OGH 5Ob133/92

OGH5Ob133/929.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller

1.) Margit C*****, 2.) Elisabeth H*****, 3.) Friedrich H*****, 4.) Walpurga K*****, 5.) Thomas W*****, und 6.) Mag.Franz B*****, alle wohnhaft in ***** Wien, H*****straße 8, vertreten durch Heidi Gfatter, Sekräterin des Österreichischen Mieter- und Wohnungseigentümerbundes, 1010 Wien, Falkestraße 3, wider die Antragsgegner 1.) Dr.Marc M*****, 2.) Anastasia M*****, 3.) Claudine G*****, 4.) Valerie Maria S*****, 5.) Rudolf S*****, alle wohnhaft in ***** Wien, H*****straße 8, 6.) Dr.Rudolf E*****, ***** E*****, W*****straße 5, 7.) Dr.Gertrud E*****, Immobilienverwalterin, ***** Wien, R*****gasse 1, und 8.) Erika H*****, Immobilienverwalterin, ***** Wien, R*****gasse 1, die Antragsgegner 6.) und 7.) vertreten durch Dr.Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 26 Abs 1 Z 4 lit b WEG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner 6.) und 7.) gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7.Mai 1992, GZ 48 R 956/91-32, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 17.September 1991, GZ 5 Msch 20/90-18, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Haus H*****straße 8 in Wien, an dem teils schlichtes, teils mit Wohnungseigentum verbundenes Miteigentum besteht, wurde jahrelang von der Siebtantragsgegnerin verwaltet, die sich vom 1.7.1984 bis 30.5.1990 der Achtantragsgegnerin als Erfüllungsgehilfin bediente.

Die Antragsteller, die nur über eine Minderheit der Miteigentumsanteile verfügen, haben mit dem Vorwurf einer groben Vernachlässigung der Verwalterpflichten die Abberufung der beiden Hausverwalter verlangt und zugleich Wolfhard K***** als neuen Hausverwalter vorgeschlagen.

Der Sachantrag wurde mittlerweile rechtskräftig abgewiesen, soweit er sich gegen die Achtantragsgegnerin richtete, weil diese gar nicht Verwalterin des verfahrensgegenständlichen Hauses war.

Die Siebtantragsgegnerin wurde im Laufe des gemäß § 26 Abs 1 Z 4 lit b WEG anhängigen Verfahrens am 1.2.1991 von der Miteigentümermehrheit abberufen und durch die H***** GmbH ersetzt. Diese Gesellschaft hat ihren Sitz in ***** Wien, R*****gasse 1, also an der Geschäftsadresse der Siebt- und der Achtantragsgegnerin. Ihr Geschäftsführer ist Helmut H*****, der Ehegatte der Achtantragsgegnerin, die der Gesellschaft wiederum als Inhaberin der für die Verwaltung von Immobilien notwendigen Konzession zur Verfügung steht.

Die Antragsgegner hielten damit das auf § 18 Abs 1 Z 3 WEG gestützte Begehren der Antragsteller für gegenstandslos und beantragen dessen Abweisung. Die Antragsteller hielten jedoch an ihrem Begehren fest, weil die Vorgangsweise der Miteigentümermehrheit gegen den Gesetzesauftrag verstoße, den pflichtwidrig handelnden Verwalter durch einen anderen zu ersetzen. Hier habe man lediglich die Rechtsform der Person des Hausverwalters geändert, in Wahrheit jedoch - unter Verletzung des § 18 Abs 2 WEG - dieselbe Person wiederbestellt. Sollte nur noch die (wirksame) Neubestellung offen sein, könne sich ja das Gericht mit einer Identitätsprüfung begnügen, ohne die geltendgemachten Pflichtwidrigkeiten zu untersuchen.

