OGH 5Ob113/93

OGH5Ob113/9321.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Oliver G*****, geboren am 24.November 1963, Angestellter, ***** Wien, W*****gasse 27, vertreten durch Dr.Udo Elsner, Rechtsanwalt in Wien, betreffend die Vormerkung des Eigentumsrechtes des Antragstellers in der EZ ***** des GB ***** K*****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 10. September 1993, GZ 3 b R 128/93-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 24.Juni 1993, TZ 2481/93-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Unter Vorlage einer mit dem Rechtskraftvermerk versehenen Amtsurkunde des Bezirksgerichtes Hietzing vom 3.7.1986, derzufolge "in der Verlassenschaftssache nach dem am 24.6.1985 verstorbenen Dkfm.Dr.Ernst G***** (geboren am 24.1.1923) auf Grund des in der letztwilligen Verfügung vom 15.8.1982 enthaltenen Vermächtnisses bestätigt wird, daß das Eigentumsrecht an dem in den Nachlaß gehörigen Drittel der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches KG K***** mit den Grundstücken ***** landwirtschaftlich genutzt und ***** Baufläche für den Vermächtnisnehmer Oliver G*****, geboren 24.11.1963, einverleibt werden kann", begehrte der Antragsteller am 24.6.1993 beim Bezirksgericht Kitzbühel die Vormerkung seines Eigentumsrechtes "ob der Liegenschaft EZ ***** KG K***** bestehend aus den Grundstücken ***** landwirtschaftlich genutzt und ***** Baufläche".

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß die gemäß § 2 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes für jeden Eigentumserwerb, aber auch für die Vormerkung des Eigentumsrechtes erforderliche Genehmigung bzw. Negativbestätigung der Grundverkehrsbehörde fehle.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Es bezog sich dabei auf § 2 Abs 3 TirGVG 1983 in der Fassung LGBl 1991/74, wonach Eintragungen in das Grundbuch, die einen Rechtserwerb im Sinne des § 3 Abs 1 zum Gegenstand haben, nur bewilligt werden dürfen, wenn - bezogen auf den konkreten Fall eines erbrechtlichen Erwerbes - dem Grundbuchsgericht ein Bescheid der Grundverkehrsbehörde vorliegt, aus dem sich ergibt, daß die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zu diesem Rechtserwerb nicht erforderlich ist (§ 2 Abs 3 lit b TirGVG).

§ 3 Abs 2 lit a TirGVG nehme nämlich den Rechtserwerb durch Erben und Vermächtnisnehmer nur dann vom Erfordernis der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde aus, wenn nicht von der Anordnung des Gesetzes oder des Erblassers oder von den Bestimmungen des Erbvertrages durch besondere Übereinkommen (Erbteilungsübereinkommen) abgegangen wird. Diesbezügliche Zweifel könne das Grundbuchsgericht nicht selbst klären. Es sei allein Sache der Grundverkehrsbehörde, darüber zu entscheiden, ob eine Zustimmung erforderlich ist oder nicht (RZ 1989/63). Dabei bestehe kein Unterschied zwischen der Einverleibung und der Vormerkung des Eigentumsrechtes. Auch für eine Vormerkung müsse bereits die grundverkehrsbehördliche Genehmigung (hier eben der Bescheid im Sinne des § 2 Abs 3 lit b TirGVG) vorliegen (SZ 30/46), zumal § 2 Abs 3 TirGVG ganz allgemein von Eintragungen in das Grundbuch, die einen Rechtserwerb im Sinne des § 3 Abs 1 zum Gegenstand haben, handle. Es liege somit der in § 94 Abs 1 Z 4 GBG normierte Abweisungsgrund vor.

Im Falle einer neuerlichen Antragstellung werde außerdem darauf Bedacht zu nehmen sein, daß nach der vorgelegten Amtsurkunde die Vormerkung des Eigentums für den Antragsteller nur auf dem Anteil des Erblassers und nicht auf der gesamten Liegenschaft bewilligt werden könnte.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der (am hohen Einheitswert der gesamten Liegenschaft orientierte) Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß es sich um eine Einzelfallentscheidung handle und der ständigen Rechtsprechung gefolgt worden sei.

