OGH 1Ob520/93

OGH1Ob520/9322.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brian St*****, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei ***** Skiclub ***** vertreten durch Dr. Herwig Grosch u.a. Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen S 300.000,-- sA und Feststellung (Feststellungsinteresse S 150.000,- -), infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 6. November 1992, GZ 4 R 216/92-75, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10. Mai 1992, GZ 8 Cg 200/90-70, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision und dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte hat, wie auch in vielen vorangegangenen Jahren, im Jänner 1989 das 49. Internationale H*****rennen auf der sogenannten ***** veranstaltet.

Der Kläger erlitt als Mitglied des Kanadischen Abfahrtsteams beim Abfahrtslauf am 14.1.1989 schwere Verletzungen, als er im Bereich der Steilhangausfahrt nach einem Fahrfehler mit rund 100 km/h in eine zwischen Pistenrand und Sicherheitsnetz befindliche unpräparierte Mulde geriet, hochgeschleudert wurde und mit dem linken Schi über der Abweisplane in das Sicherheitsnetz eindrang.

Die FIS (Internationaler Schiverband) hatte mit schriftlicher Vereinbarung, dem sogenannten Pflichtenheft, der Beklagten die Durchführung der beiden alpinen Weltcuprennen für den 14. und 15. Jänner 1989 auf Basis der von der FIS publizierten internationalen Wettkampfordnung (IWO) 1988 übertragen. Die FIS ist die Dachorganisation der nationalen Schiverbände. Die Beklagte ist Mitglied des Österreichischen Schiverbandes. Die H*****rennen werfen alljährlich aus ihrer Vermarktung wesentliche Erträge ab, an denen die Beklagte insbesondere zur Bestreitung des Veranstalteraufwandes partizipiert.

Nach Art. 701.1 IWO 1988 müssen die im FIS-Kalender erscheinenden internationalen Veranstaltungen durch die FIS homologiert sein. Art. 701.4 IWO 1988 enthält folgende Regelung: „Die Strecke darf keine zu harten und jähen Wellen enthalten. Vor allem müssen Geländewellen, die die Wettkämpfer zu hohen und weiten Sprüngen zwingen, eingeebnet werden. Ebenso darf die Strecke keine jähen Bodenkanten aufweisen, die den Wettkämpfer über weite Strecken in die Luft tragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Aufsprung flach ist, auf einem Schräghang erfolgt oder gegenhangförmig ausgebildet ist. Die Strecke darf keine nach außen kegelmantelförmig abfallenden Kurven enthalten. Wo mittlere oder hohe Geschwindigkeiten gefahren werden, sind Engstellen zu vermeiden. Dort muß sich die Bahn bei zunehmender Geschwindigkeit keilförmig verbreitern. An der Außenseite von Kurven, die mit mittlerer oder großer Geschwindigkeit zu durchfahren sind, müssen hindernisfreie Räume geschaffen werden, die verhindern, daß ein stürzender, aus der Bahn getriebener Wettkämpfer sich an Hindernissen verletzt (Sturzraum). Diese Streckenteile und solche durch waldiges Gelände müssen mindestens 30 m breit sein....“ Gemäß Art. 710.7 IWO 1988 kann der FIS-Vorstand von den vorliegenden Anforderungen an die Strecken für Herren und Damen nach Vorschlag des Technischen Komitees, das sich mit dieser Frage befaßt, Abweichungen bewilligen.

Die 3510 m lange und einen Höhenunterschied von 860 m überwindende Abfahrtsstrecke der *****hatte, obwohl diese besonderen Vorschriften über die Anlage der Strecke im Bereich der Steilhangausfahrt nicht vollständig erfüllt waren, immer, auch für den Zeitpunkt des gegenständlichen Rennens, die Homologation erhalten.

Der Bereich Steilhangausfahrt ist seit jeher einer der neuralgischen Punkte der Abfahrtsstrecke. Das besondere Risiko der Rennläufer ergibt sich aus folgenden Umständen:

a) Starke Bodenwelle im Bereich der Steilhangausfahrt auf Höhe der ca. 20 m auseinanderstehenden Netzaufhängungsmasten 6-5-4 laut Urteilsbeilage Nr. 1;

b) eine mit einem Gefälle von rund 45 bis 50 % zum Kurvenaußenrand hin „hängende“ Rechtskurve mit einer Richtungsänderung von etwa 90 Grad, welche mit Eingangsgeschwindigkeiten von über 100 km/h von den Rennläufern zu durchfahren ist;

c) Verengung der Rennstrecke am Ende der Steilhangausfahrt zum im wesentlichen geradlinig mit einem Gefälle von 13 % auf rund 150 m Länge verlaufenden „Brückenschuß“, welcher schiwegartig die ein Gefälle von rund 70 % aufweisende Steilflanke quert;

d) die am Ende der Steilhangausfahrt relativ knapp an das Sicherheitsnetz heranführende Idealfahrlinie.

Das Homologationsdekret der FIS für Abfahrtsläufe gilt jeweils für 5 Jahre. Seit der Inspektion im Jahre 1983 hatte die Beklagte aus eigenem talwärts der Steilhangausfahrt zwei neue Sicherheitsnetze angebracht, sodaß nunmehr insgesamt Netze in einer Länge von über 140 m vorhanden waren. Anläßlich der Nachinspektion im Sommer 1988 waren diese Netze jedoch nicht eingespannt, sodaß insbesondere auch die Höhe der dort angebrachten Abweisplanen nicht ersichtlich war. Derartige Abweisplanen sollen das Aufschneiden des Sicherheitsnetzes durch die Stahlkanten der Schi sowie ein Hängenbleiben des Rennfahrers mit dem Schi oder der Schischuhschnalle möglichst ausschalten. Sie haben allerdings auch den negativen Effekt, die einen bedeutenden Faktor des Verletzungsschutzes darstellenden Elastizität des Sicherheitsnetzes zu beeinträchtigen. Es bestand auch bei Vorhandensein von Abweisplanen die Gefahr, daß diese von der Schikante aufgeschnitten und dadurch allenfalls ein Sturz des Rennläufers durch das Steckenbleiben des Schis verursacht wurde.

