OGH 2Ob590/92

OGH2Ob590/928.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Norbert F*****, vertreten durch Mag.DDr.Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Verlassenschaft nach dem am ***** verstorbenen Prim.*****Dr.Erich W*****, zuletzt wohnhaft gewesen *****, vertreten durch Dr.Roman Kosch und andere Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, und 2.) Prim.*****Dr.Dieter D*****, vertreten durch Dr.Gernot Hain, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen S 1,665.155,04 sA und Zahlung einer Rente, sowie Feststellung, infolge Rekurses der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2. Juli 1992, GZ 15 R 241/91-115, womit das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 10. August 1991, GZ 2 Cg 88/85-107, in Ansehung der erstbeklagten Partei aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten erster Instanz.

Text

Begründung

Am 29.1.1985 verschluckte der Kläger nach 22.00 Uhr beim Essen eines Beef-Steaks ein größeres Fleischstück, das in der Speiseröhre steckenblieb. Mehrere Versuche, durch Nachtrinken oder Erbrechen das Fleischstück aus der Speiseröhre zu entfernen, blieben erfolglos. Da es dem Kläger auch am 30.1.1985 im Laufe des Vormittages nicht gelungen war, das Fleischstück in den Magen zu befördern, suchte er das Krankenhaus W***** auf. Zu dieser Zeit verspürte er keine Schmerzen. Um 12.45 Uhr wurde er auf der HNO-Abteilung dieses Krankenhauses aufgenommen. Das Aufnahmegespräch führte mit ihm Dr.Walter B*****, der damalige Assistentsarzt Dris W*****. Die von Dr.B***** am Kläger durchgeführte Rachenraumspiegelung ergab, daß sich vermehrte Sekretablagerungen bzw. auch ein Sekretsee im Rachenraum befanden, was für das Vorhandensein eines Fremdkörpers in der Speiseröhre, also für die Richtigkeit der Angaben des Klägers sprach. Dr.B***** teilte dem Kläger mit, daß dieser Fremdkörper unbedingt entfernt werden müsse, da ansonsten gesundheitliche Gefahren für den Kläger, insbesondere auch Lebensgefahr bestehen könne. Der Kläger wurde dahin aufgeklärt, daß der Eingriff unter Narkose durchgeführt werde. Über mögliche Komplikationen, wie etwa Perforation der Speiseröhre, und über andere Möglichkeiten einer Entfernung (Operation und Entfernung des Fleischstückes durch den Magen) wurde nicht gesprochen. Der Kläger erklärte sich mit dem vorgeschlagenen Eingriff einverstanden und unterschrieb eine Zustimmungserklärung. Er war zu diesem Zeitpunkt medizinisch unauffällig, klagte über keine Schmerzen und über kein Fieber. Um

13.45 Uhr begann Dr.B***** mit dem Eingriff. Der Kläger war vom Narkosearzt nach Durchführung eines EKG in Vollnarkose gebracht worden. Dr.B***** führte ein starres Rohr (kurzes Haslingerrohr) in die Speiseröhre ein und begann Speisereste und reichlich schleimiges dickes Sekret abzusaugen. Er stellte fest, daß das kurze Rohr nicht ausreichte, nahm ein langes Haslingerrohr und stieß am unteren Ende der Speiseröhre auf den Fremdkörper, der dort in eine Verbreitung der Speiseröhre hineintamponiert zu sein schien. Er ließ den, von ihm bereits vorinformierten auf Abruf bereiten Prim.Dr.Erich W***** herbeiholen, damit dieser den Eingriff weiterführe. Dr.W***** setzte sofort den Eingriff fort, saugte vorhandenes Sekret ab und entfernte vom Fremdkörper mit dem Doppellöffel und einer Faßzange (durch das Haslingerrohr) verschiedene Teile, die sich als Fleischreste bzw. auch Knorpel- und Knochenlamellen darstellten. Es gelang ihm jedoch nicht, den Fremdkörper zu entfernen. Da Dr.W***** ein tumoröses Geschehen nicht ausschloß, brach er den Eingriff um 14.45 Uhr ab. Er legte dem Kläger unter Sicht bis zum Fremdkörper hin einen Bougie Nr. 24 (Dehnungsstab) ein, um hiedurch nach dem Aufwachen des Klägers aus der Narkose Peristaltik und Antiperistaltik anzuregen, was zu einer Lockerung des eingeklemmten Fremdkörpers hätte führen sollen. Gleichzeitig ordnete er an, daß der Kläger unmittelbar nach der Aufwachphase und der Rückkehr aller Reflexe einem Schluckaktröntgen zuzuführen ist, weil er eine Perforation der Speiseröhre nicht ausschließen konnte. Mit einer Perforation der Speiseröhre muß bei derartigen Eingriffen (starres Rohr, Narkose) bis zu 2 % der Eingriffe gerechnet werden. Aus diesem Grund ordnete Dr.W***** die Durchführung dieses Röntgens an und beauftragte damit Dr.B*****. Dieser war zur Beobachtung des Klägers während der Aufwachphase und der ehebaldigen Veranlassung des Schluckaktröntgens verantwortlich. Ein solches Röntgen kann erst nach Rückkehr aller Reflexe nach der Narkose durchgeführt werden. Um 16.50 Uhr wurde die Durchführung eines Schluckaktröntgens von Dr.B***** veranlaßt. Der entsprechende Befund lag um 17.15 Uhr vor. Diesem war zu entnehmen, daß sich außerhalb der Speiseröhre ein Kontrastmittel angesammelt hatte, woraus eine Perforierung der Speiseröhre zu diagnostizieren war. Der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits in einem schlechten Zustand. Er litt unter starken bis unerträglichen Schmerzen im Brustbereich, war schon längst aufgestanden, auf den Gang gegangen, hatte also seine motorischen Fähigkeiten wieder erlangt. Ein Schluckaktröntgen wäre schon etwas früher möglich gewesen. Dr.B***** ging jedoch davon aus, daß erst zwei Stunden nach dem Aufwachen ein Schluckaktröntgen durchgeführt werden könne. Der Zeitpunkt, in dem das geschehen kann, hängt aber nicht unmittelbar mit dem Zeitablauf nach Beendigung der Narkose, sondern mit der Rückkehr der Schluckreflexe zusammen, deren Rückkehr, zeitlich gesehen, breit gestreut sein kann. Nach Vorliegen des Schluckaktröntgens wurde der Kläger über Anweisung Dris W***** auf die chirurgische Abteilung desselben Krankenhauses transferiert und in die Intensivabteilung gebracht, um ihn dort auf die Operation vorzubereiten. Der Zustand des Klägers war damals - wegen der bereits weit fortgeschrittene Entzündung des Brustraumes und auch des Bauchfelles - bereits äußerst kritisch. Um 19.00 Uhr wurde er in die Narkose versetzt. Der Zweitbeklagte begann um 19.24 Uhr mit seiner Operation. Nach Eröffnung des Brustraumes stellte er fest, daß sich bereits trübes Exsudat entleert. Er konnte an der Speiseröhre nach deren Freilegung einen 3 cm breiten Tumor tasten. Die Speiseröhre war in diesem Bereich "zerfranst". Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß auf Grund des Zustandes, wie die Speiseröhre sich dem Zweitbeklagten dargeboten hat, eine Übernähung ausgeschlossen war. Der Zweitbeklagte konnte den Verlauf der Perforation nicht feststellen. Im Hinblick auf die - von der Speiseröhre ausgehende - höhergradige Entzündung des Brustraumes (Mediastinitis) entschloß er sich, die Speiseröhre zu entfernen. Die vom Zweitbeklagten durchgeführte Operation entsprach den Regeln der ärztlichen Kunst und hat sich als Möglichkeit erwiesen, den Kläger vor einem letalen Ausgang zu bewahren. In der Folge mußten infolge aufgetretener Komplikationen noch mehrere Operationen durchgeführt werden. Schließlich wurde der Kläger in die Erste Chirurgische Universitätsklinik des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien überführt.

