OGH 5Ob165/92

OGH5Ob165/9219.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Martin Z*****, Fotokaufmann, ***** vertreten durch Dr.Robert Müller, Rechtsanwalt in Hainfeld, wider den Antragsgegner Wilfried S*****, Gastwirt, ***** vertreten durch Dr.Eduard Pranz, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen §§ 27 Abs 3, 37 Abs 1 Z 14 MRG infolge Rekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgericht vom 28.Oktober 1992, GZ R 736/92-10, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 30.Juli 1992, GZ 3 Msch 11/91-6, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag beider Teile auf Zuspruch von Kosten anwaltlicher Vertretung im Rekursverfahren wird abgewiesen.

Text

Begründung

Am 12.10.1988 schlossen der Antragsgegner und die N***** reg. Gen.m.b.H. (in der Folge: NBG), eine gemeinnützige Bauvereinigung iS des § 1 WGG, hinsichtlich der Wohnung Nr. 25 in dem der NBG gehörigen Haus O***** einen "Nutzungsvertrag", in dem die Bezahlung eines Nutzungsentgeltes iS des § 14 Abs 1 WGG unter Berücksichtigung der Entgeltrichtlinienverordnung durch den Antragsgegner vereinbart wurde. Nach § 19 dieses Vertrages sollten für diesen die Bestimmungen des ABGB über den Bestandvertrag, derzeit mit dem sich aus dem WGG, dem MRG und den förderungsrechtlichen Bestimmungen ergebenden Beschränkungen, gelten. Bei Abschluß dieses Vertrages erhielt der Antragsgegner von den Vertretern der NBG eine mündliche Zusage dahin, daß er die Wohnung nach Ablauf von 10 Jahren ab der Übergabe würde kaufen können, nach diesem Zeitpunkt daher, sofern er es wolle, die Wohnung ins Wohnungseigentum übergeht. Eine schriftliche Bestätigung dieser mündlichen Zusage gab es allerdings vorerst nicht.

Über Urgenz sämtlicher Nutzungsberechtigter der Wohnhausanlage ***** wurde diese mündliche Zusage dann mit einem mit 30.4.1991 datierten Schreiben, das an sämtliche Nutzungsberechtigte gerichtet war, bestätigt.

Dieses Schreiben, das auch der Antragsgegner erhalten hatte, trug seinen Namen, seine Adresse und die Bezeichnung der von ihm genutzten Wohnung (also Tür Nr. 25) und hat im übrigen folgenden Wortlaut (Beilage 1):

"Betrifft: Wohnung *****, Übertragung der Mietwohnung ins Wohnungseigentum.

Sehr geehrter Mieter! Hinsichtlich der im Betreff angeführten Wohnung wurde zwischen Ihnen und der NBG ein Nutzungsvertrag abgeschlossen, d. h. die Benützung der Wohnung erfolgt derzeit auf Mietbasis.

Entsprechend der seinerzeit gegebenen Vorinformation teilen wir Ihnen für uns einseitig verbindlich nunmehr schriftlich mit, daß die NBG gegenständliche Wohnung nach Ablauf von elf Jahren, gerechnet ab Baufertigstellung (Übergabestichtag) Ihnen zum Kaufe und somit zur Übernahme ins Wohnungseigentum anbieten wird. Sie haben daher die Möglichkeit, diese Wohnung nach Ablauf des genanten Zeitraumes zu erwerben. Hiezu halten wir ausdrücklich fest, daß eine diesbezügliche Verpflichtung ihrerseits nicht besteht und es Ihnen daher frei steht, die eingeräumte Option auszuüben."

Dieses Schreiben enthält weiters eine Information über die Ermittlung des Preises bei Ankauf auf Basis des "Wohnungseigentumsgesetzes (WGG)" und den Hinweis auf die Pflicht zur Entrichtung der Grundsteuer.