Die Höhe der anzubringenden Abweisplanen war schon in früheren Homologationsdekreten nicht festgelegt. Auch in jenem des Jahres 1988 fanden sich diesbezüglich keine Auflagen. Die Spezifizierung derartiger Sicherheitsmaßnahmen war nach der Praxis der FIS Sache des Kampfgerichtes. Der von der FIS zugeteilte Inspektor empfahl keine Veränderungen am Sicherheitsnetz im genannten Bereich und erfolgte die Homologation im Sinne einer Genehmigung des beim 48. H*****rennen im Jänner 1988 ersichtlichen Sicherheitsnetzes, welches im Bereich der Steilhangausfahrt bis zum Pistenrand reichte.

Seit etwa 1985 wurden die in einer Breite von 1,5 m vorhandenen Abweisplanen von der Beklagten mit einem Streifen von ca. 50 cm in die präparierte Piste eingearbeitet, sodaß für die Befestigung auf dem Sicherheitsnetz ein Streifen von etwa 1 m Höhe verblieb. Eine Aufdopplung dieser Planen in besonders kritischen Bereichen, wo mit einem Hochschleudern von gestürzten oder stürzenden Rennläufern zu rechnen war, gab es bei Weltcuprennen seit Jänner 1987 bzw. Jänner 1988.

Bei Beginn des offiziellen Trainings am Dienstag vor dem 14.1.1989 stellte der technische Delegierte der FIS fest, daß im Bereich der Steilhangausfahrt folgende Maßnahmen getroffen worden waren:

a) Das im Bereich der Masten 7 bis 1 laut Urteilsbeilage 1 4 m hoch gespannte Sicherheitsnetz war im Bereich der Aufhängungsmasten 6-5-4 vom unteren Netzrand etwa 2 m hoch mit Abweisplanen (2 Planenreihen mit Überdeckung) versehen. Die einfache - 1 m hohe - Planenabdeckung reichte von knapp oberhalb des Mastes 7 bis in die Mitte zwischen Mast 2 und 1. Die Aufdopplungsfläche war gegenüber 1988 von der Beklagten vergrößert worden, ohne daß dies von der FIS vorgeschrieben worden wäre;

b) entgegen der bisherigen Übung bestand jedoch mangels Schneepräparierung bis an das Netz heran im Bereich der Masten 4-3-2 eine Mulde bzw. Vertiefung zwischen dem talwärtigen Rand der Piste und dem Sicherheitsnetz, sodaß Netz und Pistenrand voneinander in diesem Bereich abgesetzt waren.

Letztere Maßnahme hatte die Beklagte bewußt getroffen, um eine Belastung des Sicherheitsnetzes durch den Schneedruck und damit eine Verringerung der Elastizität zu vermeiden. Außerdem sollte die Mulde die Rennläufer motivieren (bzw. zwingen), die Fahrlinie so zu wählen, daß eine tangentiale Berührung mit dem Netz durch diese Absetzung des Pistenrandes von der Pistenrandsicherung vermieden werde. Die Mulde hatte eine Länge von 30 bis 40 m und zunächst eine Tiefe bis zu 75 cm. Die Breite betrug bis zu 100 cm. Der Pistenrand war zur Mulde hin durch Reisig markiert. Die Beklagte hatte gegenüber dem Vorjahr im Bereich des Pistenrandes mehr Schnee eingebracht, sodaß sich das Pistenniveau erhöhte und das Quergefälle reduzierte. Dies führte zur Entstehung der Mulde. Sie lag in dem Bereich, wo die Ideallinie der Rennfahrer sich am meisten dem Pistenrand näherte.

Oberhalb des Mastes Nr. 5 war damit zu rechnen, daß von der üblichen Fahrlinie abkommende zum Kurvenaußenrand getriebene Rennläufer mit einem Winkel von über 30 Grad ins Sicherheitsnetz stürzen. Die Aufdopplung der Abweisplane im Bereich zwischen den Masten 6 und 5 sollte in diesem Fall ein Durchschlagen des Sicherheitsnetzes verhindern, während sie im Bereich zwischen den Masten 5 und 4 dazu bestimmt war, die in spitzerem Winkel ankommenden Rennläufer seitlich abzuweisen, zumal wegen der „Schläge“ in der Steilhangausfahrt mit einem Hochschleudern von in Schwierigkeiten gekommenen Läufern zu rechnen war. Daß zufolge von Fahrfehlern oder sonstiger Umstände an den Kurvenaußenrand getriebene Rennläufer im Bereiche zwischen den Masten 5 und 4 in den Muldenbereich kommen und sodann stürzen könnten, war nach Ansicht der Beklagten ein unvermeidliches Risiko. Die Beklagte meinte, daß schweren Rennläuferverletzungen durch die dortige Aufdoppelung der Abweisplane entgegengewirkt sei. Hingegen wurde von der Beklagten nicht angenommen, daß ein oberhalb des Mastes Nr. 4 in die Mulde abgekommener Schirennfahrer sich dort bis unterhalb des Mastes sturzfrei halten und in der Mulde durch die unregelmäßige Schneebeschaffenheit hochgeschleudert werden könnte. Das talwärtige Ende der Aufdoppelung der Abweisplane wurde daher einige Meter oberhalb des Mastes 4 plaziert.

