OGH 7Ob1/93

OGH7Ob1/9317.2.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Ebner und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Versicherungsaktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Günter W*****, vertreten durch Dr.Werner Schwind, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 575.000 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 21. Oktober 1992, GZ 13 R 134/92-36, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 5.März 1992, GZ 7 Cg 214/88-30, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 19.8.1985 ereignete sich ca 90 m vor der Schwelle der Piste 13 des Flugplatzes V***** ein Flugunfall, an welchem das vom Beklagten gesteuerte und vom U*****-Club B***** gehaltene Motorflugzeug Typ Ralley TB 10, Kennzeichen OE*****, und das von Horst Peter M***** gesteuerte Motorflugzeug Type Cessna F 150, Kennzeichen OE*****, beteiligt waren. Die Klägerin ersetzte als Kaskoversicherung des vom Beklagten gesteuerten Flugzeuges dem U*****-Club B***** als Halter und Versicherungsnehmer am 23.10.1985 den Schaden in der Höhe von S 575.000.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten den Ersatz des ihrem Versicherungsnehmer gezahlten Betrages. Der Beklagte habe grob fahrlässig gegen die Luftverkehrsregeln verstoßen, weil er als Pilot des höher fliegenden Flugzeuges dem anderen Flugzeug, welches sich schon früher im Endanflug befunden habe, tiefer und langsamer geflogen sei und daher den Vorrang gehabt habe, hätte ausweichen müssen. Auch habe sich der Beklagte trotz seiner Kenntnis, daß ein weiteres Flugzeug im Endanflug war, um dieses nicht gekümmert. Der von der Klägerin befriedigte Ersatzanspruch ihres Versicherungsnehmers sei gemäß § 67 VersVG auf sie übergegangen, so daß ihr der Beklagte S 575.000 zu ersetzen habe. Der Beklagte habe bei seinem Beitritt zum U*****-Club B***** Erklärungen abgegeben, aus denen sich die Berechtigung der Klägerin ergebe, im Falle eines Verschuldens Regreß zu nehmen.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Das Alleinverschulden an dem Unfall treffe den Piloten des anderen Flugzeuges, weil dieser das vorgeschriebene Anflugverfahren eigenmächtig abgeändert, den Ort S***** überflogen und den Endanflug erst gemeldet habe, als er sich bereits über der Autobahn befunden habe, ohne aber auf diese Position hinzuweisen. Da diese Meldung des Endanfluges erst erfolgt sei, nachdem sich der Beklagte über dem freiwilligen Meldepunkt "K*****" am Beginn des Endanfluges gemeldet hatte, habe der Beklagte annehmen können, daß sich das andere Flugzeug bei der Meldung auch am Beginn des Endanfluges, also hinter ihm befinde. Den Beklagten treffe sohin kein Verschulden an diesem Unfall, schon gar nicht aber grobe Fahrlässigkeit. Zwischen dem Verein als Halter des Flugzeuges und seinen Mitgliedern, so auch dem Beklagten, sei die Haftung für Flugzeugbeschädigung im Falle leichter Fahrlässigkeit ausgeschlossen worden, sodaß die Klägerin auch deshalb nicht Regreß nehmen könne. Überdies sei die Regreßforderung der Klägerin gemäß § 12 VersVG verjährt.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Über den eingangs bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf es noch folgende Feststellungen über den Unfallshergang:

Am Unfallstag herrschte einwandfreies Sichtflugwetter. Es bestanden keine beeinträchtigenden Witterungsverhältnisse. Der Beklagte und Horst Peter M***** waren mit den jeweils von ihnen gesteuerten Flugzeugen zu einem Lokalflug vom Flugplatz V***** weggeflogen. Die für das damals gültige Anflugverfahren vorgeschriebene Pflichtanmeldung wurde zeitgemäß durchgeführt, und zwar von Horst Peter M***** über dem Pflichtmeldepunkt B***** um ca 15.30 Uhr und vom Beklagten über dem Pflichtmeldepunkt "W*****" nach 15.30 Uhr. Beide Piloten erhielten durch die Flugsicherungshilfsstelle V***** die Landeinformation "Betriebspiste 13, QNH 1013" und das Ersuchen, den Endanflug zu melden. Nach diesem Zeitpunkt befand sich das vom Beklagten gesteuerte Flugzeug aus nordwestlicher Richtung und das von Horst Peter M***** gesteuerte Flugzeug aus südwestlicher Richtung im Anflug auf die Betriebspiste 13. Um ca 15 Uhr 30 Minuten und 44 Sekunden meldete der Beklagte auf Höhe der M*****-Kaserne den Endanflug. Nach Beendigung dieses Sprechfunkverkehrs erfolgte die Meldung des Endanfluges durch Horst Peter M*****, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits über der Südautobahn befand. Beide Piloten wurden aufgrund ihrer Endanflugmeldungen von der Flugsicherungshilfsstelle V***** aufgefordert "gelandet" zu melden. Während des Endanfluges war die Geschwindigkeit des vom Beklagten gesteuerten Flugzeuges um 23 km/h höher als die des anderen Flugzeuges. Das von Horst Peter M***** gesteuerte Flugzeug flog tiefer als das Flugzeug des Beklagten. Beide Flugzeuge flogen hiebei im Endanflug ca 1 1/2 Minuten hintereinander, wobei das von Horst Peter M***** gesteuerte Flugzeug vor jenem des Beklagten war. Zum Zusammenstoß kam es in einer Höhe von wenigen Metern über dem Pistenniveau und 90 m vor der Schwelle der Piste 13, wobei beim Zusammenstoß das vom Beklagten gesteuerte Flugzeug mit der rechten Tragfläche das Seitenruder des anderen Flugzeuges beschädigte. Der Beklagte hatte vom Führersitz aus während des Endanfluges den Luftraum vor sich nicht ausreichend beobachtet.

