OGH 4Ob120/93

OGH4Ob120/9312.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****genossenschaft reg.Gen.m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Alfred Thewanger und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Johann H*****, vertreten durch Dr.Klaus Holter, Rechtsanwalt in Grieskirchen, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 12.Juli 1993, GZ 6 R 133/93-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Wels vom 12.Mai 1993, GZ 5 Cg 123/93z-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Provisorialverfahrens.

Text

Begründung

Im Jahr 1984 begannen sich Martin Leopold W***** und der Beklagte für die Produktion von Maissaatgut zu interessieren. Nach anfänglichen Mißerfolgen beschafften sie sich Inzuchtlinien aus Maisvermehrungsfeldern in ganz Österreich, wo Saatmaisvermehrungen im Gange waren. Diese Linien wurden vermehrt und die Saatmaisproduktion aufgezogen. Ab 1989 übte diese Tätigkeit der "L***** Saaten-Verein" (L*****) aus, der seinen Sitz in G***** hat und dessen Obmann der Beklagte ist. Die Tätigkeit des Vereins ist nicht auf Gewinn ausgerichtet; sie bezweckt ua die Erhaltung in- und ausländischer Getreidesorten, die Sicherung der genetischen Artenvielfalten dieser Saaten sowie die Erprobung, Entwicklung, Züchtung und Vermehrung neuer Getreidearten und anderer landwirtschaftlicher Saaten und Sämereien, um den Bedarf der Vereinsmitglieder decken zu können. In welchem Umfang der L***** derzeit die Saatgutvermehrung durchführt, insbesondere ob dies in einem über den Mitgliederbedarf hinausgehenden Umfang geschieht, steht nicht fest.

Mit der Behauptung, daß der Beklagte ebenso wie die Klägerin Saatgut im Sinne des Saatgutgesetzes 1937 BGBl 236 gewerbsmäßig in ganz Österreich verkaufe, seine Produkte aber entgegen §§ 2 ff SaatgutG nicht bezeichne, insbesondere "keine Angaben der Reinheit und Keimfähigkeit des Saatgutes" mache, und daß das Saatgut auch von keiner staatlich ermächtigten Untersuchungsanstalt überprüft werde, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung für die Dauer des Rechtsstreites im geschäftlichen Verkehr zu verbieten, Saatgut in Österreich gewerbsmäßig in Verkehr zu bringen, insbesondere zu verkaufen.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis, da der Beklagte kein Saatgut verkaufe, sondern nur Obmann des L***** sei. Die Tätigkeit dieses Vereins sei nicht auf Gewinn ausgerichtet. Nach § 7 SaatgutG bestehe daher insoweit keine Kennzeichnungspflicht.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Da die Saatgutvermehrung vom L***** durchgeführt worden sei, fehle dem Beklagten die Passivlegitimation. Überdies sei eine Saatgutvermehrung in einem den Mitgliederbedarf des L***** übersteigenden Ausmaß nicht bescheinigt worden.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es nahm ergänzend als bescheinigt an, daß die Mitglieder des L***** nicht bloß aus den Nachbargemeinden des Sitzes dieses Vereins, sondern aus verschiedenen Bundesländern, nämlich aus Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Niederösterreich, kämen. Er übe seine Aktivitäten in Niederösterreich, Burgenland und der Steiermark aus und habe in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark 320 Mitglieder.

Rechtlich schloß daraus das Rekursgericht, daß der Ausnahmetatbestand des § 7 SaatgutG nicht vorliege. Die Passivlegitimation des Beklagten sei zu bejahen, weil er die Wettbewerbsverstöße des L***** als Obmann selbst begangen habe oder doch daran beteiligt gewesen sei.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs des Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung, unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Sinne seines Aufhebungsantrages berechtigt.

