OGH 7Ob25/70

OGH7Ob25/707.11.1970

SZ 43/37

Normen

ABGB §833
ABGB §834
ABGB §836
ABGB §§1002 ff
ABGB §1020
ABGB §833
ABGB §834
ABGB §836
ABGB §§1002 ff
ABGB §1020

 

Spruch:

Die Enthebung eines Hausverwalters geht über die ordentliche Verwaltung hinaus, wenn seiner Bestellung ein Vertrag aller Miteigentümer untereinander und mit dem Bevollmächtigten zugrunde liegt

Möglichkeit des Widerrufs der nur von einzelnen Miteigentümern in gesondert unabhängig geschlossenen Verträgen erteilten Vollmacht

OGH 7. November 1970, 7 Ob 25/70 (OLG Linz 3 R 126/69; LG Linz 1 Cg 94/68)

Text

Dr. Hermann B-T ist geschäftsführender Gesellschafter der Firmen "I" Realverkehrsgesellschaft Dr. B-T und Co, "W" GmbH und Co, KG und der "D" Hausverwaltungsgesellschaft Dr. B-T und Co, KG, die in der Folge nur mehr als I. W und Klägerin bezeichnet werden.

Die Beklagten sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ 1452 KG L, auf der das Wohnhaus K-Straße 25, errichtet wurde. Der Aufbau erfolgte unter Zuhilfenahme eines Darlehens des WWF durch die "W", die im auftrag des früheren Gründeigentümers, nämlich der Fa F und K GmbH, den Abverkauf der einzelnen Miteigentumsanteile vermittelt hatte.

In der zwischen den einzelnen Beklagten und der Fa F und K GmbH abgeschlossenen Kaufverträgen verpflichten sich die Käufer, die Errichtung des Hauses durch die "W" vornehmen zu lassen und ihr zur Vertretung gegenüber dem WWF eine gesonderte, bis zur Endabrechnung unwiderrufliche Vollmacht aufzustellen. Zugleich übertrugen die Käufer der Klägerin die Verwaltung des Hauses K-Straße 25 unwiderruflich für die Laufzeit des Wiederaufbaudarlehens. Dies geschah auf Verlangen der "W". Im Kaufvertrag nahmen die Käufer zur Kenntnis, daß das Wohnhaus-Wiederaufbaudarlehen auf ihrer Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellt wird und daß sie für die Darlehensrückzahlung haften. Die Käufer genehmigten ferner die von der "W" zur Errichtung des Hauses mit den Baufirmen, Professionisten und Architekten abgeschlossenen Verträge. Sie nahmen ferner zur Kenntnis, daß zwischen der Verkäuferin und den Architekten Dipl-Ing T und Dipl-Ing St bezüglich Planung und Bauleitung Verträge abgeschlossen worden waren, und erklärten, in diese Verträge einzutreten und die Verkäuferin diesbezüglich klag- und schadlos zu halten. Schließlich verpflichteten sich die Käufer, sämtliche sie aus diesem Vertrage treffende Verpflichtungen gegenüber der "W" und der Klägerin und gegenüber den übrigen Miteigentümern im Falle einer Veräußerung ihres Miteigentumsanteiles dem Erwerber zu überbinden und die Verkäuferin, die "W" und die Klägerin sowie die übrigen Miteigentümer im Falle einer Verletzung dieser Verpflichtungen schadlos zu halten.

