Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der am ***** verstorbene Pensionist Johannes Andreas G***** hinterließ fünf volljährige Kinder. Er war unter anderem Eigentümer der Liegenschaften EZ ***** ***** und EZ *****. Mit „Testament“ vom 15.2.1993 vermachte er diese Liegenschaften („meine Besitzungen....gesamt“) seiner Tochter Margarethe D*****. Diese schrieb eigenhändig die Erklärung des letzten Willens, der Erblasser und drei Zeugen unterfertigten das Schriftstück.
Margarethe D***** gab im Verlassenschaftsverfahren aufgrund dieser letztwilligen Verfügung zum gesamten Nachlaß die bedingte Erbserklärung ab und beantragte darüber hinaus, ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses einzuräumen. Die weiteren vier Kinder des Erblassers gaben - nach Erlassung des angefochtenen Beschlusses - unter Hinweis darauf, daß die letztwillige Verfügung ungültig sei, bedingte Erbserklärungen zu je einem Fünftel ab.
Mit dem angefochtenen Beschluß nahm das Erstgericht die Erbserklärung der Margarethe D***** aus dem Berufungsgrund der letztwilligen Verfügung vom 15.2.1993 zu Gericht an, erkannte das Erbrecht durch die letztwillige Verfügung als ausgewiesen und räumte der Testamentserbin im Sinne des § 810 ABGB iVm § 145 AußStrG die Besorgung und Verwaltung des Nachlaßvermögens ein.
Dem dagegen erhobenen Rekurs des Sohnes Gerhard M***** gab das Gericht zweiter Instanz teilweise dahin Folge, daß es den Antrag der Testamentserbin, ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlaßvermögens einzuräumen, abwies. Darüber hinaus gab es dem Rekurs keine Folge. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es bejahte die Rekurslegitimation des Einschreiters, da dieser gleichzeitig mit dem Rekurs die bedingte Erbserklärung aufgrund des Gesetzes als Sohn des Erblassers abgegeben habe. Grundsätzlich sei auf Grund der Bestimmung des § 122 AußStrG jede Erbserklärung, die sich auf einen Erbrechtstitel stütze, zu Gericht anzunehmen. Eine Zurückweisung der Erbserklärung komme nur in Betracht, wenn von vornherein zweifelsfrei feststehe, daß ein Erbrecht des Bewerbers nicht bestehe. Das Verlassenschaftsgericht habe nur zu prüfen, ob die letztwillige Anordnung in gehöriger äußerer Form errichtet sei. Dies sei bei dem gegenständlich vorliegenden Testament zu bejahen. Gemäß § 595 ABGB müsse dann, wenn der Erblasser demjenigen, welcher den letzten Willen schreibt, einen Nachlaß bestimmt, die Anordnung auf die im § 594 ABGB erwähnte Art, also entweder dadurch, daß sie vom Erblasser eigenhändig geschrieben oder dadurch, daß sie durch drei von dem Schreiber des Testaments verschiedene fähige Zeugen bestätigt werde, außer Zweifel gesetzt sein. Es sei in der Lehre seit jeher strittig, ob in einem derartigen Fall eine spezielle Bestätigung gerade dieser Bedenkung des Schreibers etwa in dem Sinne, daß die drei Zeugen zu bestätigen haben, daß der Erblasser gerade die Bedenkung des Schreibers gewollt habe, notwendig sei. Derartiges finde aber im Wortlaut des Gesetzes keine Deckung, sodaß auch in dem Fall, daß der Schreiber der letztwilligen Verfügung selbst der Bedachte sei, die bloße Fertigung durch drei Zeugen ausreiche. Auch sonst entspreche die letztwillige Verfügung den Bestimmungen über das fremdhändige Testament. Es schade weder das behauptete Verwandtschaftsverhältnis eines Zeugen zum Erblasser noch daß die Hand des Erblassers bei Unterfertigung geführt worden sein könnte. Auch komme es nicht auf die Reihenfolge der einzelnen im § 579 ABGB geforderten Handlungen, sondern ausschließlich auf die Einheit des Testieraktes an. Der Rekurs sei lediglich insoweit berechtigt, als er sich gegen die Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an die Tochter des Erblassers wende, da widersprechende Erbserklärungen vorlägen und in einem derartigen Fall nicht einer der widerstreitenden Erben zum Verwalter bestellt werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom erbserklärten Erben Gerhard M***** erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, da zur Auslegung des § 595 ABGB keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Gemäß § 122 AußStrG ist grundsätzlich jede in der vorgeschriebenen Form abgegebene Erbserklärung vom Gericht anzunehmen. Diese Bestimmung wird jedoch in ständiger Judikatur einschränkend dahin ausgelegt, daß eine