Im Hinblick auf die lange Verweildauer des Fleischbrockens in der Speiseröhre war in dieser bereits ein entzündlicher Prozeß ausgelöst worden, der auch schon im Zeitpunkt des Eingriffes durch Dr.W***** vorlag. Für das Vorliegen einer höhergradigen Mediastinitis fand sich für Dr.W***** kein Anhaltspunkt. Der Versuch, den Fremdkörper mit Hilfe eines Haslingerrohres zu entfernen, war medizinisch indiziert, da auch die operative Entfernung durch den Magen mit wesentlichen Risken, insbesonders für den postoperativen Verlauf, verbunden ist.

Nach der Operation wurden dem Kläger Antibiotika verabreicht, um die aufgetretene Infektion zu bekämpfen und einen guten Heilungsverlauf zu gewährleisten. Diese hatten zwar zum Teil eine gewisse Ototoxität, doch war ihre Verwendung - im Hinblick auf die weitreichenden Entzündungen - vital indiziert. Ein Zusammenhang der Antibiotika mit der späteren Erblindung des Klägers konnte nicht festgestellt werden. Auch für die Zufügung von Zahnschäden bei der Operation (Narkose) besteht kein Anhaltspunkt.

Mit der am 6.3.1985 gegen Prim.Dr.W***** und Prim.Dr.D***** eingebrachten Klage begehrte der Kläger von den beklagten Ärzten aus dem Titel des Schadenersatzes zur ungeteilten Hand letztlich die Bezahlung des Betrages von S 1,665,155,04 sA, und ab 1.10.1986 eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 5.800,54, sowie die Feststellung der Haftung zur ungeteilten Hand für alle Schadenersatzansprüche, die aus den im Zuge der operativen Eingriffe der beiden Beklagten dem Kläger zugefügten Körperbeschädigung resultierten. Er machte nach Schilderung des Ereignisablaufes Dr.W***** zum Vorwurf, den Eingriff unsachgemäß durchgeführt und die Speiseröhre durchstochen zu haben. Durch diese ihm von Dr.W***** zugefügten Verletzungen, hätten in der Zeit vom Eingriff bis zur Notoperation in den sterilen Brust- und Bauchbereich Sekrete einfließen können, die schwerwiegende und lebensgefährliche Entzündungen nach sich gezogen hätten. Der Zweitbeklagte habe durch außer Achtlassung der von ihm zu erwartenden ärztlichen Sorgfalt infolge einer Fehldiagnose die Speiseröhre des Klägers entfernt. Durch diesen nicht rückgängig zu machenden Eingriff sei er an seinem Körper auf das Schwerste verletzt worden. Als Folge der Fehlbehandlung habe ein Luftröhrenschnitt durchgeführt, und ein künstlicher Magenausgang hergestellt werden müssen.

Die Beklagten bestritten, sich eines ärztlichen Kunstfehlers schuldig gemacht zu haben, und beantragten die Abweisung der Klagebegehren.

Das Erstgericht wies sowohl die Leistungs- als auch das Feststellungsbegehren gegen beide Beklagten ab.

Das Gericht zweiter Instanz gab mit Teilurteil der Berufung des Klägers, soweit sie den Zweitbeklagten betraf, nicht Folge und bestätigte das Urteil des Erstgerichtes in diesem Umfang, wobei es die ordentliche Revision als nicht zulässig erklärte.

Im übrigen, also bezüglich der erstbeklagten Partei, gab es der Berufung des Klägers Folge; in diesem Umfang hob es das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlungen und neuerlichen Entscheidung zurück, wobei es aussprach, daß die Fortsetzung des Verfahrens erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses zu erfolgen habe.

