Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Dr.Rudolf M***** lehnte die zur Führung der Pflegschaftssache betreffend seine Tochter Nadja M***** nach der Geschäftsverteilung des Bezirksgerichtes Salzburg zuständige Richterin Dr.***** K***** mit Schriftsatz vom 23.1.1992 ab.
Der Vorsteher des Bezirksgerichtes Salzburg gab mit Beschluß vom 5.3.1992 (Jv 119/92-10) diesem Ablehnungsantrag Folge (Punkt 1.) des Spruches), wies die Pflegschaftssache dem Stellvertreter der abgelehnten Richterin (Dr.***** B*****) zu (Punkt 2.) des Spruches), und sprach 3.) aus, daß das Verfahren (ab) einschließlich des Beschlusses vom 16.10.1991, ON 58, als nichtig aufgehoben werde. Wenngleich die abgelehnte Richterin nach dem Gesetz vorgegangen sei, so ziehe sich doch durch das gesamte Verfahren, gleichsam wie sein roter Faden, der Vorwurf, die Richterin habe sich nicht von rein objektiven Gesichtspunkten im Verfahren leiten lassen, sondern zu sehr dem Begehren der Mutter Rechnung getragen und dem Vater fundamentale Rechte, wie das auf Gehör, vorenthalten. So manche Vorgangsweise der Richterin erwecke den Verdacht, die Richterin wäre in der Sache befangen. Gemäß § 21 Abs 2 JN könne eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit dann nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei diesem in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt habe. Darüber hinaus seien in der Zwischenzeit einige Entscheidungen rechtskräftig geworden, sodaß nach Rechtskraft dieser Beschlüsse eine Geltendmachung von Ablehnungsgründen nicht mehr möglich sei. Gemäß § 25 JN iVm § 21 Abs 2 JN sei daher das Verfahren ab einschließlich des Beschlusses vom (richtig) 16.10.1991, On 58, als nichtig aufzuheben gewesen.
Das Gericht zweiter Instanz wies den von der Mutter der Minderjährigen gegen Punkt 3.) dieses Beschlusses mit dem Antrag, das Verfahren frühestens erst ab dem 19.12.1991 als nichtig aufzuheben, gerichteten Rekurs zurück, wobei es aussprach, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Wenn der Ablehnung stattgegeben werde, seien nach § 25 letzter Satz JN die vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlungen nichtig und - soweit erforderlich - aufzuheben. Die Nichtigkeit werde durch den Ablehnungsbeschluß rückwirkend festgestellt. Im Ablehnungsbeschluß müsse ausdrücklich ausgesprochen werden, ob das vorangegangene Verfahren als nichtig und ab welchem Zeitpunkt es aufgehoben werde. Nach § 24 Abs 2 JN finde ein Rechtsmittel nur gegen die Zurückweisung der Ablehnung an die übergeordnete Instanz statt, gegen die Stattgebung der Ablehnung somit kein Rechtsmittel. Der Ausspruch nach § 25 letzter Satz JN hänge mit der Ablehnung, die mit dem angefochtenen Beschluß bejaht worden sei, unmittelbar zusammen; daraus sei abzuleiten, daß auch der Ausspruch über die Nichtigerklärung von Verfahrensteilen als Folge der Stattgebung der Ablehnung unanfechtbar sein müsse (EvBl. 1977/173). Der Rekurs habe daher als unzulässig zurückgewiesen werden müssen, weshalb es dem Rekursgericht auch verwehrt sei, in merito auf die Vorgangsweise und die Ausführungen des Vorstehers des Bezirksgerichtes Salzburg einzugehen. Darüber werde in der gesonderten Entscheidung über den Ablehnungsantrag der Rekurswerberin gegen den Vorsteher des Bezirksgerichtes Salzburg zu befinden sein. Wegen der Unzulässigkeit des vorliegenden Rekurses habe über dieses Rechtsmittel vor rechtskräftiger Entscheidung des genannten Ablehnungsantrages der Mutter entschieden werden können.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, daß hier eine Ausnahme vom grundsätzlichen Ausschluß eines weiteren Rechtsmittelzuges gegen Entscheidungen der zweiten Instanz in Ablehnungssachen vorliege, weil das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rekurses aus formellen Gründen abgelehnt habe (EFSlg.
63.899 mwN; RZ 1981/5). In Ablehnungssachen richte sich das Rechtsmittelverfahren - sofern die §§ 19 bis 25 JN keine Sonderregelung enthielten - nach den Vorschriften des Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgte (EFSlg. 63.897). Rekursgegenstand sei kein vermögensrechtlicher Anspruch, sodaß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof in den Zulassungsbereich des § 14 Abs 1 AußStrG falle. Da - soweit überblickbar - zu der hier gegenständlichen Frage keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege, sei der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig zu erklären gewesen.