Mit dem am 22.11.1991 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte Martin Z***** gemäß § 27 Abs 3 MRG vom Antragsgegner die Bezahlung von 220.100,-- S s.A. Der Antragsgegner sei Mieter der der NBG gehörenden Wohnung Nr. 25 im Haus ***** gewesen. In diese Mietrechte sei der Antragsteller eingetreten. Der Antragsgegner habe von ihm, damit er ihm die Wohnung gebe, eine Ablösezahlung von 245.100,-- S verlangt und auch bekommen; dies ursprünglich mit der Behauptung, entsprechende Aufwendungen gemacht zu haben. Tatsächlich seien aber - wie sich nunmehr herausgestellt habe - das zurückgelassene Inventar und die Anschaffungen nur mit ca. 25.000.-- S zu bewerten. Der vom Antragsgegner vertretene Standpunkt, er hätte Annuitäten zurückbezahlt, sei insofern unrichtig, als die Genossenschaft für eine Mietwohnung keine Annuitäten kassiere, sondern bloß einen - hier außer Rede stehenden und rückabgewickelten - Baukostenbeitrag. Der Antragsgegner habe somit vom Antragsteller zumindest eine Ablöse von 220.100,-- S zu Unrecht kassiert. Es handle sich um keine Eigentumswohnung. Der Antragsteller habe die Wohnung seinerseits um eine Investitionsablöse von 60.000,-- S weitergegeben, wobei damit nicht die vom Antragsgegner übernommenen Gegenstände abgegolten worden seien.

Der Antragsgegner beantragte die Ab- bzw. Zurückweisung des Begehrens. § 27 MRG sei auf diesen Fall nicht anzuwenden, weil es sich bei der gegenständlichen Wohnung um eine Eigentumswohnung handle, wobei Wohnungseigentumsorganisator die NBG und Wohnungseigentumsbewerber ursprünglich der Antragsgegner gewesen seien. Darüber hinaus habe der Antragsgegner durch zwei Jahre und ein Monat hindurch Annuitätenrückzahlungen vorgenommen, wodurch die Kredite um 55.000,-- S vermindert worden seien; das zurückgelassene Inventar und die Sonderausstattungen repräsentierten einen weit höheren Wert als im Antrag angegeben. Ergänzend hervorzuheben wären eine spezielle Verfliesung im Bad/WC, die Einleitung des Kabelfernsehens sowie eine komplette Kücheneinrichtung (ohne Ofen). Die Annuitätenzahlungen sowie die Überlassung von Inventar und Sonderausstattung rechtfertigen durchaus einen Wert von 245.100,-- S. Der Antragsteller habe in der Zwischenzeit diese Wohnung weiterveräußert und hiefür 250.000,-- S verlangt bzw. erhalten.

Das Erstgericht wies mit Sachbeschluß den Antrag ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen:

Nach dem Willen der Genossenschaft sollte mit dem Schreiben vom 30.4.1991 dem jeweiligen Nutzungsberechtigten der in der Adresse genannten Wohnung für die Genossenschaft einseitig verbindlich die Einräumung des Wohnungseigentums nach Ablauf der im Schreiben genannten Frist zugesagt werden. Nach Ablauf dieser Frist wird die NBG den in den jeweiligen Wohnungen befindlichen Nutzungsberechtigten diese Wohnung zum Ankauf als Eigentumswohnung anbieten, wobei es der NBG nicht darauf ankommen wird, ob es sich um einen Nutzungsberechtigten handelt, der schon ursprünglich die Wohnung bezogen hat, oder einen, der mit Zustimmung der NBG in die Nutzungsrechte eingetreten ist. Es ist bei der NBG allerdings nicht üblich, derartige Schreiben mit Einräumung der Option anläßlich eines jeden Mieterwechsels an den jeweils neuen Mieter auszusenden. Hätte ein neuer Mieter ein derartiges Schreiben verlangt, so hätte er es erhalten. Die Befristung von elf Jahren wurde aus steuerlichen Gründen gewählt; würde vor dieser Frist Wohnungseigentum begründet, hätten die Nutzungsberechtigten steuerliche Belastungen zu gewärtigen.

