OGH 4Ob1073/92(4Ob1074/92)

OGH4Ob1073/92(4Ob1074/92)15.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1) M***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Rudolf K.Fiebinger und Dr.Peter M.Polak, Rechtsanwälte in Wien (führender Akt 37 Cg 36/92); 2) K***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Alfred Boran, Rechtsanwalt in Wien (verbundener Akt 37 Cg 49/92), jeweils wider die beklagten Parteien 1) Oscar B***** Gesellschaft mbH & Co KG; 2) Oscar B***** Gesellschaft mbH, beide in *****, beide vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien;

3) Hubert H*****, vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in

Wien wegen Unterlassung, Widerruf und dessen Veröffentlichung

(führender Akt; Streitwert im Provisorialverfahren: 350.000 S) bzw.

wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, Widerruf und dessen

Veröffentlichung (verbundener Akt; Streitwert im

Provisorialverfahren: 350.000 S), infolge außerordentlicher

Revisionsrekurse der erst- und zweitbeklagten Parteien sowie der

drittbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes

Wien vom 25.September 1992, GZ 4 R 162/92-27, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse der erst- und zweitbeklagten Parteien sowie der drittbeklagten Partei werden gemäß §§ 78, 402 Abs 2 EO in Verbindung mit § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a in Verbindung mit § 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag der klagenden Parteien auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekursverfahrens wird gemäß § 508 Abs 2 Satz 3und § 521a Abs 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerber hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall von den in den Zulassungsbeschwerden aufgezeigten Rechtsfragen nicht mehr ab:

Die Rechtsmittelwerber übersehen, daß zur Klageführung nach § 7 UWG das herabgesetzte Unternehmen, also der Verletzte, berechtigt ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob zwischen ihm und dem Verletzer ein Wettbewerbsverhältnis besteht (SZ 63/110 ua; zuletzt etwa 4 Ob 134/91). Zur Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Verletzung des § 7 UWG und/oder des § 1330 ABGB ist demnach der durch die Äußerung Betroffene legitimiert (Korn-Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 49 ff und die dort angeführte Rechtsprechung). Richtet sich die herabsetzende Äußerung gegen eine Mehrheit von Unternehmen, dann kann jedes einzelne von ihnen klagen (Korn-Neumayer aaO 52). Im vorliegenden Fall wurde die "Neue Kronen-Zeitung" namentlich verdächtigt, hinter den angeführten Sabotageakten in den Redaktionsräumlichkeiten der damals noch im Erscheinungsstadium befindlichen Tageszeitung "täglich Alles" zu stehen. Damit ist aber nicht nur die Klägerin im führenden Verfahren als Verlegerin der genannten Tageszeitung betroffen (ÖBl 1991, 26), sondern auch die Klägerin im verbundenen Akt, welche als "Redaktionsgesellschaft" den redaktionellen Teil der "Neuen Kronen-Zeitung" mit Hilfe der von ihr beschäftigten Journalisten auf Grund eines mit der Verlegerin geschlossenen Vertrages entgeltlich herstellt, trifft doch die Verdächtigung alle Mitarbeiter der Zeitung, also auch diejenigen der "Redaktionsgesellschaft".

Die Frage, ob die Beklagten "zu Zwecken des Wettbewerbs" gehandelt haben, braucht für den im Provisorialverfahren in Rede stehenden Unterlassungsanspruch nicht gelöst zu werden, weil ein solcher schon nach § 1330 Abs 2 ABGB besteht, ist doch den Klägerinnen die Bescheinigung der Unrichtigkeit der in das Kleid einer Tatsachenbehauptung gehüllten Verdächtigung (vgl. ÖBl 1992, 140) gelungen. Auch bloße Verdächtigungen fallen unter § 1330 Abs 2 ABGB,

weil diese Bestimmung bei anderer Auslegung gegen geschickte Formulierungen wirkungslos wäre (Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 14 zu § 1330; Korn-Neumayer aaO 58; SZ 25/169; SZ 27/298; MR 1992, 205;

jüngst auch 4 Ob 84/92). Die für die Klägerinnen ruf- und kreditschädigenden Tatsachen hat aber nicht nur schon der Drittbeklagte im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB "verbreitet", indem er sie gegenüber dem recherchierenden Redakteur der Erstbeklagten im Bewußtsein darüber weitergegeben hat, daß sie möglicherweise in der Tageszeitung "Der Standard" erscheinen werden, sondern auch die Erstbeklagte, weil unter "Verbreitung" jede Mitteilung einer Tatsache, sowohl die Mitteilung eigener Überzeugung als auch die Weitergabe der Behauptung eines Dritten, ohne daß sich der Äußernde mit ihr identifiziert, fällt (ÖBl 1991, 161 mwN; ÖBl 1992, 140); dazu kommt, daß Zeitungsartikel, selbst wenn sie namentlich gezeichnet sind, in aller Regel der jeweiligen Zeitung zugeordnet werden (ÖBl 1991, 26).

Auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung nach Art 10 MRK können sich die Beklagten im Fall einer unwahren herabsetzenden Tatsachenbehauptung nicht mit Erfolg berufen (ÖBl 1991, 26 und 161 uva).

Der hier erhobene Unterlassungsanspruch läßt demnach die beantragte einstweilige Verfügung bereits zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen (§ 381 Z 2 EO), da die Auswirkugen der Rufschädigung der Klägerinnen kaum zu überblicken sind und sich durch Geldersatz keineswegs völlig ausgleichen lassen

(Heller-Berger-Stix, KommzEO4 2724; Korn-Neumayer aaO 72; MR 1988,

158; SZ 61/193; 6 Ob 671/90; 4 Ob 82/92 ua).

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