Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Vertrag vom 5. 7. 1983 übergaben die Ehegatten Rudolf D*****, geboren 6. 2. 1909, und Maria D*****, geboren 14. 4. 1913, die Liegenschaften EZ 101 und 103 je KG ***** sowie Rudolf D***** sen allein die Liegenschaften 131 und 268 je KG ***** an Rudolf D*****, geboren 1. 10. 1948. Gemäß § 14 des Übergabsvertrags erteilten die Ehegatten D***** ihre ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung des Eigentumsrechts ob den vorgenannten Liegenschaften für Rudolf D***** jun; letzterer erteilte seine ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung der Reallast des Ausgedinges und eines Veräußerungs- und Belastungsverbots ob diesen Liegenschaften zu ihren Gunsten. Gemäß § 10 des Übergabsvertrags wurde dieser Vertrag unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass er durch die Grundverkehrskommission genehmigt wird. Am 31. 8. 1983 erteilte die Bezirksgrundverkehrskommission Mattighofen die grundverkehrsbehördliche Genehmigung.
Am 13. 9. 1983 langte der Antrag des Rudolf D***** jun auf Verbücherung des Übergabevertrags beim Erstgericht als Grundbuchsgericht ein. Dem Antrag war zwar der zuvor genannte Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Mattighofen beigelegt, doch war dieser im Zeitpunkt des Einlangens des Antrags offensichtlich noch nicht mit der Rechtskraftbestätigung versehen. Aus dem nunmehr im Grundbuchsakt erliegenden Bescheid ist ersichtlich, dass der Bescheid seit 23. 9. 1983 rechtskräftig ist, was am 5. 10. 1983 bestätigt wurde. Es ist nicht zu erkennen, auf welche Weise diese Rechtskraftbestätigung in den Akt gelangte.
Mit Beschluss vom 5. 10. 1983 bewilligte das Erstgericht das Begehren des Antragstellers. Am 19. 10. 1983 wurde die Entscheidung von der Geschäftsabteilung des Erstgerichts an die Parteien abgefertigt.
Am 18. 11. 1983 langte beim Erstgericht ein auf § 1 Abs 3 Prokuraturgesetz, § 122 GBG gestützter Rekurs der Finanzprokuratur gegen den erstgerichtlichen Beschluss ein; die Finanzprokuratur behauptete in ihrem Rechtsmittel, von dem erstgerichtlichen Beschluss, der unter Verletzung von Vorschriften des Grundverkehrs und des Grundbuchsgesetzes zustandegekommen sei, erst am vorletzten Tag der Rekursfrist Kenntnis erlangt zu haben.
Das Rekursgericht wies den Antrag des Antragstellers in Stattgebung des Rekurses der Finanzprokuratur aus nachstehenden Erwägungen ab:
Gemäß § 1 Abs 3 Prokuraturgesetz sei die Finanzprokuratur berufen, zum Schutz öffentlicher Interessen vor allem Gerichten und Verwaltungsbehörden einzuschreiten, wenn sie von der zuständigen Behörde hiefür in Anspruch genommen werde oder die Dringlichkeit des Falles ihr sofortiges Einschreiten erfordere. Unter Berufung auf diese gesetzliche Bestimmung werde der Finanzprokuratur von der Rechtsprechung seit langem mit Billigung der Lehre (Klang in Klang 2 II 146) zur Wahrung des öffentlichen Interesses ein Rekursrecht in Grundbuchssachen wegen Verletzung von Vorschriften des Grundverkehrs zuerkannt (SZ 21/50; RPflSlgG 199, 467 ua).