Die vom Erstgericht in Ansehung des zwischenzeitig verstorbenen Prim.*****Dr.Erich W***** über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen - die Haftung des Zweitbeklagten ist infolge rechtskräfiger Abweisung der Klagebegehren gegen ihn nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens - lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Der von Dr.W***** durchgeführte Eingriff stellt sich als den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend und sachgerecht vorgenommen dar. Es hätte wohl auch die Möglichkeit bestanden, den Fremdkörper im Zuge einer Operation (Laparogastrostomie) zu entfernen. Hiebei wäre es jedoch erforderlich gewesen, die Bauchhhöhle und den Magen zu eröffnen, doch ist die Laparogastrostomie mit allen Begleitumständen eines invasiven Eingriffes einschließlich einer stationären Liegedauer von 10 - 20 Tagen mit parenteraler Ernährung, Trombosegefahr und der Möglichkeit von Wundheilungsstörungen, Infektionen, Nahtinsufizienz und dgl. verbunden. Allenfalls wäre mit der Öffnung der Bauchhöhle nicht das Auslangen gefunden worden, sondern hätte es einer zusätzlichen Eröffnung der Brusthöhle mit einer weiteren Erhöhung des Operationsrisikos bedurft. Unter dem Aspekt der Risikoabschätzung ist auch bei Kenntnis der tatsächlichen Lage des Fremdkörpers unmittelbar vor dem Mageneingang - wie von Dr.W***** versucht - einer endoskopischen Entfernung eher der Vorzug zu geben, als einer Eröffnung der Bauchhöhle und des Magens. Der Versuch der Entfernung mit dem Haslingerrohr hat sich als zweckmäßig erwiesen, dies auch rücksichtlich der verstrichenen Zeitspanne zwischen Verschlucken und Ersteingriff. Zur Zeit der Ösophogusskopie bestand keine Indikation zu einer Laparogastrostomie. Unabhängig davon, ob der Eingriff wegen des Verdachtes in Bezug auf ein tumoröses Geschehen oder wegen eines Perforationsverdachtes abgebrochen wurde, bestand aus medizinischer Sicht eine zwingende Indikation zur sofortigen Beendigung des endoskopischen Eingriffes. Dem Perforationsverdacht ist Dr.W***** durch Anordnung eines Schluckaktröntgens nachgekommen. Das Einlegen eines Bougie Nr. 24 war medizinisch nicht indiziert; dies stellte vielmehr eine Kontraindikation dar, zumal das Einlegen des Bougie zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem von Seiten Dris W***** der Verdacht auf ein tumoröses Geschehen innerhalb des Ösophogus bestand. Durch das Einlegen eines Bougie besteht die Gefahr, daß es zu einer Traumatisierung einer nicht ganz risikolosen Region, wie sie ein tumorös veränderter Speiseröhrenabschnitt darstellt, kommen kann. Bei einer Tumorinfiltration der Speiseröhrenwandschichten ist mit einer Brüchigkeit bzw. einer Herabsetzung der Elastizität des Gewebes zu rechnen, sodaß eine mechanische Beeinträchtigung leichter zu Verletzungen führen kann, als bei einer gesunden Speiseröhre. Das Einsetzen eines Bougie durch den Erstbeklagten war wohl ein Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst, dieser Verstoß hat jedoch keine eigenständige Bedeutung, da aufgrund der feingeweblichen Untersuchung ein Tumor nicht nachgewiesen werden konnte. Eine Bougierung der Speiseröhre wird in der Regel bei narbigen Strikturen z. B. nach Säure- oder Laugenverletzungen, palloativ jedoch auch bei Einengungen in Folge bereits diagnostizierter bösartiger Tumore der Speiseröhre durchgeführt. Das Setzen des Bougie selbst erfolgte entsprechend den Regeln der ärztlichen Kunst. Das Vorhandensein des Bougie in der Speiseröhre hat keinen Einfluß auf das Schluckaktröntgen und beeinflußte auch nicht die Konstrastmitteldarstellung, weil das Kontrastmittel den Bougie umfließt. Allerdings ist es nicht ausschließbar, daß der derzeitige Zustand des Klägers sich günstiger darstellen würde, wenn der Bougie nicht gesetzt worden und das Schluckaktröntgen zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt worden wäre, dies unter der Annahme, daß der Kläger bereits gegen 15.30 Uhr in der Lage gewesen wäre, aktiv und passiv bei einer Schluckaktröntgenuntersuchung mitzuwirken, und auch, wenn der chirurgische Eingriff zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt worden wäre. Demgegenüber ist jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß die Einlage des Bougie keine eigenständige Bedeutung hatte. Die Anwesenheit des Bougie im Speiseröhrenlumen war insoweit ohne Belang, da es hiedurch nicht zu einem Austritt von Speiseröhreninhalt in die rechte Brusthöhle gekommen ist. Nach der Röntgenkontrastdarstellung der Speiseröhre war es zu einem Austritt von Kontrastmittel in die rechte Brusthöhle, nicht jedoch in den Bauchraum gekommen, ebenso ist es nicht zum Austritt von Speiseröhreninhalt in den Bauchraum gekommen. Wäre die Verletzung der Speiseröhre eine unmittelbare bzw. mittelbare Folge des Ersteingriffes mit Verwendung eines starren Rohres gewesen, so konnte anderseits bei der feingeweblichen Untersuchung lediglich ein kleiner sondengängiger Defekt festgestellt werden, nicht jedoch eine Verletzung der Speiseröhre, wie sie typischerweise unmittelbar durch ein Haslingerrohr hätte entstehen müssen. Ein Bougie hätte nur dann zu einem vermehrten Austritt von Speiseröhreninhalt in den Bauchraum bzw. Mittelfellraum führen können, wenn er durch eine große Perforationslücke mit den umgebenden Körperhöhlen hätte kommunizieren können, was jedoch nicht der Fall war und beeinflußte seine Anwesenheit auch nicht die Röntgenuntersuchung. Aufgrund der histologischen Untersuchung ist nicht zu erkennen, inwieweit der im Speiseröhrenlumen befindliche Bougie einen negativen Einfluß auf die krankhafte Beschaffenheit der Speiseröhrenrandschichten im Endkörperbereich im Sinne einer weiteren Verschlechterung hätte bringen können, sodaß im Endergebnis wohl das Setzen des Bougie einen Verstoß gegen die ärztliche Kunst darstellt, anderseits jedoch dieser Bougie keine eigenständige Bedeutung gehabt hatte. Gesichert ist, daß nach Abbruch des Eingriffes durch Dr.W***** eine Perforation der Speiseröhrenwand vorlag, wobei jedoch diese Perforation nicht durch das Haslingerrohr selbst entstanden sein konnte, da in diesem Fall die Verletzung der Speisenröhrenwand wesentlich umfänglicher hätte sein müssen. Die Perforation kann darauf zurückzuführen sein, daß diese allenfalls durch die verwendeten Instrumente (Faßzange, Doppellöffel) verursacht wurde, oder auch darauf, daß bei dem Versuch des Dr.W*****, den Fremdkörper zu entfernen und daran zu rütteln, im Fremdkörper enthaltene härtere Teile die Speiseröhrenwand durchstoßen haben, zumal aller Wahrscheinlichkeit nach zum Zeitpunkt des Ersteingriffes bereits eine nicht unwesentliche Schädigung der Speiseröhrenwandschichten vorlag.

In der zusammenfassenden Beschreibung des von Dr.B***** begonnenen und von Dr.W***** fortgesetzten Eingriffes führte das Erstgericht im Zusammenhang mit dem Einlegen des Bougie Nr. 24 aus, daß dies wohl eine Kontraindikation darstelle, das Einlegen jedoch im Falle des Klägers keine eigenständige Bedeutung gehabt habe, da hiedurch das Zustandsbild des Klägers nicht verschlechtert worden, insbesondere durch das Einlegen des Bougie nicht die Möglichkeit dafür geschaffen worden sei, daß Speiseröhreninhalt in den Brustraum- bzw. auch den Bauchraum austrat, vielmehr eine geringe Chance bestanden habe, durch das Einlegen des Bougie die Peristaltik bzw. Antiperistaltik insoweit anzuregen, daß es zu einem Abwandern des Fleischbrockens in den Magen komme.

Im Rahmen der Beweiswürdigung brachte das Erstgericht schließlich noch folgendes zum Ausdruck:

Wenn wohl von Seiten des Gutachtens ausgeführt werde (Protokoll vom 11.2.1991), daß es nicht ausschließbar sei, der Gesundheitszustand des Klägers wäre heute günstiger, wenn der Bougie nicht eingelegt und das Schluckaktröntgen zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt worden wäre, und der chirurgische Eingriff früher stattgefunden hätte, stehe dem gegenüber die Gutachtensaussage, daß der Bougie, dessen Setzen wohl medizinisch kontraindiziert gewesen sei, keine eigenständige Bedeutung für den weiteren Verlauf gehabt habe, seitens des Gutachters sei zu dieser Frage nur ausgeführt worden, daß hier mehrere Faktoren den Verlauf günstiger beeinflußt hätten, wenn diese in der vorerwähnten Reihenfolge auch zugetroffen wären. Aus den diesbezüglichen Ausführungen könne keineswegs erschlossen werden, daß das Nichtsetzen des Bougie allein für sich einen günstigeren Verlauf nach sich gezogen hätte, sondern nur, daß hier mehrere Faktoren hätten zusammentreffen müssen, um allenfalls - dies sei jedoch durch die Gutachtensergebnisse nicht gesichert - den Zustand des Klägers günstiger als er derzeit vorliege, zu gestalten. Die diesbezügliche Frage sei vom Sachverständigen nur dahin beantwortet worden, daß es "nicht ausschließbar sei", doch sei demgegenüber die Gutachtensaussage dahin aufrecht erhalten worden, daß der Bougie keine eigenständige Bedeutung für den Krankheitsverlauf des Klägers gehabt habe.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes in Ansehung der Verantwortlichkeit Dris.W***** ging das Erstgericht davon aus, daß Dr.W***** nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, den Kläger nur mangelhaft oder unzureichend über das Risiko des vorzunehmenden Eingriffes informiert zu haben, weil eine allfällige mangelnde Information Dr.B*****, nicht jedoch Dr.W***** zuzuordnen wäre, zumal der Kläger zu der Zeit, zu der Dr.W***** den Eingriff übernommen habe, sich bereits in Narkose befunden habe, eine Kommunikation zwischen ihm und Dr.W***** somit unmöglich gewesen sei. Der am Kläger durchgeführte Eingriff unter Verwendung des Haslingerrohres habe den Regeln der ärztlichen Kunst, insbesondere jenen der HNO-Heilkunde entsprochen. Mit einem Eingriff dieser Art in Narkose sei das Risiko einer Perforation der Speiseröhre bis zu 2 % unvermeidlich verbunden. Für eine Perforation könnten verschiedene Ursachen maßgeblich sein, so einerseits das Hantieren mit den im Haslingerrohr enthaltenen Instrumenten, wie etwa Doppellöffel oder Faßzange, es könne aber auch der Fremdkörper selbst zu einer Perforation der Speiseröhre geführt haben. Im vorliegenden Fall seien im Zuge der Ösophagusskopie Teile des Fremdkörpers entfernt worden, der Fremdkörper habe nicht nur Fleischanteile, sondern auch Knorpel- und Knochenanteile enthalten, sodaß auch durch diese die Perforation eingetreten sein konnte. Für Dr.W***** sei zur Zeit der Übernahme des Eingriffes nicht vorhersehbar und auch nicht erkennbar gewesen, daß durch die lange Verweildauer des Fremdkörpers innerhalb der Speiseröhre die Speiseröhrenwandschichten solch eine Veränderung erfahren hätten, durch die die Perforation begünstigt worden sei. Dr.W***** habe auch - den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend - den Eingriff abgebrochen, als er erkannt habe, daß die Entfernung des Fremdkörpers im vorgenommenen Wege nicht möglich und zielführend gewesen sei, und er habe in weiterer Folge - zumal ein Perforationsrisiko nie ausgeschlossen werden könne - auch veranlaßt, daß am Kläger unmittelbar nach dessen Kooperationsfähigkeit ein Schluckaktröntgen durchgeführt werden solle. Allerdings sei von Dr.W***** insoweit eine unsachgemäße und kontraindizierte Vorgangsweise gewählt worden, als er einen Bougie in die Speiseröhre eingesetzt habe. Der Zweck dieser "Indikation" sei es gewesen, durch den Bougie allenfalls die Peristaltik bzw. Antiperistaltik der Speiseröhre anzuregen, um so eine Lockerung des Fremdkörpers und dessen Abwanderung in den Magen zu bewirken. Diesbezüglich hätte auch eine geringe Chance bestanden, doch habe sich die Vorgangsweise Dr.W***** als nicht zielführend erwiesen. Das Einsetzen des Bougie sei im Falle des Klägers kontraindiziert gewesen, dies umsomehr, als Dr.W***** als Ursache für das Steckenbleiben des Fremdkörpers ein tumoröses Geschehen vermutet habe. Das Setzen des Bougie habe jedoch keine eigenständige Bedeutung gehabt, durch den Bougie selbst sei weder die Perforationslücke vergrößert worden, noch sei durch diesen das Abfließen von Sekret aus der Speiseröhre in das Mittelfell bewirkt worden und schließlich sei der Bougie auch für das Ergebnis der Röntgenkontrastdarstellung ohne Bedeutung gewesen. Das kontraindizierte Setzen des Bougie sei für den weiteren Verlauf des Zustandes des Klägers ohne Bedeutung gewesen, der Bougie an sich habe keine Verschlechterung des Zustandes bewirkt, und habe somit keine eigenständige Bedeutung gehabt. Der Bougie sei demnach nicht kausal für den weiteren Verlauf gewesen, das Setzen des Bougie könnte Dr.W***** gegenüber nur dann zum Vorwurf erhoben werden, wenn hiedurch tatsächlich eine negative Auswirkung entstanden wäre. Der von Dr.W***** am Kläger durchgeführte Eingriff habe mit Ausnahme des Setzens des Bougie in allen Belangen den Regeln der HNO-Heilkunde entsprochen, Dr.W***** sei auch fachlich qualifiziert und berufen gewesen, den Eingriff durchzuführen und habe auch alle Maßnahmen veranlaßt, zu denen er verpflichtet gewesen sei. Da Dr.W***** den Kläger nach Abbruch des Eingriffes der Obhut seines Assistenzarztes anvertraut und diesem die erforderlichen Anweisungen erteilt hätte, sei Dr.W***** für eine allfällige Zeitversäumnis zwischen dem Zeitpunkt des Aufwachens des Klägers aus der Narkose und der Durchführung des Schluckaktröntgens nicht verantwortlich. Dr.W***** habe auch unmittelbar nach Vorliegen des Schluckaktröntgens mit dem Zweitbeklagten Kontakt aufgenommen und mit diesem die erforderlichen Gespräche geführt. Dr.W***** könnte daher auch nicht angelastet werden, daß hier ein zeitlicher Verzug eingetreten wäre, der zu einer Verschlechterung des Zustandes des Klägers geführt hätte.

Im Zuge der rechtlichen Beurteilung der Rechtssache wiederholte das Erstgericht seine Überlegungen zu den Ausführungen des Sachverständigen wonach dieser es nicht ausschließen könne, daß der Zustand des Klägers heute günstiger wäre, wenn, "der Bougie nicht gesetzt, das Schluckaktröntgen und der chirurgische Eingriff zu einem früheren Zeitpunkt vorgenommen worden wären", und zwar dahin, daß diese Ausführungen eine "medizinische Überlegung" darstellten, wobei jedoch der Sachverständige diesen vorgenannten Fakten nicht eine einzelne eigenständige Bedeutung zugemessen habe; die Ausführungen des Sachverständigen seien in diesem Punkt so zu verstehen, daß sämtliche Faktoren hätten zusammentreffen müssen, um nicht ausschließen zu können, daß der Zustand des Klägers sich heute allenfalls günstiger darstellen würde. Diese Ausführungen ließen es jedoch nicht zu, um mit der erforderlichen Verläßlichkeit absprechen zu können, der Bougie sei für den Zustand des Klägers verantwortlich, das Gutachten könne in diesem Punkt nur als Hypothese angesehen werden.

Abschließend gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, daß in reiflicher rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhaltes kein Indiz dafür habe gefunden werden können, daß (ua) Dr.W***** fahrlässiges Handeln anzulasten wäre, weshalb mit Klagsabweisung vorzugehen gewesen sei, insbesondere auch deshalb, weil das aus den postoperativen Verlauf resultierende Zustandsbild des Klägers als schicksalshafter Verlauf einer vom Kläger nicht gewollten Einwirkung an dessen Körper durch Verschlucken des Fleischbrockens anzusehen sei.

Das Gericht zweiter Instanz verneinte vorerst das Vorliegen der hinsichtlich der Frage der Erfüllung der Aufklärungspflicht, die dem Kläger gegenüber bestanden habe, geltendgemachte Aktenwidrigkeit. Das Berufungsgericht billigte auch die Feststellungen des Erstgerichtes über die Möglichkeit, die Speiseröhre des Klägers sei durch einen härteren Teil des Fremdkörpers durchstoßen worden, und daß im Zeitpunkt des Eingriffes durch Dr.W***** eine Mediastinitis bereits vorgelegen sei. Es erachtete auch die weiters bekämpften Feststellungen, zum Zeitpunkt des Ersteingriffes seien keine Anzeichen für ein größeres Risiko vorgelegen, und Dr.W***** habe nach Abbruch seines Eingriffes ein Schluckaktröntgen veranlaßt, als unbedenklich.