Das Erstgericht wies ohne weitere Beweisaufnahmen - es lagen nur Urkunden vor - auch den gegen die Siebtantragsgegnerin gerichteten Abberufungsantrag ab, wobei es (ohne konkret angeführte Beweisgrundlage) feststellte, daß "Dr.Gertrude E***** in der Hausverwaltung H***** GmbH nun keinerlei Tätigkeit entfaltet". Mit der Neubestellung eines Hausverwalters, dessen (völlige) Identität mit der Siebtantragsgegnerin verneint werden müsse, habe sich nämlich das Begehren der Antragsteller erledigt. Gegen den neuen Hausverwalter sei bei Hervorkommen von Pflichtwidrigkeiten ein eigenes Abberufungsverfahren einzuleiten, in dem das frühere Fehlverhalten der Siebtantragsgegnerin allenfalls mitberücksichtigt werden könnte.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragsteller Folge, hob den die Abberufung der Siebtantragsgegnerin ablehnenden Sachbeschluß des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurück. Es führte aus:

"Gemäß § 14 Abs 1 Z 5 WEG obliegen die Bestellung und die Abrufung eines gemeinsamen Verwalters grundsätzlich der Entscheidung der Mehrheit. Es steht aber dem Minderheitseigentümer im Sinne der §§ 15 Abs 1 Z 5 und 18 Abs 1 Z 3 WEG das Recht auf Abberufung des Verwalters durch einen konstitutiven außerstreitigen Gerichtsbeschluß zu, allerdings nur dann, wenn der Verwalter die ihm obliegenden Pflichten grob vernachlässigt. Das Gericht hat in einem solchen Verfahren zunächst eine angemessene Frist zu gewähren, innerhalb derer die Mehrheit einen Verwalter namhaft machen kann. Wird eine zu diesem Amte bereite Person fristgerecht namhaft gemacht, ist sie vom Gericht zum Verwalter zu bestellen. Ansonsten hat das Gericht selbst die Auswahl zu treffen und den Verwalter zu bestellen (MietSlg 29.510/42).

Bei einem Antrag nach § 15 Abs 1 Z 5 WEG auf Bestellung eines gemeinsamen Verwalters durch das Gericht (bei Übergang von der Verwaltung durch den Mehrheitseigentümer zur Fremdverwaltung) erblickt die Rechtsprechung im Fehlen eines durch gültigen Mehrheitsbeschluß bestellten gemeinsamen Verwalters eine Erfolgsvoraussetzung und folgert daraus, daß bei Bestellung eines gemeinsamen Verwalters durch die Mehrheit auch erst im Laufe des Verfahrens das Recht der Minderheit, einen Antrag auf Bestellung eines gemeinsamen Verwalters zu stellen, gegenstandslos geworden ist, was zur Abweisung des Antrages führt (vgl MietSlg 34.540/44; MietSlg 40.647). Dasselbe kann aber bei einem Antrag auf Abberufung des Verwalters durch das Gericht über Antrag eines Minderheitseigentümers nicht ohne weiteres gelten. § 18 Abs 2 WEG erklärt nämlich die Wiederbestellung eines vom Gericht auf Antrag eines Miteigentümers abberufenen Verwalters für unzulässig. Auch Umgehungen des in § 18 Abs 2 WEG normierten Verbotes der Wiederbestellung eines Verwalters sind unzulässig, so z.B. wenn eine Tochtergesellschaft der abgesetzten Verwaltung bestellt wird oder der abgesetzte Verwalter unter einer neuen Firma wieder auftaucht. Auch die Durchgriffsproblematik kann eine Rolle spielen (vgl. Faistenberger - Barta - Call, Kommentar zum WEG 1975, Rz 28 zu § 18).