Eine Annahme der "Option" auf Einräumung des Wohnungseigentums durch den Antragsgegner ist bis zur Überlassung seiner Nutzungsrechte an den Antragsteller nicht erfolgt, weil insbesondere die Frist von elf Jahren ab Übergabe der Wohnung (die am 1.8.1989 erfolgte) noch nicht abgelaufen war. Hätte er allerdings die "Option" nach Ablauf dieser Frist ausgeübt, so wären die von ihm unter dem Titel des Nutzungsentgelts geleisteten monatlichen Beträge insofern beim Kaufpreis berücksichtigt worden, als diese Beträge zur Abdeckung der von der NBG aufgenommenen Darlehen verwendet wurden. Dies hätte insbesondere bedeutet, daß im Fall der Übernahme der Wohnung ins Wohnungseigentum des Antragsgegners dieser entsprechend geringere Darlehenssalden hätte übernehmen müssen.

Der Antragsteller kam durch einen Bekannten auf die Wohnung des Antragsgegners und verhandelte mit dem Antragsgegner über den Preis. Dabei teilte ihm der Antragsgegner mit, daß er über zwei Jahre lang Annuitäten zurückgezahlt habe und auch gewisse Gegenstände, und zwar vier Sesseln, die Vorzimmergarderobe, 3 Paar Stoffvorhänge, sieben Türen und das eingeleitete Kabelfernsehen drinnen lassen würde und hiefür insgesamt eine Ablöse von 245.100,-- S haben wolle. Er teilte ihm mit, daß er derzeit eine Miete bezahle, die allerdings eine Annuität darstelle, und nach zehn Jahren die Wohnung ins Eigentum übernommen werden könne, wobei die bezahlten Annuitäten dann vom Kaufpreis abgezogen werden würden. Nicht festgestellt werden konnte, ob der Antragsgegner dem Antragsteller das Schreiben Beil./1 bei diesen Gesprächen vorgezeigt hat. Der Antragsteller erkundigte sich nicht weiter, ob diese Ausführungen des Antragsgegners stimmten, und bezahlte den von ihm bezahlten Betrag von 245.100,-- S.

Die Übergabe der Wohnung an ihn erfolgte bereits mit 5.7.1991, Miete und Betriebskosten für Juli 1991 trug allerdings noch der Antragsgegner.

Um ein der Beil./1 entsprechendes Schreiben der NBG, in dem auch ihm die Einräumung des Wohnungseigentums nach Ablauf der Frist von elf Jahren angeboten würde, kümmerte sich der Antragsteller nicht.