Die Beklagten, die zusammen mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile besitzen, widerriefen mit Schreiben vom 8. Mai 1968 die in ihren Kaufverträgen der "W" und der Klägerin unwiderruflich erteilten Vollmachten. Die Klägerin nahm diesen Widerruf der ihr erteilten Hausverwaltungsvollmachten nicht zur Kenntnis und brachte die vorliegende Klage ein, mit der die Feststellung der Unwirksamkeit des Vollmachtswiderrufes der Beklagten begehrt wird.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und führten aus, ihr Vollmachtswiderruf sei berechtigt, weil Dr. B-T bzw die von ihm dirigierten Firmen "I", "W" und "D" eine Reihe von Handlungen gesetzt haben, durch die das Vertrauen der Beklagten zu ihnen verloren gegangen sei. Sie brachten unter anderem vor, Dr B-T habe das zur Gänze an ihn ausgezahlte Wohnhaus-Wiederaufbaudarlehen zum Teil nicht widmungsgemäß, nämlich zur Zahlung der beim Bau arbeitenden Firmen verwendet. Es seien noch Forderungen der Baufirma H von 168.402.24 S und das Honorar des Architekten Dipl-Ing St offen. Die am 1. Juli 1968 fällig gewordene Tilgungsquote von rund 61.300 S habe Dr B-T an den WWF nicht (zeitgerecht) abgeführt, obwohl ihm dieser Betrag von den Liegenschaftseigentümern übergeben worden war. Diesen sei daher ein Säumniszuschlag vorgeschrieben worden. Dr B-T habe ferner von verschiedenen Firmen eine sogenannte Betreuungsgebühr von 2% verlangt bzw von den Rechnungsbeträgen einbehalten und damit die ihm vom WWF zugekommenen Beträge widmungswidrig und entgegen dem Verbot des § 25 WWG verwendet. Die von Dr B-T geleiteten Firmen hätten Anteile an der Liegenschaft EZ 1452 KG L. Daraus ergebe sich eine Kollision zwischen ihren Interessen und den schutzwürdigen Interessen der Beklagten, die das Beharren der Klägerin auf der erteilten Verwaltungsvollmacht sittenwidrig mache. Im übrigen sei schon die Vereinbarung über die Unwiderruflichkeit der der Klägerin erteilten Verwaltungsvollmacht ungültig, weil für die Beklagten als Machtgeber mit der Bevollmächtigung der Klägerin kein über die bloße Geschäftsbesorgung hinausgehender Zweck verfolgt worden sei.

Die Klägerin gab zu, daß vom WWF erhaltene und für die Baufirma H bestimmte Beträge nicht zur Gänze an diese Firma abgeführt wurden. Sie berief sich darauf, daß diesbezüglich Vereinbarungen über eine Betreuungsgebühr von 2% (nämlich der Rechnungsbeträge) bestanden haben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf bezüglich des bestrittenen Sachverhaltes im wesentlichen folgende Feststellungen:

Vor Unterzeichnung der Kaufverträge zwischen den einzelnen Miteigentümern einerseits und der Fa F und K als Verkäuferin andererseits kam es zwischen den Käufern zu keinen Kontakten. Die Verträge wurden von den einzelnen Käufern auch zu verschiedenen Zeitpunkten unterschrieben.

Das Baudarlehen im Betrag von 9.194.930 S wurde laut Mitteilung des BMB vom 12. August 1968 am 26. März 1968 bereits zur Gänze ausgezahlt. Im Zeitpunkt dieser Mitteilung war die am 1. Juli 1968 fällige Tilgungsrate für das zweite Halbjahr 1968 im Betrage von 61.299.30 S noch offen. Mit Schreiben vom 8. Oktober 1968 forderte das BMB die Klägerin zur Zahlung dieser Rate einschließlich eines Säumniszuschlages von 770 S bis 31. Oktober 1968 auf. Die Tilgungsrate wurde am 29. Oktober 1968 entrichtet. Der noch aushaftende Säumniszuschlag wurde trotz eines diesbezüglichen Ansuchens nicht nachgelassen. Er wurde schließlich von der Klägerin aus eigenem bezahlt. Die Beklagten hatten die monatlichen Tilgungsraten an die Klägerin gezahlt, die sie halbjährlich an den WWF abzuführen hatte.

Auf Grund einer gegen Dr B-T erstatteten Anzeige führte die Polizei Erhebungen durch. Laut Schlußbericht der Bundespolizeidirektion Linz besteht der Verdacht, daß die Firmen des Dr B-T immer wieder neue Bauprojekte beginnen, obwohl für schon abgeschlossene Bauten noch hohe Schulden bestehen, daß bauausführende Firmen und Professionisten nicht bezahlt werden, obwohl die entsprechenden Gelder von den finanzierenden Stellen oder Miteigentümern längst eingezahlt sind, und daß die Firmen des Dr B-T hoch verschuldet und seit längerer Zeit zahlungsunfähig sind.

Die Fa H hat für am Haus K-Straße 25 ausgeführte und vom WWF finanzierte Arbeiten noch 100.000 S zu erhalten, nachdem die "W" inzwischen 10.000 S bezahlt hat. Die entsprechenden Beträge wurden der "W" aber zur Gänze angewiesen. Trotzdem redete sich Dr B-T gegenüber der Fa H damit aus, daß er wegen großer Außenstände nicht zahlen könne.