Mit der durch die Mulde veränderten Sicherheitssituation im Bereiche der Steilhangausfahrt wurde das Kampfgericht erstmals im Rahmen seiner Besichtigung am 10.1.1989 konfrontiert. Zwei Jurymitglieder erklärten, es wäre für die Sicherheit der Rennläufer besser, den Graben mit Schnee aufzufüllen und die Piste bis an das Sicherheitsnetz heran zu präparieren. Die beiden dem Veranstalter zuzurechnenden Jurymitglieder brachten dagegen vor, daß dadurch die Elastizität des Sicherheitsnetzes beeinträchtigt werde. Letzterem Standpunkt schloß sich der Technische Delegierte der FIS an, nachdem die beiden Vertreter des Veranstalters erklärt hatten, daß die Mulde teilweise mit Schnee aufgefüllt werde. Dies geschah in der Folge dergestalt, daß die Mulde vor dem Rennen nur mehr 20 bis 25 cm tief und ca. 50 cm breit war. Diese Sicherheitsentscheidung wurde von allen Mannschaftsführern hingenommen.

Nachdem beim offiziellen Training am 11. oder 12.1.1989 ein von der Piste hochgeschleuderter Rennläufer oberhalb des Mastes 4 in das Sicherheitsnetz über der etwa 1 m hohen Abweisplane geraten war (ohne sich hiebei allerdings schwer zu verletzen) verlängerte die Beklagte noch vor dem Rennen vom 13.1.1989 die Aufdoppelung der Abweisplanen talwärts bis etwa 2 m unterhalb des Mastes Nr. 4, was nach Besichtigung durch den Technischen Delegierten der FIS und die übrigen Jurymitglieder für ausreichend befunden wurde. Die Beklagte hätte auch weitere Abweisplanen zur Verfügung gehabt, jedoch wurde eine weitere Aufdoppelung talwärts von seiten der Jury nicht verlangt. Jury und Veranstalter gingen davon aus, daß im Bereich nach der Aufdopplung ein Hochschleudern eines Rennfahrers zufolge der Geländegegebenheiten auf der Piste nicht mehr erfolgen könne. Hätte die Jury von der Beklagten eine Aufdoppelung der Abweisplane bis in den Bereich verlangt, wo später der Kläger ins Sicherheitsnetz geriet, hätte sich die Beklagte dieser Auflage gebeugt. Sie hätte auch noch rechtzeitig die Steilhangausfahrt bis an das Sicherheitsnetz heran präpariert, wenn dies vom Kampfgericht angeordnet worden wäre. Weder durch den Technischen Delegierten der FIS noch durch die Jury gab es Anweisungen, welche Oberflächenbeschaffenheit die Mulde nach dem Einbringen des geforderten Schnees aufzuweisen habe. Die Mulde sollte keineswegs zur Piste gehören und blieb daher absichtlich unpräpariert. Beschwerden wegen Fehlens von Sicherheitsmaßnahmen im Bereich der Steilhangausfahrt wurden an den Veranstalter nicht herangetragen.

Die Existenz der Mulde zwischen Pistenrand und Sicherheitsnetz im Bereich der Steilhangausfahrt bedeutete für dort mit ca. 100 km/h von der Ideallinie abkommende Rennläufer bedeutete eine beträchtliche zusätzliche Sturzgefahr. Beim Hineingeraten in die Vertiefung mußte ein Rennläufer auch dann in akute Sturzgefahr kommen, wenn er vorher noch kontrolliert gefahren war. Wäre die Vertiefung aufgefüllt und präpariert worden, wäre das Netz andererseits stärker gespannt und seine Elastizität beeinträchtigt worden, was bei Kollision eines Rennläufers erhöhte Verletzungsgefahr herbeigeführt hätte. Außerdem hätte dies die Rennläufer teilweise dazu verleitet, näher an das Netz heranzufahren. Seit 1990 gilt im Bereich der Steilhangausfahrt als Sicherheitsstandard, daß der Pistenrand mit dem Netz bündig abzuschließen hat. Im Sommer 1989 hat die Beklagte den Pistenuntergrund im talwärtigen Bereich der Steilhangausfahrt zwischen den Masten 5-4-3-2 laut Urteilsbeilage Nr. 1 derart verändert, daß die Piste bis zum Sicherheitsnetz präpariert werden konnte, ohne daß das in seiner Position unverändert gebliebene Netz in seiner Elastizität beeinträchtigt worden wäre.

Der Kläger, Mitglied des Kanadischen Abfahrtsteams, nahm am 14.1.1989 als vom Kanadischen Schiverband gemeldeter „Lizenzwettkämpfer“ (im Sinne von Art. 208 IWO) am 49. Internationalen H*****rennen teil. Er kannte vor seinem Start die Sicherheitsmaßnahmen im Bereiche der Steilhangausfahrt und des Übergangs zum Brückenschuß. Der Kläger wußte um das Bestehen der Mulde zwischen Pistenaußenrand und Fangnetz sowie daß die Idealfahrlinie in diesem Bereich knapp, möglicherweise weniger als 100 cm, an der Mulde vorbeiführt.

Beim Rennen am 14.1.1989 war der Kläger in der Steilhangausfahrt beim dortigen Richtungstor mit einer Geschwindigkeit von rund 100 km/h zu weit nach links gekommen. Beim Versuch, die ideale Fahrlinie zurückzugewinnen, unterlief ihm, unterstützt durch die Kompression der dortigen Bodenwelle, ein Fahrfehler. Er belastete den Bergschi, wodurch ihm der Talschi weggezogen wurde. Beim unmittelbar darauf folgenden spitzwinkeligen Eintauchen in die Mulde hob der Kläger mit beiden Schiern ab. Der linke Schi stieg etwas höher. Nach diesem Sprung landete der Kläger knapp oberhalb des Netzmastes Nr. 4 mit beiden Schiern ziemlich parallel zum Sicherheitsnetz in der Mulde, wobei er - möglicherweise absichtlich, um die Richtungsänderung zurück zur Piste bewerkstelligen zu können - in Rückenlage geriet. Auf Höhe des Netzmastes Nr. 4 hob es den linken Schi des Klägers vorne hoch. Beim Versuch, in der Mulde einen Sturz zu vermeiden, winkelte der Kläger den linken Arm ab und hob ihn auf Brusthöhe an. Hiebei berührte er mit dem linken Unterarm und mit dem linken Schistock die Aufdoppelung der Abweisplane in einem Bereich knapp vor ihrem talwärtigen Ende. Unmittelbar darauf kam der linke Unterarm mit dem Sicherheitsnetz in Berührung, wodurch der Oberkörper des Klägers eine Rotationsbewegung nach links vollzog. Etwa in Mitte zwischen den Masten Nr.4 und Nr.3 hob auch der rechte Schi des nunmehr vermehrt in Rückenlage befindlichen Klägers ab. Etwa 3 m vor dem Mast Nr. 2 tauche die linke Schispitze in das Sicherheitsnetz ein. Das dadurch bedingte Auseinanderreißen der Beine des Klägers führte zu den klagsgegenständlichen schweren Verletzungen.