Soll einerseits das Recht der Mehrheit auf Auswahl des zu bestellenden Verwalters gewahrt bleiben, andererseits aber das Minderheitsrecht, die Abberufung eines pflichtvergessenen Verwalters unter gleichzeitiger Bestellung eines anderen durchzusetzen, nicht ad absurdum geführt werden, muß streng geprüft werden, ob durch die stattgehabte Vorgangsweise der Abberufung des bisherigen und Bestellung eines neuen Verwalters dem Begehren der antragstellenden Miteigentümer wirklich vollinhaltlich Rechnung getragen wurde. Andernfalls könnte die Mehrheit den Minderheitsrechten in bezug auf die Verwalterbestellung völlig den Boden entziehen, indem nur zum Schein ein neuer Verwalter bestellt wird, während sich in Wahrheit nichts an den Verwaltungsverhältnissen ändern soll. In einem solchen Fall kann daher der Minderheit auch bei Bestellung eines formell anderen Rechtssubjektes zum Verwalter nicht das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Der Vorgang wäre dann im Lichte des § 916 ABGB zu sehen.

Ein Scheingeschäft liegt dann vor, wenn eine Willenserklärung mit Einverständnis des Vertragspartners zum Schein abgegeben wird. Das Scheingeschäft setzt somit einen gemeinsamen Vorsatz voraus, der schon im Zeitpunkt des Zustandekommens des Scheingeschäftes gegeben sein muß. Das zum Schein abgeschlossene Geschäft wirkt zwischen den Parteien nicht, weil es ja nicht gewollt ist. Ein allfälliges verdecktes Geschäft ist nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen. Ein Dritter kann sich auf die Ungültigkeit des Scheingeschäftes berufen (vgl. MietSlg 22.075, 28.087, 33.106; Klang2 IV/1, 421).

Das enge wirtschaftliche und persönliche Naheverhältnis zwischen Dr.Gertrud E*****, Erika H*****, Helmut H***** und der H***** GesmbH erweckt im Zusammenhang mit dem räumlichen Naheverhältnis - alle drei Genannten haben ihren Sitz in ***** Wien, R*****gasse 1 - den Anschein, daß durch die Bestellung der Firma H***** GmbH als Hausverwalter die Minderheitsrechte gemäß § 15 Abs 1 Z 5 WEG umgangen werden sollten. Es wird nun im fortgesetzten Verfahren Sache der Antragsgegner sein, diesen Anscheinsbeweis zu widerlegen und alle in ihrer Rechtssphäre liegenden Umstände darzutun und offenzulegen. Die Antragsteller haben in die Rechtsbeziehung zwischen der Meherheitseigentümerin Dr.Gertrud E***** - Immobilienfirma Erika H***** und H***** GmbH keinen Einblick. Ihnen fehlt der Zugang zu den Beweggründen der getroffenen vertraglichen Gestaltung. In einem solchen Falle sind sie berechtigt, von ihrem Gegner die Mitwirkung an der Entkräftung des Anscheinsbeweises und die Offenlegung aller Tatsachen und Beweise zu verlangen (vgl. MietSlg 38.274/38, 39.228, 39.529/3).

Daß die Antragsteller nach wie vor die Abberufung von Dr.Gertrud E***** fordern und ihr Begehren nicht auf Abberufung der H***** GmbH umstellten, ist, wenn man von einer Nichtigkeit der Bestellung der H***** GmbH ausgeht, konsequent.

Auch der Umstand, daß die Antragsteller bereits in ihrem Antrag die Bestellung eines bestimmten neuen Verwalters begehrten, entzieht ihrem Antrag nicht von vorne herein die Tauglichkeit, weil die Bestellung eines zunächst von der Mehrheit namhaft zu machenden und subsidiär vom Gericht auszuwählenden Verwalters hier gegenüber dem Begehren auf Bestellung eines bestimmten Verwalters bloß ein minus, nicht aber ein aliud darstellt. Eine derart strenge Bindung an den Wortlaut des Begehrens besteht im außerstreitigen Verfahren nicht, sondern ist hier verstärkt auf die dem Antrag verfolgte Absicht der Parteien Bedacht zu nehmen.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren - sofern der Anschein eines Scheingeschäftes zur Umgehung von Minderheitsrechten nicht entkräftet wird, die Dr.Gertrud E***** vorgeworfenen Pflichtverletzungen zu überprüfen und danach zu beurteilen haben, ob sie so schwerwiegend sind, daß sie ihre Absetzung und die Bestellung eines neuen Verwalters rechtfertigen."

