Spruch:
Der Akt wird dem Arbeits- und Sozialgericht Wien zur Zustellung einer Ausfertigung der Revisionsschrift an die Revisionsgegnerin zurückgeleitet.
Text
Begründung
Die Klagevertreterin gab nach Erhebung der Berufung (24.März 1992) mit Schriftsatz vom 24.August 1992 bekannt, daß das Vollmachtsverhältnis mit dem Kläger seit 16.Mai 1992 aufgelöst sei. Nach Zustellung des Urteiles des Berufungsgerichtes am 29.Jänner 1993 erhob sie unter Berufung auf § 30 Abs 2 ZPO rechtzeitig Revision. Das Erstgericht hatte wegen der vorausgegangenen Bekanntgabe der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses Bedenken gegen das Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses und erteilte daher der Klagevertreterin am 17.Februar 1993 den Verbesserungsauftrag, eine Vollmacht vorzulegen. Diesem Auftrag kam die Klagevertreterin fristgerecht nach. Sie legte eine mit 10.März 1993 datierte Vollmacht vor. Hierauf legten die Vorinstanzen die Revision dem Obersten Gerichtshof vor, ohne vorher eine Gleichschrift an den Revisionsgegner gemäß § 507 Abs 1 ZPO zuzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klagevertreterin im Berufungsverfahren bekannt gegebene Auflösung des Vollmachtsverhältnisses war mangels Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes wirkungslos (§ 36 Abs 1 ZPO). Die Zustellung des Berufungsurteiles hatte daher an die bisherige Klagevertreterin zu erfolgen (EFSlg 49.299 ua).
Gemäß § 30 Abs 1 ZPO haben die im Prozeß einschreitenden Bevollmächtigten den Nachweis der Bevollmächtigung durch eine Urkunde (Vollmacht) darzutun. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht, der Nichtigkeit nach sich zieht, (§ 477 Abs 1 Z 5 ZPO) in jeder Lage des Rechtsstreites von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 37 ZPO). Wenn ein Rechtsanwalt oder Notar als Bevollmächtigter einschreitet, ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis (§ 30 Abs 2 ZPO), nicht jedoch die Erteilung einer Vollmacht (OBDK AnwBl 1989/3156). Diesen Personen wird grundsätzlich vertraut (AB 1337 BlgNR 15.GP 8), wenn sie ein Vollmachtsverhältnis behaupten;
das Gericht hat daher die Richtigkeit der Berufung auf eine erteilte Vollmacht nur bei konkreten Zweifeln, die sich aus der Aktenlage ergeben, zu prüfen (Fasching, ZPR2 Rz 428; Petrasch, ÖJZ 1985, 258;
SZ 57/131 = AnwBl 1984/2015 [Eder]; 8 Ob 1/88; 2 Ob 510/90).
Die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses im Mai 1992 schloß die spätere neuerliche Erteilung einer Innen- und Außenvollmacht nicht aus. Daher bestanden gegen die neuerliche Berufung der Klagevertreterin in der Revisionsschrift auf eine erteilte Vollmacht keine Bedenken. Hatte das Erstgericht dennoch Bedenken, so wurden diese jedenfalls durch Vorlage einer neuen Vollmacht beseitigt. Die Prozeßvollmacht als Privaturkunde muß - abgesehen von Sonderfällen, die hier nicht interessieren - , nicht datiert sein (EvBl 1967/183; AnwBl 1984/2085 [Eder], Pfersmann zu SZ 57/131 in ÖJZ 1987, 110). Das Datum auf der Vollmachtsurkunde ließ den Zeitpunkt ihrer Ausstellung erkennen, gab aber über das Datum der Erteilung der zugrundeliegenden Innenvollmacht keine Auskunft (Koziol-Welser9 I, 168). Durch die nachträgliche Vollmachtsvorlage war daher dem Verbesserungsauftrag voll entsprochen und der nach der Prozeßordnung geforderte Vollmachtsnachweis erbracht.
Das Prozeßgericht erster Instanz ist gemäß § 507 Abs 1 ZPO verpflichtet, verspätete oder aus einem anderen Grund als nach § 502 Abs 1 ZPO unzulässige Revisionen zurückzuweisen. Findet es keinen Anlaß zur Zurückweisung, so hat es die Zustellung einer Ausfertigung der Revisionsschrift an den Gegner des Revisionswerbers zu verfügen. Da die Vorinstanzen keinen Anlaß zur Zurückweisung der Revision fanden, sondern diese, ohne ihrer Verpflichtung zur Zustellung der Revisionsschrift an den Revisionsgegner zu entsprechen, dem Obersten Gerichtshof vorlegten, war dem Erstgericht die Zustellung der Revisionsschrift an die Revisionsgegnerin aufzutragen.
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