Erbserklärung zurückzuweisen ist, wenn von vornherein feststeht, daß der in Anspruch genommene Erbrechtstitel zu keiner Einantwortung des Nachlasses an den Erbserklärten führen kann (RZ 1963, 133; SZ 44/72; NZ 1985, 106; JBl. 1986, 311; NZ 1987, 68; RPflSlg A 7732; RZ 1990, 259; EvBl. 1992/36; Welser in Rummel 2 Rz 16 zu §§ 799, 800). Schon das Verlassenschaftsgericht hat daher zu prüfen, ob eine letztwillige Verfügung des Erblassers, auf die sich ein Erbansprecher zur Dartuung seines Erbrechtes beruft, überhaupt als Testament angesehen werden kann. Dazu muß sie den inneren und den äußeren Formvorschriften entsprechen, also eine Erbeinsetzung enthalten (§ 553 ABGB) und in einer vom Gesetz anerkannten Testamentsform errichtet sein (§§ 577 ff ABGB). Die Grenzen einer solchen Beurteilung liegen dort, wo es der Klärung strittiger Tatumstände (vgl. NZ 1985, 106) oder der Auslegung des Willens des Erblassers bedarf, um ein der inneren und äußeren Form nach wirksames Testament ausschließen zu können (EvBl. 1992/36 mwN). Die Erbserklärung eines mit Einzelstücken Bedachten ist anzunehmen, wenn nicht auszuschließen ist, daß der Bedachte als Erbe berufen wurde (EvBl. 1950/3; Welser aaO Rz 15 und Rz 7 zu § 535). Läßt sich jedoch von Anfang an mit Bestimmtheit sagen, daß die als Berufungsgrund herangezogene letztwillige Erklärung des Erblassers keine Erbeinsetzung enthält oder ist die gesetzlich vorgeschriebene äußere Form nicht erfüllt, dann ist die Verlassenschaft ohne Rücksicht auf eine darauf gestützte Erbserklärung abzuhandeln (SZ 61/227; EvBl. 1992/36). Es muß daher außer Zweifel stehen, daß ein gültiger zur Herbeiführung der Einantwortung geeigneter Erbrechtstitel nicht vorhanden ist (EvBl. 1983/47; RZ 1990/114).
Es ist daher - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - schon im Verlassenschaftsverfahren die Rechtsfrage zu lösen, welche Voraussetzungen für die Gültigkeit eines Testamentes aus der Bestimmung des § 595 ABGB abzuleiten sind, wenn der Schreiber desselben auch der Bedachte ist. § 595 ABGB ordnet für den Fall, daß der Erblasser demjenigen, welcher den letzten Willen schreibt, oder dessen im einzelnen genannten nahen Angehörigen einen Nachlaß bestimmt, an, daß die Anordnung auf die im § 594 ABGB erwähnte Art außer Zweifel zu setzen ist. § 594 ABGB normiert, daß der Erbe oder Legatar sowie dessen nahe Angehörigen und besoldete Hausgenossen in Rücksicht des ihm zugedachten Nachlasses keine fähigen Zeugen seien, weshalb die Verfügung, um gültig zu sein, von dem Erblasser eigenhändig geschrieben oder durch drei von den bedachten Personen verschiedene Zeugen bestätigt werden müsse. Pfaff-Hofmann, Commentar zum österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuche II/1, 197, verweisen auf die Bedenken, die es erwecken müsse, wenn der Schreiber sich selbst oder nahe verbundenen Personen etwas zuschreibt. Wolle man § 595 ABGB nicht als absurd erscheinen lassen, müsse die Bestimmung dahin gelesen werden, daß sie eine spezielle Bestätigung der einzelnen fraglichen Verfügung fordere, es somit entweder der eigenhändigen Einfügung „der betreffenden Honorierung von seiten des Testators“ oder der Bestätigung gerade dieser Verfügung durch drei unbefangene Zeugen bedürfe. Diese Auslegung wurde bereits von Krasnopolski-Kafka, Österreichisches Erbrecht, 73, als nicht dem Wortlaut des Gesetzes entsprechend erkannt. Diese letztere Ansicht teilt auch Weiß in Klang 2, 342, der ergänzt, daß auch das Argument, daß anderenfalls § 595 ABGB neben § 594 ABGB überflüssig wäre, nicht durchzuschlagen vermöge; § 594 ABGB betreffe nur die bedachten Zeugen, somit auch den bedachten Schreiber als Zeugen, während § 595 ABGB den Schreiber, der nicht Zeuge sei, zum Gegenstand habe. Beide Tatbestände in einer Bestimmung zusammenzufassen, wäre gesetzestechnisch schwierig und dem geordneten Fortschritt der Darstellung im Stil des Gesetzgebers widersprechend gewesen. Der Sinn des § 595 ABGB liege deshalb einfach darin, daß das gleiche, was für die Bedenkung eines Zeugen, der ihm nahestehenden Personen und seiner besoldeten Hausgenossen im § 594 ABGB vorgeschrieben wurde, auch für den bedachten Schreiber und dessen nahe Angehörige gelten sollte. Diese Ansicht wird auch von Welser in Rummel ABGB2 Rz 8 zu §§ 591-596 und Eccher in Schwimann ABGB Rz 1 zu § 595 geteilt.