Den Rechtskraftvorbehalt begründete das Rekursgericht damit, daß zur Frage der Umgehung der Minderheitsrechte nach § 15 Abs 1 Z 5 WEG iVm § 18 Abs 2 WEG sowie zur diesbezüglichen Behauptungs- und Beweispflicht eine höchstgerichtliche Judikatur fehle.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekus machen der Sechstantragsgegner und die Siebtantragsgegnerin geltend, daß es nach den für Scheingeschäfte geltenden Beweisregeln (vgl JBl 1983, 444; HS I/8), aber auch nach dem Grundsatz "negativa non sunt probanda" Sache der Antragsteller gewesen wäre, die vermeintliche Identität zwischen der Siebtantragsgegnerin und der H***** GmbH nachzuweisen. Der Rechtsmittelantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß entweder im Sinne einer Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern oder aber aufzuheben und dem Rekursgericht (in eventu dem Erstgericht) eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufzutragen.

Von den Antragstellern liegt dazu eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag auf Bestätigung des angefochtenen Beschlusses vor.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auch die Revisionsrekurswerber bezweifeln nicht, daß von einer Erledigung des Begehrens der Antragsteller, den bisherigen Hausverwalter durch einen anderen zu ersetzen, keine Rede sein kann, solange die nicht entkräftete Behauptung im Raum steht, der von der Mehrheit bestellte neue Verwalter sei - unter einem anderen Namen - in Wahrheit der alte. § 15 Abs 1 Z 5 zweiter Halbsatz WEG, dessen Regelungsbereich mit § 18 Abs 1 Z 3 zweiter Halbsatz und Abs 2 WEG weitgehend übereinstimmt (vgl Faistenberger - Barta - Call, Kommentar zum WEG 1975, Rz 20 zu § 15 iVm Rz 19, 20 und 29 zu § 18), gibt nämlich jedem einzelnen Wohnungseigentümer das Recht, die Abberufung eines grob pflichtwidrig handelnden Verwalters und die Bestellung eines anderen zu verlangen. Ein solches Begehren (das sich eben nicht auf die bloße Abberufung des Verwalters beschränkt: vgl SZ 52/180) verpflichtet das Gericht, sich mit der Person des von der Mehrheit bestellten "neuen" Verwalters auseinanderzusetzen, wenn geltend gemacht wird, es liege ein Verstoß gegen das gesetzliche Verbot der Wiederbestellung eines Verwalters vor, auf den die Abberufungsgründe des § 15 Abs 1 Z 5 WEG bzw § 18 Abs 1 Z 3 WEG zutreffen. Das Verfahren wäre diesfalls mit der Abberufung des alten und Bestellung eines formell "neuen" Verwalters nicht beendet.

Richtig hat das Rekursgericht auch erkannt, daß regelmäßig ein Scheingeschäft vorläge, wenn der von der Mehrheit bestellte neue Verwalter mit dem alten (gegen den sich der Abberufungsantrag richtet) ident ist, also nur der Name (die Firma) gewechselt wurde. Ein solcher Vorgang wäre nach dem ersten Satz des § 916 ABGB nichtig und hätte auf ein bei Gericht anhängiges Verfahren iSd § 26 Abs 1 Z 4 lit b WEG schon deshalb keinen Einfluß, weil sich an der Bestellung des mit dem Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens konfrontierten Verwalters gar nichts geändert hat.