Das Erstgericht hielt die Sache schon auf Grund dieser Feststellungen für spruchreif und hielt es aus folgenden Gründen nicht für erforderlich, auch auf die weiteren Behauptungen der Beklagten über ein unkorrektes Verhalten des Dr B-T einzugehen:

Eine Vollmacht könne dann unwiderruflich erteilt werden, wenn diese Vereinbarung zeitlich begrenzt sei und zugleich einem bestimmten, im Kausalgeschäft wurzelnden Zweck diene. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Für den Widerruf des Bevollmächtigungsverhältnisses sei nicht einmal ein Mehrheitsbeschluß der Miteigentümer erforderlich, weil die Klägerin nicht durch einen einheitlichen Beschluß der Miteigentümer zur "gemeinsamen" Verwalterin bestellt worden sei. Eine Vollmacht, wie sie der Klägerin erteilt worden sei, könne jederzeit aus wichtigen Gründen widerrufen werden, u zw dann, wenn das Recht des Verwalters mit den schutzwürdigen Interessen des Machtgebers kollidiere. Ein solcher Kollisionsfall sei gegeben, wenn gegen den Machthaber der Verdacht bestehe, daß er eine strafbare Handlung begangen habe. Nach den getroffenen Feststellungen habe Dr B-T eine zweiprozentige Betreuungsgebühr von dem vom WWF an die "W" überwiesenen Beträgen einbehalten. Damit sei der Verdacht des Verbrechens nach § 25 WWG gegeben. Da die Klägerin die Beklagten von der Einbehaltung dieser Betreuungsgebühr nicht informiert habe, stehe außer Zweifel, daß schutzwürdige Interessen der Machtgeber verletzt worden seien. Jedenfalls sei das Vertrauensverhältnis, das Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Vollmacht gewesen sei, untergegangen und es könne den Beklagten nicht mehr zugemutet werden, sich von der Klägerin weiterhin vertreten zu lassen. In der Annahme der schon erwähnten Betreuungsgebühr liege auch ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 1013 ABGB. Habe die Klägerin das Vorgehen ihres geschäftsführenden Gesellschafters Dr B-T bei der Einbehaltung der aus Fondsmitteln stammenden Betreuungsgebühr gebilligt und die Beklagten diesbezüglich nicht aufgeklärt, dann stelle dies ebenfalls eine Kollision mit den schutzwürdigen Interessen der Beklagten als Machtgeber dar. Schließlich sei auch die verspätete Überweisung der am 1. Juli 1968 fällig gewesenen Tilgungsrate geeignet gewesen, das Vertrauensverhältnis zwischen den Streitteilen zu erschüttern.

Die Beklagten seien somit zum Widerruf der Vollmacht berechtigt gewesen, sodaß dem auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vollmachtswiderrufes gerichteten Begehren die Berechtigung fehle.