Wären die Abweisplanen im Unfallszeitpunkt in einer Höhe von 2 m bis zum Netzmast Nr.2 talwärts weitergeführt gewesen, wäre mit großer Wahrscheinlichkeit ein Hängenbleiben des Klägers mit dem linken Schi in den Maschen dieses Netzes und die dadurch bedingten schweren Verletzungen vermieden worden. Freilich kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Kläger beim Hochschleudern in die Abweisplane trotz des spitzen Winkels zufolge der scharfen Schikante in die Plane eingestochen hatte, wobei sich dann ein ähnliches Verletzungsbild ergeben hätte.

Der Kläger begehrte, die Beklagte zur Zahlung eines Teilschmerzengeldbetrages von S 300.000,-- sA schuldig zu erkennen und festzustellen, daß die Beklagte ihm für alle in Zukunft aus dem beim H*****rennen im Jänner 1989 erlittenen Unfall entstehenden Schäden hafte. Die Beklagte habe als Veranstalterin ungeachtet der Homologierung der Strecke durch die FIS für die ordnungsgemäße Absicherung der Rennstrecke zu sorgen gehabt. Diese Pflicht habe sie vernachlässigt, da sie im Bereich der Steilhangausfahrt zwischen dem Pistenrand und dem Fangzaun einen Graben und damit eine zusätzliche wesentliche Gefahrenquelle geschaffen habe. Der Unfall wäre vermeidbar gewesen, hätte die Beklagte den Graben nicht angelegt und den Fangzaun, in dessen Maschen sich der Kläger verfangen habe, in größerem Umfang mit Kunststoffplatten abgedeckt. Eine solche Absicherung hätte dem Stand der Technik entsprochen und sei zumutbar gewesen, zumal sie im folgenden Jahr tatsächlich vorgenommen worden sei. Der Unfall sei gerade auf Geländebeschaffenheiten zurückzuführen, die die Abfahrt nach den Richtlinien der FIS nicht homologierungsfähig gemacht hätten. Insbesondere habe im Unfallsbereich ein in diesen Richtlinien verlangter Sturzraum gefehlt. Die Strecke hätte infolge der gegenüber den Vorjahren geänderten Netzführung im Unfallbereich neu homologiert werden müssen. Dem FIS-Inspektor sei weder diese Netzführung noch bekannt gewesen, in welcher Höhe Abdeckplanen am Fangnetz angebracht werden. Wären ihm die tatsächlichen Absicherungen bekanntgegeben worden, hätte er diese nicht genehmigt. Da die Beklagte somit gegen die Sicherheitsvorschriften der Internationalen Schiwettkampfordnung verstoßen habe, habe sie zu beweisen, daß sich der Unfall auch ohne diesen Verstoß ebenso zugetragen hätte.

Die Beklagte bestritt, daß sie für die dem Kläger entstandenen Schäden hafte, zumal zwischen den Streitteilen kein Vertragsverhältnis bestanden habe. Der Kläger sei durch eigenen Fahrfehler in das Fangnetz geraten und habe den Unfall daher allein verschuldet. Die Beklagte habe nicht rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Die H*****strecke sei gültig homologiert gewesen. Die Sicherheitsmaßnahmen im Unfallsbereich seien notwendig gewesen und hätten den damals bekannten Normen entsprochen. Abweisplanen könnten nicht in unbegrenzter Höhe angebracht werden, weil damit ein zu hartes Aufprallhindernis geschaffen werde. Die Mulde sei schließlich aus technischen Gründen notwendig gewesen, um ein Durchstoßen des Netzes zu verhindern. Zudem habe die Beklagte die von der Mulde ausgehende Gefahr nicht erkennen können, da weder der Kläger noch die Mannschaftsführung noch das Kampfgericht diese Sicherheitsmaßnahmen beanstandet hätten. Es fehle aber auch die für den Schadenersatzanspruch des Klägers erforderliche Kausalität der vorgeworfenen Sorgfaltsverletzung zum eingetretenen Schaden. Der Unfall und die Verletzungen wäre ebenso eingetreten, wären die Sicherheitsmaßnahmen so gestaltet gewesen, wie sie der Kläger nun verlange. Der Kläger sei dafür beweispflichtig, daß sich in diesem Falle der Unfall nicht ebenso ereignet hätte.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs zusammengefaßten Feststellungen und folgerte in rechtlicher Hinsicht, daß nach dem gemäß § 36 IPRG bzw. § 48 IPRG anzuwendenden österreichischen Recht grundsätzlich jeder Veranstalter von Sportwettbewerben für die im Interesse der Sicherheit der Wettkämpfer erforderlichen Vorkehrungen zu sorgen habe. Die bei solchen Rennen anzunehmende freiwillige Selbstgefährdung der Teilnehmer mindere diese Sorgfaltspflicht des Veranstalters nicht. Der Schirennläufer sei vom Veranstalter nicht bloß gegen atypische Gefahren, sondern auch vor den offensichtlichen Gefahren an neuralgischen Stellen zu schützen. Es sei daher unabhängig davon, ob ein Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen bestehe, eine Schutzpflicht der Beklagten zugunsten des Klägers zu bejahen. Die Beklagte habe für besondere Sachkunde im Sinne des § 1299 ABGB einzustehen. Sie könne sich von dieser Verantwortlichkeit nicht mit dem Hinweis befreien, daß das fünfköpfige Kampfgericht die vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen für ausreichend befunden habe. Das Kampfgericht sei vielmehr als Erfüllungsgehilfe der Beklagten im Sinne des § 1313a ABGB insoweit anzusehen, als die vertraglichen Schutzpflichten des Veranstalters gegenüber dem Kläger reichten. Die Beklagte habe aber trotzdem davon ausgehen können, daß der Technische Delegierte der FIS die erforderliche Sachkunde habe und diese auch in die Tat umsetze. Für die Beklagte habe daher kein Anlaß mehr bestanden, Änderungen an den Sicherheitsvorkehrungen vorzunehmen, wenn die Abfahrtsstrecke als solche von der FIS homologiert und die effektive Gestaltung der Strecke einschließlich der Sicherheitsvorkehrungen vom Technischen Delegierten der FIS kontrolliert und genehmigt und in der Folge von den einzelnen Mannschaftsführern nicht gerügt worden sei. Der Beklagten sei daher der Freibeweis gemäß § 1298 ABGB geglückt.

