OGH 14Os73/93

OGH14Os73/9311.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Mai 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.‑Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hautz als Schriftführer, in der bei dem Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 26 a Vr 11.492/90 anhängigen Strafsache gegen Hubert Laurenz N* wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG über die Grundrechtsbeschwerde des Hubert Laurenz N* gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 31. März 1993, AZ 25 Bs 112/93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0140OS00073.9300000.0511.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

 

Begründung:

 

Gegen Hubert Laurenz N*ist seit dem 21. November 1990 beim Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 26 a Vr 11492/90 ein Strafverfahren wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG anhängig.

Am 8. April 1991 (vgl ON 22 und 23) verhängte der Untersuchungsrichter über N*aus den im § 180 Abs 2 Z 1, 2 und 3 lit b StPO genannten Gründen die Untersuchungshaft, aus welcher der Beschuldigte am 24. Mai 1991 nach Leistung der in § 180 Abs 5 Z 1 und 2 StPO bezeichneten Gelöbnisse und dem Erlag einer Sicherheit gemäß § 180 Abs 5 Z 7 StPO entlassen wurde.

 

Rechtliche Beurteilung

Mit Schriftsatz vom 25. Juni 1992 (ON 86) beantragte der Beschuldigte die "Freigabe" der von ihm als gelinderes Mittel gegenüber der Untersuchungshaft zur Hintanhaltung der Fluchtgefahr erlegten Kaution in der Höhe von 30 Millionen Schilling.

Mit Beschluß vom 3. März 1993 (ON 99) gab die Ratskammer der Beschwerde des Beschuldigten gegen den die Kautionsfreigabe abweisenden Beschluß des Untersuchungsrichters (ON 96) nicht Folge.

Die gegen diese Entscheidung der Ratskammer eingebrachte Beschwerde wies das Oberlandesgericht Wien am 31. März 1993 (ON 102) als unzulässig zurück.

In seiner - nach am 8. April 1993 erfolgter Zustellung dieser Rechtsmittelentscheidung - am 21. April 1993 beim Obersten Gerichtshof eingebrachten "Grundrechtsbeschwerde" beantragte der Beschuldigte, der Oberste Gerichtshof möge feststellen, daß er durch die - die Fortdauer des Haftgrundes (indirekt) bejahende - Verweigerung der Freigabe der Kaution im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt wurde.

Die Grundrechtsbeschwerde ist unzulässig.

Gemäß dem § 1 Abs 1 GRBG steht dem Betroffenen dann eine Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu, wenn er durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt ist. Diese Entscheidung oder Verfügung muß die Verhängung oder Aufrechterhaltung der Haft zum Gegenstand haben. Beschwerdegegenstand kann nur ein richterlicher Akt sein - wie Verhängung oder Aufrechthaltung der Haft, darüber hinaus jede andere Art der gerichtlich veranlaßten Freiheitsbeschränkung, wie vorläufige Verwahrung, Beugehaft, Haft als Ordnungsstrafe bis hin zur zwangsweisen Vorführung -, der für eine Freiheitsbeschränkung im Sinn einer Festnahme oder Anhaltung ursächlich ist (siehe dazu den Motivenbericht zu § 1 GRBG). Gelindere Mittel (§ 180 Abs 5 StPO), die zwar die Bewegungsfreiheit einschränken (zB Abnahme der Reisepapiere), aber einer Verhaftung oder Festnahme nicht gleichkommen, fallen nicht in den Schutzbereich des Grundrechtes auf persönliche Freiheit (s. JAB 852 BlgNR XVII. GP zu § 2, Foregger‑Kodek StPO5 Nachtrag 1993, Anm. zu § 2 GRBG, 13 Os 51/93).

Die vom Beschwerdeführer relevierte Ablehnung der Aufhebung der Anwendung gelinderer Mittel (§ 197 StPO) war weder für eine Festnahme noch für eine Anhaltung seiner Person ursächlich, kommt einer solchen auch nicht gleich, und stellt damit keine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung iS des § 1 Abs 1 GRBG dar.

Die - im übrigen selbst im Fall ihrer sachlichen Berechtigung verfristete (§ 4 Abs 1 GRBG), weil später als 14 Tage nach Zustellung der erwähnten Entscheidung der Ratskammer und damit später als 14 Tage nach Erschöpfung des Instanzenzuges (vgl. 15 Os 13/93) eingebrachte - Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Demnach entfällt im Hinblick auf § 8 GRBG eine Entscheidung über das Begehren auf Zuerkennung der Beschwerdekosten (13 Os 39/93 ua).

 

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