Die NBG übermittelte dem Antragsteller den Entwurf eines Vertrages, der nun als Mietvertrag bezeichnet wurde, betreffend die Wohnung ***** Tür 25. Der Vertrag wurde vom Antragsteller allerdings nicht mehr unterfertigt, weil er die Wohnung bereits weitergegeben hatte. Für die Investitionen des Antragstellers in der Wohnung erhielt dieser einen Betrag von 60.000,-- S.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß die Bestimmung des § 27 Abs. 1 MRG grundsätzlich nicht für das Verhältnis zwischen Wohnungseigentumsbewerber und Wohnungseigentumsorganisator gelte und die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung auf einen derartigen Fall nicht gegeben seien (MietSlg. 38.665 = JBl. 1987, 319). Das Schreiben Beilage ./1 erfülle die Erfordernisse des § 23 Abs. 1 WEG. Insbesondere reiche eine einseitige Zusage zur Begründung der Stellung eines Wohnungsbewerbers aus, Vertragsform sei hiefür nicht notwendig (MietSlg. 31.538, 33.490). Es handle sich somit bei der zwischen den Parteien vereinbarten Ablöse nicht im Sinn des § 27 Abs. 1 MRG um ein Entgelt dafür, daß der Antragsgegner dem Antragsteller die Wohnung überläßt, sondern um die Gegenleistung dafür, daß der Antragsgegner seine Rechtsposition als Wohnungseigentumsbewerber betreffend die Wohnung an den Antragsteller weitergibt. Damit erübrige sich eine Beweisaufnahme zum Wert der vom Antragsgegner erbrachten Gegenleistungen bzw. überlassenen Fahrnisse und Investitionen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Antragstellers Folge, hob den Sachbeschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf, wobei es aussprach, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes vertrat das Rekursgericht die Auffassung, daß die gegenständliche "Konstellation" nach den Bestimmungen des § 27 MRG zu beurteilen sei. Die vom Erstgericht herangezogene Entscheidung MietSlg. 38.665 = JBl. 1987, 319 sei hier nicht anwendbar. Sowohl diese Entscheidung als auch die gleichgelagerte Entscheidung MietSlg. 39.648 = WoBl. 1988/26 (Call) ginge nämlich davon aus, daß die Einräumung der Nutzung der Wohnung als Erfüllung des im § 23 Abs. 2 Z. 1 WEG verankerten Anspruches des Wohnungeigentumsbewerbers nicht als genossenschaftliches Nutzungsverhältnis bzw als Miete zu beurteilen sei (vgl auch MietSlg. 29.048 = SZ 50/141, MietSlg. 34.618/24). Durch das Anwartschaftsrecht auf Wohnungseigentum und durch den unabdingbaren Anspruch auf Nutzung im Vorstadium habe sich die betreffende Rechtsstellung von der Rechtsstellung desjenigen, dem von einer gemeinnützigen Genossenschaft als Mitglied derselben die Nutzung einer bestimmten Wohnung auf die Dauer der Mitgliedschaft an der Genossenschaft eingeräumt worden sei, unterschieden. Daher sei in diesen Fällen auch eine Anwendung des § 27 (Abs. 1 Z. 1 oder 5) MRG auf eine Vereinbarung, mit der der Wohnungseigentumsbewerber seine Eigentumsanwartschaftsrechte an der Eigentumswohnung gegen Entgelt aufgegeben und seinem Vertragspartner den Erwerb der Eigentumsanwartschaftsrechte ermöglicht habe ausgeschieden, weil nicht miet- oder genossenschschaftliche Nutzungsrechte, sondern Eigentumsanwartschaftsrechte aufgegeben und dem Vertragspartner nicht bloß der Erwerb von miet- und genossenschaftlichen Nutzungsrechten, sondern von Eigentumsanwartschaftsrechten an der Wohnung ermöglicht worden sei. Die Rechtsstellung des Wohnungseigentumsbewerbers, dem nach Erfüllung der im § 23 Abs. 2 WEG genannten Voraussetzungen die Wohnung bereits zur Nutzung überlassen wurde, sei nicht mit der eines Mieters oder Nutzungsberechtigten vergleichbar; sie sei vielmehr ähnlich der eines Vorbehaltskäufers mit Anwartschaftsrecht (vgl Call in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 615). Werde aber bei der Abtretung der Anwartschaftsrechte auf Wohnungseigentum dem Erwerber eine solche Rechtsposition verschafft, die über die Stellung eines Mieters oder eines Nutzungsberechtigten weit hinausgehe, könne von einer mangelnden Gegenleistung des Wohnungseigentumsbewerbers nicht mehr gesprochen werden.

