OGH 6Ob1592/92

OGH6Ob1592/929.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roswitha L*****, vertreten durch Dr. Klaus Messiner und Dr. Ute Messiner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Erwin J*****, vertreten durch Dr. Johann Quendler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Auflösung eines Erbübereinkommens (Streitwert S 344.886,40), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 14. Jänner 1992, GZ 5 R 192/91-26, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Klägerin macht geltend, sich auf die aufschiebende Bedingung nach Punkt 6.) des Erb(teilungs)übereinkommens nie berufen zu haben; es fehle vielmehr an der "vereinbarten Geschäftsgrundlage", weil mangel ausreichend großer Teilstücke eine (Real)Teilung der erblasserischen - den Gegenstand des von ihr angefochtenen Erbübereinkommens bildenden - Liegenschaft unmöglich sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Streitteile und ihr Vater schlossen am 10. April 1990 noch vor Einantwortung vor dem Gerichtskommissär ein - nach seinem Punkt 6.) hinsichtlich seiner Rechtswirksamkeit durch die erforderliche behördliche Genehmigung der vorgesehenen Grundstücksteilung bedingtes - Erb(teilungs)übereinkommen, das als Rechtsgeschäft unter Lebenden (NZ 1974, 155; SZ 34/136; Eccher in Schwimann Rz 5 zu § 793 ABGB ua) grundsätzlich auch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage angefochten werden kann (SZ 57/208). Herrschende Lehre und ständige Rechtsprechung schränken im Anschluß an Pisko die in § 901 zweiter Satz ABGB statuierte Unbeachtlichkeit von Motivirrtümern ein und schließen die Lücke entsprechend der Lehre vom Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage. Demnach darf ein Vertrag gelöst oder analog § 872 ABGB angepaßt werden, wenn die objektive (typische) Geschäftsgrundlage, die jedermann oder doch die Partei des Rechtsgeschäftes mit einem solchen Geschäft verbinden, fehlt oder weggefallen ist und damit der im Vertragsinhalt zum Ausdruck gelangte, von beiden Teilen anerkannte wesentliche Vertragszweck (Endzweck iS des § 901 ABGB) nicht nur zeitweilig unerreichbar geworden ist (JBl 1988, 723 mwN; Apathy in Schwimann, Rz 4 zu § 901 ABGB mwN; Koziol-Welser, Grundriß9 I 133 f mwN in FN 83). Die Zulässigkeit einer (Real)teilung der Liegenschaft kann hier schon deshalb nicht einem allfälligen Fehlen der Geschäftsgrundlage unterstellt werden, weil diese Frage von den Vertragsteilen ausdrücklich als Bedingung zum Inhalt ihres Vertrages (Punkt 6.) gemacht wurde. Im übrigen brachten die Streitteile bisher keinen Antrag auf Genehmigung der (Real)teilung der erblasserischen Liegenschaft nach dem Kärntner GrundstückteilungsG (wiederverlautbart mit LGBl 1985/3; § 1 Abs 1 aufgehoben mit Erkenntnis des VfGH vom 17. Oktober 1991, kundgemacht mit LGBl 1992/14, wirksam ab 1. Oktober 1992) ein. Nach dem Verfahrensstand kann nicht gesagt werden, daß eine Genehmigung ausgeschlossen ist.

Auf die Revisionsausführungen, entgegen der Urteilsannahme der zweiten Instanz (ON 26 AS 179) sei die Verlassenschaft bereits den Erben eingeantwortet worden und deshalb das durch die Einantwortung bedingte Erbübereinkommen (SZ 55/101 mwN; vgl auch Welser in Rummel2, Rz 3 zu § 550 ABGB) bereits in Kraft getreten, kommt es nicht mehr an.

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