Zu der in der Berufung unter dem Titel der Aktenwidrigkeit weiters geltendgemachten Rüge, das Erstgericht habe festgestellt, daß das Einlegen eines Bougie "keine eigenständige Bedeutung" habe, und damit die weitere Feststellung des Erstgerichtes im Widerspruch stehe, daß der derzeitige Zustand des Klägers sich günstiger darstellen könnte, wäre der Bougie nicht gesetzt worden, nahm das Berufungsgericht wie folgt Stellung:

Hier mache der Kläger zusammen mit der folgenden Tatsachenrüge geltend, die zitierte Feststellung über die fehlende "eigenständige Bedeutung" des Bougie beruhe auf widersprüchlichen Aussagen der Gutachten, die nicht entsprechend aufgeklärt worden seien. Damit werde aber eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ins Treffen geführt (vgl. Fasching LB2 RZ 817). Zur Frage der Bedeutung des Bougie für den weiteren Krankheitsverlauf, insbesonders zur Schwere der Mediastinitis, lägen einerseits unvollständige Aussagen im Gutachten, und - wie vom Kläger aufgezeigt - in den Feststellungen vor. In den Gutachten sowie in den Feststellungen werde immer wieder hervorgehoben, das Anlegen des Bougie sei zwar kontraindiziert, hätte aber keine "eigenständige Bedeutung", ohne den Sinngehalt dieser Äußerung weiter aufzuklären. Hier sei insbesonders die Frage zu stellen, unter welchen Voraussetzungen das Anlegen des Bougie für den Krankheitsverlauf eine Bedeutung haben könne. Zunächst falle einmal auf, daß dieses Gerät zum Aufdehnen der Speiseröhre diene. Ob hier tatsächlich die Speiseröhre aufgedehnt worden sei oder nicht, sei ungeklärt geblieben. Fraglich sei zwar, ob eine solche Klärung überhaupt noch herbeigeführt werden könne, doch sei eine Überprüfung insoweit möglich, als das Präparat der Luftröhre (richtig wohl: Speiseröhre) noch vorhanden sei und die Weite der Ausdehnung mit "24 Charriere" festgelegt sei. Somit könne vielleicht festgelegt werden, ob tatsächlich eine Aufdehnung erfolgt sei oder nicht. Sei aber eine Aufdehnung erfolgt, liege ein negativer Einfluß des Bougie auf den Krankheitsverlauf insoweit auf der Hand, als durch eine Aufdehnung eine vorhandene Perforation zweifellos vergrößert und damit eine Durchflußmöglichkeit von der Speiseröhre und den darin enthaltenen infizierten Substanzen in das Mediastinum begünstigt werde. Weiters könnte eine solche Dehnung der Speiseröhre die Perforierung erst herbeigeführt haben, sei doch die Speiseröhre, wie vom Erstgericht festgehalten, durch die lange Verweildauer des Fleischstückes und den zweifellos bereits begonnenen Zersetzungsprozeß desselben vorgeschädigt und vom Zweitbeklagten als "zerfranst" beschrieben worden, sodaß er die Übernähung einer Perforierung als nicht möglich angesehen habe. Daß eine so vorgeschädigte und bereits "zerfranste" Speiseröhre durch Ausdehnung durch einen Bougie perforiert bzw. in der Struktur zerstört werden könne, scheine - vorbehaltlich der besseren Einsicht eines Sachverständigen - jedenfalls nicht ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang dürfe auch nicht die Aussage des Zeugen Dr.F*****, insbes. AS 422 ff, übergangen werden. Es werde daher - auch unter vorgreifender Vorwegnahme der rechtlichen Erörterungen - zu klären sein, inwieweit das Setzen des Bougie für den weiteren Krankheitsverlauf eine Bedeutung gehabt haben könne, insbesondere, ob die Möglichkeit bestehe, daß dadurch eine vorhandene Perforierung vergrößert oder eine durchgehende Verletzung der Speiseröhre erst herbeigeführt worden sei, weiters, ob festgestellt werden könne, daß die Setzung des Bougie keinen Einfluß auf den weiteren Krankheitsverlauf gehabt habe, d.h., ob die Krankheit samt all ihren Folgeerscheinungen mit Bestimmtheit genauso verlaufen wäre, wäre der Bougie nicht gesetzt worden.

Bei Erledigung der in der Berufung erhobenen Rechtsrüge ging das Berufungsgericht davon aus, daß hier keine vertragliche Bindung zwischen dem Kläger und den beklagten Ärzten bestehe und der Arzt ersatzpflichtig werde, wenn er rechtswidrig und schuldhaft gehandelt habe. Rechtswidrig sei das Verhalten dann, wenn Eingriffe oder Behandlungen nicht entsprechend den anerkannten Regeln der Medizin durchgeführt werden, dem Arzt also ein Kunstfehler unterlaufe. Der Fehler könne in einer falschen Maßnahme oder in der Unterlassung einer notwendigen Maßnahme liegen. Die Unterscheidung von vertraglicher und deliktischer Haftung sei wegen der Beweislast von Bedeutung. Im deliktischen Bereich, der allein der vorliegenden Klage zugrundeliege, obliege die Beweislast dem Geschädigten. Es sei aber ein objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab im Sinn des § 1299 ABGB anzulegen (Koziol, Haftpflichtrecht II2, 117 f mwN). Hier sei das Anlegen des Bougie durch Primarius Dr.W***** als kontraindiziert und daher als Behandlungsfehler anzusehen. Die Rechtswidrigkeit und Schuldhaftigkeit dieses Verhaltens (§ 1299 ABGB) sei daher gegeben. Zu prüfen sei die Kausalität für den weiteren Verlauf. Hier komme neben dem Zustand des Klägers (beginnende Veränderungen der Speiseröhre, allenfalls beginnende Mediastinitis) wegen der Wichtigkeit des Zeitfaktors im Verlauf der Mediastinitis der Zeitraum zwischen Durchführbarkeit des Schluckaktröntgens und der tatsächlichen Durchführung desselben als Ursache für den Verlauf der Erkrankung ebenso in Frage, wie die Setzung eines Bougie, wenn zunächst einmal hypothetisch unterstellt werde (diese Frage sei noch nicht hinreichend geklärt worden), daß auch letzteres den Krankheitsverlauf beeinflußt haben könne. Träfen aber mehrere potentielle (rechtswidrig und schuldhaft handelnde) Schädiger zusammen, trügen diese, und nicht der Geschädigte das Risiko der Unaufklärbarkeit. Für die Schadenersatzpflicht genüge die Möglichkeit einer konkret gefährlichen unerlaubten Handlung, sofern der Ersatzanspruch des Verletzten grundsätzlich feststehe. Der Geschädigte habe lediglich den Kausalitätsverdacht nachzuweisen (Harrer in Schwimann ABGB V §§ 1301 f, Rz 26,27 mwN; Reischauer in Rummel, Rz 12 zu § 1302 mwN). Wende man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, so ergäbe sich, daß es der erstbeklagten Partei obliege zu beweisen, daß das kontraindizierte Setzen des Bougie auf den Krankheitsverlauf keinen Einfluß gehabt habe. Anders sei grundsätzlich von seiner Schadenersatzpflicht auszugehen. Die vom Erstgericht mehrmals getroffene Feststellung, das Setzen des Bougie habe "keine eigenständige Bedeutung" reiche zur Widerlegung des hier zu vermutenden Kausalzusammenhanges nicht aus. Stehe aber fest, daß Dr.W***** fahrlässig gefährlich gehandelt und dadurch eine mögliche Komponente für den Schaden verwirklicht habe, hafte er zusammen mit allen anderen, denen dies ebenfalls vorgeworfen werden könne, solidarisch. Es sei daher bei "bloßer Beteiligung an der Kausalkette" eine Solidarhaftung anzunehmen (Reischauer in Rummel II1, § 1301 Rz 2, § 1302 Rz 2 je mwN). Zusammenfassend sei also festzuhalten, daß die erstbeklagte Partei für einen möglichen Schaden, dessen Eintritt Dr.W***** durch sein Verhalten begünstigt haben könne, hafte. Da aber - unter der Voraussetzung, daß der erstbeklagten Partei eine Widerlegung des Kausalzusammenhanges mit später eingetretenen Schäden nicht gelinge - sein Behandlungsfehler mit einem dem Patienten zuzurechnenden Zufall, nämlich seinem Zustand bei Beginn der Behandlung durch Dr.W*****, konkurriere, sei eine Schadensteilung, im Zweifel zu gleichen Teilen, vorzunehmen (F.Bydlinski, FS Beitzke (1979) 30 ff, JBl 1990,524). Fasse man diese Überlegungen zusammen so ergäbe sich, daß folgende Fragen zu klären seien:

Zunächst sei im oben dargelegten Sinn zu klären, ob das Setzen des Bougie einen negativen Einfluß auf den weiteren Verlauf der Erkrankung genommen haben könne. Könne diese Frage bejaht werden, sei weiter festzustellen, ob alle in der Folge im Zuge der Spitalsbehandlung aufgetretenen negativen gesundheitlichen Entwicklungen auf diesen Behandlungsfehler in dem Sinn zurückgeführt werden könnten, als ihr Eintritt nicht schicksalhaft und unabhängig vom dadurch bedingten Spitalsaufenthalt des Klägers gewesen sei. Für die in diesem Sinn kausalen Folgen hafte die erstbeklagte Partei zur Hälfte. Bei der Frage des geltend gemachten Verdienstentganges sei dabei das Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers zu beachten.

Zum Vorwurf der Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht durch Dr.W***** sei darauf hinzuweisen, daß dieser in das Geschehen erst eingegriffen habe, als der Kläger bereits in Narkose gewesen und seine schriftliche Zustimmungserklärung vorgelegen sei. Eine Unterbrechung der Narkose zur Vornahme einer ärztlichen Aufklärung sei hier keinesfalls geboten gewesen (KR Slg 630, EvBl 1965/217).

Den als Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluß im Sinne des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO anzusehenden Rechtskraftvorbehalt begründete das Berufungsgericht im Sinne des § 519 Abs 2 ZPO damit, daß bezüglich der Fragen alternativer Kausalität sowie der Konkurrenz eines Behandlungsfehlers und dem Zustand eines Patienten noch keine gesicherte Rechtsprechung bestehe (JBl 1986, 576 einerseits und JBl 1990, 525 anderseits, wobei sich der erkennende Senat aus den von F.Bydlinski, FS Beitzke, 30 ff dargelegten Gründen der jüngeren Entscheidung anschließe; zur Kritik daran zuletzt derselbe, JBl 1992, 352 f).

Gegen diesen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß richten sich die Rekurse des Klägers und der erstbeklagten Partei. Während der Kläger dabei die Aufhebung der Entscheidungen und der Vorinstanzen und die Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht mit der Überbindung der Rechtsauffassung hinsichtlich einer Haftung der erstbeklagten Partei "dem Grunde nach zur Gänze" begehrt, beantragt die erstbeklagte Partei die Abänderung des berufungsgerichtlichen Beschlusses im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles.

Beide Teile beantragten in ihren Rechtsmittelgegenschriften, dem Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Keinem der Rekurse kommt Berechtigung zu.

Im Rekursverfahren ist nicht mehr strittig, daß der Kläger im Zuge des von Dr.B***** begonnenen und von Dr.W***** fortgesetzten Eingriffes Verletzungen im Bereich der Speiseröhre erlitten hat, daß diese Verletzungen durch das Hantieren mit den im Rohr verwendeten Instrumente entstanden sein konnten, die Verwendung des starren Haslingerrohres zur Durchführung des Eingriffes den Regeln der ärztlichen Kunst entsprach, und der Eingriff insoweit auch sachgerecht vorgenommen wurde. Gegenstand des Rekursverfahrens ist lediglich die Frage, welche Beurteilung einer einzigen von Dr.W***** durchgeführten Behandlungsmaßnahme, nämlich dem "Einlegen eines Bougie Nr. 24" für den beim Kläger nunmehr bestehenden Leidenszustand zukommt.

Beide Rechtsmittelwerber wenden sich in erster Linie - allerdings mit verschiedenen Ergebnissen - gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Bedeutung des Bougie für den weiteren Krankheitsverlauf könne nicht abschließend beurteilt werden. Darüber hinaus bekämpfen sie auch noch die vom Berufungsgericht dem Erstgericht überbundene Rechtsansicht zur Frage einer allfälligen Haftung der beklagten Verlassenschaft aufgrund alternativer Kausalität.

Die beklagte Verlassenschaft nach Dr.W***** - in der Folge "Rekurswerberin" genannt - vertritt in ihrem Rekurs weiters die Ansicht, das Berufungsgericht habe die in den Sachverständigengutachten verwendeten Fachausdrücke falsch verstanden und davon ausgehend unrichtige Schlüsse gezogen.

Vor Eingehen in die weiteren Rechtsmittelausführungen der Rekurswerberin ist festzuhalten, daß die Verletzung der Denkgesetze und der Gesetze des sprachlichen Ausdruckes - soweit beide objektiv überprüfbar sind - Gegenstand der rechtlichen Beurteilung und daher gemäß § 503 Z 4 ZPO bekämpfbar ist. Die Erfahrungssätze können allerdings in dritter Instanz insoweit nicht angefochten werden, als die Ergebnisse menschlicher Erfahrung dazu dienen, von vorhandenen Tatsachen auf den Eintritt, Bestand oder Nichtbestand weiterer Tatsachen zu schließen. Soweit die Erfahrungssätze nur zur Tatsachenfeststellung, also zur Gewinnung des für die Subsumption erforderlichen Untersatzes dienen, gehören sie in den unüberprüfbaren Bereich der Tatsachenfeststellung (Fasching IV 329 f, Anm 33 zu § 503 ZPO). Zu den allgemein gültigen zwingenden Denkgesetzen gehören allerdings nicht die Regeln einer bestimmten Fachkenntnis oder Kunstfertigkeit; die Verletzung solcher Grundsätze kann nur in dem Rahmen bekämpft werden, der zur Bekämpfung von Sachverständigengutachten offensteht (Fasching, aaO, 329, Anm. 32 zu § 503 ZPO). Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ist die Würdigung der tatsächlichen Feststellungen eines Sachverständigengutachtens und der zur Gewinnung der Tatsachenfeststellungen von Sachverständigen angewandten Regeln der Wissenschaft und Sachkunde, die ihrerseits Erfahrungssätze zur Gewinnung des Sachverhaltes darstellen, nur insoweit überprüfbar, als der Sachverständigen bei seinen Schlußfolgerungen gegen zwingende Denkgesetze oder gegen die objektiv überprüfbaren zwingenden Gesetze des sprachlichen Ausdruckes verstoßen hat (Fasching, aaO, 336, Anm. 41 zu § 503 ZPO mwN; JBl 1982, 491; JBl 1990, 786 ua). Schließlich ist auch die Verletzung von Denkgesetzen im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung in dritter Instanz anfechtbar, allerdings nur insofern, als - losgelöst von den Verhältnissen des Einzelfalles - nur geprüft werden kann, ob die logische Operation des Gerichtes zur Gewinnung seiner Beweiswürdigung bereits in abstracto logisch unmöglich ist (Fasching, aaO, 329, Anm. 32 zu § 503 ZPO).

