonten unterließ und so die Nichtabfuhr von Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen im Gesamtbetrag von 186.580 S verursachte, sowie

(zu 2.): im Juli 1991 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Thomas P***** und einen Verfügungsberechtigten des Finanzamtes Innsbruck durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über den Inhaber eines Kontos, unter Benützung einer falschen Urkunde zur Veranlassung der Überweisung eines Vorsteuerbetrages von 166.667 S auf ein weder dem Thomas P***** noch einem Treuhänder gehörendes Konto verleitet, wodurch Thomas P***** am Vermögen um einen 25.000 S übersteigenden Betrag geschädigt wurde.

Nur gegen die Schuldsprüche 1.a) und 2. des Urteilssatzes richtet sich die (formell) auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a und lit. b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der Berechtigung nicht zukommt.

Jenes Beschwerdevorbringen zum Schuldspruch 1.a), wonach sich die Wissentlichkeit nicht nur auf die Bewirkung der Verkürzung, sondern auch auf die Pflichtenverletzung beziehen müsse und beim Angeklagten der letztbezeichnete Umstand nicht gegeben gewesen sei, bringt die Rechtsrüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil es nicht - wie es hiefür erforderlich wäre - am (gesamten) festgestellten Sachverhalt festhält und diesen mit dem darauf angewendeten Gesetz vergleicht. Der Beschwerdeführer negiert nämlich jene Urteilsfeststellungen, denen zufolge er bei Einbringung der Umsatzsteuervoranmeldung um die Unrechtmäßigkeit des gegenständlichen Vorsteuerabzuges, mithin um die Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe inhaltlich richtiger Umsatzsteuervoranmeldungen (SSt. 57/55), wußte (US 6). Angesichts dieser Urteilskonstatierung erübrigt sich im vorliegenden Fall ein Eingehen auf die in der Judikatur kontroversiell beantwortete Frage, ob Wissentlichkeit in Ansehung sowohl des Verkürzungserfolges als auch der dabei gesetzten Pflichtwidrigkeit erforderlich ist (EvBl. 1981/242; SSt. 53/10; 10 Os 35/83; 10 Os 70/84; 10 Os 184/83; 15 Os 105/89) oder ob für die Pflichtverletzung bedingter Vorsatz genügt (EvBl. 1984/107 = RZ 1984/36; SSt. 57/68; 13 Os 192/83; 12 Os 6/86; VwGH ÖJZ 1992, 348 sowie 83/15/0161 und 84/15/0134; Dorazil-Harbich FinStrG § 33 E 36 a, 36 b und Anm. zu E 37; jeweils beide Standpunkte bei Fellner FinStrG4 § 33 Rz 46 a und 46 c sowie bei Sommergruber-Reger FinStrG Bd. 1, 288 und Bd. 2, 243).

Nicht begründet ist der weitere auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO (der Sache nach allerdings im Hinblick auf eine allfällige Tatbeurteilung als Versuch auch auf Z 10) gestützte rechtliche Einwand, das zu 1.a) des Urteilstenors festgestellte Verhalten sei nicht tatbestandsmäßig, weil hiedurch "gar keine Steuereinnahme verkürzt werden konnte", vielmehr nur die Buchung einer Gutschrift erreicht worden und damit ein effektiver Schaden nicht eingetreten sei. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß nach der - auch zur Tatzeit geltenden - Bestimmung des § 33 Abs. 3 lit. d FinStrG eine Abgabenverkürzung bereits bewirkt ist, wenn Abgabengutschriften, die nicht bescheidmäßig festzusetzen sind, zu Unrecht oder zu hoch geltend gemacht wurden. Hieraus ergibt sich, daß (bei Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen) bereits mit der Geltendmachung unrichtiger Vorsteuerabzüge die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 1 lit. a FinStrG bewirkt und die Abgabenhinterziehung vollendet ist (ÖJZ-LSK 1978/319, 1984/98; 11 Os 144/87; 12 Os 92/93).

Eine gesetzmäßige Ausführung läßt der gegen das Schuldspruchfaktum 2. erhobene, auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gestützte Beschwerdeeinwand vermissen, demzufolge der Angeklagte nicht mit Bereicherungsvorsatz im Sinne des § 146 StGB gehandelt hat, weil er durch das Tatverhalten lediglich eine ihm zustehende Provision zu erlangen suchte; denn einen derartigen - nicht einmal aus der Verantwortung des Angeklagten hervorgehenden - dem Kontrahenten bekanntzumachenden Aufrechnungswillen, der mit einem auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Tätervorsatz nicht vereinbar wäre, hat das Erstgericht (vgl. US 9 oben iVm US 15 vorletztem Absatz bis US 16 ersten Absatz) - ausgeschlossen. Das bloße Gegenüberstehen von Forderungen an sich genügt nicht, um den in Rede stehenden Vorsatz zu verneinen (Leukauf-Steininger Komm.3 § 146 RN 58).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Der Angeklagte wurde nach § 33 Abs. 5 FinStrG zu einer Geldstrafe und (ersichtlich nach § 147 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Außerdem erfolgte ein Zuspruch an einen Privatbeteiligten.

Der Angeklagte hat fristgerecht auch "Berufung" angemeldet (S 114), dieses Rechtsmittel allerdings nach Zustellung der Urteilsausfertigung nicht ausgeführt.

Da der Angeklagte zu mehr als einer Strafe und darüber hinaus auch zur Zahlung eines Geldbetrages an einen Privatbeteiligten verurteilt wurde, er bei der Berufungsanmeldung aber nicht erklärt hat, gegen welchen Ausspruch sich seine Berufung richtet, war gemäß § 294 Abs. 2 StPO auf dieses Rechtsmittel keine Rücksicht zu nehmen.

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