Die von der Klägerin erhobene Berufung blieb erfolglos. Das Berufungsgericht ging auf die Beweiswürdigungsrüge nicht näher ein, sondern knüpfte seine rechtlichen Erwägungen an die von der Klägerin zugestandene Tatsache, daß Dr B-T vom WWF überwiesene und für die Baufirma H bestimmte Gelder im Betrag von rund 110.000 S zurückgehalten hat, weil zu seinen Gunsten eine Betreuungsgebühr von 2% der Rechnungssummen vereinbart wurde, sowie an die unbekämpft gebliebene Feststellung, daß die Beklagten der Klägerin die Hausverwaltungsvollmacht in den unabhängig und getrennt voneinander geschlossenen Kaufverträgen und nicht etwa in einem Gesamtakt oder auf Grund eines von ihnen gefaßten Beschlusses erteilt haben. Es billigte die Ansicht des Erstgerichtes über die Zulässigkeit und die Voraussetzungen der Erteilung und des Widerrufes einer unwiderruflich erteilten Vollmacht und die Befugnis der einzelnen Beklagten zum Vollmachtswiderruf. Es hob insbesondere hervor, daß eine unwiderruflich erteilte Vollmacht bei geänderten Verhältnissen aus wichtigen Gründen widerrufen werden könne. Einen wichtigen Grund stelle es dar, wenn sich der Machthaber einer Handlung schuldig mache, die ihn des Vertrauens des Machtgebers unwürdig erscheinen lasse. Das Zurückbehalten von Geldern, die Dr B-T vom WWF übermittelt worden und die für die Bezahlung von Wiederaufbauarbeiten bestimmt gewesen seien, stelle auf jeden Fall eine Handlung dar, durch die sich Dr B-T und damit auch die Klägerin gegenüber den Beklagten vertrauensunwürdig gemacht haben. Die vom WWF an die "W" überwiesenen Gelder seien zweckgebundene Mittel, die auf Grund eingereichter und überprüfter Leistungsrechnungen der einzelnen Subunternehmer bestimmt und zum Zweck der Bezahlung dieser Leistungen an den Darlehensnehmer bzw dessen Bevollmächtigten ausbezahlt werden. Diese Gelder seien nach den Zusicherungsbescheiden des Fonds innerhalb von vierzehn Tagen an die bauausführenden Firmen weiterzuleiten. Die nach der Endabrechnung ermittelte Gesamtsumme aller dieser Beträge stelle dann das den Bauwerbern gegebene Wohnbaudarlehen dar, das in regelmäßigen Tilgungsquoten an den WWF abzuführen sei und für das die Darlehensnehmer auch dinglich haften. Die "W" als bauausführende Firma habe die zweckbestimmten Gelder des WWF als Bevollmächtigte der Liegenschaftseigentümer zu treuen Handen übernommen und wäre daher verpflichtet gewesen, diese Gelder unverzüglich an die einzelnen Baufirmen weiterzuleiten. Wenn die "W" bzw ihr geschäftsführender Gesellschafter Dr B-T dies unterließen und einen Teil des für die Firma H bestimmten Geldes zurückbehielten, so sei damit nicht nur gegen die ausdrückliche Zweckwidmung verstoßen, sondern praktisch auch über fremdes Geld zum Nachteil der Kreditnehmer verfügt worden. Ob die "W" oder Dr B-T persönlich irgendwelche Ansprüche auf eine Belohnung für die Bemühungen um die Bauausführung hatten oder ob sie mit den einzelnen Subunternehmern eine Betreuungsgebühr vereinbart hatten, sei völlig unerheblich, weil die "W" oder Dr. B-T auf keinen Fall berechtigt gewesen wären, sich in dieser Form für ihre Leistungen bezahlt zu machen, zumal die Beklagten von der Zurückbehaltung zweckgebundener Gelder zunächst keine Kenntnis hatten. Da aus Fondsmitteln stammende Gelder bestimmungsgemäß zu verwenden seien und weil davon für andere Zwecke nichts abgezweigt werden dürfe, hätten sich die "W" oder Dr B-T aus diesen Mitteln eine Betreuungsgebühr weder zusichern noch gewähren lassen dürfen. Diese mißbräuchliche Verwendung von zu treuen Handen übergebenen Geldern stelle einen groben Vertrauensmißbrauch dar, der allein schon zum Widerruf der - wenngleich unwiderruflich erteilten - Vollmacht berechtige. Da nur der Vertrauensmißbrauch rechtlich relevant sei, könne dahingestellt bleiben, ob auch der Tatbestand des § 25 WWG erfüllt sei. Unerheblich sei auch, daß der Vertrauensmißbrauch der W anzulasten sei, jedoch die der Klägerin erteilte Vollmacht widerrufen werde. Habe Dr B-T als geschäftsführender Hauptgesellschafter der "W" sich eines Vertrauensmißbrauches gegenüber den Beklagten schuldig gemacht, dann könne auch die Klägerin nicht mehr als ein für die Beklagten zumutbarer Bevollmächtigter angesehen werden, wenn Dr B-T auch bei der Klägerin der "Hauptgesellschafter" sei.

Der Vollmachtswiderruf sei auch berechtigt, weil ein Kollisionsfall vorliege. Im Falle des Ausbruches von Streitigkeiten zwischen den Liegenschaftseigentümern und dem ausführenden Bauunternehmen, z B wegen der Bauausführung oder wegen Inanspruchnahme des Bauunternehmens durch die Bauherrn wegen mißbräuchlicher Verwendung von Fondsgeldern, könnte von der Klägerin eine entsprechende Wahrung der Interessen der Beklagten gegenüber der "W" nicht erwartet werden, wenn in beiden Unternehmen Dr B-T der "Hauptgesellschafter" sei.