Betrachtet man nun die Rechtsmittelausführungen von diesen Grundsätzen ausgehend, so zeigt sich folgendes Bild:

Die Rekurswerberin macht dem Rekursgericht vorerst zum Vorwurf, es habe den Ergebnissen des Beweisverfahrens zuwider - und im Hinblick darauf, daß der "8 Millimeter im Umfang" messende Bougie durch das an der Innenseite "14 Millimeter Durchmesser" aufweisende Haslingerrohr hindurchgeschoben worden sei, geradezu denkunmöglich - angenommen, die Frage, ob die Speiseröhre mit dem Bougie aufgedehnt worden sei oder nicht, sei ungeklärt geblieben. Die Frage der Ausdehnung der Speiseröhre habe im gegenständlichen Fall zufolge Abklärung in "zahlreichen Gutachten" mit dem Bougie keinen wie immer gearteten Zusammenhang. Dem ist folgendes zu erwidern:

Das Erstgericht hat zum Einlegen des Bougie mehrfach - zum Teil wiederholend - Feststellungen getroffen. So hat es ua. festgehalten, damit sei die Gefahr verbunden, daß es zu einer "Traumatisierung" einer nicht ganz risikolosen Region - wie sie ein tumorös veränderter Speiseröhrenabschnitt darstelle - kommen kann (vgl. Ersturteil S. 24); in Verbindung mit der Durchführung des Schluckaktröntgens führte es aus, daß es durch den Bougie nicht zu einem Abfließen von Sekret gekommen ist, wobei es die "hervorgerufene Dehnung" besonders hervorhob (vgl. Ersturteil S. 27 unten). Die Rekurswerberin räumt selbst ein, daß der Bougie ua. auch zum Aufdehnen etwa der Speiseröhre dient. Wenn daher das Berufungsgericht im Rahmen der Würdigung der Ergebnisse des Sachverständigenbeweises aus diesen den Schluß zieht, es sei nicht hinlänglich geklärt, ob hier tatsächlich die Speiseröhre aufgedehnt wurde oder nicht, so kann nicht gesagt werden, die vom Berufungsgericht zum Zwecke der Würdigung der Ergebnisse des Sachverständigenbeweises, was für wahr zu halten sei oder nicht, vorgenommenen Schlußfolgerungen seien bereits in abstracto logisch unmöglich. Das Ergebnis dieser Schlußfolgerungen des Berufungsgerichtes fällt damit in den einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogenen Bereich der richterlichen Beweiswürdigung.

Des weiteren erachtet sich die Rekurswerberin durch den "Schluß, den das Oberlandesgericht der Ausdehnung zuordnet" beschwert. Dieser Schluß sei falsch, auch wenn das Oberlandesgericht meine, daß dieser Schluß "auf der Hand" liege. Die Rechtsmittelwerberin bekämpft hier das Ergebnis eines auf menschlicher Erfahrung beruhenden Schlusses des Berufungsgerichtes, nämlich von einer als möglich erachteten und daher im Verfahren noch zu prüfenden Aufdehnung der Speiseröhre (durch das Einlegen des Bougie) auf die Möglichkeit, daß eine Dehnung der Speiseröhre im Hinblick auf deren bereits vorgeschädigten Zustand eine vorhandene Perforierung vergrößert oder herbeigeführt hätte. Da das Berufungsgericht das Ergebnis menschlicher Erfahrung bloß zur Gewinnung weiterer Tatsachenfeststellungen herangezogen hat, gehört dieser Vorgang in den vom Obersten Gerichtshof unüberprüfbaren Bereich der Tatsachenfeststellungen.

Sind somit die hier von der Rechtsmittelwerberin bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichtes dem Bereich der Beweiswürdigung und der Tatsachenfeststellung zuzuordnen, so kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, der Ansicht des Berufungsgerichtes, der Sachverhalt sei in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht hinlänglich geklärt, nicht entgegentreten, weil der Frage, ob die Speiseröhre des Klägers durch das Einlegen des Bougie aufgedehnt wurde, und bejahendenfalls ob dadurch die Perforation herbeigeführt oder zumindest vergrößert worden und damit ein negativer Einfluß auf den Krankheitsverlauf verbunden sein konnte, rechtliche Relevanz nicht grundsätzlich abgesprochen werden kann, zumal bei möglicherweise mit Behandlungsfehlern zusammenhängenden Gesundheitsschäden von Patienten wegen der besonderen Schwierigkeiten eines exakten Beweises an den Kausalitätsbeweis geringere Anforderungen zu stellen sind (3 Ob 560/84; 8 Ob 1527/90; JBl 1993, 316 ua) und iS des von der Rechtsprechung als ausreichend erkannten prima facie-Beweises (ÖRZ 1983/14; EvBl 1983/120; JBl 1985, 36; JBl 1986, 576 ua) der Nachweis einer hohen Wahrscheinlichkeit der Ursächlichkeit des ärztlichen Kunstfehlers für den erlittenen Körperschaden genügt (5 Ob 550/81; SZ 62/53 ua). In diesem Zusammenhang muß allerdings der vom Berufungsgericht vertretenen und dem Erstgericht überbundenen Rechtsansicht entgegengetreten werden, für die Annahme einer Haftung der erstbeklagten Partei reiche es aus, wenn feststünde, daß das Einlegen des Bougie einen negativen Einfluß auf den weiteren Verlauf der Erkrankung genommen haben könne, weil die bloße Möglichkeit der Ursächlichkeit des Kunstfehlers für den Körperschaden für die Begründung der Haftung des Arztes - wie dargetan- eben nicht ausreicht, vielmehr dazu der Nachweis deren Wahrscheinlichkeit in hohem Grad erforderlich ist. Im fortgesetzten Verfahren wird daher zu klären sein, ob das Einlegen des Bougie - vorausgesetzt, es habe sich dabei tätsächlich um einen Behandlungsfehler gehandelt - zu einer Aufdehnung der Speiseröhre und dabei zu einer Perforation derselben oder einer Vergrößerung der bereits vorhanden gewesenen Perforation geführt hat, ob dies mit Wahrscheinlichkeit hohen Grades einen negativen Einfluß auf den Krankheitsverlauf hatte und bejahendenfalls welchen Verlauf die Krankheit rückblickend genommen hätte, wenn das Einlegen des Bougie unterblieben wäre.

Da bei der vom Berufungsgericht für erforderlich angesehenen Klärung der Sachlage die Ergänzung des Sachverständigenbeweises nicht zu umgehen sein wird, wird die Rekurswerberin im fortgesetzten Verfahren Gelegenheit haben, die von ihr im Rekurs weiters noch relevierten Sachfragen, insbesondere die Bedeutung von Fachausdrücken wie etwa "die Kontraindikation" und deren Anwendung im vorliegenden Fall klären zu lassen, sodaß die in diesem Zusammenhang erstatteten weiteren Rekursausführungen auf sich beruhen können.