Zu Unrecht wendet sich der Beklagte gegen die Bejahung seiner Passivlegitimation durch das Gericht zweiter Instanz. Daß die Klägerin zu deren Begründung lediglich die Behauptung aufgestellt hätte, er sei Obmann des L*****, trifft nicht zu; vielmehr hat die Klägerin behauptet, der Beklagte verkaufe Saatgut, ohne näher bezeichnete Bestimmungen des Saatgutgesetzes einzuhalten. Von einer Unschlüssigkeit des Klagevorbringens kann daher insoweit keine Rede sein. Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen wird aber die beanstandete Saatmaisproduktion vom L***** betrieben, dessen Obmann der Beklagte ist; nähere Feststellungen über die konkrete Tätigkeit des Beklagten fehlen. Das schadet indes nicht. Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, richtet sich der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch zunächst gegen die Rechtsverletzer, also den unmittelbaren Täter (Störer); neben diesem können nach ständiger Rechtsprechung auch Mittäter, Anstifter und Gehilfen geklagt werden (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 511.1; Koppensteiner2 II 286; ÖBl 1990, 123 mwN). Juristische Personen - wie der L***** - können Störer, Mittäter, Anstifter oder Gehilfen nur auf Grund des Verhaltens ihrer Organe sein, welches ihnen selbst zugerechnet wird (Koppensteiner aaO; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 239 Rz 329 EinlUWG; ÖBl 1990, 123). Umgekehrt haftet das Organ der juristischen Person - also auch der Obmann eines Vereins - für deren Wettbewerbsverstöße nur dann, wenn er sie selbst begangen hat, daran beteiligt war oder - bei Begehung durch einen im Unternehmen tätigen Dritten - trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Verstoßes nicht dagegen eingeschritten ist (Schönherr aaO Rz 511.4; Koppensteiner aaO; SZ 52/131; ÖBl 1990, 123 mwN). Kann schon aus der Art des Wettbewerbsverstoßes mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Verantwortlichkeit eines bestimmten Organs geschlossen werden, dann ist es dessen Sache darzutun, daß es dennoch ohne sein Verschulden gehindert war, gegen den Verstoß einzuschreiten (ÖBl 1981, 129). Daß der Beklagte von den beanstandeten Maßnahmen nichts gewußt hätte oder sonst nicht in der Lage gewesen wäre, sie zu verhindern, hat er nicht behauptet; vielmehr muß aus seinem Vorbringen geschlossen werden, daß er mit der Vorgangsweise des L***** voll im Einklang steht.

Ohne Zweifel haben sowohl der L***** als auch der Beklagte selbst im geschäftlichen Verkehr im Sinne des § 1 UWG gehandelt, und zwar auch dann, wenn sie tatsächlich nur für die Vereinsmitglieder tätig sein sollten. Handeln "im geschäftlichen Verkehr" ist nach ständiger Rechtsprechung jede selbständige, im weitesten Sinn zu wirtschaftlichen Zwecken ausgeübte Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt (SZ 51/171; SZ 91/193 uva); auch wohltätige und gemeinnützige Unternehmen sowie Vereine, deren satzungsmäßiger Zweck an sich nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist, können sich in dieser Weise betätigen (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 208 und 210 EinlUWG; SZ 61/193 mwN). Daß das Bereitstellen von Saatgut für diejenigen Landwirte, die Vereinsmitglieder sind, wirtschaftlichen Zwecken dient, liegt auf der Hand.

Zuzustimmen ist dem Beklagten freilich darin, daß sich aus § 7 SaatgutG entnehmen läßt, daß die Kennzeichnungs- und Registrierungsvorschriften dieses Gesetzes nicht uneingeschränkt gelten sollen. Daß aber die Tatbestandsmerkmale des § 7 SaatgutG hier vorlägen, ist im Hinblick auf die vom Rekursgericht ergänzend getroffenen Feststellungen zu verneinen. Der L*****, dessen Verhalten dem Beklagten nach dem oben Gesagten zuzurechnen ist, gibt nicht "lediglich Samen eigener Fechsung im Rahmen der Nachbarschaftshilfe an Landwirte der eigenen oder der Nachbargemeinde" ab; vielmehr läßt er sie nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten Vereinsmitgliedern in weiten Teilen Österreichs zukommen. Daraus, daß ein Mitglied des Vereins in einer Gemeinde wohnt, folgt entgegen der Meinung des Beklagten (S. 80) nicht, daß der Verein dort gleichfalls seinen Sitz hätte und somit Saatgut in der "eigenen" Gemeinde abgebe. Das von einem Mitglied bezogene Saatgut ist auch nicht dessen eigenes; daß der Verein seine Mitglieder als "Mitpächter" bezeichnet, ist eine interne Angelegenheit, kann aber nichts daran ändern, daß nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten (S. 8) der Verein als juristische Person die Vermehrungsflächen betreibt und Saatgut veräußert.

Richtig ist, daß die Vorschrift des § 2 Abs 1 SaatgutG nur für Sämereien landwirtschaftlicher Kulturpflanzen gilt, die unter der Bezeichnung "Saatgut" gewerbsmäßig feilgehalten, verkauft oder sonst in Verkehr gesetzt werden. Soweit aber der Beklagte mit der Behauptung, der L***** sei nicht auf Gewinn ausgerichtet und verrechne seinen Mitgliedern nur die Selbstkosten, die Gewerbsmäßigkeit der Vereinstätigkeit in Abrede stellt, ist ihm folgendes zu erwidern:

Nach § 1 Abs 2, erster Halbsatz, GewO wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 liegt nach dem durch die Gewerberechts-Novelle 1988 BGBl 399 eingefügten § 1 Abs 6 GewO die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Diese Bestimmung wurde geschaffen, weil nach der Meinung des Gesetzgebers in letzter Zeit immer mehr Vereine deswegen gegründet worden waren, um für die Vereinsmitglieder Tätigkeiten auszuüben, die den Gegenstand eines Gewerbes bilden. Da in solchen Fällen der Ertrag der Vereinstätigkeit den Mitgliedern nicht unmittelbar zufließt, sondern die Vereinstätigkeit den Mitgliedern dadurch Vorteile bringt, daß sie sich gegenüber der Inanspruchnahme vergleichbarer Gewerbebetriebe Kosten ersparen, müsse das Merkmal der Ertragsabsicht bei Personenvereinigungen neu gefaßt werden (RV 341 BlgNR 17. GP 31). Bei der Neufassung dieser Bestimmung ging der Handelsausschuß davon aus, daß zahlreiche Vereine nach dem Vereinsgesetz 1951 existieren, deren Tätigkeit insgesamt zwar den Mitgliedern gewisse wirtschaftliche Vorteile verschafft, welche jedoch bei diesen Vereinen gleichsam nur als Nebeneffekt einer Tätigkeit auftreten, der im übrigen keine eigenständige Bedeutung gegenüber der Verfolgung und der Pflege des Vereinszwecks zukommt. Diese Vereine sollten durch § 1 Abs 6 GewO nicht erfaßt werden, da für sie charakteristisch sei, daß sie nicht das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweisen. Das heiße also, daß etwa ein Musikverein für sein Vereinsorchester Instrumente und Noten, ein Fußballverein die Mannschaftsdressen und Bälle, ein Schützenverein die Schützentrachten weiterhin unbeanstandet ohne Gewerbeberechtigung besorgen dürfe. Weiters bedürften die im land- und forstwirtschaftlichen Bereich üblichen Vereine, wie zB Vereine von Tierhaltern, Weinbautreibenden usw., mangels Erscheinungsbildes eines einschlägigen Gewerbebetriebes in der Regel keiner Gewerbeberechtigung. Das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes werde hingegen dann gegeben sein, wenn der Verein seinen Mitgliedern - wenn auch zur Förderung des ideellen Zwecks - Leistungen anbietet und erbringt oder Waren an die Mitglieder vertreibt und dies in einer Art und Weise vor sich geht, die vergleichbar ist mit dem Auftreten und der Gestion eines einschlägigen Gewerbebetriebes. Hiebei komme es nicht so sehr darauf an, ob der Verein eine kaufmännische Einrichtung bestimmten Umfanges besitzt, sondern darauf, wie sich der Verein hinsichtlich der üblicherweise von Gewerbebetrieben ausgeübten Tätigkeiten dem Publikum gegenüber präsentiert (Bericht des Handelsausschusses 690 BlgNR 17. GP 2 f).

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon ausgesprochen hat, betreibt ein Verein auch dann das Verabreichen von Speisen und den Ausschank von Getränken gewerbsmäßig, wenn nur Vereinsmitglieder die Leistungen in Anspruch nehmen können (89/04/0186 in WBl 1991, 196). Auch für die Erfüllung des Erscheinungsbildes eines gewerblichen Barbetriebes ist es nach dem VwGH ohne Belang, ob der Zutritt nur Mitgliedern oder auch vereinsfremden Personen möglich ist; für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht genüge es, wenn bloß die Absicht besteht, aus der Tätigkeit den Vereinsmitgliedern irgendeinen vermögenswerten Vorteil zuzuwenden, was auch in der Möglichkeit der Mitglieder (des Clubs) liegt, gastgewerbliche Leistungen zum Selbstkostenpreis zu konsumieren (90/04/0036 in WBl 1991, 196).

Daß der L***** die Erlangung wirtschaftlicher Vorteile für seine Mitglieder anstrebt, ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Beklagten; die Beantwortung der Frage, ob der L***** gewerbsmäßig handelt, hängt somit nur noch davon ab, ob seine Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist. Auch das ist zu bejahen, ohne daß es zusätzlicher Feststellungen bedürfte:

Selbst wenn nämlich derjenige Sachverhalt als bescheinigt angenommen worden wäre, den der Beklagte behauptet, müßte auch das erste Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs 6 GewO bejaht werden. Nach dem Vorbringen des Beklagten zeichnet jedes Vereinsmitglied nach Bedarf Anteile entsprechend der begehrten Menge von Maissamen. Auf Grund dieser Bedarfsmeldungen bestimmt der L***** den Umfang der Vermehrungsfläche, die er pachtet oder sonst gegen Entgelt von Dritten in Nutzung nimmt. Das dort gewonnene Saatgut erhält sodann das - in einem Vorstandsbeschluß als "Mitpächter" bezeichnete (Beil./3) - einzelne Vereinsmitglied gegen Zahlung der Selbstkosten. Damit gleicht aber das äußere Erscheinungsbild dieses Betriebes dem eines gewöhnlichen Gewerbebetriebes, der die Züchtung, Vermehrung und Beschaffung von Saatgut zum Gegenstand hat, also Saatgut zieht und verkauft. Das Saatgutgesetz findet daher entgegen der Meinung des Beklagten auf die wirtschaftliche Tätigkeit des L***** Anwendung.