Die Verzögerung der Zahlung der Tilgungsquote für das zweite Halbjahr 1968 allein wäre allerdings kein hinreichender Grund für einen Vollmachtswiderruf, weil es sich hier um einen einmaligen Vorfall handle, der für die Beklagten keinen weiteren Nachteil mit sich gebracht habe. Ob dieser Vorfall allenfalls im Zusammenhang mit den von den Beklagten behaupteten weiteren Unkorrektheiten des Dr B-T einen Widerrufsgrund bilden könnte, könne dahingestellt bleiben, weil schon nach dem unbestritten feststehenden Sachverhalt die Zulässigkeit des Vollmachtswiderrufes zu bejahen sei. Es könne somit auch ununtersucht bleiben, ob das Erstgericht mit der Aufnahme des Schlußberichtes der Bundespolizeidirektion Linz in seine Sachverhaltsdarstellung eine Feststellung treffen wollte und damit gegen das Unmittelbarkeitsprinzip verstoßen habe. Da für den Verlust der Vertrauenswürdigkeit der Klägerin nur maßgebend sei, ob Dr B-T ihm aus Fondsmitteln zugegangene Beträge ohne Wissen der Beklagten nicht widmungsgemäß, sondern für sich verwendete, sei es auch nicht von Bedeutung, ob darin eine nach § 1013 ABGB unzulässige Geschenkannahme liege oder ob Dr B-T sich die Betreuungsgebühr als Entlohnung für Baunebenspesen und Bauverwaltungskosten habe versprechen oder gewähren lassen. Es habe sich daher auch eine Beweisaufnahme darüber erübrigt, ob und in welchem Umfange Baunebenspesen oder Bauverwaltungskosten etwa in der Form einer Betreuungsgebühr üblicherweise vereinbart werden und ob solchen Zahlungen auch eine entsprechende Tätigkeit des Dr B-T im Zusammenhang mit der Errichtung des gegenständlichen Wohnhauses gegenüberstehe.

Das Berufungsgericht bestätigte somit das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die von den Vorinstanzen unter Berufung auf Lehre und Rechtsprechung bejahte Möglichkeit eines vertraglichen Verzichtes auf den Widerruf von Vollmacht und Auftrag wird im Revisionsstadium ebensowenig bezweifelt wie die Gültigkeit des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, daß der Verzicht auf den Widerruf der Vollmacht oder des Auftrages dort wegen Sittenwidrigkeit i S des § 879 Abs 1 ABGB nichtig sein kann, wo die wirtschaftliche Freiheit des Machtgebers in nicht mehr zu rechtfertigender Weise auf länge Zeit eingeschränkt wird, und daß auch bei einem an sich zulässigerweise vereinbarten Verzicht auf Widerruf der Vollmacht und des Auftrages diese aus wichtigen Gründen jederzeit widerrufen werden können, so z B, wenn sich der Machthaber einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Machtgebers unwürdig erscheinen läßt. Im vorliegenden Fall bestehen gegen die Zulässigkeit des Verzichtes auf einen Widerruf der Vollmacht und des Auftrages keine Bedenken, weil der Verzicht einerseits auf die Laufzeit des Wohnhaus-Wiederaufbaudarlehens beschränkt war und andererseits nach der ganzen Sachlage den Zweck hatte, die einheitliche Vertretung der Miteigentümer gegenüber dem WWF zu gewährleisten. Damit war ein, über die Geschäftsbesorgung hinausgehender Zweck gegeben.