Im hier zu behandelnden Fall hätte aber der Antragsgegner keine vergleichbare Position im Sinne des § 23 WEG (Eigentumsanwartschaftsrechte) gehabt, sodaß es auch zu keiner entsprechenden Veräußerung an den Rekurswerber habe kommen können. Prüfe man zunächst die Beilage ./1 auf das Vorliegen einer Zusage im Sinne des § 23 Abs. 1 WEG, so falle auf, daß die NBG die gegenständliche Wohnung nach Ablauf von 11 Jahren, gerechnet ab Baufertigstellung (Übergabestichtag), erst "zum Kaufe und somit zur Übernahme ins Wohnungseigentum anbieten wird". Dies stelle jedoch keine definitive Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts, sondern lediglich die Zusage einer künftigen Anbotslegung (ohne nähere inhaltliche Umschreibung) dar. Da die Beilage ./1 keine Details des seinerzeit anzubietenden Kaufvertrages enthalte, liege in Wahrheit keine "Option" vor (vgl. MGA ABGB33 E 54, 55 zu § 861). Selbst wenn man aber das Schreiben Beilage ./1 als schriftliche Zusage gemäß § 23 Abs. 1 WEG werten könnte, weil an den Wortlaut einer derartigen "Zusage" keine allzu strengen Voraussetzungen zu stellen seien (vgl. MietSlg. 31.538, 33.490/25), und der Antragsgegner damit formal "Wohnungseigentumsbewerber" nach der zitierten Gesetzesstelle gewesen wäre, so wäre daraus für seinen Rechtsstandpunkt nichts zu gewinnen. Nach ständiger Rechtsprechung setze nämlich die Wohnungseigentumsbewerber-Eigenschaft überdies bereits eine (an sich formlose) Vereinbarung als Titel voraus (Würth in Rummel2 Rz 2 zu § 23 WEG; Faistenberger-Barta-Call, Kommentar zum WEG, Rz 7 bis 9 zu leg. cit., MietSlg. 30.578/37, 40.669/22; abweichend offenbar Meinhart, WEG 1975, 191 ff; offenlassend MietSlg. 33.490/25). Auch den vom Erstgericht herangezogenen Entscheidungen MietSlg. 31.538 und 33.490/25 liege aber jeweils ein perfekter Vertragsabschluß zugrunde. Selbst wenn man aber eine Rechtsgrundunabhängigkeit der Zusage gemäß § 23 Abs. 1 WEG annehmen würde, so müßte sich der Antragsgegner die Konsequenzen aus § 23 Abs. 2 (Z. 1) WEG entgegenhalten lassen, denn in MietSlg. 38.665 und

39.648 werde die besonders geschützte, insbesondere dem Anwendungsbereich des § 27 MRG entzogene Position des Eigentumsanwartschaftsberechtigten vor allem auch aus dessen Anspruch gemäß § 23 Abs. 2 Z. 1 WEG abgeleitet. Dieser Anspruch setze jedoch die Leistung "zahlenmäßig bestimmt vereinbarter Beträge für die Grund-, Bau- und sonstigen Kosten" voraus, wobei im vorliegenden Fall keine derartigen Vereinbarungen bestünden und auch die Beilage ./1 keine Beträge beinhalte. Nach Ansicht des Rekursgerichtes komme es bei der hier zu lösenden Rechtsfrage (Anwendbarkeit des § 27 MRG ?) nicht so sehr darauf an, wie ein "Wohnungseigentumsbewerber" abstrakt zu definieren sei, sondern vielmehr darauf, ob dem Erwerber eine Position verschafft worden sei, die über die Stellung eines Nutzungsberechtigten weit hinausgegangen sei (vgl. MietSlg. 39.648), und insbesondere ob der Erwerber anläßlich der "Ablösevereinbarung" taugliche Anhaltspunkte für die Kalkulierung seiner Gegenleistung vorgefunden habe. Beide Voraussetzungen seien im konkreten Fall nicht gegeben gewesen.