Gegen diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der als ordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rekurs der Mutter der Minderjährigen mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes dahin abzuändern, daß die Nichtigkeitsaufhebung von Verfahrensbestimmungen im Pflegschaftsverfahren frühestens erst ab 19.12.1991 erfolge; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Der Oberste Gerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, daß die Bestimmung des § 24 Abs 2 JN nicht zur Anwendung kommen kann, wenn das Rekursgericht keine meritorische Prüfung der Ablehnungsgründe vorgenommen hat, sondern in einem Zwischenverfahren den gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichteten Rekurs aus formellen Gründen zurückgewiesen hat (vgl SZ 42/74; EvBl 1975/92; EvBl 1980/101; SZ 54/96; EFSlg 57.667; EFSlg 63:899; 1 Ob 644/90; 1 Ob 543/91 ua). Soweit die §§ 19 bis 25 JN keine Sonderregelungen für das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen enthalten, richtet sich dieses nach den Vorschriften jenes Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgte; im vorliegenden Verfahren daher nach den Bestimmungen des AußStrG. Da der Begriff des Revisionsrekurses im § 14 AußStrG - ebenso wie im § 528 ZPO - als der des Rekurses an den Obersten Gerichtshof gegen eine Entscheidung eines Rekursgerichtes aufzufassen ist, mag diese bestätigt, abändernd oder zurückweisend sein (Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1989, ÖJZ 1989, 753 iVm 751; vgl auch EFSlg 64.175), hängt die Zulässigkeit des vorliegenden Revisionsrekurses vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 14 Abs 1 AußStrG ab. Eine solche Rechtsfrage liegt aber nicht vor. Denn das Rekursgericht ist ohnedies zutreffend von der Bestimmung des § 24 Abs 2 JN ausgegangen, wonach gegen die Stattgebung der Ablehnung kein Rechtmittel stattfindet, gegen die Zurückweisung jedoch der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht. Das Gericht zweiter Instanz hat auch mit Recht auf die Bestimmung des § 25 letzter Satz JN verwiesen, die eindeutig anordnet, daß in dem der Ablehnung stattgebenden Beschluß die vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlungen - soweit erforderlich - als nichtig aufzuheben sind. Daß dieser Ausspruch über die verfahrensrechtlichen Folgen der Ablehnung daher in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Stattgebung des Ablehnungsantrages steht und daraus folgt, daß die Entscheidung, mit den Verfahrenshandlungen des abgelehnten Richters für nichtig erklärt wurden, als Teil des der Ablehnung stattgebenden Beschlusses gemäß § 24 Abs 2 JN unanfechtbar ist, entspricht der Judikatur des Obersten Gerichtshofes (EvBl 1977/173; 1 Ob 534/86). Lediglich bei einer teilweisen Nichtigerklärung des Verfahrens stellt sich die Entscheidung in bezug auf die nicht für nichtig erklärten Verfahrenshandlungen als Zurückweisung der Ablehnung dar, weshalb zur Erwirkung der Erweiterung des Umfanges der als nichtig aufzuhebenden Verfahrenshandlungen des abgelehnten Richters der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht statthaft wäre (vgl. 3 Ob 51/82; EFSlg. 49.241 = ÖA 1985, 109). Insoweit eine Nichtigerklärung von Verfahrenshandlungen unterblieb, ist der Rekurs zulässig (NZ 1988, 76). Im vorliegenden Verfahren richtete sich der Rekurs der Mutter der Minderjährigen aber nicht gegen die Unterlassung der Nichtigerklärung von Verfahrenshandlungen der abgelehnten Richterin durch den erstinstanzlichen Beschluß, sondern gegen die Nichtigerklärung eines Teiles des Verfahrens, nämlich von Verfahrenshandlungen, die in der Zeit vom 16.10.1991 bis einschließlich 18.12.1991 erfolgten. Insoweit stellt sich der Beschluß des Gerichtsvorstehers des Bezirksgerichtes Salzburg als dem Ablehnungsantrag stattgebenden Entscheidung dar, weshalb sich das Rekursgericht bei seiner den Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß zurückweisenden Entscheidung im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gehalten hat (EvBl 1977/173; 1 Ob 534/86).
Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 14 Abs 1 AußStrG erweist sich der Revisionsrekurs als unzulässig, weshalb er zurückgewiesen werden mußte.
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