Das Gericht zweiter Instanz änderte das Ersturteil in Ansehung der Abweisung des Leistungsbegehrens dahin ab, daß es mit Teilzwischenurteil aussprach, das Leistungsbegehren des Klägers bestehe dem Grunde nach zu Recht. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens hob es das Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es erklärte die ordentliche Revision bzw. den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte zur Rechtsrüge aus, daß die Beklagte aufgrund des mit der FIS abgeschlossenen Veranstaltungsvertrages Schutzpflichten gegenüber den einzelnen Rennläufern getroffen haben, sodaß sie unabhängig vom Bestehen eines direkten Vertragsverhältnisses dem Kläger für eigene Pflichtverletzungen und solche ihrer Gehilfen nach § 1313a ABGB hafte. Auch bei Annahme einer außervertraglichen Verkehrssicherungspflicht entspräche die Beweislastverteilung jener des § 1298 ABGB, da nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes der Beweis, die nötige Sorgfalt nicht vernachlässigt zu haben, vom Veranstalter zu erbringen sei. Die Beweislast hinsichtlich des Kausalzusammenhanges liege jedoch beim Kläger. Allerdings dürfen an den Kausalitätsbeweis keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden, weshalb insbesondere bei Unterlassungen der Beweis eines hohen Wahrscheinlichkeitsgrades genüge. Dem Kläger müsse angesichts der Schwierigkeiten der Erbringung des Kausalitätsbeweises der Antritt des Anscheinsbeweises zugestanden werden. Es stehe fest, daß der Graben eine beträchtliche zusätzliche Sturzgefahr für den Kläger dargestellt habe sowie daß der Kläger im Graben in größere Schwierigkeiten geraten sei als zuvor aufgrund seines Fahrfehlers. Dem Kläger sei daher der Beweis gelungen, daß sein Sturz einem typischen durch die Gefährlichkeit des Grabens verursachten Geschehensablauf entsprochen habe. Die Beklagte habe dagegen nicht unter Beweis stellen können, daß der Kläger ebenso wahrscheinlich auch bei Präparierung der Piste bis zum Sicherheitsnetz zu Sturz gekommen wäre. Es stehe weiters fest, daß mit großer Wahrscheinlichkeit die schweren Verletzungen des Klägers vermieden worden wären, wenn die 2 m hohen Abweisplanen talwärts weitergeführt gewesen wären. Auch für diesen Bereich sei dem Kläger der Anscheinsbeweis, der Beklagten jedoch nicht der Erschütterungsbeweis gelungen. Die Beklagte, an welche der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB anzulegen sei, habe zu vertreten, daß sie die Unzulänglichkeit der Sicherungsmaßnahmen im Bereich der Unfallsstelle nicht erkannt habe. Sie könne sich nicht dadurch exculpieren, daß sie sich auf die Homologierung der Strecke und die Genehmigung durch das Kampfgericht berufe. Es sei zu bedenken, daß die Rennstrecke gerade im fraglichen Bereich den Homologierungsrichtlinien zweifach nicht entsprochen habe, da eine kegelmantelförmige Kurve gegeben gewesen sei und ein Sturzraum gefehlt habe. Dies habe die Verpflichtung des Veranstalters bedingt, jede der Sicherheit der Rennläufer dienende ausgleichende Maßnahme, soweit sie nur irgendwie zumutbar gewesen sei, zu setzen. Diesem besonderen Gebot sei die Beklagte nicht nachgekommen, sondern habe vielmehr durch die Schaffung der Mulde zwischen Pistenrand und Fangnetz eine erhebliche zusätzliche Gefahrenquelle geschaffen und mit dieser Neuerung alle Beteiligten vor eine überraschende Situation gestellt. Der Technische Delegierte als Vorsitzender des Kampfgerichtes habe wegen des Beharrens der beiden vom Veranstalter entsandten Mitglieder offenbar lediglich einen Kompromiß zugunsten der Interessen des Veranstalters akzeptiert. Das Präparieren der Piste bis zum Fangnetz wäre auch zumutbar gewesen, da sich die Mulde gerade in einem Bereich befunden habe, in dem nur noch mit einer im wesentlichen tangentialen Berührung des Netzes durch die Rennläufer zu rechnen gewesen sei, sodaß in diesem Bereich kein besonderer Wert auf die Elastizität des Fangnetzes gelegt werden mußte. Die Gefährlichkeit der Mulde sei der Beklagten schon aufgrund der Diskussion im Kampfgericht erkennbar gewesen. Die Notwendigkeit der Anbringung von 2 m hohen Abweisplanen bis zur Stütze Nr. 2 sei für die Beklagte zwar deshalb nicht erkennbar gewesen, da es diesbezüglich keine Beanstandungen gegeben habe. Es hätte ihr aber, da nicht ausgeschlossen hätte werden können, daß sich von der Piste abgekommene Schifahrer länger in der Mulde halten können, die Zweckmäßigkeit einer derartigen Maßnahme einleuchten müssen. Aufgrund der besonderen Gegebenheiten der Strecke im Unfallbereich hätten bereits diese Zweckmäßigkeitsüberlegungen die Beklagte zum Handeln zwingen müssen. Die Beklagte habe daher zwei Umstände, die für den eingetretenen Verletzungserfolg kausal gewesen seien, schuldhaft herbeigeführt. Ein Mitverschulden des Klägers sei hingegen zu verneinen. Der Rennläufer könne grundsätzlich die Grenze seiner schisportlichen Leistungsfähigkeit ausloten. Ein Schuldvorwurf im Zusammenhang mit einem fahrtechnischen Fehlverhalten könne daher nicht erhoben werden. Auch der Umstand, daß weder der Kläger noch der Mannschaftsführer die Sicherheitsvorkehrungen gerügt hätten, könne kein Mitverschulden begründen, da vom Kläger nicht eine dem Veranstalter vergleichbare Sachkunde erwartet werden könne. Für ihn gelte lediglich der Sorgfaltsmaßstab des § 1297 ABGB, der sich am „wertverbundenen Durchschnittsmenschen“ ausrichte. Der einzelne Rennläufer könne darauf vertrauen, daß ein erfahrener Rennveranstalter im Zusammenwirken mit einem aus hochkarätigen Fachleuten bestehenden Kampfgericht für die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen sorge, solange diese Fachleute ihre Sorgfaltspflicht nicht offenkundig verletzen. Auch sei zu bedenken, daß Einwände bloß von seiten eines Schirennläufers der Lebenserfahrung nach zu keinen Änderungen der Sicherheitsvorkehrungen führen. Dem Rennläufer bliebe in einem derartigen Fall nur der unzumutbare Ausweg, am Rennen nicht teilzunehmen.