Da demnach § 27 MRG anzuwenden sei, bedürfe es noch einer erstinstanzlichen Auseinandersetzung mit den vom Antragsgegner erhobenen Einwänden gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 MRG ("gleichwertige Gegenleistung"). Nach der Rechtsprechung dürfe sich der Vormieter ohne Rücksicht auf die Beschränkungen des § 10 MRG den bei Übergabe noch vorhandenen Wert von Investitionen = Zeitwert, ausgehend vom Wiederbeschaffungswert, ohne Rücksicht auf das Interesse des Nachmieters und ohne Rücksicht darauf, von wem bezahlt und ob ins Eigentum des Vermieters übergegangen, ebenso ersetzen lassen wie den Wiederbeschaffungswert = Zeitwert von Einrichtungsgegenständen zum Zeitpunkt der Überlassung des Mietgegenstandes an den neuen Mieter, gleichgültig, von wem sie stammten, ja ob sie der Mieter seinem Vormieter abgelöst habe, wobei auch die Verlegungs- und Einbaukosten zu berücksichtigen seien; auf den Verkaufswert komme es dabei nicht an. Soweit der vereinbarten Ablöse eine Gegenleistung gegenüberstehe, bedürfe es keiner Titulierung (Würth a.a.O. Rz 6 zu § 27 MRG m.w.N.). Die behaupteten "Annuitätenrückzahlungen" könnten jedoch nicht wirksam eingewendet werden (d.h. insoweit falle die Vereinbarung unter das Verbot gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 MRG), weil der Antragsgegner kein Eigentumsanwartschaftsrecht übertragen habe und auf die Besonderheiten des WGG abschließend im Ausnahmetatbestand des § 27 Abs. 2 lit. a MRG Bedacht genommen werde (Baukostenbeitrag). Erst nach Feststellung des Wertes der überlassenen Investitionen und Einrichtungsgegenstände werde eine abschließende rechtliche Beurteilung dieser Außerstreitsache möglich sein.

Den auf die §§ 37 Abs. 3 Z. 18 MRG, 527 Abs. 2, 528 Abs. 1 ZPO gestützten Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses begründete das Rekursgericht damit, daß in der bisherigen höchstgerichtlichen Judikatur noch nicht dezidiert geklärt worden sei, ob auch eine bloß abstrakte Zusage gemäß § 23 Abs. 1 WEG die Anwendbarkeit des § 27 MRG zu beseitigen vermöge und ob bei der gegebenen Konstellation allfällige vom Veräußerer getätigte "Annuitätenrückzahlungen" bzw Kreditverminderungen, falls sie sich später beim Erwerb kaufpreismindernd auswirken sollten, eine "gleichwertige Gegenleistung" gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 MRG darstellen könnten.

Gegen diesen rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs des Antragsgegners, in dem er die Abänderung des angefochtenen Beschlusses iS der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses und hilfsweise dessen Aufhebung mit dem Antrag an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung beantragt.