Ein solches Scheingeschäft ist im gegenständlichen Fall allerdings auszuschließen. Über die mangelnde Identität der Siebtantragstellerin (einer natürlichen Person) mit der H***** GmbH (einer juristischen Person) kann nämlich nicht hinweggesehen werden. Dennoch wäre damit allein die Abweisung des Sachantrages (wegen vollständiger Erfüllung des Begehrens der Antragsteller) nicht zu begründen. Der dem § 18 Abs 2 WEG innewohnende Gesetzeszweck, einen grob pflichtwidrig handelnden Verwalter auf Dauer von jener Funktion fernzuhalten, in der er schon einmal versagte, macht nämlich auch Umgehungsgeschäfte unzulässig (vgl Faistenberger - Barta - Call aaO, Rz 28 zu § 18) Diese Unzulässigkeit ergibt sich aus dem eindeutigen Verbotscharakter des § 18 Abs 2 WEG (siehe auch § 15 Abs 1 Z 5 WEG), da die "umgangene Norm" d. h. jene Norm, die dem primär gewollten Geschäft entgegensteht, auch auf das Umgehungsgeschäft anzuwenden und nach dem Normzweck zu entscheiden ist, welche Rechtsfolgen konkret eintreten sollen (vgl WoBl 1989,138/77; SZ 63/50; ImmZ 1990, 370 ua). Eine Verwalterbestellung, die dem Zweck der gesetzlichen Anordnung zuwiderläuft, eine grob vernachlässigte Verwaltung auf Wunsch auch nur eines der betroffenen Mit- und Wohnungseigentümer in andere Hände zu legen, ist demnach als nichtig anzusehen.

Diese Nichtigkeitssanktion hat bei einer zweckorientierten Vollziehung des Gesetzesbefehls auch in jenen Fällen zu gelten, in denen zwar formell eine andere Person zum neuen Verwalter bestellt wird, dem früheren (pflichtvergessenen) Verwalter jedoch ein erheblicher Einfluß auf die Verwaltung erhalten bleibt. Faistenberger - Barta - Call (aaO, Rz 28 zu § 18) nenen hiefür als Beispiel die Ersetzung einer Verwaltungsgesellschaft durch ein Tochterunternhemen, doch könnten ähnliche Bedenken auch der Bestellung eines Familienmitglieds oder Mitarbeiters des bisherigen Verwalters entgegenstehen. Bei juristischen Personen wird insbesondere zu fragen sein, ob sie einem beherrschenden Einfluß des abberufenen Verwalters ausgesetzt sind (vgl WoBl 1989, 138/77), wofür sich beispielsweise Anhaltspunkte aus einer (Mehrheits-)Beteiligung oder Einbindung in die organschaftliche Vertretung ergeben könnten (vgl EvBl 1992/104; JBl 1992, 597). Ob die Nichtigkeit der Bestellung des neuen Verwalters auch den Akt der Abberufung des alten erfaßt, wäre dann nach der jeweiligen Parteienabsicht zu entscheiden. Die gewollte konditionale Verknüpfung beider Rechtsakte könnte etwa durch Schaffung institutioneller Möglichkeiten zur intensiven Beeinflussung des neu bestellten Verwalters durch den abberufenen indiziert sein.

