OGH 11Os109/93

OGH11Os109/9321.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juli 1993 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager und Dr. Schindler als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kobinger als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht für Strafsachen wien zum AZ 24b Vr 12545/85 anhängigen Strafsache gegen Tony I***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und 2, zweiter Fall, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 1. Juni 1993, AZ 14 Bs 199/93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Beim Landesgericht für Strafsachen Wien ist gegen Tony I*****eine Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und 2, zweiter Fall, StGB und anderer strafbarer Handlungen anhängig, in deren Verlauf gegen den Beschuldigten am 7. November 1985 über Antrag der Staatsanwaltschaft Wien ein Haftbefehl, in der Folge am 9. Juli 1986 ein Steckbrief und schließlich im Rahmen eines Auslieferungsverfahrens auch ein internationaler Haftbefehl erlassen wurden.

Mit Beschluß vom 15. Februar 1993 wies der Untersuchungsrichter den Antrag des Beschuldigten auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen Haftbefehles sowie des Steckbriefes ab, einer dagegen gerichteten Beschwerde gab die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien mit Beschluß vom 24. März 1993 nicht Folge; die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 1. Juni 1993, AZ 24 Bs 199/93 (GZ 24 b Vr 12545/85-48) abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den zuletzt genannten Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien richtet sich die rechtzeitige Grundrechtsbeschwerde des Tony I*****, der unter Hinweis auf eine Entscheidung des Appellationsgerichtshofes in Paris, die zu seiner Entlassung aus der Haft und zur Rückerstattung der von ihm erlegten Kaution geführt habe, neuerlich die Aufhebung aller Fahndungsmaßnahmen und die Feststellung begehrt, daß er durch deren Aufrechterhaltung mit dem Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 1. Juni 1993 in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt worden sei.

Die Grundrechtsbeschwerde ist unzulässig.

Gemäß dem § 1 Abs 1 GRBG steht dem Betroffenen dann eine Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu, wenn er durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt ist.

Nach § 2 Abs 1 leg.cit. ist dies insbesondere dann der Fall, wenn die Verhängung oder Aufrechterhaltung einer Haft zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht, die Dauer einer Haft unverhältnismäßig geworden ist, die Voraussetzungen einer Haft, wie Tatverdacht oder Haftgründe, unrichtig beurteilt wurden oder sonst bei einer Festnahme oder Anhaltung das Gesetz unrichtig angewendet wurde. Beschwerdegegenstand kann demnach nur ein richterlicher Akt sein, der für eine Freiheitsbeschränkung i.S. einer Festnahme oder Anhaltung ursächlich ist (siehe dazu den Motivenbericht zu § 1 GRBG sowie 12 Os 68/93 und 14 Os 73/93). Das trifft aber auf den nach Entlassung des Beschuldigten aus der Auslieferungshaft in Frankreich (30. März 1989, sh ON 39) gefaßten Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien nicht zu, der daher keine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfolgung i.S. des § 1 Abs 1 GRBG darstellt. Die Beschwerde war sohin als unzulässig zurückzuweisen.

Demzufolge hatte gemäß § 8 GRBG ein Ausspruch über den Ersatz der Beschwerdekosten zu unterbleiben.

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