OGH 1Ob610/92

OGH1Ob610/9215.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Graf, Dr. Schiemer und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otto U*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Georg Stenitzer, Rechtsanwalt in Laa an der Thaya, wegen S 168.573,78 s.A. infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgerichtes vom 23. März 1992, GZ R 95/92-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis vom 9. Jänner 1992, GZ 2 C 956/91v-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß der außerordentlichen Revision werden die Urteile der Vorinstanzen als nichtig aufgehoben; das ihnen vorangegangene Verfahren einschließlich der Klagszustellung wird für nichtig erklärt.

Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die als Antrag gemäß § 37 Abs 1 Z 14 MRG zu beurteilende Klage aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sowie des für nichtig erklärten Verfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung

Mit der am 23.10.1991 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Rückzahlung des für den Abschluß eines Mietvertrages entrichteten, gemäß § 27 MRG verbotenen Entgeltes.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, der vom Kläger geforderte Betrag stehe ihr als Provision für die Vermittlung des von ihr mit dem Kläger geschlossenen Mietvertrages über ein von ihr selbst gemietetes Geschäftslokal zu.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht folgte dem Rechtsstandpunkt des Klägers und gab dem Klagebegehren statt. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte mit dem angefochtenen Urteil diese Entscheidung des Erstgerichtes und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Da im vorliegenden Fall - wie noch darzustellen sein wird - aus Anlaß des Rechtsmittels eine Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen ist und diese Frage immer erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit zukommt (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1891; Petrasch in ÖJZ 1985, 297; EFSlg 57.813; 4 Ob 546/90; 1 Ob 661/90 ist die Revision zulässig). Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsweges - auch des streitigen in Abgrenzung zum außerstreitigen - ist im Sinne des § 40a JN in erster Linie das Begehren und Vorbringen in der Klage (im Antrag) maßgebend (WBl 1989, 195; JBl 1986, 441 uva; Fasching aaO Rz 101). Sowohl in der Klage als auch im vorbereitenden Schriftsatz ON 4, in welchem er das Klagebegehren ausdehnte, bezeichnete der Kläger als Rechtsgrund seines Begehrens die Rückforderung einer gemäß § 27 MRG verbotenen Zahlung bzw. Ablöse. Gemäß dem durch Art II Z 16 des 2.WÄG (BGBl 1991/68) eingefügten § 37 Abs 1 Z 14 MRG ist die Entscheidung über Anträge auf Rückzahlung von verbotenen Leistungen und Entgelten (§ 27 MRG) in das außerstreitige Verfahren verwiesen. Dies gilt auch für - wie hier - vor dem 1.3.1991 (dem Geltungsbeginn des 2.WÄG) fällig gewordene Ansprüche; nur für an diesem Tag bereits gerichtsanhängige Verfahren bleibt der Rechtsweg zulässig (Art V Abs 3 Z 3 des 2.WÄG, Würth-Zingher, Wohnrecht 91, Anm 3 zu § 37).

Das bisher über die Klage durchgeführte Verfahren ist daher einschließlich der Urteile der Vorinstanzen gemäß § 477 Abs 1 Z 6 ZPO nichtig. Das bisherige Verfahren mit Ausnahme der gemäß § 40a JN als Antrag gemäß § 37 Abs 1 Z 14 MRG anzusehenden Klage ist für nichtig zu erklären und die Rechtssache dem Erstgericht zur Einleitung des gesetzlichen außerstreitigen Verfahrens zurückzuverweisen.

Eine Zurückweisung der Klage kommt nach der Bestimmung des § 40a JN, die in jeder Lage des Verfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung anzuwenden ist und deren Anwendung hier weder eine bindende Entscheidung der Vorinstanzen über die Rechtswegzulässigkeit noch andere Gründe entgegenstehen (Simotta, Das Vergreifen in der Verfahrensart und seine Folgen (§ 40a JN), Fasching -FS (1988) 463 ff, 465 f, 490), nicht in Betracht, weil für den Bereich der Gemeinde Ried im Innkreis eine Schlichtungsstelle (ein Schlichtungsamt) im Sinne des § 39 Abs 1 MRG, bei welcher ein Verfahren über einen Antrag nach § 37 Abs 1 MRG vor der Gerichtsanrufung eingeleitet werden müßte, nicht eingerichtet ist (Kundmachung der BM für Justiz und für Inneres, BGBl 1979/299 in der geltenden Fassung).

Nach der für die Anfechtbarkeit maßgeblichen Verfahrensart, die durch den verfahrenseinleitenden Antrag bestimmt wird (Simotta aaO 479 ff mwH in FN 88), gründet sich die Kostenentscheidung auf § 51 Abs 2 ZPO, da beide Parteien die aufgezeigte Nichtigkeit nicht erkannt bzw releviert haben.

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