Im nunmehr vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Antragsteller geltend, daß die vorgelegte Amtsbestätigung alle Voraussetzungen für die Vormerkung seines Eigentumsrechtes erfülle. Sie enthalte einen gültigen, durch den Genehmigungsvorbehalt des § 3 Abs 2 lit a TirGVG in keiner Weise berührten Rechtsgrund im Sinne des § 26 Abs 2 GBG, weil das Verlassenschaftsgericht ausdrücklich auf das in der letztwilligen Verfügung des Erblassers enthaltene Vermächtnis hinwies, und dokumentiere einen unbedingten Rechtserwerb des Antragstellers, weil der Anspruch auf Ausfolgung eines Legates unabhängig von einem Ausspruch der Grundverkehrsbehörde nach § 2 Abs 3 lit b TirGVG bestehe. Ein derartiger Bescheid könne lediglich eine "weitere Zwischenurkunde" zur nachfolgenden Rechtfertigung der Vormerkung sein. Da zu diesen Rechtsfragen noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege, müsse wenigstens die Zulässigkeit des Revisionsrekurses unterstellt werden. Der Rechtsmittelantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß so abzuändern, daß das Grundbuchsgesuch zur Gänze bewilligt wird.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil sich ein wesentlicher Teil der rekursgerichtlichen Rechtsausführungen nicht auf Judikaturbelege berufen kann; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ein Teil der Rechtsausführungen des Rekursgerichtes bedarf insoweit einer Ergänzung, als der richtig erkannte landesgesetzliche Vorbehalt, in Tirol die Grundverkehrsbehörde über die Genehmigungsbedürftigkeit jedes orginären oder derivativen Eigentumserwerbes an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken entscheiden zu lassen (§ 2 Abs 2 und 3 iVm § 3 Abs 1 TirGVG), die fiktive Möglichkeit in sich schließt, daß auch der gegenständliche Rechtserwerb von Todes wegen einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf. Ob der in § 3 Abs 2 lit a TirGVG normierte Ausnahmefall vorliegt, entzieht sich nämlich einer Beurteilung durch das Grundbuchsgericht. § 2 Abs 3 lit b TirGVG läßt als Nachweis für die mangelnde Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtserwerbes des Antragstellers nur eine urkundliche Erklärung der Grundverkehrsbehörde gelten, sodaß die Einverleibung seines Eigentums nicht erfolgen kann, wenn diese Urkunde fehlt (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Zu prüfen bleibt nur, ob dieses Eintragungshindernis auch für die Vormerkung besteht.

Die dazu vorhandene Judikatur besagt, daß die Vormerkung nicht bewilligt werden darf, wenn zweifelhaft ist, ob das dem Eintragungsbegehren zugrundeliegende Recht der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedarf, weil das Rechtsgeschäft bei Fehlen der erforderlichen Genehmigung schwebend unwirksam wäre und somit das Grundbuchsgericht vom mangelnden Nachweis eines (auch für die Vormerkung notwendigen) gültigen Rechtsgrundes (§ 26 Abs 2 iVm § 35 GBG) ausgehen müßte (NZ 1991, 179/207). Derartige Zweifel bestehen tatsächlich und werden durch den Hinweis auf die letztwillige Anordnung des Erblassers, der dem nunmehrigen Antragsteller seinen Anteil an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft vermachte, auch nicht ausgeräumt, weil die gesetzliche Konstruktion im anzuwendenden Grundverkehrsgesetz - wie bereits erwähnt - Zweifel unterstellt, die nur durch eine urkundliche Erklärung der Grundverkehrsbehörde beseitigt werden können. Das Grundbuchsgericht hat sich auf rechtliche Spekulationen, ob der durch eine Amtsbestätigung verbriefte Rechtserwerb eines Vermächtnisnehmers "auf Grund des Testamentes des Erblassers "überhaupt noch Raum für ein genehmigungsbedürftiges Abweichen von der Anordnung des Erblassers läßt, gar nicht einzulassen.