In rechtlicher Hinsicht nahm das Erstgericht einen Verstoß gegen § 16 Abs 2 der Luftverkehrsregeln (LVR) an, wonach der Pilot des höher fliegenden Flugzeuges während des Landeanfluges verpflichtet ist, dem tiefer fliegenden Flugzeug auszuweichen. Der Beklagte hätte im Hinblick auf die bestehende Sichtbehinderung bei dem von ihm gesteuerten Tiefdecker mit ganz besonderer Aufmerksamkeit beim Endanflug den Luftraum beobachten müssen. Es sei ihm daher das Alleinverschulden anzulasten. Die zweijährige Verjährungsfrist des § 12 Abs 1 VersVG sei auf Regreßansprüche des Versicherers nicht anzuwenden. Dem Einwand des Beklagten, daß zwischen dem U*****-Club B***** als Halter des Flugzeuges und dessen Mitgliedern ein Haftungsausschluß für leichte Fahrlässigkeit vereinbart worden sei, komme keine rechtliche Bedeutung zu, weil eine solche Vereinbarung in unzulässiger Weise in Rechte Dritter, nämlich der klagenden Kaskoversicherung, eingreifen würde.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Sache zur Ergänzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die zweite Instanz billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die eingeklagte Regreßforderung noch nicht verjährt sei, und führte zur Frage des Überganges der Schadenersatzforderung des Versicherungsnehmers gegen den Beklagten auf die Klägerin gemäß § 67 VersVG unter Ablehnung der in SZ 52/112 und VR 1988/105 vertretenen Grundsätze sowie unter Berufung auf Honsell (Der Regreß des Sachversicherers nach § 67 VersVG bei Gebrauchsüberlassung an Dritte im österreichischen Recht, VersR 1985, 301 ff) aus, daß Mitglieder eines Fliegervereines dann Mitversicherte im Rahmen der vom Verein abgeschlossenen Kaskoversicherung seien, wenn sich aus dem Versicherungsvertrag ergebe, daß das versicherte Flugzeug vor allem oder auch für die Benützung durch Vereinsmitglieder bestimmt war, die Benützung durch den Beklagten somit zu keiner Risikoerhöhung geführt habe. Die gegenteilige Meinung würde dazu führen, daß kein Pilot in der Flugzeugkaskoversicherung eines Vereins mitversichert wäre, weil der Verein selbst nicht Pilot sein könne und seine Mitglieder immer Dritte im Sinne des § 67 VersVG und damit nicht mitversichert wären. Für die Beurteilung der Frage, ob dem Beklagten im Rahmen des vorliegenden Versicherungsvertrages die Stellung eines Mitversicherten zukomme, bedürfe es aber noch der Feststellungen über den Inhalt des Versicherungsvertrages und des dabei zugrundegelegten Verwendungszweckes des Flugzeuges. Dann erst könne beurteilt werden, ob mit der Verwendung des Flugzeuges durch Vereinsmitglieder keine Erhöhung des zugrundegelegten Risikos verbunden gewesen sei, und die Vereinsmitglieder als Piloten mitversichert gewesen seien. Aber auch die Vereinbarung eines Haftungausschlusses für leichte Fahrlässigkeit zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und dem Beklagten würde dem geltend gemachten Regreßanspruch entgegenstehen. Nur ein erst nach dem Schadensfall abgegebener Verzicht würde gegen § 67 Abs 1 letzter Satz VersVG verstoßen. Im vorhinein könne der Versicherungsnehmer gegenüber rechtmäßigen Benützern aber wirksam auf die Haftung für leichte Fahrlässigkeit verzichten, sodaß insoweit ein Regreßanspruch des Versicherers nicht entstehen könne. Ein solcher Verzicht des Versicherungsnehmers gegenüber dem Beklagten wäre deshalb relevant, weil dem Beklagten aufgrund der unbekämpften Tatsachengrundlage über den Flugunfall grobe Fahrlässigkeit nicht zur Last gelegt werden könne: Dem Beklagten sei zwar vorzuwerfen, daß er nach Kenntnis vom Endanflug eines weiteren Flugzeuges aufgrund des Sprechfunkverkehrs nicht alles unternommen hat, um entweder dieses andere Flugzeug zu sehen oder aber dessen genaue Position zu erfahren. Ihm sei allerdings zugute zu halten, daß Horst Peter M***** erst nach ihm den Endanflug gemeldet hatte, als er bereits auf Höhe der Südautobahn, also relativ nahe der Betriebspiste 13 war, was der Beklagte aber nicht wußte und daher der irrigen Annahme sein konnte, dieses andere Flugzeug habe erst hinter ihm den Endanflug begonnen. Das könne zwar das Verhalten des Beklagten nicht völlig entschuldigen, unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände liege aber kein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß vor. Sollte sich das Begehren der Klägerin im weiteren Verfahren als berechtigt herausstellen, sei allerdings ein primärer Verfahrensmangel in der Unterlassung weiterer Fragestellungen an den Sachverständigen gegeben. Entscheidend sei dann nur, ob dem Beklagten überhaupt ein Verschulden anzulasten ist, weil ein allfälliges Mitverschulden des anderen Piloten wegen der anzunehmenden Solidarhaftung die Schadenersatzpflicht des Beklagten weder aufheben noch einschränken könnte.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Klägerin erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Im Vordergrund stehen Rechtsausführungen der Klägerin, der Beklagte sei nach der Rechtsprechung regreßpflichtiger Dritter im Sinne des § 67 Abs 1 VersVG.