Nach § 94 Abs 1 Z 3 und 4 GBG dürfe eine bücherliche Eintragung nur dann bewilligt werden, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheine und die Urkunde in der Form vorlägen, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich sei. Gemäß § 10 des Übergabsvertrags vom 5. 7. 1983 sei die Rechtswirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung durch die Grundverkehrskommission abhängig gemacht worden. Das Erstgericht hätte daher mit Rücksicht auf § 64 Abs 1 AVG (vgl SZ 22/138) beachten müssen, dass in dem für die Beurteilung des Grundbuchsantrags maßgeblichen Zeitpunkt die Rechtskraft des dem Antrag nebst dem Übergabsvertrag beigelegten Bescheides der Bezirksgrundverkehrskommission Mattighofen nicht bestätigt gewesen sei (vgl RPflSlgG 888). Es bestehe nach dem Wortlaut des § 93 GBG kein Zweifel, dass für die Beurteilung eines Ansuchens der Zeitpunkt des Einlangens beim Grundbuchsgericht maßgebend sei. Nach diesem Zeitpunkt richte sich daher auch die nach § 94 GBG vorzunehmende Prüfung (ZBl 1926/213). Da aber in jenem Zeitpunkt der Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission noch nicht rechtskräftig gewesen sei, entspreche die Vorgangsweise des Erstgerichts mit Rücksicht auf die Grundbuchsstrenge nicht dem Gesetz. Das Erstgericht hätte daher richtigerweise die Verbücherungsanträge abweisen müssen.
Gegen den abändernden Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers sowie der Ehegatten Rudolf D***** sen und Maria D***** mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss unter Zurückweisung des Rekurses der Finanzprokuratur wiederherzustellen. Hilfsweise wird beantragt, die Vormerkung des Eigentumsrechts des Antragstellers und die Einverleibung der Reallast des Ausgedinges sowie des Veräußerungs- und Belastungsverbots zugunsten der Ehegatten D***** zu bewilligen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar nach § 126 Abs 2 GBG zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Was zunächst die von den Revisionsrekurswerbern bestrittene Rekurslegitimation der Finanzprokuratur betrifft, so ziehen sie diese mit Rücksicht auf die bereits vom Rekursgericht zutreffend zitierte Lehre und Rechtsprechung (ebenso schon 2 Ob 20/55, 2 Ob 537/55, 2 Ob 138/56) ohnehin nicht grundsätzlich in Zweifel; sie meinen nur, dass die Vorschriften des oberösterreichischen Grundverkehrsgesetzes im gegenständlichen Fall nicht verletzt worden seien. Wäre diese Meinung richtig, so hätte dies jedoch nicht das Fehlen der Rekurslegitimation der Finanzprokuratur, sondern lediglich die mangelnde Berechtigung des Rekurses der Finanzprokuratur zur Folge.
Zur Frage, ob die Vorschriften des oberösterreichischen Grundverkehrsgesetzes verletzt worden seien, vertreten die Revisionsrekurswerber unter Berufung auf § 1 Abs 2 dieses Gesetzes den Standpunkt, dass die Verbücherung des Übergabsvertrags vom 5. 7. 1983 schon mit der Erteilung der Genehmigung durch die Bezirksgrundverkehrskommission Mattighofen am 31. 8. 1983 zulässig geworden sei; im Übrigen seien ohnehin noch vor der Bewilligung und Durchführung der Verbücherung des Üergabsvertrags durch das Erstgericht die Genehmigung in Rechtskraft erwachsen und die diesbezügliche Bescheidausfertigung mit der Rechtskraftbestätigung versehen worden. Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
Nach § 1 Abs 1 oöGVG 1975 LGBl 53 bedarf unter anderem die Übertragung des Eigentumsrechts an einem ganz oder teilweise der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden der Genehmigung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes. Nach § 1 Abs 2 leg cit wird der Vertrag mit der Versagung der Genehmigung rückwirkend rechtsunwirksam; solange die Genehmigung nicht erteilt ist, ist eine grundbücherliche Eintragung nicht zulässig. Dieser Rechtslage Rechnung tragend haben die Parteien des Übergabsvertrags vom 5. 7. 1983 gemäß dessen § 10 vereinbart, dass der Vertrag bis zum Vorliegen der Bewilligung durch die zuständige Grundverkehrskommission als aufschiebend bedingt abgeschlossen gilt und erst mit dem Vorliegen dieser Bewilligung rechtswirksam wird.