Damit ist dem Rekursgericht jedenfalls im Ergebnis Recht zu geben, wenn es meinte, mit der Ersetzung der Siebtantragsgegnerin durch eine juristische (also formell andere) Person sei dem Begehren der Antragsteller noch nicht Genüge getan. Es wird noch zu klären sein, ob die H***** GmbH - wie von den Antragstellern behauptet (und vom Rekursgericht sogar vermutet) - tatsächlich so stark unter dem Einfluß der Siebtantragsgegnerin steht, daß von der Ersetzung des alten Verwalters durch einen anderen in Wahrheit keine Rede sein kann. Diesem ergänzenden Verfahren wird die H***** GmbH als Partei beizuziehen sein, da es ja um die Rechtswirksamkeit ihrer Bestellung geht; daß daneben auch die Parteistellung der Siebtantragsgegnerin (in ihrer Eigenschaft als Verwalterin - siehe dazu JusExtra 1029 ua) erhalten bleibt, ergibt sich schon daraus, daß die gegen sie erhobenen Vorwürfe einer groben Vernachlässigung der Verwalterpflichten zu prüfen sind. Ob die von den Antragstellern geltemd gemachten Abberufungsgründe vorliegen, ist nämlich wegen des in § 18 Abs 2 WEG normierten Verbotes, den pflichtvergessenen Verwalter wiederzubestellen, nicht nur eine Vorfrage für die Rechtswirksamkeit der Bestellung der H***** GmbH, sondern auch - wie oben dargestellt - für die Rechtswirksamkeit der Abberufung der Siebtantragsgegnerin von Bedeutung. Schließlich muß sowohl dem "alten" wie dem "neuen" Verwalter rechtliches Gehör vor der Entscheidung zugebilligt werden, ob ihre Interessen und Einflußsphären tatsächlich so ineinanderlaufen, daß von dem in § 18 Abs 2 WEG bzw § 15 Abs 1 Z 5 WEG geforderten Neubeginn der Verwaltung keine Rede sein kann. Der untrennbare Zusammenhang aller dieser Fragen, die neben dem Abberufungs- immer auch den Bestellungsvorgang betreffen, erfordert iSd § 26 Abs 2 Z 4 WEG die Beiziehung "beider" Verwalter.

Nicht ganz zu folgen ist dem Rekursgericht auch in der Frage der Beweislastverteilung. Der Umstand, daß die als Verwalterin abberufene Siebtantragsgegnerin und die sie in dieser Funktion ersetzende H***** GmbH dieselbe Geschäftsadresse haben, ist zwar ein Indiz für die geltend gemachte persönliche Verflechtung, bedarf jedoch noch einer Wertung im Rahmen der bisher vernachlässigten Aufnahme und Würdigung von Beweisen. Der Indizienbeweis ist nämlich vom Anscheinsbeweis streng zu trennen (Fasching III, 229; SZ 57/20; ZVR 1989/108 ua). Während der erste ein reiner Akt der Beweiswürdigung ist, bei dem der Richter aus feststehenden Hilfstatsachen unter Verwertung seiner persönlichen und individuellen Erfahrung Schlußfolgerungen auf das Vorliegen der Haupttatsache zieht, also über einen höchstpersönlichen und unvertretbaren Erkenntnisvorgang zu der seiner Überzeugung entsprechenden Entscheidung findet (vgl Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 896), beruht der Anscheinsbeweis auf der Auswertung allgemeiner Erfahrungsgrundsätze, die sich aus der Beobachtung sterotyper Geschehnisabläufe gleichsam zur natürlichen Gesetzmäßigkeit verdichtet haben, für jedermann nachvollziehbar sind und bis zum Hervorkommen einer möglichen Ausnahmesituation die Vermutung des Vorliegens einer Tatsache beim Nachweis einer damit regelmäßig im Zusammenhang stehenden anderen begründen (vgl SZ 57/20; SZ 61/61; SZ 61/126; ZVR 1989/108; RZ 1990, 127 ua). Anders als der Indizienbeweis wirft der Anscheinsbeweis daher auch immer Fragen der rechtlichen Beurteilung auf. Er bewirkt eine (auflösend bedingte) Verschiebung des Beweisthemas von der tatbestandsmäßig geforderten Tatsache auf eine leichter erweisliche Tatsache, die mit ihr in einem typischen Erfahrungszusammenhang steht (Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 894). Ob dieser Erfahrungszusammenhang vorliegt, also ein ausreichend abgesicherter Erfahrungsgrundsatz existiert, der im konkreten Fall einen Anscheinsbeweis ermöglicht, ist unter rechtlichen Aspekten überprüfbar (vgl SSV-NF 4/150 ua).