Die Klägerin hat in erster Instanz behauptet, daß der Beklagte die von ihm verkauften Produkte "entgegen der Bestimmung der §§ 2 ff SaatgutG" nicht bezeichne; insbesondere erfolgten keine Angaben über Reinheit und Keimfähigkeit des Saatgutes und das Saatgut werde auch von keiner staatlich ermächtigten Untersuchungsanstalt überprüft. Ferner gab sie den Inhalt des § 2 Abs 1 sowie des § 4 Abs 1 bis 3 SaatgutG wieder, offenbar um damit auszudrücken, daß der Beklagte diesen Vorschriften zuwiderhandle.

Nach § 16 SaatgutG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer (ua) den Bestimmungen des § 2 Abs 2, 3 oder 4 oder des § 4 Abs 1 bis 3 dieses Gesetzes zuwiderhandelt. Im Fall eines solchen Gesetzesverstoßes kann aber selbstverständlich immer nur auf Unterlassung des Zuwiderhandelns gegen die einzelne Bestimmung, nicht aber - wie es die Klägerin tut - auf Unterlassung des Vertriebes von Saatgut schlechthin geklagt werden. Daß Erzeugung und Vertrieb von Saatgut nur bestimmten Unternehmen gestattet wären oder daß jemand, der gegen eine einzelne Bestimmung des Saatgutgesetzes verstößt, unmittelbar auf Grund des Gesetzes (und nicht erst auf Grund eines entsprechenden Ausspruches der Gewerbebehörde nach § 14 Abs 1 SaatgutG) seine Gewerbeberechtigung verlöre, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Wenn der Beklagte - was die Klägerin nicht schlüssig begründet hat - durch die Bezeichnung seiner Produkte als "Saatgut" über die Art seiner Leistungen irregeführt und somit gegen § 2 UWG verstoßen hätte (S. 4), wäre der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gleichfalls nicht berechtigt.

Da aber der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Unterlassung des Vertriebes von Saatgut auch den Anspruch auf Unterlassung des Vertriebes ohne die im Gesetz vorgeschriebenen Bezeichnungen udgl. in sich schließt, kann der Sicherungsantrag nach der derzeitigen Aktenlage nicht abgewiesen werden; vielmehr ist zu prüfen, wie weit der Beklagte gegen einzelne der von der Klägerin genannten Bestimmungen verstoßen hat. Dazu fehlen jedoch Feststellungen. Aus dem Vorbringen des Beklagten, daß die von der Klägerin geforderte "Kennzeichnung gemäß § 2 SaatgutG" für die vom L***** herangezogenen Maissamen nicht erforderlich sei, ergibt sich noch nicht das Geständnis, daß er tatsächlich gegen sämtliche von der Klägerin herangezogenen Bestimmungen verstoßen habe, insbesondere daß er keine Angaben über Reinheit und Keimfähigkeit des Saatgutes (§ 4 Abs 2 SaatgutG) gemacht habe. Die dazu von der Klägerin beantragte Auskunftsperon wurde nicht vernommen.

Sollte sich ein Verstoß des Beklagten gegen § 2 oder § 4 SaatgutG ergeben, dann wäre dem Sicherungsantrag insoweit - unter Abweisung des Mehrbegehrens auf Untersagung des Verkaufes von Saatgut schlechthin - stattzugeben. In diesem Fall könnte sich der Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, daß seine Rechtsauffassung durch das Gesetz so weit gedeckt sei, daß sie sich mit guten Gründen vertreten lasse. Dieser Frage kommt nur dort Bedeutung zu, wo ein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG durch das Übertreten eines Gesetzes geltend gemacht wird (SZ 56/2; SZ 57/169; ÖBl 1992, 268 uva). Hier aber ist § 16 SaatgutG die Grundlage des Unterlassungsanspruches; eines Rückgriffes auf § 1 UWG bedarf es daher nicht.

Da es einer ergänzenden Beweisaufnahme in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, war in Stattgebung des Revisiolnsrekurses mit einer Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen vorzugehen und dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufzutragen (§§ 78, 402 Abs 4 EO, § 527 Abs 2 ZPO).

Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, § 52 ZPO.

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