Die Klägerin wendet sich in erster Linie gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß die Beklagten, die zusammen die Mehrheit der Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ 1452 KG L darstellen, zum Widerruf von Vollmacht und Auftrag an sich befugt seien. Sie beruft sich zur Stütze ihrer Ansicht auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes JBl 1963, 375, in der ausgesprochen wurde, daß die Enthebung eines Hausverwalters über die ordentliche Verwaltung hinausgehe, wenn seiner Bestellung ein Vertrag aller Miteigentümer untereinander und mit dem Bevollmächtigten zugrundeliege und wenn die Bestellung einen im Kausalgeschäft wurzelnden Zweck verfolge, sodaß sie von einem Miteigentümer auch dann nicht vorgenommen werden könne, wenn dieser die Mehrheit der Anteile besitze. Die Klägerin übersieht nicht, daß ihr Vollmacht und Auftrag zur Verwaltung der Liegenschaft jeweils nur von den einzelnen Miteigentümern in gesondert und unabhängig voneinander geschlossenen Verträgen erteilt wurden. Die daraus zu ziehende Folgerung, daß jeder Miteigentümer die von ihm erteilte Vollmacht bzw den von ihm erteilten Auftrag ohne Rücksicht auf die Größe seines Liegenschaftsanteiles widerrufen kann, weil es sich hier um die Lösung von Einzelverträgen handelt (vgl MietSlg 19.070 und MietSlg 19.051), versucht die Klägern, durch die Behauptung zu vermeiden, sie wäre durch Vereinbarung der Liegenschaftsmiteigentümer zu einem bestimmten Zweck bestellt worden und in der Bevollmächtigung durch sämtliche Miteigentümer liege zugleich eine Vereinbarung der Miteigentümer. Damit setzt sie sich aber mit den unbekämpft gebliebenen Feststellungen in Widerspruch, daß es vor Unterzeichnung der mit den einzelnen Miteigentümern geschlossenen Verträgen zwischen diesen zu keinen Kontakten gekommen ist und daß die Verträge von den einzelnen Käufern zu verschiedenen Zeitpunkten unterschrieben wurden. Aus diesen Feststellungen ergibt sich unmittelbar, daß die Beklagten sowie die übrigen Liegenschaftsmiteigentümer untereinander keine Vereinbarung getroffen haben, derzufolge sie die Klägerin zum Liegenschaftsverwalter bestellen. Wenn auch die Beklagten die Klägerin zu einem bestimmten Zweck zur Verwalterin bestellt haben, so folgt daraus noch nicht, daß ein gleichgerichteter Wille mehrerer Personen auch zugleich Rechtsbeziehungen zwischen ihnen herstellt. Von einem gemeinsamen Beschluß der Liegenschaftseigentümer, die Klägerin zum Liegenschaftsverwalter zu bestellen, kann daher, wie übrigens schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine Rede sein. Liegt ein solcher nicht vor, dann kann auch der Umstand, daß die Miteigentümer die Klägerin zum Zweck der Vertretung gegenüber dem WWF und zum Zweck der laufenden Rückzahlung der Tilgungsraten zur Hausverwalterin bestellt haben, nichts daran ändern, daß jeder Miteigentümer die der Klägerin mit Einzelvertrag erteilte Vollmacht (bzw den Auftrag) für sich widerrufen kann, ohne daß dazu eine Mehrheit der Miteigentümer oder gar Stimmeneinhelligkeit erforderlich wäre.

Auf die Frage, ob schon die zwischen den einzelnen Miteigentümern und der Klägerin geschlossenen Verträge über die Bestellung der Klägerin zur Hausverwalterin wegen im Falle von Streitigkeiten zwischen den Liegenschaftsmiteigentümern und etwa der ebenfalls von Dr B-T beherrschten "W" zu befürchtenden Interessenkollision richtig seien, weil nicht erwartet werde, daß Dr B-T als geschäftsführender Gesellschafter der Klägerin die Interessen der Liegenschaftsmiteigentümer hier entsprechend wahren werde, braucht nicht eingegangen werden, weil sich der Widerruf der von den Beklagten der Klägerin erteilten Vollmacht (Auftrag) aus einem anderen Grund als berechtigt erweist.

Wie schon oben ausgeführt, kann auch bei einem an sich zulässigerweise vereinbarten Verzicht auf den Widerruf der Vollmacht bzw des Auftrages diese aus wichtigen Gründen jederzeit widerrufen werden, so z B, wenn sich der Machthaber einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Machtgebers unwürdig erscheinen läßt. Nun hat die Klägerin aber zugegeben, daß vom WWF stammende und für die Baufirma H bestimmte Beträge nicht zur Gänze an diese Firma ausbezahlt, sondern auf Grund einer mit dieser Firma getroffenen Vereinbarung 2% des Rechnungsbetrages als Betreuungsgebühr einbehalten wurden. Festgestellt ist, daß die Beklagten hievon nicht verständigt wurden.