Hier fehlt es an einem Erfahrungssatz, der den Schluß zuließe, aus der identen Geschäftsadresse zweier Personen folge typischerweise auch deren persönliche oder gesellschaftliche Verflechtung, die so intensiv ist, daß der eine tut, was der andere will. Ob dies der Fall ist, hängt entscheidend von individuellen Willensentschlüssen ab, sodaß schon deshalb die Möglichkeit eines Anscheinsbeweises ausscheidet (vgl Fasching III, 236; SZ 57/20; SSV-NF 4/50 ua). Die Frage, inwieweit er überhaupt zur Lösung anderer Probleme als zum Nachweis des Kausalzusammenhanges und des Verschuldens herangezogen werden könnte (vgl SZ 56/145; ZVR 1987/89; SZ 61/126; Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 894; Rosenberg - Schwab, ZPR14, 693 f; Schneider, Beweis und Beweiswürdigung unter besonderer Berücksichtigung des Zivilprozesses4, RN 258, 298 und 480), stellt sich daher gar nicht. Es ist den Revisionsrekurswerbern vielmehr Recht zu geben, daß die Antragsteller zur Dartuung der behaupteten "Identität" zwischen der Siebtantragsgegnerin und der H***** GmbH die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises nicht in Anspruch nehmen können.

Die Frage, wie zu entscheiden ist, wenn der Beweis einer iSd § 18 Abs 2 WEG verpönten persönlichen Verflechtung zwischen altem und neuem Verwalter nicht zustandekommt, ist damit allerdings noch nicht endgültig zugunsten der Antragsgegner entschieden. Objektive Beweislastregeln, die für dieses Problem eine Lösung bieten, gelten zwar auch in einem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren (vgl SZ 53/54; SZ 57/84; EFSlg 61.195 ua; Klicka, Grundfragen der Beweislastverteilung im Zivilprozeß, JAP 1991/92, 89), doch ist auf den allgemeinen Grundsatz, daß jede Partei die tatsächlichen Voraussetzungen der ihren Rechtsstandpunkt stützenden Norm zu beweisen hat (SZ 60/119 uva; Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 882), nur zurückzugreifen, wenn keine Sonderregelung greift. Derartige Sonderregelungen können auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung beruhen, häufig aber auch aus gesetzlichen Formulierungen erschlossen werden, aus denen die Entscheidung des Gesetzgebers erkennbar wird, eine bestimmte Tatsache als anspruchsbegründend oder anspruchshindernd zu behandeln (Klicka aaO, 84 ff). Schließlich bekennen sich Judikatur und Lehre noch dazu, in Zweifelsfällen demjenigen die Beweislast aufzubürden, dem die Beweise leichter zugänglich sind (vgl Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 883; Klicka aaO, 88). Sind daher Umstände beweisbedürftig, die allein in der Sphäre einer der Parteien liegen, sodaß dieser die Beweisführung leicht möglich ist, während der Gegner vor unverhältnismäßigen Beweisschwierigkeiten stünde, entscheidet die Nähe zum Beweis (vgl MietSlg 34.640; SZ 59/158; SZ 60/8; WBl 1989, 66; RdW 1991, 174;

JusExtra 1104). Zumindest darf es nicht so weit kommen, daß der Beweisnotstand einer Partei vom Gegner in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Art und Weise ausgenützt wird (vgl SZ 49/109;

ÖBl 1983, 42; ÖBl 1984, 97; auch ÖBl 1991, 235).