Auch der Oberste Gerichtshof vermag der Bestimmung des § 595 ABGB keinen anderen Sinn beizulegen. Schon die Wortinterpretation der beiden Gesetzesstellen zeigt, daß der Gesetzgeber den letztwillig bedachten Schreiber (§ 595 ABGB) nicht anders stellen wollte als den Zeugen, dem ein Nachlaß zugedacht wird (§ 594 ABGB). Wird ein Zeuge letztwillig bedacht, bedarf es beim fremdhändigen Testament lediglich der Fertigung dreier unbefangener Zeugen. Eine besondere Bestätigung dieses Teiles des letzten Willens ist unstrittig nicht erforderlich (Welser in Rummel ABGB2 Rz 7 zu §§ 591 bis 596). Der Hinweis in § 595 ABGB, daß die Anordnung bezüglich des Schreibers „auf die im vorhergehenden Paragraphen erwähnte Art außer Zweifel gesetzt“ werden muß, kann nur in dem Sinne verstanden werden, daß - abgesehen vom Vorliegen einer eigenhändigen Verfügung des Erblassers - drei fähige Zeugen zu unterfertigen haben. Der Vorschrift des § 594 ABGB kann nicht der Sinn unterlegt werden, die Bestätigung durch die Zeugen müsse mehr als deren Unterschrift und den Hinweis auf die Zeugeneigenschaft umfassen. Derartige zusätzliche Kautelen werden im Gesetz ausdrücklich nicht vorgeschrieben. Bei Einsetzung des Schreibers zum Universalerben käme eine über die bloße Fertigung hinausgehende gesonderte Bestätigung der Bedenkung des Schreibers überhaupt nicht in Betracht (so bereits 6 Ob 710/77), weil dies die schriftliche Wiederholung der letztwilligen Verfügung durch den Erblasser oder die Zeugen erforderlich machte. Eine bloß allgemein gehaltene Bestätigung der letztwilligen Zuwendung an den Schreiber könnte der Befürchtung einer Verfälschung durch den Schreiber (etwa dadurch, daß er sich mehr zuwendet als dem Willen des Erblassers entspricht) nicht wirksam begegnen. Jede über eine nichtssagende Floskel hinausgehende Bestätigung durch die Zeugen würde aber voraussetzen, daß diese über den Inhalt des betreffenden Teiles des Testamentes Bescheid wissen, was vom Gesetz im § 579 letzter Satz ABGB aber nicht gefordert wird. Auch ist dem Bedenken, der bedachte Schreiber könnte den letzten Willen aus Eigennutz verfälschen, durch § 579 ABGB vorgebeugt, wonach der Erblasser den fremdhändig geschriebenen letzten Willen eigenhändig unterfertigen muß, weshalb der Schreiber jederzeit die Kontrolle durch den Erblasser zu gewärtigen hat.
Die weitere Behauptung des Rekurswerbers, die drei Zeugen hätten das mit 15.2.1993 datierte Testament erst am 19.2.1993 unterschrieben, ist nach den einleitenden Darlegungen als reine Tatfrage, die aus dem Akt nicht zweifelsfrei zu klären ist (die Datierung der Zeugenunterschriften könnte durchaus auch als 15.2.1993 gedeutet werden), der Überprüfung durch das Abhandlungsgericht nicht zugänglich.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
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