OGH 5Ob1084/92

OGH5Ob1084/9210.11.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Hermann S*****, I/2, 2.) Rudolf F*****, I/3, 3.) Rudolf L*****, I/4, 4.) Erich N*****, I/7, 5.) Dr.Mohammad A*****, I/8, 6.) Peter G*****, I/9, 7.) Christiane S*****, I/10, 8.) Rosa B*****, I/12, 9.) Margarethe B*****, I/13, 10.) Wolfhardt K*****, I/14, 11.) Josef H*****, I/15, 12.) Hedwig W*****, I/16, 13.) Wilhelm R*****, I/19, 14.) Dietwald Willibald K*****, I/20, 15.) Klaus W*****, I/21,

16.) Kurt S*****, I/22, 17.) Maria G*****, I/24, 18.) Günther H*****, I/27, 19.) Kurt H*****, I/28, 20.) Hermine K*****, I/29, 21.) Dkfm.Wolfgang R*****, I/30, 22.) Felix S*****, I/20, 23.) Hans Peter D*****, I/33, 24.) Gerhard und Elisabeth S*****, I/34, 25.) Peter K*****, I/36, 26.) Ewald und Franziska Z*****, II/1, 27.) Hans S*****, II/2, 28.) Walter C*****, II/5, 29.) Johanna F*****, II/6,

30.) Dr.Peter W*****, II/7, 31.) Johann B*****, II/8, 32.) Maria J*****, II/9, 33.) Gerhard F*****, II/10, 34.) Elfriede K*****, II/11, 35.) Gudrun B*****, II/12, 36.) Nelja und Abram R*****, II/13,

37.) Franziska O*****, II/16, 38.) Dr.Eberhard W*****, II/16, 39.) Ani und Vahan K*****, II/18, 40.) Günther E*****, II/19, 41.) Viktor K*****, II/20, 42.) Renate P*****, II/21, 43.) Helga H*****, II/22,

44.) Gerhard H*****, II/23, 45.) Rudolf B*****, II/24, 46.) Monika S*****, II/25, 47.) Elisabeth S*****, II/26, 48.) Dr.Boris K*****, II/27, 49.) Adolf T*****, II/28, 50.) Margit S*****, II/29, sämtliche Wohnungseigentümer in ***** Wien, N*****straße 93-95, alle vertreten durch Dr.Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "S*****" Gemeinnützige Wohnbau- und Siedlungsgenossenschaft mbH, ***** Wien, L*****gasse 55, vertreten durch Dr.Walter Scherlacher, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 950.410,-- s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30.Juli 1992, GZ 12 R 198/91-72, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Argumentation der Revisionswerber läuft darauf hinaus, daß sie zwei Rechtsgründe für ihr Rückzahlungsbegehren geltend machen:

Einerseits verlangen sie die Anpassung ihrer Kauf- und Wohnungseigentumsverträge wegen listiger Irreführung über den Umstand, daß die Fa Technosan GmbH in Wahrheit gar nicht "anteilig" zu den Grund- und Gesamtbaukosten der Wohnungseigentumsanlage beitragen sollte; andererseits berufen sie sich auf die gesetzliche Verpflichtung eines gemeinnützigen Wohnungseigentumsorganisators, die Grund- und Baukosten eines nach dem WBFG 1968 geförderten Objektes auf alle Wohnungseigentümer nach dem Nutzflächenschlüssel oder im Verhältnis der Mindestanteile aufzuteilen. Beide Rechtsgründe sind durch das Prozeßvorbringen der Kläger gedeckt, wenngleich sie selbst das Schwergewicht ihrer Ausführungen immer auf den Betrugsvorwurf an die beklagte Partei gelegt haben. Die Zusammenrechnung der Begehren gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN läßt sich wohl auch nur mit der geltend gemachten gesetzlichen Gleichbehandlungspflicht der Wohnungseigentümer rechtfertigen, weil eine kollektive listige Irreführung anläßlich der einzelnen Vertragsabschlüsse mit den Wohnungseigentumsbewerbern bzw Käufern der Wohnungseigentumsobjekte (selbst bei gleichlautenden Vertragstexten) ausscheidet.