Wendet man diese Regeln auf den gegenständlichen Fall an, dann ist zunächst einmal davon auszugehen, daß derjenige, der sich auf das Vorliegen eines Scheingeschäftes beruft, die Voraussetzungen hiefür zu beweisen hat (JBl 1983, 441; SZ 61/126; RZ 1991, 46; ÖBA 1992, 142 ua). Gleiches hat für die Behauptung eines Umgehungsgeschäftes zu gelten, sodaß die Unmöglichkeit des Nachweises einer persönlichen Verflechtung zwischen der Siebtantragsgegnerin und der H***** GmbH zu Lasten der Antragsteller geht, wenn kein besonderer Rechtfertigungsgrund für eine Beweislastverschiebung gefunden wird. Der Wortlaut jener Gesetzesbestimmungen, die den Anspruch der Antragsteller auf Austausch des Verwalters begründen (§ 15 Abs 1 Z 5 WEG iVm § 18 Abs 1 Z 3 und Abs 2 WEG), gibt jedenfalls für eine solche Beweislastverschiebung nichts her, weil er - anders als etwa § 2 Abs 3 MRG (vgl SZ 59/158 ua) - keine Schlüsse auf die Absicht des Gesetzgebers zuläßt, dem Antragsteller eine spezielle Beweiserleichterung zu verschaffen. Sofern sich der von einem Mit- und Wohnungseigentümer geltend gemachte Ausschluß einer bestimmten Person von der Verwaltung überhaupt in ein Schema anspruchsbegründender und anspruchshindernder Tatsachen oder in ein solches von Regel und Ausnahme bringen läßt, spricht nämlich alles dafür, die Mehrheitsentscheidung gelten zu lassen und die Beweislast demjenigen aufzubürden, der dagegen Einwendungen erhebt. Auch die Nähe zum Beweis ist nicht a priori ein Argument zugunsten der Antragsteller, da die Aufdeckung gesellschaftsrechtlicher Verhältnisse in der Regel keine außergewöhnlichen Schwierigkeiten bereitet. In einem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 MRG) spielen überdies subjekive Beweisschwierigkeiten keine Rolle (vgl Klicka aaO, 89; EvBl 1978/146; RZ 1981, 39). Grundsätzlich sind alle Parteien eines solchen Verfahrens verpflichtet, das Gericht bei seiner Aufgabe zu unterstützen, den für die Entscheidung notwendigen Sachverhalt aufzuklären (vgl SZ 59/158; SZ 60/8; MietSlg 41/11). Das besondere außerstreitige Verfahren nach § 26 WEG und § 37 MRG zeichnet sich überdies dadurch aus, daß der Verpflichtung des Gerichts, die materielle Wahrheit zu erforschen, durch die Prozeßökonomie Grenzen gesetzt sind (§ 37 Abs 3 Z 12 letzter Halbsatz MRG; vgl auch 5 Ob 1027, 1028/91, tw. veröffentlicht in WoBl 1991, 258/163), sodaß bei gewissenhafter Ausschöpfung aller mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Beweismittel auch eine Entscheidung in Kauf zu nehmen ist, die nicht der wahren Sachlage entspricht. Darum wird es letztlich von der Bereitschaft der Antragsgegner abhängen, dem Gericht die erforderlichen Aufklärungen zu verschaffen, ob die Unbeweisbarkeit enger personeller Verflechtungen zwischen der Siebtantragsgegnerin und der H***** GmbH zugunsten der Antragsteller oder der Antragsgegner ausschlägt. Verweigern die Antragsgegner jeglich Mitwirkung an der Entscheidungsfindung oder gelangen die Tatsacheninstanzen zur Überzeugung, daß sie wider Treu und Glauben Informationen zurückhalten, wird die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts zu ihren Lasten gehen; andernfalls wird sich die Entscheidung daran zu orientieren haben, daß die objektive Beweislast für den gegen die H***** GmbH geltend gemachten Ausschlußgrund grundsätzlich bei den Antragstellern liegt.

Zu erwähnen bleibt, daß die vom Erstgericht festgestellte Tatsache, die Siebtantragsgegnerin entfalte in der H***** GmbH keinerlei Tätigkeit, an der Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung nichts ändert. Diese Feststellung wurde nämlich ohne vorherige Erörterung der entscheidungswesentlichen Frage einer personellen Verflechtung zwischen diesen beiden Personen und vor allem ohne Ausschöpfung möglicher Beweise zu diesem Thema getroffen. Das vom Rekursgericht aufgegriffene Indiz einer Nahebeziehung (die gemeinsame Geschäftsadresse) ist in diesem Sinn als Aufdeckung eines wesentlichen Verfahrensmangels zu werten.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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