Ernstzunehmender wären die Einwände, die die Lehre gegen diese Judikatur vorbringt. Nach Hofmeister spreche nichts dagegen, auch bedingte Titel als "gültigen Rechtsgrund" im Sinne des § 26 Abs 2 GBG anzuerkennen (NZ 1991, 182 f), während Hoyer zwar die Judikatur akzeptiert, daß aufschiebend bedingte Rechte nicht vorgemerkt werden können (GlUNF Neue Folge 3971; SZ 34/192), die Vormerkung aber dann für zulässig hält, wenn Zweifel bestehen, ob überhaupt ein aufschiebend bedingtes Recht vorliegt (ÖBA 1993, 572). Im gegenständlichen Fall sind jedoch diese Auffassungsunterschiede nicht zu lösen. Der tragende, von der höchstgerichtlichen Judikatur bisher nicht behandelte Abweisungsgrund des Rekursgerichtes, wonach der Tiroler Landesgesetzgeber sowohl die Einverleibung als auch die Vormerkung des Eigentumsrechtes im Grundbuch bei einem Rechtserwerb im Sinne des § 3 Abs 1 TirGVG von einer billigenden oder die Gültigkeit des Titels zumindest nicht in Frage stellenden Erklärung der Grundverkehrsbehörde (im konkreten Fall vom Vorliegen eines Bescheides im Sinne des § 2 Abs 3 lit b TirGVG) abhängig machte, hat nämlich jedenfalls Bestand.

Wie schon das Rekursgericht zutreffend bemerkte, bindet § 2 Abs 3 TirGVG schlechthin "Eintragungen" in das Grundbuch, die einen Rechtserwerb im Sinne des § 3 Abs 1 TirGVG zum Gegenstand haben, an eine Zustimmung der Grundverkehrsbehörde (lit a), an einen Bescheid, aus dem sich die mangelnde Zustimmungsbedürftigkeit des Rechtserwerbs ergibt (lit b) oder an eine den Ausnahmecharakter des betreffenden Grundstücks bestätigende Erklärung (lit c). Da diese Vorschrift speziell die Erledigung von Grundbuchsgesuchen anspricht, ist es naheliegend, den Begriff "Eintragungen" so zu verstehen, wie ihn das GBG für den Erwerb von Rechten gebraucht. Nach der Definition des § 8 GBG sind demnach sowohl Einverleibungen (die einen unbedingten Rechtserwerb bewirken) als auch Vormerkungen (bedingte Rechtserwerbungen) gemeint, die nur unter der Bedingung ihrer nachfolgenden Rechtfertigung (dann allerdings ex tunc: SZ 28/170) zum Rechtserwerb führen (vgl Hofmeister, NZ 1984, 70 in der Anmerkung zur Entscheidung 5 Ob 3/84). Auch die offenkundige Zielsetzung des § 2 Abs 3 TirGVG, Erwerbsvorgänge, die den grundverkehrsbehördlichen Beschränkungen widersprechen, schon im Keim zu unterbinden, spricht dafür, bereits die Vormerkung des Eigentums an die grundverkehrsbehördliche Genehmigung bzw. ihren Negativbescheid oder ihre Negativbestätigung zu binden. Nur so kann - da das GBG keine spezifische Regelung über die Rechtfertigung und Eliminierung von Vormerkungen enthält, die ohne Befassung der Grundverkehrsbehörde erwirkt wurden (vgl 5 Ob 34/59) - effektiv verhindert werden, daß zur Umgehung von Grundverkehrsvorschriften in den bedingten Rechtserwerb ausgewichen wird. Die in §§ 16 und 16a TirGVG vorgesehenen Löschungsmöglichkeiten wären ein zu schwerfälliges Instrument, derartige Mißbräuche abzustellen, und würden überdies eine laufende Kontrolle des Grundbuchsstandes durch die Grundverkehrsbehörde erfordern, sodaß ein Motiv des Landesgesetzgebers, mit der Regelung des § 2 Abs 3 TirGVG auch Vormerkungen zu erfassen, durchaus plausibel erscheint. Die Gesetzesauslegung durch das Rekursgericht ist daher sowohl aus systematischen als auch objektiv-teleologischen Erwägungen zu billigen. Schon § 2 Abs 3 lit b TirGVG steht in Verbindung mit § 94 Abs 1 Z 3 GBG der begehrten Eintragung entgegen.

Richtigerweise hat das Rekursgericht schließlich noch darauf hingewiesen, daß die vorgelegte Amtsbestätigung, die sich nur auf einen Liegenschaftsanteil bezieht, nicht zur Vormerkung des Eigentumsrechtes des Antragstellers an der ganzen Liegenschaft führen könnte. Darauf wird bei einem neuen Eintragungsbesuch zu achten sein.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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