Nach § 1009 ABGB ist der Gewalthaber verpflichtet, das Geschäft seinem Versprechen und der erhaltenen Vollmacht gemäß zu besorgen und allen aus dem Geschäfte entspringenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen. Er hat also bei der Ausführung des Auftrages nicht seinen eigenen Nutzen zu suchen, sondern im Interesse des Auftraggebers zu handeln. Dazu gehört auch die selbstverständliche - und offenbar deshalb im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnte - Verpflichtung des Machthabers, dem Machtgeber über die Ausführung des Auftrages und die mit dem Gegenstand desselben in Zusammenhang stehenden Umstände wahrheitsgemäß und vollständig zu berichten. Der Gewaltgeber entschließt sich zur Erteilung von Vollmacht und Auftrag in der Regel nur gegenüber solchen Personen, von denen er ein solches, dem Gesetz entsprechendes Verhalten erwartet. Grundlage von Vollmacht und Auftrag ist daher das in die Person des Machthabers gesetzte Vertrauen des Machtgebers. Verstößt der Machthaber gegen die ihm obliegenden Treueverpflichtungen oder setzt er ein Verhalten, das begrundete Zweifel daran zu erregen geeignet ist, daß er seiner Treueverpflichtung auch tatsächlich nachgekommen ist oder ihr in Zukunft noch nachkommen wird, dann vernichtet er damit das die Grundlage von Vollmacht und Auftrag bildende Vertrauen des Machtgebers und berechtigt diesen zum Widerruf von Vollmacht und Auftrag, auch wenn auf den Widerruf zulässigerweise vertraglich verzichtet wurde. Wie schon das Berufungsgericht ausführlich dargelegt hat, hat Dr B-T als geschäftsführender Gesellschafter der "W" die Verpflichtung, die dies als Bevollmächtigter der Beklagten zugekommenen Wohnhaus-Wiederaufbaugelder innerhalb von vierzehn Tagen an die anspruchsberechtigten Baufirmen, Professionisten u dgl weiterzuleiten, dadurch verletzt, daß er einen Teil dieser Gelder einbehalten hat. Selbst wenn es richtig sein sollte, daß dies auf Grund einer Vereinbarung mit der Fa H geschehen ist und daß damit die "W" einen gegenüber den Beklagten allenfalls bestehenden Anspruch auf Entlohnung irgendeiner mit der Errichtung des Baues im Zusammenhang stehenden Tätigkeit befriedigen wollte, könnte ihr der Vorwurf nicht erspart werden, daß sie sich diesbezüglich mit den Liegenschaftseigentümern hätte in Verbindung setzen und daß sie mit diesen die ihr allenfalls gebührende Belohnung hätte aushandeln müssen. Wie schon das Berufungsgericht richtig bemerkt hat, hätte sie sich als Machthaberin auf diese Weise auf keinen Fall bezahlt machen dürfen. Abgesehen davon aber hat sich Dr B-T, damals als geschäftsführender Gesellschafter der "W", mit seiner Handlungsweise dem dringenden Verdacht ausgesetzt, daß er die einbehaltenen Beträge nur nach außen hin als sogenannte Betreuungsgebühr bezeichnete und daß es sich in Wahrheit um eine Provision für die Vergabe von Aufträgen handelte. Dieser Verdacht wird noch dadurch verstärkt, daß nicht einzusehen ist, aus welchem Gründe sich sonst die Fa H zur Zahlung einer "Betreuungsgebühr" entschlossen haben sollte. Nun waren aber die von Dr B-T mit der Fa H über den Abzug von 2% der Rechnungssummen getroffenen Vereinbarungen zwangsläufig auch der Klägerin zufolge der bei ihr innegehabten Stellung des Dr B-T bekannt und es hätte ihr als Bevollmächtigte der Beklagten die Verpflichtung oblegen, die Beklagten darüber aufzuklären, daß die Fa H der "W" eine Betreuungsgebühr bezahlt hat, die angeblich die Beklagten der "W" oder dem Dr B-T schuldeten. Dieser Verpflichtung ist die Klägerin nicht nachgekommen. Sie setzt sich damit dem Vorwurf aus, das höchst bedenkliche Verhalten der "W" des Dr B-T absichtlich gedeckt zu haben. Es ist daher den Unterinstanzen im Ergebnis darin beizupflichten, daß die Klägerin damit auch selbst das Vertrauensverhältnis zu den Beklagten zerstört und berechtigten Grund zum Widerruf von Vollmacht und Auftrag gegeben hat. Damit gehen aber die Revisionsausführungen ins Leere, die dartun wollen, daß die Beklagten von der "W" und der Klägerin gar nicht geschädigt worden seien und daß der Klägerin sonstige Vorwürfe hinsichtlich der von ihr geführten Hausverwaltung nicht gemacht werden können oder daß ihr eine strafbare Handlung nicht nachgewiesen werden könne.

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