OGH 1Ob661/90

OGH1Ob661/903.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Horst N***, Kaufmann, Wien 13., Firmiangasse 53, vertreten durch Dr. Michael Gnesda, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Friedrich K***, und 2.) Rosina K***, beide Pensionisten, Wien 19., Phillipovichgasse 2-4/9/14, beide vertreten durch Dr. Alfred Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Enthebung eines Verwalters infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 25.Mai 1990, GZ 47 R 212/90-80, womit infolge Rekurses der Antragsgegner der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 28.Dezember 1989, GZ 1 Nc 94/85-70, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß des außerordentlichen Revisionsrekurses werden die vorinstanzlichen Beschlüsse als nichtig aufgehoben; das ihnen vorangegangene Verfahren wird einschließlich der Zustellung des verfahrenseinleitenden Antrages für nichtig erklärt. Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den als Klage zu beurteilenden verfahrenseinleitenden Antrag aufgetragen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist zur Hälfte, die beiden Antragsgegner sind je zu einem Viertel Miteigentümer der Liegenschaft EZ 2184 KG Meidling mit dem Haus Wien 12., Siebertgasse 4. Mit Vereinbarung vom 29.12.1983 und 23.1.1984 betrauten die Antragsgegner und die Rechtsvorgängerin des Antragstellers, Gertrude B***-T***, die ihren Liegenschaftsanteil dem Antragsteller mit Vertrag vom 20.8.1985 verkaufte, den Rechtsanwalt Dr. Alfred P*** mit der Verwaltung dieses Hauses vom 1.1.1984 an; in dieser Vereinbarung sind auch die Belohnungsansprüche und sonstige Rechte des Verwalters festgelegt.

Der Antragsteller begehrte die Enthebung dieses Verwalters und die Bestellung eines neuen Hausverwalters. Trotz Aufforderung durch den Antragsteller habe Dr. Alfred P*** die monatlichen Mietzinsabrechnungen nicht vorgelegt und auch die Entrichtung von Annuitäten verabsäumt. Durch die Fortsetzung der Verwaltungstätigkeit in diesem Sinne würden die Vermögensinteressen des Antragstellers beeinträchtigt.

Die Antragsgegner sprachen sich gegen diesen Antrag aus, weil das Haus von Dr. Alfred P*** ohnedies in allen wesentlichen Belangen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend verwaltet werde. Das Erstgericht enthob in Stattgebung des Antrages Dr. Alfred P*** als Verwalter und bestellte Mag. Walther S*** zum neuen Verwalter der Liegenschaft.

Es stellte im wesentlichen fest, die Tätigkeit Dris. Alfred P*** sei zwar im allgemeinen branchenübliche Hausverwaltung, im Abrechnungsbereich entspreche sie jedoch nicht der "Kunstfertigkeit" eines Hausverwalters. Die Aufstellungen über die Einnahmen und Ausgaben seien deshalb nicht als einwandfreie Eigentümerabrechnungen anzuerkennen, weil trotz einer Miteigentümergemeinschaft keine Personenkonten geführt worden seien; die Betriebskostenverrechnung entspreche nicht dem Mietrechtsgesetz, weil die danach erforderlichen jährlichen Verrechnungen mit den Mietern zu den vorgesehenen Terminen nicht vorgenommen worden seien. Die Einkommensabrechnungen für die Jahre 1985 und 1986 seien schon mangels tauglicher Eigentümerabrechnungen unrichtig. Rechtlich meinte das Erstgericht, angesichts der festgestellten Mängel im Abrechnungsbereich sei der Wechsel in der Person des Verwalters angezeigt.

Das Rekursgericht wies den Antrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Vorauszuschicken sei, daß es deshalb zu Mißhelligkeiten zwischen dem Antragsteller und dem Hausverwalter gekommen sei, weil ersterer Dr. Alfred P*** zu Maßnahmen hätte veranlassen wollen, die der Vereinbarung über dessen Bestellung widersprochen hätten. Daß der Verwalter solches abgelehnt habe, rechtfertige seine Enthebung ebensowenig wie die festgestellten Mängel im Abrechnungsbereich.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsteller erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist schon deshalb zulässig, weil zur Frage, ob und inwieweit gewisse Mängel im Abrechnungswesen die Abberufung des Hausverwalters rechtfertigten, soweit überblickbar, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Im übrigen hängt die Entscheidung auch deshalb von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukommt (§ 14 Abs. 1 AußStrG), weil der Oberste Gerichtshof - wie noch darzustellen sein wird - aus Anlaß des Rechtsmittels eine Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen hat (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1891; Petrasch in ÖJZ 1985, 297; EFSlg. 57.813; 4 Ob 546/90).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beruht die Bestellung Dris. Alfred P*** zum Hausverwalter auf einer zwischen allen Miteigentümern getroffenen Vereinbarung. An sich entscheidet ebenso wie über die Verwalterbestellung die Mehrheit und bei deren Abgang der Außerstreitrichter auch dann, wenn bloß die Person des Verwalters gewechselt, die Fremdverwaltung jedoch beibehalten werden soll. Beruht indessen die Bestellung des Verwalters auf einer Vereinbarung aller Miteigentümer untereinander, so geht die Enthebung des Verwalters über die ordentliche Verwaltung hinaus. Die Zustimmung der übrigen Miteigentümer muß schon deshalb im streitigen Verfahren erwirkt werden, weil der Streit über die Auswechslung der Person des Verwalters in diesen Fällen vertragliche Bindungen der Teilhaber berührt (Gamerith in Rummel, ABGB2 § 836 Rz 7; Hofmeister in Schwimann, ABGB, § 836 Rz 10).

Die Bestellung des Verwalters Dr. Alfred P*** beruht auf einer Vereinbarung aller Miteigentümer untereinander, die der Antragsteller als (Einzelrechts-)Nachfolger einer der Vertragspartner auch gegen sich gelten lassen muß. Deshalb kann er sein Begehren auf Enthebung des Verwalters gegen die ihm widersprechenden Antragsgegner nicht im Verfahren außer Streitsachen, sondern nur auf dem streitigen Rechtsweg erzwingen, zumal die Vereinbarung nicht bloß die Bestellung des Verwalters enthält, sondern auch dessen Entlohnungs- und sonstigen Ansprüche regelt, was auf einen Vertrag zu seinen Gunsten schließen läßt, sodaß vertragliche Bindungen nicht bloß zwischen den Miteigentümern, sondern auch zwischen diesen und dem Hausverwalter bestehen (vgl. SZ 43/37; JBl. 1963, 375 ua).

Da der Hälfteeigentümer ein auf den Rechtsweg gehörendes Begehren erhoben hat, liegt darin in Wahrheit eine Klage, die nach den für den Zivilprozeß maßgeblichen Vorschriften zu behandeln und zu erledigen ist. Das über diese Klage abgeführte außerstreitige Verfahren ist demnach einschließlich der von den Vorinstanzen hierüber gefaßten Beschlüsse - in Analogie zu § 477 Abs. 1 Z 6 ZPO - nichtig (EvBl. 1980/78 uva; Simotta in Fasching-FS 476). Daher ist das bisherige Verfahren - ausgenommen den verfahrenseinleitenden Antrag, der als Klageschrift zu verstehen ist - für nichtig zu erklären und die Rechtssache an das Erstgericht zur Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über diese Klage zurückzuverweisen (Simotta aaO; 4 Ob 546/90).

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