Gemäß § 67 Abs 1 VersVG geht der Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Nach der Rechtsprechung (SZ 46/89; SZ 52/112; SZ 63/28; RZ 1976/87; ZVR 1976/298; VR 1988/105 ua) ist in der Kaskoversicherung, welche nur der Versicherung des Eigentümerinteresses an der Erhaltung der versicherten Sache diene, der aufgrund einer Vereinbarung mit dem Eigentümer zur Benützung der Sache Berechtigte nicht mitversichert, sondern "Dritter" im Sinne dieser Gesetzesstelle. Auch Gesellschafter und Organe einer Kapitalgesellschaft sowie Mitglieder eines Vereins werden - im Gegensatz zu Gesellschaftern von Personengesellschaften des Handelsrechtes und des bürgerlichen Rechts - im Rahmen der von der Gesellschaft abgeschlossenen Kaskoversicherungsverträge über zum Gesellschaftsvermögen gehörende Sachen als solche Dritte angesehen (SZ 52/112; VR 1988/105; VR 1990/225). Auch der BGH hat insbesondere die Frage, ob Mitglieder eines Fliegerclubs, die Vereinsflugzeuge benützen, Mitversicherte in dem zwischen dem Club und dem Kaskoversicherer abgeschlossenen Versicherungsvertrag sind, verneint (VersR 1985, 983).

Honsell (aaO) ist dieser Auffassung entgegengetreten. Die Frage des Regresses müsse darauf abgestellt werden, ob die konkrete Risikoversicherung neben dem Eigentümerinteresse auch andere Interessen, etwa von Mietern oder sonstigen berechtigten Benutzern, einschließe. Auch das Problem der Mitversicherung von Mitgliedern von Gesellschaften und juristischen Personen dürfe nicht allein mit den unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen bei den Personengesellschaften des Handelsrechts, der bürgerlichen Erwerbsgesellschaft und den Kapitalgesellschaften gelöst werden; es komme vielmehr ebenfalls auf die Auslegung des konkreten Versicherungsvertrages und darauf an, ob durch den Einschluß der Interessen der zur Benützung der Sache berechtigten Mitglieder das Risiko erhöht werde (aaO 305). Bei der Auslegung des Vertrages sei eine Interessenabwägung vorzunehmen: Den Interessen des Eigentümers entspreche ein umfassender Versicherungsschutz, der auch Interessen Dritter einbeziehe, welche zu ihm in Rechtsbeziehungen stehen; der Versicherer hingegen sei an der Überschaubarkeit und Eingrenzung des Kreises der Versicherten interessiert. Maßgebend für diese Interessenabwägung sei die Frage, ob die Einbeziehung eines Fremdinteresses zu einer Risikoerhöhung gegenüber dem normalen Risiko führt, von dem die Prämienkalkulation ausgeht. Finde keine Risikoerhöhung statt, bestünden gegen die Einbeziehung von Fremdinteressen in die Versicherung des Eigentümers keine Bedenken (aaO 304). Diese Auslegung werde durch § 80 Abs 1 VersVG ermöglicht, weil die Vermutung für eine reine Eigenversicherung nur so weit gelte, als sich nicht aus den Umständen ergibt, daß die Versicherung für einen anderen genommen wird (aaO 303).