Der Antragsteller beantragte in seiner Rechtsmittelgegenschrift, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zu Unrecht hält der Rechtsmittelwerber an seiner Ansicht fest, § 27 MRG sei auf das vorliegende Rechtsverhältnis nicht anwendbar, weil das Schreiben Beil./1 alle Erfordernisse des § 23 Abs. 1 WEG erfülle, er somit die Rechtsstellung eines Wohnungseigentumsbewerbers gehabt habe und damit auch berechtigt gewesen sei, dieses Recht zu übertragen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Rekurswerber dem Rekursgericht gemachte Vorwurf, es sei unzulässiger Weise und unbegründet von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes abgewichen, ist nicht berechtigt. Insoweit es in diesem Zusammenhang ausführt, nach den erstgerichtlichen Feststellungen habe ihm die NBG mündlich zugesagt, daß er die Wohnung nach Ablauf von 10 Jahren ab Übergabe "ins Wohnungseigentum übertragen erhalten werde", wobei schließlich mit Schreiben vom 30.4.1991 diese Zusage schriftlich bestätigt worden sei, gibt es die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes nicht aktengetreu wieder. Das Erstgericht hat nämlich zu der dem Antragsgegner gemachten Zusage nur festgestellt, daß er die Wohnung nach Ablauf von 10 Jahren ab der Übergabe "würde kaufen können, nach diesem Zeitpunkt daher, sofern er dies wolle, die Wohnung ins Wohnungseigentum übergehe". Von einer Vereinbarung dahin, daß die NBG - ohne weiteres - dem Antragsgegner Wohnungseigentum übertragen werde, kann somit keine Rede sein. Auch das wiederholt erwähnte Schreiben bestätigt keineswegs eine derartige fixe Zusage zur Übertragung von Wohnungseigentum, sondern bringt nur - wie der Rekurswerber ja auch selbst ausführt - zum Ausdruck, daß die Genossenschaft dem Mieter die Mietwohnung "zum Kauf und somit zur Übernahme ins Wohnungseigentum anbieten" werde, wobei auch noch ausdrücklich auf den Umstand hingewiesen wurde, daß eine diesbezügliche Verpflichtung des Anerklärten nicht besteht. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß eine - auch analoge - Anwendung der Bestimmungen der § 27 MRG und § 17 WGG dann ausscheidet, wenn nicht Miet- oder genossenschaftliche Nutzungsrechte, sondern Eigentumsanwartschaftsrechte an einer "Eigentumswohnung" aufgegeben werden und damit dem jeweiligen Vertragspartner nicht bloß der Erwerb von Miet- oder genossenschaftlichen Nutzungsrechten, sondern von Eigentumsanwartschaftsrechten an dieser Wohnung ermöglicht wird (JBl 1987, 319 = EvBl 1987/187; SZ 60/101 = WoBl. 1988/26). Um von einem Eigentumsanwartschaftrecht hinsichtlich einer "Wohnung" sprechen zu können, bedarf es jedenfalls einer gültigen Vereinbarung, die auch formlos und schlüssig zustandekommen kann und den Titel für den in Aussicht genommenen Eigentumserwerb darstellt. Die Rechtsstellung eines Wohnungseigentumsbewerbers kommt daher nur demjenigen zu, dem die Einräumung von Wohnungseigentum vertraglich zugesagt wurde (Faistenberger-Barta-Call, 640 f, Anm. 7 zu § 23 WEG; MietSlg 30.578/37; 31.541). So lange zwischen den Parteien keine Einigung über den Kauf der "Wohnung" (Rechtsgrund) zustandegekommen ist, steht dem an der Wohnung (sonst) Nutzungsberechtigten kein Anspruch auf Verschaffung von Wohnungseigentum, also kein Wohnungseigentumsanwartschaftsrecht zu. Da es nach den Feststellungen der Vorinstanzen zwischen dem Antragsgegner und der Genossenschaft zu einer Einigung hinsichtlich des Abschlusses eines Kaufvertrages in Ansehung der vom Antragsgegner gemieteten Wohnung nicht gekommen ist, kann nicht gesagt werden, daß der Antragsgegner durch die ihm mündlich gemachte bzw schriftlich übermittelte einseitige Zusage allein ein Anwartschaftsrecht auf den Erwerb von Liegenschaftsanteilen verbunden mit dem Recht zur Benützung der von ihm gemieteten Wohnung erworben hätte. Die vom Rekurswerber in einer mit der Aktenlage nicht zu vereinbarenden Weise wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichtes und die von ihm daraus abgeleitete Schlußfolgerung, es könne hier von einer bloß abstrakten Zusage keine Rede sein, es handle sich vielmehr festgestelltermaßen um das ihm von der NBG für diese verbindlich eingeräumte Recht auf Erwerb von Wohnungseigentum, vermögen somit die erhobene Rechtsrüge nicht zu tragen.