Gegen diese Entscheidung richten sich Revision und Rekurs der Beklagten, welchen keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin erblickt eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens darin, daß das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung von der Feststellung des Erstgerichtes abgegangen sei, daß das Hängenbleiben eines Rennläufers im Sicherheitsnetz oberhalb der vorhandenen 1 m hohen Abweisplane nicht zu erwarten und nicht voraussehbar gewesen, also diese Art der Anbringung der Abweisplane nicht als Sicherungsfehler anzusehen sei. Eine derartige Feststellung hat aber das Erstgericht in Wahrheit nicht getroffen, sondern lediglich ausgeführt (S. 26 der Urteilsausfertigung), daß Kampfgericht und Veranstalter nicht daran gedacht haben, daß aus der Mulde ein Rennläufer in der Zone des nur einlagigen Planenbereichs in das Sicherheitsnetz hochgeschleudert werden könne. Ob aber eine derartige subjektive Einschätzung der Gefahrenlage ausreichend ist oder eine sorgfältige Würdigung der Umstände zu einem anderen Ergebnis führen müßte, ist keine Tat- sondern eine Rechtsfrage (vgl. ZVR 1961/120). Gleiches gilt für die Ausführungen der Revisionswerberin zur Frage, ob der Veranstalter den durch die Schaffung der Mulde „vielleicht ausgelösten ungünstigen Geschehensablauf“ vorhersehen konnte. Diese Rechtsfragen durfte das Berufungsgericht daher abweichend von der Rechtsansicht des Erstgerichtes beurteilen, ohne daß es dadurch die vom Erstgericht geschaffene Tatsachengrundlage veränderte. Das Berufungsverfahren ist daher weder mit dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit (§ 503 Z 2 ZPO) noch mit jenem der Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) behaftet.

Beide Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß der gegenständliche Sachverhalt nach österreichischem Recht zu beurteilen ist. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß kein Anwendungsfall des § 36 IPRG vorliegt, weil keine Partei der anderen überwiegend Geld schuldet, sondern beide anderes zu leisten haben, daß jedoch nach allen relevanten Umständen des Einzelfalles die stärkste Beziehung im Sinne des § 1 Abs 1 IPRG zum österreichischen Recht besteht. Diese stärkste Beziehung ist durch den Schwerpunkt der Vertragswirkungen, welcher durch den in Österreich liegenden Veranstaltungsort bestimmt wird, in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise definiert.

