OGH 5Ob1049/93

OGH5Ob1049/9314.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Karl W*****, Diplomat, ***** Wien, J*****straße 51/4/27, vertreten durch Dr.Walter Schuppich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Carola G*****, Bibliothekarin, ***** Wien, J*****straße 51/4/4, vertreten durch Dr.Thomas Wanek, Rechtsanwalt in Perchtoldsdorf, wegen Wiederherstellung und Unterlassung (Streitwerte je S 35.000,--) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 7.Mai 1993, GZ 15 R 64/93-41, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

1.) Auch wenn die Anzahl der zu entfernenden Sträucher nicht stimmen sollte (tatsächlich gehen die Feststellungen der Vorinstanzen dahin, daß die Beklagte fünf Sträucher entlang ihrer Terrasse und fünf weitere quer dazu pflanzte, S 8 des Ersturteils ON 37), läßt das Urteil des Berufungsgerichtes doch keine Zweifel daran offen, daß die Beklagte im markierten Bereich (Beilage C) alle Sträucher zu entfernen hat. Von einer mangelnden Bestimmtheit des Leistungsbegehrens kann daher keine Rede sein.

Rechtliche Beurteilung

2.) Die Umgestaltung der gemeinschaftlichen Grünanlage vor dem verfahrensgegenständlichen Haus war keine Maßnahme der ordentlichen Erhaltung iSd § 14 Abs 1 Z 1 WEG, weil für den gesetzlich vorgeschriebenen Sichtschutz bereits anderweitig gesorgt war (Trennmauern, künstliche Böschung ect). Auch mit der Erlassung oder Änderung der Hausordnung hat die beanstandete Vorgangsweise nichts zu tun, weil sie keine generelle Norm für ein reibungsloses Zusammenleben der Hausbewohner aufstellt (vgl Faistenberger - Barta - Call, Kommentar zum WEG 1975, RN 66 und 69 zu § 14), sondern auf eine die Beklagte privilegierende Benützungsregelung am gemeinsamen Garten hinausläuft (vgl Faistenberger - Barta - Call aaO, RN 68). Gleichgültig, ob man die jede andere Benützung erschwerende Anpflanzung von Sträuchern auf dem Grünstreifen vor der Wohnung der Beklagten als außerordentliche Verwaltungsmaßnahme iSd § 14 Abs 3 WEG oder als individuelle Gebrauchsanmaßung an gemeinschaftlichen Anlagen versteht (vgl SZ 42/119), liegt darin jedenfalls eine wichtige Veränderung der gemeinschaftlichen Sache, die der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer oder - unter analoger Heranziehung der Grundsätze des § 14 Abs 3 WEG - der Genehmigung des Außerstreitrichters bedurft hätte (vgl EvBl 1980/44; WoBl 1991, 79/69). Zu den wichtigen Veränderungen, die eine Majorisierung einzelner Teilhaber ausschließen, zählen nämlich auch Regelungen über die Benützung der gemeinschaftlichen Sache durch die Miteigentümer. Es kommt dabei nicht entscheidend darauf an, ob die bisherige Benützungsart auf einer vereinbarten oder richterlichen Benützungsregelung oder einer bloß faktischen Gebrauchsordnung beruhte (SZ 51/56). In diesem Sinn wurde etwa der Ausschluß der übrigen Miteigentümer von der bisher ohne besondere Vereinbarung erfolgten Gartenbenützung durch Versperren des Zugangs (MietSlg 23.614) oder durch Errichten einer Trennmauer (MietSlg 28.050) als rechtswidrigen Eingriff in die Anteilsrechte der anderen Miteigentümer gewertet. Nicht anders zu behandeln ist das faktische Aussperren anderer Mit- und Wohnungseigentümer aus der gemeinsamen Grünanlage, indem sich ein Teilhaber anmaßt, die bisher frei zugängliche Grünfläche mit Sträuchern zu bepflanzen. Eine solche Störung der bisherigen Gebrauchsordnung ist rechtswidrig und gewährt den übrigen Teilhabern einen Unterlassungs- bzw Wiederherstellungsanspruch (vgl SZ 42/119; EvBl 1980/44), dessen Durchsetzung schon aus diesem Grund nicht schikanös sein kann (MietSlg 30.244; EvBl 1980/44; MietSlg 39.615 ua). Die Zustimmung der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer (ohne auch die Genehmigung des Außerstreitrichters eingeholt zu haben) ändert daran nichts (WoBl 1991, 79/69).

3.) Jeder Miteigentümer (auch wenn er nur die Minderheit der Anteile repräsentiert) ist berechtigt, eigenmächtige Eingriffe (auch eines anderen Miteigentümers), in das gemeinsame Eigentum mit der Eigentumsfreiheitsklage gegen den Störer - gerichtet auf Beseitigung und Wiederherstellung des vorigen Zustandes - abzuwehren (vgl SZ 56/102; MietSlg 36/30; idS auch WoBl 1991, 18/15). Verbotene Eigenmacht liegt dabei auch dann vor, wenn sich der Wohnungseigentümer auf ein mit dem Wohnungseigentumsorganisator vereinbartes Veränderungsrecht beruft (MietSlg 42/31). Daran ändert auch die Bestellung eines gemeinsamen Verwalters nichts; dessen (ausschließliche) Klags- bzw. Vertretungsbefugnis beschränkt sich nämlich darauf, "die vom Gesetz in seine Hand gelegten Interessen aller Teilhaber gegen den einzelnen Teilhaber zu vertreten" (so die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung SZ 42/68). Damit wurde mit Recht die Passivlegitimation der Beklagten bejaht.

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