OGH 1Ob644/90

OGH1Ob644/903.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter im Verfahren über die Ablehnung der Richterin Dr. Ulrike S*** durch Dr. Bibiane M***, Haushalt, Klagenfurt, Sterneckstraße 105, in der beim Bezirksgericht Klagenfurt zu AZ 2 P 7/87 anhängigen Pflegschaftssache der Minderjährigen Christine M***, geboren am 13.November 1980, infolge Revisionsrekurses der Ablehnungswerberin, vertreten durch Dr.Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgericht vom 2. August 1990, GZ 1 R 296/90-9, womit der Beschluß des Vorstehers des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 24.April 1990, GZ Jv 244/90-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Dr. Bibiane M*** ist die Mutter der mj. Christine M***. Der Vater ist der beim Landesgericht Klagenfurt als Richter tätige Dr. Hubertus H***. Zur Bearbeitung der beim Bezirksgericht Klagenfurt anhängigen Pflegschaftssache betreffend die mj. Christine M*** ist nunmehr die Richterin Dr. Ulrike S*** zuständig. Der Vorsteher des Bezirksgerichtes erkannte die Ablehnung dieser Richterin durch die Mutter als nicht berechtigt und wies demgemäß den Ablehnungsantrag zurück. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene "außerordentliche" Revisionsrekurs der Mutter ist unzulässig.

§ 24 Abs 2 JN lautet seit seiner Abänderung durch die 8. Gerichtsentlastungsnovelle, BGBl 1933/346 (GEN; vgl dazu König-Broll, Zum Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen in JBl 1990, 366 ff und FN 12, 16): "Gegen die Stattgebung der Ablehnung findet kein Rechtsmittel, gegen die Zurückweisung der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht statt." In der Stammfassung des Gesetzes war nur der Rechtsmittelausschluß gegen Entscheidungen auf Stattgebung der Ablehnung enthalten, so daß nach überwiegender Ansicht die Anfechtbarkeit einer die Ablehnung zurückweisenden Entscheidung nach den im jeweiligen Anlaßverfahren anzuwendenden allgemeinen Rechtsmittelbestimmungen zu beurteilen gewesen wäre. Den zweiten Halbsatz der zit. Novellenbestimmung sieht der Oberste Gerichtshof seit der E SZ 18/6 in ständiger Rechtsprechung als eine abschließende Sonderregelung über die Rechtsmittelzulässigkeit im Ablehnungsverfahren in dem Sinne an, daß gegen die Zurückweisung der Ablehnung der Rekurs nur an das zunächst übergeordnete Gericht stattfinde und gegen dessen Entscheidung kein

weiteres Rechtsmittel zulässig sei (EFSlg 57.667, 55.626; SZ 54/96 =

EvBl 1981/219; RZ 1981/23; JBl 1980, 487 = EvBl 1980/101 =

RZ 1981/5; EvBl 1977/173; EvBl 1975/221; RZ 1955, 95; 6 Ob 589/88; 1 Ob 534/86 uva). Die Erwägungen für die Zulassung eines Rechtsmittels in Ablehnungssachen an die dritte Instanz in jenen Fällen, in denen die zweite Instanz die Erledigung des Rekurses aus formellen Gründen ablehnte (RZ 1981/23; JBl 1980, 487; EvBl 1975/92; SZ 42/74 = RZ 1969, 190; 5 Ob 562/89 uva), kommen hier nicht zum Tragen, weil das Gericht zweiter Instanz in Erledigung des Rekurses die Entscheidung des Erstgerichtes auch sachlich überprüft hat. Als Sonderregelung über die Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Ablehnung von Richtern verdrängt § 24 Abs 2 jede allgemeine Regel über die Anfechtbarkeit von Beschlüssen in den einzelnen Verfahren,in denen die JN in ihrem ersten Teil Anwendung zu finden hat, also auch im Verfahren außer Streitsachen, weil das AußStrG keine Regelung über die Ablehnung eines Richters trifft (SZ 54/96; EvBl 1975/221; SZ 42/74; 8 Ob 533/90, 6 Ob 585/89, 5 Ob 616/89, 5 Ob 562/89, 6 Ob 589/88 uva). Diesen Gesichtspunkt vernachlässigt Fasching (Kommentar I 212), dessen gegenteilige Ansicht daher auch bereits wiederholt ausdrücklich abgelehnt wurde (RZ 1967, 71; NZ 1966, 28; RZ 1961, 14; 6 Ob 585/89, 6 Ob 589/88 uva). Die WGN 1989 novellierte die Sonderregelung des § 24 Abs 2 JN nicht. Art XLI Z 4 der WGN 1989 enthält im Hinblick auf die Vielfalt der außerstreitigen Verfahrensvorschriften einen Vorbehalt zugunsten sondergesetzlich vorgesehener Abweichungen. Nach Sichtung des Normenmaterials wurden mit dem Revisionsrekurs-AnpassungsG, BGBl 1989/654 (RRAG), solche Sonderregelungen beseitigt (Bericht des Justizausschusses zum RRAG, 1160 BlgNR XVII. GP), den Revisionsrekurs betreffende Bestimmungen in fünf Gesetzen (EntmO, EinziehungsG, AktG, TuberkuloseG, VermögensabwicklungsG) aufgehoben (Art I leg.cit.) und in drei Gesetzen (MRG, UVG, GGG) abgeändert (Art II bis IV). Mit dem RRAG wurde aber die Sonderbestimmung des § 24 Abs 2 JN für den Bereich des Verfahrens außer Streitsachen unberührt gelassen.

Die E JBl 1990, 122 (mit Anm von Schuhmacher), womit meritorisch über eine geltend gemachte Befangenheit entschieden wurde, betraf ein Verfahren nach dem ASGG und ging auf die Rechtsmittelbeschränkung des § 24 Abs 2 JN überhaupt nicht ein. Der erkennende Senat sieht sich daher nicht bestimmt, von der in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auslegung des § 24 Abs 2 JN, wonach gegen die Entscheidung der zweiten Instanz, mit der die Zurückweisung einer Ablehnung bestätigt wurde, ein weiterer Rechtszug unzulässig ist, abzugehen. Auch die Vermutung von König-Broll (aaO), die Neuregelung des § 24 Abs 2 JN durch die

8. GEN habe dazu gedient, etwaige Unklarheiten - seien es Zweifel aufgrund der Aufspaltung der (Rechtsmittel)Zuständigkeiten (Gerichtshof und Oberlandesgericht), seien es Umstellungsschwierigkeiten infolge der unterschiedlichen Rechtslage - von vornherein durch eine klare gesetzliche Regelung auszuschließen, vermag ein Abgehen von der ständigen Rechtsprechung nicht zu rechtfertigen.

Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

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