Gemäß § 20 Abs 2 oöGVG ist gegen die Entscheidung der Bezirksgrundverkehrskommission die Berufung an die Landesgrundverkehrskommission zulässig; nach § 20 Abs 3 leg cit steht die Berufung auch der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich zu. Nach § 63 Abs 5 AVG 1950 ist die Berufung binnen 2 Wochen zu erheben, nach § 64 Abs 1 AVG haben rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung.
Aus den wiedergegebenen Bestimmungen des oberösterreichischen Grundverkehrsgesetzes und des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt sich, dass im Zeitpunkt des Einlangens des gegenständlichen Grundbuchsgesuchs beim Erstgericht am 13. 9. 1983 - und dieser Zeitpunkt ist gemäß § 93 GBG für die Beurteilung der Berechtigung des Gesuches entscheidend - aufgrund der Aktenlage noch nicht feststand, ob die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Übergabsvertrags vom 31. 8. 1983 in Rechtskraft erwachsen und damit (SZ 22/138 ua) rechtswirksam geworden war. (Die erst am 5. 10. 1983 auf der Bescheidausfertigung angebrachte Bestätigung der Bezirksgrundverkehrskommission Mattighofen, wonach der Genehmigungsbescheid seit 23. 9. 1983 rechtskräftig ist, durfte vom Erstgericht gemäß § 93 GBG - beide Zeitpunkte liegen nach dem Einlangen des Grundbuchsgesuchs beim Erstgericht am 13. 9. 1983 - nicht berücksichtigt werden; die §§ 15 GVG 1937 BGBl 251 und 20 der Verordnung BGBl 1937/252 [vgl Klang in Klang 2 II 146] fanden im geltenden oberösterreichischen Grundverkehrsrecht keine Entsprechung; zur grundsätzlichen Unzulässigkeit von Zwischenerledigungen im Grundbuchsverfahren vgl auch § 95 Abs 1 GBG.) Vor Eintritt der Rechtskraft der Genehmigung kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die in erster Instanz erteilte Genehmigung von der zweiten Instanz versagt und dadurch der genehmigungsbedürftige Vertrag rückwirkend rechtsunwirksam wird. Die Verbücherung eines nach dem oberösterreichischen Grundverkehrsgesetz genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts kann nur dann bewilligt werden, wenn die Rechtskraft des grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsbescheids in dem nach § 93 GBG entscheidenden Zeitpunkt urkundlich dargetan ist (vgl die bereits vom Rekursgericht zu Recht herangezogene Entscheidung RPflSlgG 888; siehe beispielsweise auch § 14 Abs 1 nöGVG 1973 LGBl 6800-0, wonach dem Grundbuchsgesuch eine mit der Rechtskraftklausel versehene Ausfertigung des zustimmenden Bescheids der Grundverkehrskommission beizulegen ist; ebenso § 16 Abs 1 lit a SbgGVG 1974 LGBl 8).
Es lagen aber im entscheidenden Zeitpunkt (§ 93 GBG) entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerber auch die Voraussetzungen des § 35 GBG für die Bewilligung lediglich der Vormerkung des Eigentumsrechts des Antragstellers nicht vor, weil beim Einlagen des Grundbuchsgesuchs - wie bereits ausgeführt - noch nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Übergabsvertrag rückwirkend rechtsunwirksam wird (vgl SZ 30/46). Daran hat die Neufassung des § 160 Abs 1 BAO durch das Bundesgesetz vom 19. 3. 1980 BGBl 151, wonach die Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Vormerkung des Eigentumsrechts nicht mehr erforderlich ist, nichts geändert.
Da somit das Rekursgericht richtig erkannte, dass das Erstgericht das vorliegende Grundbuchsgesuch bei gehöriger Beachtung der Vorschriften des oberösterreichischen Grundverkehrsgesetzes und des Grundbuchsgesetzes zur Gänze abzuweisen gehabt hätte, musste dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt werden.
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