Der Kläger wurde als sogenannter „Lizenzwettkämpfer“ im Sinne des Art. 208 IWO von seinem nationalem Schiverband gegenüber der Beklagten als Teilnehmer des 49. Internationalen H*****rennens genannt. Durch diese im Namen des Klägers erfolgte Nennung und deren Annahme durch die Beklagte kam zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Vertragsverhältnis zustande. Die Hauptleistungspflicht dieses Vertrages auf seiten des Veranstalters ist die Verpflichtung, den Wettkampf entsprechend der Ausschreibung und den Vorschriften der maßgebenden Wettkampfordnung durchzuführen, die zu Recht Angemeldeten daran teilnehmen zu lassen und die ausgesetzten Preise auszurichten. Der Wettkämpfer ist verpflichtet, am Wettkampf teilzunehmen und seinerseits die Bestimmungen der Wettkampfordnung einzuhalten (Pichler/Holzer, Handbuch des österreichischen Schirechtes, 257 f; Stiffler, Schweizerisches Schirecht2, 322). Die Pflicht des Veranstalters eines Schirennens, für die Sicherheit der Teilnehmer zu sorgen, stellt sich daher als vertragliche Verkehrssicherungspflicht dar (JBl. 1992, 785). Dies hat zur Folge, daß der Veranstalter schon wegen einer nur leicht fahrlässig verschuldeten Verletzung der ihm obliegenden Sicherungspflicht zu haften hat (ZVR 1988/142). Voraussetzung einer derartigen Haftung ist allerdings immer, daß die Möglichkeit der Verletzung von Rechtsgütern Dritter bei objektiver sachkundiger Betrachtung zu erkennen ist, und daß der Gefahr durch zumutbare Maßnahmen vorgebeugt werden kann. Der Beweis, die nötige Sorgfalt nicht vernachlässigt zu haben, obliegt dem Beklagten (SZ 60/256; JBl. 1991, 453). Die Erfüllung behördlicher Anordnungen (insbesondere Auflagen) erschöpft die allgemein gebotene Sorgfalt nicht (SZ 60/256). Die FIS-Regeln stellen zwar nicht Gewohnheitsrecht dar, doch kommt ihnen als sachkundige Zusammenfassung der Sorgfaltspflichten die bei der Ausübung des alpinen Schilaufs im Interesse aller Beteiligten zu beachten sind, erhebliche Bedeutung zu (SZ 60/133). Es kann aber nicht schlechthin gesagt werden, daß durch die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften oder der Richtlinien der betreffenden Sportverbände im Einzelfall die Grenzen des Verkehrsüblichen vom Erwartungshorizont der betreffenden Kreise abgesteckt wären, bei deren Einhaltung Verantwortliche von jeder Schadenersatzhaftung befreit sind. Damit sind vielmehr lediglich die Mindestanforderungen an die vom Verantwortlichen zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen umrissen. Die Pflicht des Veranstalters, eigenverantwortlich zu prüfen, welche Vorkehrungen zu treffen sind, damit niemand zu Schaden kommt, bleiben unberührt (SZ 57/57). Es ist daher der Verkehrssicherungspflichtige auch im Fall langjähriger Übung bestimmter Vorkehrungen gehalten, deren Tauglichkeit unabhängig von bestehenden behördlichen Anordnungen im Hinblick auf neue Erkenntnisse zu prüfen (JBl. 1992, 785). Dies gilt in besonders hohem Ausmaß für Rennstrecken, wo der Benützer nach Sinn und Zweck der Anlage nicht kontrolliert fahren muß, sondern grundsätzlich die Grenzen seiner schisportlichen Leistungsfähigkeit ausloten darf. Der Benützer einer solchen Rennstrecke ist ein „Rennläufer“, der seine sportliche Leistungsfähigkeit mit der Leistung anderer vergleichen muß, wozu er vom Rennstreckenerhalter geradezu aufgefordert wird. Wenn er sich dem Zweck einer solchen Anlage entsprechend verhalten will, muß er sich voll auf seinen Lauf konzentrieren, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen. Er darf darauf vertrauen - solange Gegenteiliges nicht offensichtlich ist - daß atypische Gefahrenquellen nicht vorhanden sind (ZVR 1988/142; JBl. 1990, 458).

Die Beklagte kann sich daher nicht darauf berufen, daß sie deshalb von der Haftung frei sei, weil die Strecke durch die FIS homologiert und die konkrete Ausgestaltung der Sicherungsvorkehrungen durch das Kampfgericht genehmigt worden sei (vgl. auch 2 Ob 526/93). Sie mußte vielmehr eigenverantwortlich die Sicherheitsvorkehrungen so einrichten, daß in größtmöglichem Umfang Gefahren für die Rennläufer abgewendet wurden. Hiezu kommt, daß die zwischen Pistenrand und Sicherheitsnetz ausgebildete Mulde, ebenso wie die tatsächliche Netzführung, im Sommer 1988 bei Durchführung der Inspektion durch einen Delegierten der FIS gar nicht erkennbar waren und die Homologation 1988 im Sinne der beim 48. H*****rennen vorhandenen Netzführung, wo die Piste im Bereich der Steilhangausfahrt bis zum Sicherheitsnetz reichte, erteilt wurde (S. 12 der Urteilsausfertigung des Erstgerichtes). Daß die Ausbildung der Mulde für die Schirennläufer gefährlich werden konnte, mußte der Beklagten spätestens durch die Diskussion im Kampfgericht klar werden. Trotzdem setzte die Beklagte durch die beiden von ihr in das Kampfgericht entsandten Mitglieder alles daran, das Präparieren der Piste bis zum Sicherheitsnetz zu verhindern, was schließlich zu dem vom Technischen Delegierten der FIS vorgeschlagenen Kompromiß des teilweisen Auffüllens der Mulde mit Schnee führte. Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, daß im Zeitpunkt der Entscheidung des Kampfgerichtes möglicherweise das Heranführen des Pistenrandes bis an das Sicherheitsnetz ohne weitgehende bauliche Veränderungen wegen des möglichen Verlustes der Elastizität des Netzes sicherheitstechnisch bedenklich gewesen wäre (vgl. S. 20 des Sachverständigengutachtens ON 25), jedoch wäre es Sache der Beklagten gewesen, auf welche der erhöhte Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB anzuwenden ist, so rechtzeitig die Sicherungsvorkehrungen zu überdenken, daß auf erkennbare Mängel noch rechtzeitig ohne die Durchführung des Rennens zu gefährden, reagiert werden konnte.