Auch Martin (Deckung des Haftpflichtrisikos in der Sachversicherung, VersR 1974, 821 ff) hat die Verbindung zwischen Fremd- und Eigenversicherung ua bei der Versicherung eigener Sachen im Rahmen einer Sachversicherung bejaht. So bedeute schon ein Regreßverzicht zugunsten gewisser Schädiger in den AVB den Einschluß des Sachersatzinteresses des Dritten, also die Mitversicherung eines Haftpflichtrisikos; soweit Gesetz und AVB über die Mitversicherung fremden Interesses schweigen, sei die Frage der Mitversicherung durch Auslegung des Versicherungsvertrages zu lösen (aaO 824). Aus der Regel des § 80 Abs 1 VersVG ergebe sich, daß im Rahmen der Versicherung eigener Sachen nach den Umständen auch das Sachersatzinteresse Dritter mitversichert sein könne; dort, wo der Versicherer einem ausdrücklichen Wunsch des Versicherungsnehmers auf Einschluß des Interesses des Dritten ohne Prämienzuschlag entsprochen hätte, wenn ihn der Versicherungsnehmer darum gebeten hätte, würde die Auslegung - in Fällen, in denen die Gefahr dadurch nicht erhöht werde - für einen Einschluß des Dritten sprechen, wenn dieser Punkt auch nicht ausdrücklich erörtert wurde (aaO 825).

Auch Prölss-Martin (VVG24 450 ff) stehen auf dem Standpunkt, daß die Versicherung eigener Sachen auch das Sachersatzinteresse anderer (gebrauchsbefugter) Personen umfassen kann. Der Einschluß fremden Interesses sei Auslegungsfrage (aaO 331). Die gesetzliche Vermutung für eine Eigenversicherung sei "durch die Umstände" leicht widerlegbar (aaO 512).

Schließlich führen auch Bruck-Möller-Sieg (VVG8, 724) zu § 67 Abs 1 VersVG aus, daß die Frage des Regresses letztlich nur nach dem konkreten Versicherungsvertrag beurteilt werden kann, wenngleich sie Mitglieder kaskoversicherter juristischer Personen jedenfalls als regreßpflichtige "Dritte" ansehen (aaO 726).

Nunmehr sehen die Allgemeinen Bedingungen für die Fahrzeug-Kollisions-Kaskoversicherung (KKB 1986) in Art 6 für einen weiten Bereich der Kaskoversicherung die Einschränkung des Regreßrechtes des Versicherers gegen "berechtigte Lenker" bzw "berechtigte Insassen" auf die Fälle vor, in denen auch gegenüber einem Versicherungsnehmer Leistungsfreiheit anzuwenden gewesen wäre; als "berechtigte Lenker" bzw "berechtigte Insassen" werden Personen definiert, die mit Willen des Versicherungsnehmers oder des über das Fahrzeug Verfügungsberechtigten das Fahrzeug lenken oder damit befördert werden. Diese Einschränkung des Regreßrechtes wurde vom Obersten Gerichtshof bereits als eine Form der Mitversicherung des Sachersatzinteresses dieser Schädiger beurteilt (SZ 63/28). Auch in der Versicherung für fremde Rechnung wurde die Versicherbarkeit des eigenen Interesses des Versicherungsnehmers schon bejaht (VR 1987/25).