Im fortgesetzten Verfahren wird aber jedenfalls Klarheit darüber zu schaffen sein, wie der in der Begründung des Erstgerichtes für die Annahme der Kontraindikation des Einlegens des Bougie zum Ausdruck kommende Hinweis auf die Befürchtung Dris W***** zu verstehen ist, es könnte ein tumoröses Geschehen innerhalb des Ösophogus vorliegen (vgl Ersturteil S. 24). Die Ausführungen des Erstgerichtes lassen nämlich nicht erkennen, ob das Einlegen des Bougie nur deshalb als kontraindiziert anzusehen ist, weil Dr.W***** den Verdacht auf ein tumoröses Geschehen innerhalb des Ösophogus gehegt hatte, ein Verdacht, der sich allerdings als nicht den Tatsachen entsprechend herausgestellt hat, hingegen von einer Kontraindikation des Einlegens des Bougie (iS einer medizinisch verbotenen Behandlungsweise [vgl Brockhaus Enzyklopädie19 XII.Band, 313]), dann nicht die Rede sein könnte, wenn dieser Arzt ein solches Geschehen nicht in Erwägung gezogen hätte. Solange die Feststellungen aber keine eindeutige Beantwortung der Frage zulassen, ob diese Behandlungsweise wirklich "kontraindiziert" war - also unter allen Umständen verboten war (vgl Brockhaus Enzyklopädie 1969 VII, 17), kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß es sich dabei um einen Behandlungsfehler handelt und damit ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten Dris W***** gegeben ist.

Der Kläger hingegen bekämpft den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß in erster Linie mit der Begründung, daß die vom Berufungsgericht dargestellten Unklarheiten überhaupt nicht bestünden, die Rechtssache vielmehr auf Grund der vom Erstgericht getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen bereits im Sinne der Annahme der gänzlichen Haftung der beklagten Verlassenschaft für alle aus der Körperverletzung resultierenden, in Rechtswidrigkeitszusammenhang und Adäquanz stehenden Schäden, also im Sinne der gänzlichen Klagsstattgebung spruchreif sei. Die zur Frage der im deliktischen Bereich geltenden Beweislastverteilung erstatteten Rekursausführungen gipfeln in der Annahme des Klägers, daß das "festgestellter Maßen kontraindizierte Setzen eines Bougie .... das tatsächliche Aufdehnen der Speiseröhre impliziere" sodaß diesbezüglich auch keine Unklarheiten bestünden, und ein negativer Einfluß des Bougie auf den Krankheitsverlauf vom Erstgericht "ebenfalls bereits irrevisibel festgestellt sei". Die zur grundsätzlichen Haftung der beklagten Verlassenschaft erstatteten Rekursausführungen gehen von diesen Annahmen und nicht von für die rechtliche Beurteilung geeigneten Feststellungen der Vorinstanzen aus. Die den Grund der Haftung der erstbeklagten Partei betreffende Rechtsrüge wird daher nicht gesetzmäßig zur Darstellung gebracht.

Steht somit das Ergebnis des dem Kläger obliegenden Kausalitätsbeweises hinsichtlich der hier relevierten Behandlungsmaßnahme - wie bei Erledigung des Rekurses der erstbeklagten Partei ausgeführt - noch nicht endgültig fest, so kann von einer Spruchreife der Rechtssache keine Rede sein. Die vom Berufungsgericht verfügte Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung erweist sich daher als unumgänglich.

Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, daß das Einlegen des Bougie keinen Behandlungsfehler hat oder doch als Kunstfehler anzusehen ist, aber nicht davon ausgegangen werden kann, daß dieser zu einer mit nachteiligen Folgen auf den weiteren Krankheitsverlauf verbundenen Ausdehnung der Speiseröhre geführt hat, wäre die Rechtssache im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens auch gegenüber der beklagten Verlassenschaft spruchreif.

Falls jedoch nach den ergänzten Verfahrensergebnissen das Einlegen des Bougie den Leidenszustand des Klägers zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ beeinflußt haben sollte, wäre die beklagte Verlassenschaft für die Folgen dieser Behandlungsmaßnahme haftbar. Was nun die Frage anlangt, ob die beklagte Verlassenschaft dann für den gesamten Schaden haften würde oder es im Hinblick auf den bereits beeinträchtigten Zustand der Speiseröhre des Klägers bei Beginn der Behandlung durch Dr.W***** zu einer Schadensteilung, und zwar nach Ansicht des Berufungsgerichtes, im Zweifel zu gleichen Teilen zu kommen hätte, vermag sich der Oberste Gerichtshof der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht nicht anzuschließen.

Der 2.Senat des Obersten Gerichtshofes hat sich in seiner Entscheidung vom 7.5.1985, 2 Ob 544/85 (JBl 1986, 576) mit der Frage der alternativen Konkurrenz zwischen einem dem Arzt zurechenbaren Behandlungsfehler und einer bereits durch den der ärztlichen Behandlung vorausgegangenen Unfall eingetretenen Schwächung der körpereigenen Abwehrfunktionen - vom Berufungsgericht als vom Patienten zu tragender Zufall angesehen - befaßt und die vom Berufungsgericht unter Berufung auf die Lehre Bydlinskis (JBl 1959, 13; Probleme der Schadensverursachung nach deutschem und österreichischem Recht [1964] 89; FS Beitzke [1979] 30ff) vorgenommene Fortbildung des bestehenden Rechts - über die von Bydlinski gezogenen Grenzen hinaus - nämlich iS der Haftung des Arztes für die Hälfte des begehrten Schadenersatzbetrages - abgelehnt. Dem gegenüber hat der 7.Senat des Obersten Gerichtshofes in der in JBl 1990, 524, veröffentlichten Entscheidung vom 9.11.1989, 7 Ob 648/89, den Standpunkt vertreten, daß bei Konkurrenz eines schuldhaften Behandlungsfehlers eines Arztes mit einem dem Patienten zurechenbaren Zufall - worin dieser gelegen sein sollte, wurde in der Entscheidung nicht näher zum Ausdruck gebracht - nach den Grundsätzen der alternativen Kausalität "in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 1304 ABGB" eine Schadensteilung vorzunehmen und der Schädiger nur mit jenem Schadensteil zu belasten ist, der seinem Verursachungsanteil entspricht (wobei auf Bydlinski, Probleme der Schadensverursachung 87, und Koziol, Haftpflichtrecht2 I 238, verwiesen wurde), und letztlich, wenn sich der Verursachungsanteil nicht feststellen läßt, der Schade zu gleichen Teilen zu tragen ist. Diese Entscheidung wurde negativ besprochen, weil konstitutionelle Schadensanlagen eines Patienten prinzipiell dem Schädiger zuzurechnen sind (Holzer in JBl 1990, 526f), und auch vom 6.Senat des Obersten Gerichtshofes aus den von Holzer überzeugend ausgeführten Gründen abgelehnt (Entscheidung vom 10.10.1991, 6 Ob 604/91, EvBl 1993/32, die ihrerseits im Schrifttum Zustimmung gefunden hat (Kleewein, Zurechnungszusammenhang und Normadäquanz in der Arzthaftung, ÖJZ 1993, 161 ff). Der erkennende Senat sieht sich daher nicht veranlaßt, von der Ansicht abzugehen, daß Auswirkungen einer Krankheitslage des Patienten oder einer vor Beginn der ärztlichen Behandlung, bei der ein Kunstfehler unterlief, vorhanden gewesenen schadensgeneigten Konstitutionsschwäche prinzipiell vom Schädiger zu tragen sind, zumal der extrem weite Schutzbereich der Leben und Gesundheit von Personen betreffenden Normen es durchaus vertretbar erscheinen läßt, das vom Geschädigten selbst zu tragende Risiko auf ein Minimum zu beschränken (vgl Kleewein, aaO, 163).

Wenn daher nach den Ergebnissen des fortgesetzten Verfahrens eine Haftung der beklagten Verlassenschaft anzunehmen sein sollte, so hätte es zu keiner Schadensteilung zu kommen.

Im Hinblick auf die mangelnde Spruchreife der Rechtssache hatte es allerdings bei der vom Berufungsgericht verfügten Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zu verbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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