Das Gericht zweiter Instanz hat zutreffend dargelegt, daß gerade im Bereich der Steilhangausfahrt besonders Augenmerk auf die Sicherheitsvorkehrungen zu legen gewesen wäre, da die dortigen Gegebenheiten in zweifacher Hinsicht der IWO 1988 widersprachen. Zum einen handelte es sich um eine nach außen hängende Kurve und zum anderen mangelte es trotz der dort von den Rennläufern erreichten hohen Geschwindigkeit am Vorhandensein eines Sturzraumes. Gerade wegen der kegelmantelförmigen Kurve mußte für jedermann leicht erkennbar sein, daß die Gefahr bestand, Rennläufer könnten an und über den Pistenrand geraten. In einem derartigen Fall mußte der Bereich der unpräparierten Mulde eine große objektive Gefahrenquelle darstellen, was für die Beklagte auch erkennbar gewesen sein muß. Mußte die Beklagte aber damit rechnen, daß Fahrer in die Mulde abkommen, konnte ihr auch nicht verborgen bleiben, daß Rennläufer durch die unebene Bodenbeschaffenheit auch in Bereichen hochgeschleudert werden könnten, wo dies auf der Piste nicht mehr zu befürchten war. Bei den vom Sachverständigen hervorgehobenen (S. 15 des Gutachtens ON 25) „nahezu akrobatischen Leistungen“ der Rennläufer um einen Sturz zu vermeiden, durfte die Beklagte auch keineswegs von der Annahme ausgehen, es könne keinem in die Mulde geratenen Fahrer gelingen, bis in den Bereich der lediglich 1 m hohen Abweisplane zu gelangen. Die Beklagte, die durch die Schaffung der Mulde eine besondere Gefahrenlage herbeigeführt hatte, hätte daher wegen dieses besonderen Umstandes eine Weiterführung der 2 m hohen Abweisplane veranlassen müssen, mag dies auch normalerweise nicht dem damals geltenden Sicherheitsstandard entsprochen haben.

Im Verfahren wurde somit eine der Beklagten vorwerfbare Sorgfaltsverletzung erwiesen.

Auch bei erwiesenem Verschulden der Beklagten trifft den Kläger immer noch die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen dem vertragswidrigen Verhalten und dem eingetretenen Schaden. Dies auch, wenn es sich um eine Unterlassung handelte. Eine Unterlassung ist dann für den Schadenserfolg kausal, wenn die Vornahme eines bestimmten und möglichen aktiven Handelns das Eintreten des Erfolges verhindert hätte. Keine Kausalität läge vor, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre (SZ 56/181). Eine Haftungsbefreiung kann aber insoweit nicht eintreten, als gerade durch das rechtswidrige Verhalten der Schaden vergrößert wurde (JBl. 1990, 524; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 163).

An einen für die Haftungsbegründung erforderlichen Kausalitätsbeweis dürfen allerdings keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden, weshalb der Beweis eines (sehr) hohen Wahrscheinlichkeitsgrades (besonders bei Unterlassungen: SZ 31/122; JBl. 1971, 307; JBl. 1972, 426; Koziol aaO 327) genügt. Der Geschädigte ist dafür beweispflichtig, daß überwiegende Gründe dafür vorliegen, der Schaden sei durch das Verhalten insbesondere die Unterlassung der Beklagten herbeigeführt worden.

Dieser Beweis ist dem Kläger gelungen, vermag doch nicht einmal die Beklagte begründet zu behaupten, ein Sturz auf einer bis zum Sicherheitsnetz hin präparierten Piste hätte auch nur annähernd gleichartige schwere Verletzungsfolgen nach sich gezogen, zumal in einem derartigen Fall ein Hochschleudern des Rennläufers im fraglichen Bereich offenkundig vermieden worden wäre.

Auch der Mitverschuldenseinwand der Beklagten geht fehl. Die Behauptungs- und Beweislast für das Mitverschulden des Beschädigten trägt der Schädiger. Jede verbleibende Unklarheit des erhobenen Sachverhalts geht zu seinen Lasten (ZVR 1990/102). Der festgestellte Fahrfehler des Klägers liegt innerhalb des arttypischen Risikos des Rennsports. Das rennmäßige Herantasten an die fahrtechnisch jeweils noch zu bewältigende Höchstgeschwindigkeit beseitigt die objektive Sorgfaltswidrigkeit gewisser wettkampfbedingter Fahrfehler als spartenspezifisch unumgängliche Begleiterscheinungen (RZ 1990/36). Anders als beim Publikumsschilauf (vgl ZVR 1992/25) mangelt es daher im gegenständlichen Fall an einem dem Sturz vorangehenden Fehlverhalten des Fahrers, welches den Rechtswidrigkeits- und Schuldvorwurf begründen könnte. Der festgestellte Fahrfehler des Beklagten vermag daher den Einwand des Mitverschuldens nicht zu begründen.

Auch aus der Tatsache, daß weder die Mannschaftsführung noch der Kläger die im Unfallbereich vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen bemängelt haben, kann ein Schuldvorwurf nicht erhoben werden. Zwar ist zutreffend, daß der Oberste Gerichtshof in SZ 34/190 ausgesprochen hat, daß vom Veranstalter keine größere Voraussicht verlangt werden könne, als sie die mit derartigen Rennen vertrauten Fahrer haben. Dieser Rechtssatz kann unter Berücksichtigung der mittlerweile innerhalb von rund 30 Jahren eingetretenen Entwicklung des Rennsportes vom erkennenden Senat nicht mehr aufrecht erhalten werden. Die Absicherung von Schirennstrecken erfordert - wie gerade der gegenständliche Unfall zeigt - ein hohes Maß an Erfahrung in der wegen der höheren gefahrenen Geschwindigkeit immer spezialisierter werdenden Sicherheitstechnik. Der Rennfahrer, dessen primäres Interesse in der optimalen Bewältigung der Strecke in kürzestmöglicher Zeit liegt, wäre überfordert, wollte man ihm auch die Kenntnis um den jeweiligen Stand der Sicherungstechnik aufbürden, zumal er die Sicherheitsvorkehrungen bei den Rennen nur passiv erlebt. Sein Augenmerk wird daher, ebenso wie jenes der Mannschaftsführung, im allgemeinen nur auf offenkundige Sicherheitsmängel gerichtet sein. Von einer Offensichtlichkeit der Sicherungsfehler kann aber im gegenständlichen Fall nicht gesprochen werden, zumal ohnedies den Einwänden im Kampfgericht bezüglich der Gestaltung der Mulde durch eine teilweise Aufschüttung mit Schnee Rechnung getragen wurde. Selbst wenn man Verschulden des Klägers oder seiner Mannschaftsführung unterstellen wollte, müßte dieses jedenfalls gegenüber jenem des Veranstalters zurücktreten.

Demnach ist der Berufung und Revision der Beklagten ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs. 1 und 2 ZPO.

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