OGH 4Ob49/93

OGH4Ob49/9318.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian P*****, vertreten durch Dr.Robert A.Kronegger und Dr.Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei G *****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Hella Ranner und Dr.Franz Krainer, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung und Zahlung (Gesamtstreitwert S 60.000; Revisionsinteresse S 45.000) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgericht vom 26.Februar 1993, GZ 6 R 49/93-16, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 8.Dezember 1992, GZ 24 C 283/92m-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.623,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 603,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar entgegen der Meinung der Klägerin nicht gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, hat doch das Berufungsgericht ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige (§ 500 Abs 2 Z 1 ZPO); dieser Ausspruch ist, da das Berufungsgericht keine der zwingenden Bewertungsvorschriften (§ 500 Abs 3 ZPO) verletzt hat, der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (EvBl 1990/146 uva). Das Berufungsgericht war dabei an die freie Bewertung des Streitgegenstandes durch den Kläger (§ 56 Abs 2, § 59 JN) nicht gebunden (JBl 1982, 157; ÖBl 1985, 166; ÖBl 1987, 63 uva). Mit Recht weist aber die Klägerin darauf hin, daß die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 1 ZPO entgegen dem - für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508 a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO fehlen:

Soweit die Beklagte dem Berufungsgericht vorwirft, daß es in unzulässiger Weise unter Verletzung von Verfahrensvorschriften von den Feststellungen des Erstgerichtes abgegangen sei, unterliegt sie einem Mißverständnis. Das Gericht zweiter Instanz ist weder - unter Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (SZ 57/142; EFSlg 49.384

ua) - von den Feststellungen des Erstgerichtes abgegangen, noch hat es ausdrücklich erklärt, daß die im Ersturteil getroffene Feststellung, die Beklagte habe das einzige Archivbild vom Kläger als "Sandler" vernichtet, als "überschießend" nicht berücksichtigt werden dürfe; vielmehr hat es diese Feststellung als rechtlich unerheblich unbeachtet gelassen. Mit seinem Hinweis darauf, daß ein entsprechendes Prozeßvorbringen gefehlt habe (S. 128), hat es noch nicht über die Frage entschieden, ob allein deshalb die betreffende Feststellung unberücksichtigt zu bleiben habe, sind doch nach ständiger Rechtsprechung "überschießende" Feststellungen jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn sie in den Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes oder von Einwendungen fallen (JBl 1986, 121 mwN). Daß aber eine Parteiaussage entgegen den Revisionsausführungen nicht das entsprechende Parteienvorbringen ersetzt, entspricht ständiger Rechtsprechung (SZ 39/8; SZ 44/164 uva).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß selbst bei Berücksichtigung aller vom Erstrichter getroffenen Feststellungen die Wiederholungsgefahr zu bejahen sei, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Danach ist die Wiederholungsgefahr im allgemeinen anzunehmen, wenn der Beklagte im Prozeß weiter die Auffassung vertritt, zu der beanstandeten Handlung berechtigt zu sein (ÖBl 1984, 161; ÖBl 1985, 140), und seine gesetzwidrige Handlung verteidigt (ÖBl 1977, 128 uva). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte ausdrücklich vorgebracht, daß das Foto des Klägers mit dessen Wissen und Willen aufgenommen worden sei; der Kläger sei hiefür durch ein entsprechendes Honorar ausreichend entlohnt worden, so daß sie jedenfalls dazu berechtigt gewesen sei, das Bild im Sinne des seinerzeitigen Verwendungszweckes zu verwenden (S. 13). An dieser Rechtsmeinung hält die Beklagte sogar noch in dritter Instanz ausdrücklich fest (S. 137). Ob aber im Hinblick auf die übrigen festgestellten Umstände, insbesondere die von der Beklagten veröffentlichte "Richtigstellung" und die Vernichtung des Archivfotos, eine neuerliche Veröffentlichung des Bildes unmöglich oder doch äußerst unwahrscheinlich ist, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Da die Beurteilung der Wiederholungsgefahr immer von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängt, liegt darin nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates - soweit nicht das Gericht zweiter Instanz die Rechtslage völlig verkannt hat - keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (ÖBl 1985, 129; SZ 60/187; ecolex 1992, 487 ua).

Die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, daß die Veröffentlichung eines Lichtbildes, das den Kläger - einen Regisseur und Schauspieler - als "Sandler" zeigt, den Kläger im Hinblick auf die festgestellten Reaktionen des Publikums nach der Bildnisveröffentlichung in einem Maße beeinträchtigt habe, das den mit einer solchen Verletzung verbundenen Ärger überschritten hat, steht im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 55/25 ua); ob jedoch der als Entschädigung gemäß § 87 Abs 2 UrhG zuerkannte Betrag von S 15.000 angemessen oder überhöht ist, hat gleichfalls keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.

Aus diesen Erwägungen war die Revision zurückzuweisen (§ 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revisions hingewiesen hat, diente ihre Revisionsbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (RZ 1985/6 uva).

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