Bei der neuerlichen Prüfung der Frage, ob ein Mitglied eines Vereines (hier: Motorfliegerclubs) im Rahmen des zwischen dem Verein und einem Versicherer abgeschlossenen Kaskoversicherungsvertrag als Mitversicherter anzusehen ist, gegen den Regreß gemäß § 67 VersVG nur unter der Voraussetzung des § 61 VersVG genommen werden kann, gelangt der Oberste Gerichtshof daher zu folgendem Ergebnis:

Die Kaskoversicherung deckt zwar grundsätzlich die Versicherung des Eigentümerinteresses des Versicherungsnehmers. Die Mitversicherung anderer Interessen als des Eigentümerinteresses ist jedoch auch in der Kaskoversicherung möglich. Den Ausgangspunkt für eine Erweiterung des Versicherungsschutzes bildet § 80 Abs 1 VersVG, wonach eine Versicherung nur dann für eigene Rechnung genommen gilt, wenn sich aus den Umständen nicht ergibt, daß sie für einen anderen genommen werden soll. In Fällen, in denen schon beim Abschluß des Kaskoversicherungsvertrages vorgesehen wird, daß die versicherte Sache (auch) von Dritten (wie hier etwa von Mitgliedern eines Vereines) benützt wird, ohne daß damit eine Risikoerhöhung verbunden ist, was bei diesem bestimmungsgemäßen Gebrauch regelmäßig nicht der Fall sein wird, ist der Einschluß des Sachersatzinteresses dieser Dritten in die Kaskoversicherung des Eigentümers anzunehmen. Der Einschluß kann sich aber auch aus einem Regreßverzicht zugunsten solcher Personen in den einschlägigen Versicherungsbedingungen ergeben. Dort, wo er, wäre er zum Gegenstand der Vertragsgespräche gemacht worden, nicht einmal zu einer Prämienerhöhung geführt hätte, kann er auch als vereinbart angesehen werden, wenn dieser Punkt nicht ausdrücklich erörtert wurde. Bei der Auslegung eines Vertrages, der keinen ausdrücklichen Einschluß eines Fremdinteresses enthält, ist jedoch immer eine Interessenabwägung vorzunehmen: Der Umstand, daß die Benützung der versicherten Sache durch bestimmte Dritte vorgesehen ist, spricht zunächst für das Interesse des Versicherungsnehmers am Einschluß der Interessen dieser Personen in den Kaskoversicherungsvertrag. Würde diese Einbeziehung aber auch zu einer Risikoerhöhung gegenüber dem normalen Risiko führen oder wird die Gefahrenerhöhung durch eine entsprechende Prämienanpassung ausgeglichen, dann ist auch die Zustimmung des Versicherers zum Einschluß derartiger Fremdinteressen anzunehmen.

Im vorliegenden Fall könnte sich schon ein ausdrücklicher Hinweis auf die Versicherung des Interesses des Beklagten als Vereinsmitglied und berechtigtem Benutzer des versicherten Flugzeuges aus Art 1.1.1. der Allgemeinen Bedingungen für die Kaskoversicherung von Luftfahrzeugen (ABKL 1982), wonach sich die Versicherung auf das in der Polizze näher bezeichnete Luftfahrzeug und auf die dort angegebene Art der Verwendung erstreckt, im Zusammenhalt mit einem Bezug auf die Benützung des versicherten Flugzeuges durch die Vereinsmitglieder ergeben. Fehlt jedoch die Angabe über diese Art der Verwendung im Versicherungsantrag und in der Polizze, dann könnte sich der Einschluß des Sachersatzinteresses des Beklagten aus der Auslegung des Versicherungsvertrages nach den oben genannten Kriterien ergeben. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht dem Erstgericht die Ergänzung des Verfahrens in dieser Richtung aufgetragen.

Sollte das Sachersatzinteresse des Beklagten in den vorliegenden Versicherungsvertrag nicht einbezogen worden sein, wäre die behauptete Vereinbarung des Haftungsausschlusses bei leichter Fahrlässigkeit von Bedeutung (siehe dazu EvBl 1976/51; VersR 1980, 371; VR 1988/105). Mit Recht ist nämlich das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, daß dem Beklagten grobe Fahrlässigkeit nicht zur Last gelegt werden kann. Der Rekurs der Klägerin übersieht, daß der am Unfall beteiligte weitere Pilot den Endanflug erst nach dem Beklagten gemeldet hat, als er bereits relativ nahe an der vorgesehenen Landepiste war; der Beklagte mußte nach dessen vorangehender Positionsmeldung aber nicht annehmen, daß sich das Flugzeug im Landeanflug bereits vor ihm befindet. Geht man auch davon aus, daß wegen der Bauart des vom Beklagten gelenkten Flugzeuges die Sicht nach unten nicht unbeschränkt ist, dann liegt ein grober Sorgfaltsverstoß nicht vor.

Ob der Schuldvorwurf gegen den Beklagten zur Gänze entfällt, läßt sich erst nach Behebung des primären Verfahrensmangels abschließend beurteilen. Dem Auftrag zu dieser Verfahrensergänzung kann der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten (SZ 38/29; ZfRV 1988, 223 uva).

Dem Rekurs der Kläger war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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