Kann somit nicht davon ausgegangen werden, daß der Antragsgegner Eigentumsanwartschaftsrechte erworben hat, so konnte er solche Rechte auch nicht auf den Antragsteller übertragen. Zahlungen eines neuen Mieters aus Anlaß der Aufgabe von Miet- bzw genossenschaftlichen Nutzungsrechten durch den scheidenden Berechtigten an diesen werden aber von § 27 Abs. 1 Z. 1 MRG erfaßt. Das Rekursgericht ist daher mit Recht von der Anwendbarkeit des § 27 MRG auf den vorliegenden Sachverhalt ausgegangen.

Schließlich meint der Rekurswerber in seiner Rechtsrüge noch, ganz abgesehen von der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums liege die Wertschöpfung durch die von ihm vom 1.8.1989 bis 31.7.1991 geleisteten Annuitäten, die den Kaufpreis durch Verminderung der Darlehen gemindert hätten, auf der Hand. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Im Verhältnis zwischen Vormieter und Nachmieter werden vom Verbot des § 27 Abs. 1 Z. 1 MRG nach dem Zweck dieser Regelung nur solche Vereinbarungen erfaßt, die zu einer unzulässigen Vermögensvermehrung des weichenden Mieters führen, weil ihnen keine gleichwertige Leistung von seiner Seite gegenübersteht (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 8 zu § 27 MRG und Würth in Rummel, ABGB2, Rz 6 zu § 27 MRG mit Rechtsprechungshinweis; WoBl. 1988/24 = MietSlg. 39.391; EvBl. 1989/108 ua). Wenngleich der Antragsgegner dem Antragsteller kein Eigentumsanwartschaftsrecht übertragen konnte, so vermittelte er ihm nach den Feststellungen der Vorinstanzen doch die rechtliche Möglichkeit, ein ihm seitens der Genossenschaft nach Ablauf einer bestimmten Frist verbindlich zu machendes Angebot mit dem Ergebnis anzunehmen, Wohnungseigentum an der vorerst kraft Mietrechtes benützten Wohnung preislich insofern günstiger zu erwerben, als bestimme Zahlungen, die der Antragsgegner geleistet hat, kaufpreismindernd zu berücksichtigen wären. Wenn diese von den Parteien besprochene Möglichkeit bei Wohnungssuchenden im wirtschaftlichen Verkehr objektiv Interesse findet und auch finanziell bewertet wird, stünde der Zahlung des Antragstellers eine sinnvolle, dem Antragsgegner zurechenbare Leistung gegenüber, sodaß nicht von vorneherein vom Vorliegen des Tatbestandsmerkmales des § 27 Abs. 1 Z. 1 MRG, daß der Leistung des neuen Mieters keine (gleichwertige) Gegenleistung des scheidenden Mieters gegenübersteht, ausgegangen werden kann. Insoweit der Antragsteller mit einer solchen günstigeren Erwerbsmöglichkeit einen objektiv bewertbaren Vorteil erhielt, läge keine unzulässige Vermögensvermehrung auf Seite des weichenden Antragsgegners und damit auch keine von § 27 Abs. 1 Z. 1 MRG erfaßte verbotene Ablöse vor. Da die bisherigen Verfahrensergebnisse eine abschließende Beantwortung dieser bisher nicht erörterten Frage nicht zulassen, hat es auch aus diesem Grund bei der vom Rekursgericht verfügten Aufhebung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses zu verbleiben.

Das Erstgericht wird daher im Rahmen der ihm vom Rekursgericht aufgetragenen Prüfung der Gleichwertigkeit der als erwiesen angenommenen Leistungen des Antragsgegners auch noch zu klären haben, ob und bejahendenfalls in welchem Ausmaß die dem Antragsteller vom Antragsgegner verschaffte Rechtsstellung in Ansehung der Mietwohnung im wirtschaftlichen Verkehr bewertet wird.

Damit erweist sich aber der Rekurs im Ergebnis als nicht berechtigt, weshalb ihm kein Erfolg beschieden sein konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs. 3 Z. 19 MRG. Barauslagen wurden nicht verzeichnet.

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