Die Vertragsanpassung durch Herabsetzung der Kaufpreise wäre an sich auch bei der listigen Irreführung möglich (MietSlg 32/28; JBl 1991, 584 ua). Entscheidend für die Abweisung des diesbezüglichen Begehrens war jedoch die Tatsache, daß die Vorinstanzen zur Überzeugung gelangten, ein arglistiges Verhalten der beklagten Partei sei "keinesfalls erwiesen". Da zum Tatbestand der listigen Irreführung die rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung gehört (Rummel in Rummel I2, Rz 2 zu § 870 ABGB mwN; zuletzt MietSlg 41.038), ist damit gesagt, daß der Beklagten - sollten sie die Kläger tatsächlich so verstanden haben, daß auch die Fa Technosan GmbH über die von ihr erbrachten Bauleistungen hinaus noch anteilig zu den Gesamtbaukosten beiträgt - keine absichtliche oder doch bewußte Irreführungshandlung vorzuwerfen ist. Ob der Irreführende absichtlich oder doch bewußt gehandelt hat, ist jedoch eine Frage der Beweiswürdigung (1 Ob 154/69 uva; darunter SZ 41/33 und JBl 1971, 304). Eine solche Tatfrage kann nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden.

Der in diesem Zusammenhang, aber auch ganz generell erhobene Vorwurf, es sei aktenwidrig, die von den Klägern getragenen Gesamtbaukosten mit den Errichtungskosten ihrer geförderten Wohnungen (samt Zubehör) gleichzusetzen, trifft nicht zu, weil zur Klärung dieser Tatfrage neben den zitierten Urkunden auch noch andere Beweismittel herangezogen wurden. Die Änderung der Entscheidungsgrundlagen wäre somit ohne Eingriff in die Beweiswürdigung der Vorinstanzen gar nicht möglich (vgl 3 Ob 532/79 uva; zuletzt SSV-NF 5/33). Auch mit dem Argument einer "denkgesetzwidrigen" Urkundenauslegung greifen die Revisionswerber in Wahrheit die Beweiswürdigung der Vorinstanzen an, weil die Urkunden nicht alleinige Erkenntnisquelle waren.

Die Überprüfung des zweiten Rechtsgrundes der Klagsforderungen hätte bei der Tatsache anzusetzen, daß die Benützungsbewilligung für die verfahrensgegenständliche Wohnanlage am 24.5.1971 erteilt wurde. §§ 15 Abs 1 WGG 1979, auf den sich die Revisionswerber offensichtlich berufen, um den Vorwurf einer gesetzwidrigen Aufteilung der Grund- und Baukosten zu untermauern, war daher bei richtigem Verständnis der Übergangsvorschriften in § 39 Abs 8 WGG 1979 auf den gegenständlichen Fall gar nicht anzuwenden (vgl MietSlg 38/54; 5 Ob 6/87; MietSlg 39/6; 5 Ob 44/92). Maßgeblich waren vielmehr die Vorschriften des § 7 Abs 2 WGG 1940 sowie des § 11 Abs 3 DVzWGG 1940, die sich im wesentlichen mit dem Hinweis auf das Kostendeckungsprinzip begnügten.

Hinsichtlich der Grundkosten schließt § 39 Abs 10 WGG 1979 die Anwendung jener Preisbemessungsvorschriften, die die Revisionswerber offensichtlich für sich in Anspruch nehmen wollen (§ 13 Abs 2 WGG 1979), sogar ausdrücklich aus. Die Verletzung zwingender Regeln des Gemeinnützigkeitsrechts über die Aufteilung der Kosten einer Wohnhausanlage ist somit nicht zu erkennen. Nach der hier noch anzuwendenden Gesetzeslage stünde den Klägern ein zivilrechtlicher Anspruch auf Überprüfung der Angemessenheit des Kaufpreises ihrer Wohnungen auch gar nicht zu (vgl JBl 1980, 151; MietSlg 39.701).

Auch die Bedachtnahme auf die Vorschriften des WEG und des WBFG 1968 führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Aufteilung der Baukosten unterliegt nämlich grundsätzlich der Vertragsfreiheit (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 4 zu § 19 WEG). Daß es im konkreten Fall um die Aufteilung des die gemeinsame Liegenschaft belastenden Aufwandes für die Rückzahlung und Verzinsung von Förderungsdarlehen ginge und nicht um Belastungen der einzelnen Wohnungseigentümer (s. Würth-Zingher aaO, Rz 5 zu § 19 WEG), ist dem Klagsvorbringen nicht zu entnehmen und wird auch in der vorliegenden Revision nicht geltend gemacht.

Ob und unter welchen Voraussetzungen die beklagte Partei gehalten wäre, die Grund- und Baukosten abzurechnen (vgl WoBl 1990, 167/86), kann auf sich beruhen, weil ein solches Rechnungslegungsbegehren nicht Gegenstand des Verfahrens ist und die zitierte Entscheidung über die Tatbestandsvoraussetzungen der letzten Irreführung nichts aussagt. Daß sich ohne eine solche Abrechnung ein Betrugsvorwurf nur schwer belegen läßt, vermag die nach Ausschöpfung aller Beweismittel getroffene Feststellung der Vorinstanzen, daß der beklagten Partei keine arglistige Irreführung nachgewiesen werden konnte, nicht zu relativieren.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte