OGH 9ObA124/92

OGH9ObA124/9217.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Friedrich Hölzl und Dr.Gerhard Dengscherz in der Arbeitsrechtssache der Klägerin Ute P*****, Sonderkindergärtnerin, *****, vertreten durch *****Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei Land Steiermark, vertreten durch den Landeshauptmann Dr.Josef Krainer, Graz, Burg, dieser vertreten durch *****, Rechtsanwalt ***** wegen S 132.842,90 sA, infolge Rekurses beider Streitteile gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.Feber 1992, GZ 8 Ra 80/91-13, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 1.Juli 1991, GZ 34 Cga 55/91-6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird teilweise Folge gegeben.

Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes, der hinsichtlich des Zuspruches von S 59.300 samt Stufenzinsen durch das Erstgericht unberührt bleibt, wird in seinem übrigen Umfang aufgehoben und insoweit in der Sache selbst durch Teilurteil erkannt. Dieses hat unter Einbeziehung der unbekämpften Teile des Ersturteiles zu lauten:

1. Die Klageforderung besteht mit S 73.542,90 samt 4 % Zinsen seit 1.1.1991 zu Recht.

  1. 2. Die Gegenforderung von S 10.425,60 besteht nicht zu Recht.
  2. 3. Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin S 73.542,90 samt 4 % Zinsen seit 1.1.1991 zu zahlen.

    Die Kostenentscheidung wird dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Vertragsbedienstete der Beklagten; sie ist als Sonderkindergärtnerin in der Kinderstation des Landessonderkrankenhauses Graz beschäftigt und hat dort behinderte Kinder heilpädagogisch zu betreuen. Auf ihr Dienstverhältnis findet das Landesgesetz vom 18.Juni 1985 über das Dienst- und Besoldungsrecht der vom Land Steiermark oder von den Gemeinden anzustellenden Kindergärtner(innen) und Erzieher an Horten LGBl 1985/77 (im folgenden auch: Stmk KGEG) Anwendung.

Die Klägerin betreut eine Gruppe von fünf behinderten Kindern im Alter von drei bis 17 Jahren, von denen sich eines im Landessonderkrankenhaus auf der Stolzalpe befindet. Es handelt sich um körperlich oder geistig schwerstbehinderte Kinder, die praktisch keinen Handgriff allein machen können und gefüttert, angezogen und häufig gewickelt werden müssen. Diese betreuende Tätigkeit ist grundsätzlich von eigenen Krankenschwestern zu verrichten, doch verrichtet auch die Klägerin solche Arbeiten, wenn es notwendig ist. Für die Tätigkeit, die nicht zur pädagogischen Betreuung gehört, steht nämlich allen Gruppen nur eine einzige Kindergartenhelferin zur Verfügung, die aber oft nicht verfügbar ist, so zB wenn sie eine Gruppe auswärts begleitet. Die Klägerin hat die Aufgabe, die Kinder in ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden und in ihrer Entwicklung bestmöglich zu fördern und sie zur selbständigen Verrichtung verschiedener Tätigkeiten anzuhalten. Die Klägerin versucht mit den Kindern ein Toilette- und Sprachtraining. Ferner versucht sie, die Kinder zum selbständigen Essen zu bringen. Zwei Kinder bedürfen einer Badetherapie. Abends sind die Kinder zu waschen und ihnen die Zähne zu putzen. Vier- oder fünfmal am Tag sind die Kinder auf den Topf zu setzen. Im Rahmen einer Beschäftigungstherapie singt oder bastelt die Klägerin mit den Kindern oder liest ihnen etwas vor. Die Kinder sind krankheitsbedingt wetterfühlig und aggresiv. Die Klägerin ist unkontrollierten Verhaltensweisen wie Schreikrämpfen und Tobsuchtsanfällen ausgesetzt, so auch Reißen an den Haaren, Beißen, Zwicken, Kratzen und Werfen mit Sesseln. Nachdem eine andere in einem Sonderkrankenhaus beschäftigte Kindergärtnerin mit Urteil vom 12.10.1988 9 Ob A 113/88 die Entlohnung nach dem Stmk KGEG durchgesetzt hatte und die Parteien vereinbarungsgemäß den Ausgang eines weiteren derartigen Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof (9 Ob A 122/90 vom 27.6.1990) abgewartet hatten, berechnete die beklagte Partei das Arbeitsentgelt der Klägerin ab 1.1.1986 neu.

Das Urteil in der Arbeitsrechtssache 9 Ob A 122/90 wurde der Beklagten am 11.8.1990 zugestellt (s 9 Ob A 67/92).

Mit Schreiben vom 11.9.1990 wies die Personaldirektion der Steiermärkischen Krankenanstalten Gesellschaft mbH den Klagevertreter darauf hin, daß sie die Bezugsnachzahlung für die Klägerin veranlaßt habe. Sie werde die Hälfte der errechneten Bruttonachzahlungsbeträge umgehend auf das Konto des Klagevertreters überweisen (Beilage 6). Mit Schreiben vom 24.9.1990 übermittelte die Personaldirektion dem Klagevertreter die Nachzahlungsberechnung (bis 30.6.1989) mit einem Bruttobetrag von S 360.914,35 und gab bekannt, daß sie der Landesbuchhaltung den Auftrag erteilt habe, die in den Berechnungen genannten Beträge abzüglich der dort zu berechnenden Abzüge abzuweisen (Beilage 7). Die Klägerin erhielt an Nachzahlungen - berechnet bis 30.11.1990 (Beilage II) - insgesamt S 337.279 netto und zwar am 21.9.1990 S 180.000, am 18.10.1990 S 129.451,60 und am 14.12.1990 S 27.827,40. Insgesamt wurden S 63.542,90 an Sozialversicherungsbeiträgen einbehalten.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten zuletzt Zahlung

1. einer Erschwerniszulage für die Zeit vom 1.1.1986 bis 31.12.1990

in der unbestrittenen Höhe von S 59.300

2. einer Verzugszinsendifferenz von

S 10.000,

die nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelver-

fahrens ist, und

3. der zu Unrecht einbehaltenen Sozialversiche-

rungsbeiträge von S 63.542,90.

Durch den Bezug der Dienstzulage für Vertragssonderkindergärtnerinnen gemäß § 13 Stmk LKEG seien die Erschwernisse der Tätigkeit der Klägerin nicht abgegolten. In den Sondergärten hätten die Kindergärtnerinnen sonst Kinder zu betreuen, die Seh- und Hörbehinderungen oder ganz allgemeine psychische Behinderungen aufweisen, bei welchen es aber keine spezifischen (unkontrollierbaren) Verhaltensexzesse gebe. An das Landessonderkrankenhaus Graz kämen aber jene Kinder, deren Behinderungen und Verhaltensstörungen schwerer seien; zum Teil habe es die Klägerin mit Jugendlichen zu tun, die beinahe schon erwachsen seien; die Klägerin müsse diese Kinder füttern und wickeln und sei ihrer unkontrollierten Aggressivität ausgesetzt. Darin liege eine besondere Erschwernis, die den Anspruch auf eine Erschwerniszulage rechtfertige. Auch eine andere Sonderkindergärtnerin, die denselben Dienst versehe, erhalte eine solche Erschwerniszulage.

Die Beklagte habe der Klägerin die auf Grund der Einstufung als Sonderkindergärtnerin gebührende Bezugsdifferenz nicht unverzüglich nachgezahlt. Sie sei schuldhaft in Zahlungsverzug geraten und habe daher gemäß § 60 Abs 1 ASVG das Recht auf Abzug der Sozialversicherungsbeiträge verloren.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin verrichte keine Tätigkeit, die den Bezug einer Erschwerniszulage rechtfertige. Die Beklagte habe nach der Zustellung des Urteils in einem Parallelverfahren im September 1990 unverzüglich die Abrechnung in Auftrag gegeben, die Ansprüche der Klägerin akontiert und darauf hingewiesen, daß die Abrechnung erst beim nächsten Computerlauf stattfinden könne. Eine verschuldete Verzögerung der Auszahlung liege daher nicht vor.

Das Erstgericht stellte die Forderung der Klägerin mit S 69.300 (Erschwerniszulage und Verzugszinsen) als zu Recht, die Gegenforderung der Beklagten an zuviel gezahlten Rechtsvertretungskosten (die nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist) als nicht zu Recht bestehend fest; es sprach der Klägerin daher S 69.300 samt Stufenzinsen zu und wies das Mehrbegehren von S 63.542,90 wegen unberechtigten Abzugs von Sozialversicherungsbeiträgen ab. Gemäß § 10 Stmk LKEG iVm § 34 und § 38 Stmk Gemeindebedienstetengesetz 1957 gebühre Personen dann eine Erschwerniszulage, wenn sie ihren Dienst unter besonderen körperlichen Anstrengungen oder sonstigen besonders erschwerten Umständen verrichten müßten. Diese Voraussetzungen träfen auf die Klägerin zu, weil ihr die pädagogische Betreuung zum Teil schwerstbehinderter Kinder obliege. Ihre Tätigkeit stelle an sie höchste Anforderungen psychischer und physischer Art. Sie sei den verschiedensten Exzessen der Kinder ausgesetzt und müsse auch Tätigkeiten verrichten, die eigentlich Kindergartenhelferinnen obliegen.

Eine verschuldete Verzögerung der Gehaltsnachzahlung iS des § 60 ASVG liege nicht vor. Die Beklagte habe erst Ende August 1990 vom Urteil erfahren; am 11.9.1990 die Bezugsnachzahlung veranlaßt und bereits am 21.9.1990 eine Akontozahlung von S 180.000 geleistet.

Das Berufungsgericht gab beiden Berufungen Folge und hob das Ersturteil im angefochtenen Umfang, nämlich hinsichtlich des Zuspruches von S 59.300 sA an Erschwerniszulage und hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Rückzahlung der abgezogenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von S 63.542,90 auf und verwies die Arbeitsrechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Die Feststellungen des Erstgerichtes zu beiden strittigen Ansprüchen seien nicht ausreichend, um darüber absprechen zu können. Die Beklagte habe mit der Nachzahlung (des Gehalts und der Sozialversicherungsbeiträge) vereinbarungsgemäß bis zum Ausgang des Verfahrens 9 Ob A 122/90 vom 27.6.1990 zuwarten dürfen. Das Erstgericht habe aber nicht festgestellt, wann dieses Urteil dem Beklagtenvertreter zugestellt worden sei. Auch fehle es an Feststellungen darüber, zu welchem Zeitpunkt die Beklagte ihr Abzugsrecht im Sinne des § 60 Abs 1 zweiter Satz ASVG ausgeübt habe. Sobald diese beiden Zeitpunkte und der Zeitraum feststehe, den die Beklagte für die Ausübung des Abzugsrechtes benötigt habe, sei zu beurteilen, welche Zeit die Beklagte unter den gegebenen Umständen für eine Berechnung der Bruttobeträge einschließlich der darauf entfallenden Sozialversicherungsanteile hätte benötigen dürfen. Hiebei werde auch auf die Frage einzugehen sein, ob tatsächlich, wie von der Beklagten vorgebracht, ein Computerlauf abgewartet werden müssen und wann dieser stattgefunden habe.

Auf Grund der Verweisungen in § 15 und § 10 Stmk LKEG iVm § 2 Abs 1 Stmk Landesbeamtengesetz 1974 Nr 124 sei auf das Dienstverhältnis der Klägerin § 19a Abs 1 Gehaltsgesetz 1956 anzuwenden. Danach gebühre einem Beamten, der seinen Dienst unter besonderen körperlichen Anstrengungen oder sonstigen besonders erschwerten Umständen verrichten müsse, eine Erschwerniszulage. Eine Erschwerniszulage werde also nur gewährt, wenn die Arbeiten unter Umständen erfolgen, die im Vergleich zu allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwerung bilden. Maßstab hiefür seien die üblichen Arbeitsbedingungen von Sonderkindergärtnerinnen. Diejenigen Erschwernisse, die die Tätigkeit von Sonderkindergärtnerinnen im Vergleich zu anderen Kindergärtnerinnen mit sich bringe sei, schon durch die in § 8 Stmk LKEG geregelte Dienstzulage abgegolten. Diese Dienstzulage decke alle Erschwernisse, die zwangsläufig mit der Aufgabe verbunden seien, "in ihrer Entwicklung gehemmte oder geschädigte Kinder zwischen dem vollendeten dritten Lebensjahr und dem Schuleintritt nach den für Kindergärten geltenden Zielsetzungen.....nach erprobten wissenschaftlichen insbesondere heilpädagogischen Grundsätzen zu betreuen und in ihrer Entwicklung zu fördern" (§ 6 Stmk KindergartenG LGBl 1966/59). Die Klägerin habe solche Erschwernisse gegenüber anderen Sonderkindergärtnerinnen behauptet, doch sei dieses Vorbringen ungeprüft geblieben. Für den Anspruch auf eine Erschwerniszulage komme es nicht auf eine Arbeitsvermehrung durch Hilfstätigkeiten und auch nicht auf den inneren Schwierigkeitsgrad der Arbeit, sondern nur auf äußere, die Arbeitsverrichtung beeinflussende Umstände an. Für den vermehrten Arbeitsanfall der Klägerin durch Hilfstätigkeiten wie Wickeln, Füttern, An- und Auskleiden, Waschen und Zähneputzen udgl gebühre der Klägerin keine Erschwerniszulage. Wohl aber fiele es ins Gewicht, wenn sie in erheblichem Maß mit Fällen zu tun hätte, die in das Landessonderkrankenhaus Graz überstellt würden, weil man in anderen Sonderkindergärten nicht mit ihnen fertig werde. Wäre das eine ständige Praxis, so könnte dies die Arbeit im Vergleich zu den anderen Sonderkindergärten entscheidend erschweren.

Beide Streitteile bekämpfen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie halten die Rechtssache im Sinne der Stattgebung bzw der Abweisung des Klagebegehrens für spruchreif; dementsprechend beantragt die Klägerin dem Klagebegehren im vollen Umfang stattzugeben, wogegen die Beklagte die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.

Beide Rekurse sind teilweise berechtigt, jener der Beklagten allerdings nur im Ergebnis.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Frage des Abzuges des Versichertenbeitrages vom Entgelt:

Gemäß § 60 Abs 1 ASVG ist der Dienstgeber berechtigt, den auf den Versicherten entfallenden Beitragsteil von Entgelt in barem abzuziehen. Dieses Recht muß bei sonstigem Verlust spätestens bei der auf die Fälligkeit des Beitrages zunächst folgenden Entgeltzahlung ausgeübt werden, es sei denn, daß die nachträgliche Entrichtung der vollen Beiträge oder eines Teiles dieser vom Dienstgeber nicht verschuldet ist. Die Sanktion des Verlustes des Rechts, den auf den Versicherten entfallenden Beitragsteil vom Entgelt in barem abzuziehen, ist an die Fälligkeit des Beitrages geknüpft (§ 60 Abs 1 zweiter Satz ASVG). Der Eintritt der Fälligkeit ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen; demnach sind iS des § 58 Abs 1 ASVG die allgemeinen Beiträge am letzten Tag des Kalendermonats fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt (9 Ob A 514/88). Der Arbeitgeber verliert nach Maßgabe des § 60 Abs 1 Satz 2 und 3 ASVG sein Recht, den auf den Versicherten entfallenden Beitragsteil vom Entgelt in barem abzuziehen, auch dann, wenn er infolge eines Verschuldens nicht nur mit dem Beitragsabzug, sondern mit der gesamten Entgeltzahlung (bzw einer gebührenden Nachzahlung) in Verzug ist (9 Ob A 514/88; 9 Ob A 166/89; WBl 1991, 62 = ecolex 1991, 117 = DRdA 1991/34 (Manfred Harrer)). Im Fall einer Prozeßführung durch den Arbeitgeber kann ein Schuldvorwurf iS des § 60 ASVG an der verspäteten Entgeltzahlung und sohin an der nachträglichen Entrichtung der Beiträge in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn sich der Arbeitgeber wider besseres Wissen in eine aussichtslose Prozeßführung eingelassen hat (WBl 1991, 62 = ecolex 1991, 117 = DRdA 1991/34 (Manfred Harrer)).

Im vorliegenden Fall kam ein Verschulden der Beklagten am (objektiven) Verzug mit der Nachzahlung der strittigen Bezugsdifferenzen bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über den gleichgelagerten Fall einer anderen Sonderkindergärtnerin (E vom 27.6.1990 9 Ob A 122/90) schon deshalb nicht in Betracht, weil die Streitteile ausdrücklich vereinbart hatten, daß mit der Neuberechnung der Bezüge der Klägerin bis zum Ausgang dieses Verfahrens zugewartet würde. Ob es sich bis dahin um eine fälligkeitsverschiebende oder bloß um eine "reine Stundung" gehandelt hat (siehe Koziol-Welser8 I 214 f), kann daher auf sich beruhen.

Mit der Zustellung des Urteiles des Obersten Gerichtshofes im Paralellprozeß an die Beklagte am 11.8.1990 - das Berufungsgericht hätte dieses Datum aus dem betreffenden Akt unschwer feststellen können - endete aber die von der Klägerin zugestandene Zuwartefrist. Daß auch noch ein weiteres in erster Instanz anhängiges Verfahren einer anderen Sonderkindergärtnerin vereinbarungsgemäß abgewartet hätte werden dürfen, wurde nicht festgestellt. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes geht hervor, daß die Beklagte der Klägerin erst am 21.9.1990 eine Akontozahlung von S 180.000 (also jedenfalls ohne Abzug von Versicherungsbeiträgen) und am 18.10.1990 S 121.451,60 und am 14.12.1990 S 27.827,40 nachgezahlt hat, wobei anläßlich dieser Nachzahlungen Sozialversicherungsbeiträge von S 63.542,90 einbehalten wurden.

Diese Feststellungen reichen aber entgegen der Ansicht des

Berufungsgerichtes zur Beurteilung der Frage des Verschuldens der

Beklagten iS des § 60 Abs 1 ASVG aus. Wie der Oberste Gerichtshof

in dem insofern völlig gleichartigen Fall einer weiteren

Sonderkindergärtnerin (die Korrespondenz zwischen der Beklagten und

dem Klagevertreter wurde für diese Klägerinnen gemeinsam und daher

zeitgleich geführt (siehe Beilage 6 und 7)) ausgesprochen hat

(9 Ob A 67/92 vom 27.5.1992), war die weitere Verzögerung der

Nachzahlung der vorenthaltenen Bezüge bis zur (frühestens) um

Dienstnehmeranteile verminderten Anweisung vom 18.10.1990 mangels

entsprechender Rechtfertigung verschuldet, so daß die Beklagte ihr

Abzugsrecht diesbezüglich nicht mehr hätte ausüben dürfen.

Insoweit ist daher dem Rekurs der Klägerin Folge zu geben und in

der Sache selbst mit Teilurteil zu entscheiden. Die Beklagte ist

mit ihrem Rekursvorbringen auf diese Entscheidung zu verweisen; da

das Urteil schon am 11.8.1990 an den Beklagtenvertreter zugestellt wurde, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, davon erst "Ende August" erfahren zu haben, weil ihr die verspätete Weitergabe durch ihren Vertreter zuzurechnen ist. Innerhalb einiger weniger Wochen nach dem 11.8.1990 hätte es jedenfalls möglich sein müssen, die Bezugsdifferenz zu ermitteln und an die Klägerin unter gleichzeitigem Abzug der davon zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge zur Auszahlung zu bringen.

2. Zur Frage der Erschwerniszulage:

Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, ist auf das Dienstverhältnis der Klägerin auf Grund der Verweisungen im § 14 und § 10 Stmk KGEG und in § 2 Abs 1 Stmk Landesbeamtengesetz vom 3.7.1974 LGBl 1974/124 § 19a GehaltsG (GehG) 1956 anzuwenden. Nach § 19a Abs 1 GehG gebührt dem Beamten, der den Dienst unter besonderen körperlichen Anstrengungen oder sonstigen besonders erschwerten Umständen verrichten muß, eine Erschwerniszulage. Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß die Zuerkennung einer solchen Erschwerniszulage an eine Sonderkindergärtnerin für Erschwernisse, die sich aus ihrer Tätigkeit in einem Sonderkindergarten im Vergleich zu einem (normalen) Kindergarten ergeben, nicht in Betracht kommt, weil diese Erschwernisse schon durch die Zuerkennung der Dienstzulage für Sonderkindergärtnerinnen und Erzieher an Sonderhorten gemäß § 8 Abs 1 iVm § 15 Stmk KGEG abgegolten sind.

Das schließt aber nicht aus, daß die Dienstleistung der Klägerin mit besonderen, durch diese Zulage nicht abgegoltenen zusätzlichen Erschwernissen verbunden ist, die - unter Zugrundelegung der gebotenen Durchschnittsbetrachtung - in den übrigen (üblichen) Sonderkindergärten nicht (oder nicht regelmäßig) auftreten. Solche Erschwernisse hat die Klägerin ausdrücklich behauptet; sollte es tatsächlich so sein, daß im Landessonderkrankenhaus Graz in der Regel die am schwersten behinderten Kinder zu betreuen sind, mit denen die übrigen Sonderkindergärten "nicht fertig werden", könnte schon dieser Umstand die Zuerkennung einer Erschwerniszulage rechtfertigen. Die bisherigen Feststellungen deuten auf solche besonderen Erschwernisse hin, erlauben aber, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, noch keinen abschließenden verläßlichen Vergleich mit den Arbeitsbedingungen in den übrigen Sonderkindergärten. Schon jetzt steht aber fest, daß die Klägerin "Kinder" bis zum Alter von 17 Jahren zu betreuen hat, was jedenfalls nicht gesetzliche Aufgabe von Sonderkindergärten ist (§ 6 Stmk KindergartenG LGBl 1966/54). Dies legt die Vermutung nahe, daß die Klägerin den unkontrollierten aggressiven Verhaltensweisen der zu betreuenden Behinderten, die zum Teil dem Kindesalter entwachsen sind, nämlich Schreikrämpfen und Tobsuchtsanfällen, aber auch Reißen an den Haaren, Beißen, Zwicken und Kratzen, Werfen mit Sesseln, in einem viel höheren Ausmaß als in sonstigen Sonderkindergärten ausgesetzt sein könnte und dadurch auch wesentlich mehr gefährdet ist. Zu prüfen wird aber auch noch sein, ob nicht auch die Betreuung der Kinder beim Anziehen, Wickeln, Waschen, Zähneputzen und der Verrichtung der Notdurft über das übliche Ausmaß der Betreuung in einem außerhalb eines Spitals geführten Sonderkindergarten, der ja wohl nur dem Tagesaufenthalt der Kinder dient, hinausgeht und damit zu weiteren Erschwernissen und Mehrleistungen führt. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß "eine Vermehrung der Arbeitsmenge durch Hilfstätigkeiten wie Wickeln, Füttern, An- und Auskleiden, Waschen, Zähneputzen udgl", die durch Mangel an Hilfspersonal notwendig werden, bei der Beurteilung des Anspruches auf Erschwerniszulage außer Betracht zu bleiben habe, ist nicht zu folgen, ist doch das Vorliegen einer Erschwernis im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen des entsprechenden Berufes, also am normalen Berufsbild (hier einer Sonderkindergärtnerin) zu messen.

Bezüglich des der Höhe nach unbestrittenen Anspruches von S 59.300 hat es daher bei der Aufhebung der Entscheidung zu bleiben.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

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