OGH 5Ob90/92

OGH5Ob90/9216.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Eva Maria S*****, vertreten durch Dr.Georg Zakrajsek, öffentlicher Notar in Wien, wegen Rechtfertigung des Eigentumsrechtes ob Anteilen an der Liegenschaft EZ *****des Grundbuches *****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 10.März 1992, GZ 46 R 2019/92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3.Jänner 1992, GZ TZ 11.845/91, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden abgeändert wie folgt:

"Auf Grund der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Salzburg vom 11.Dezember 1991, GZ 91/823.998-6, zum Schenkungsvertrag vom 3.Oktober 1991 (Notariatsakt des öffentlichen Notars Dr.Georg Zakrajsek, GZ 3804) werden in der EZ *****des Grundbuches *****

1. im Eigentumsblatt zu B-LNR *****, Anteil: *****, die Anmerkung der Rechtfertigung des vorgemerkten Eigentumsrechtes für Eva Maria S*****, geb. *****, und

2. Im Lastenblatt zu C-LNR *****auf dem Anteil *****die Löschung der gegenstandslos gewordenen Wortfolge "ob vorgemerkte Eigentümerin"

bewilligt.

Hievon werden verständigt:

1. Alfred D*****, für Dr.Susan D*****,

2. Eva Maria S*****,

3. Finanzamt für den *****. Bezirk,*****, zu BRP 322.423/91,

4. Magistrat der Stadt Wien MA 40 ZLE, Lerchenfelderstraße 4, 1080 Wien,

5. Dr.Georg Zakrajsek, öffentlicher Notar, Museumstraße 5, 1070 Wien."

Text

Begründung

Im Grundbuch ***** ist im Eigentumsblatt des mit Wohnungseigentum an einer Wohnung verbundenen Anteils *****, der *****-Anteile der Gesamtliegenschaft umfaßt, auf Grund des Kaufvertrages vom 14.9.1990 und der Schenkungsverträge vom 31.1.1991 und 3.10.1991 das Eigentumsrecht für die Antragstellerin vorgemerkt.

Mit dem am 19.Dezember 1991 eingebrachten Antrag begehrte die vorgemerkte Eigentümerin unter Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Salzburg vom 11.Dezember 1991, BRP 322.423/91, die Anmerkung der Rechtfertigung des für sie vorgemerkten Eigentumsrechtes.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß mangels Vorlage aller dem Gesuch um Vormerkung angeschlossen gewesenen Urkunden nicht erkennbar sei, aus welchem Grunde die Vormerkung erfolgt sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Gemäß § 87 Abs 1 GBG seien die Urkunden, auf Grund deren eine Eintragung erfolgen solle, im Original beizulegen. Auch wenn die Origianalurkunde bereits aus Anlaß einer früheren Eintragung dem Gericht vorgelegen sei , könne nach der herrschenden Rechtsprechung und der überwiegenden Praxis der Gerichte von der Regel des § 87 GBG, bei einem späteren Gesuch die Originalurkunde wieder anzuschließen, nicht abgegangen werden. Insbesondere seien bei der Rechtfertigung der Vormerkung dementsprechend auch diejenigen Urkunden, auf Grund deren die Vormerkung erfolgte, wieder im Original vorzulegen (vgl E 5 zu § 87 GBG in MGA3 und die dort zitierte Judikatur). Diese Auffassung entspreche auch den von der Lehre zu § 87 GBG entwickelten Grundsätzen (vgl Bartsch, Grundbuchsgesetz 6. Auflage, Seite 64/65) und werde auch im jüngeren Schrifttum (vgl Marent, Grundbuchsrecht, Seite 50, Anm 4 zu § 40) vertreten. Zwar könnte - ausgehend vom reinen Wortlaut des § 87 GBG - als Urkunde, auf Grund deren die Eintragung erfolgen solle, auch die Unbedenklichkeitsbescheinigung allein verstanden werden. Nach Auffassung des Rekursgerichtes sei jedoch zu berücksichtigen, daß die Vormerkung und die Anmerkung der Rechtfertigung zusammen die Einverleibung des vorgemerkten Rechtes ergäben. Bei der jetzt üblichen Form der Eintragung der Rechtfertigung der Vormerkung durch Anmerkung handle es sich materiell um die Einverleibung des Rechtes im Range der Vormerkung. Das Rekursgericht meine daher, wie dies im übrigen auch in der Entscheidung 46 R 2106/91 dargelegt worden sei, vom Erfordernis der Vorlage sämtlicher Urkunden aus Anlaß des Rechtfertigungsgesuches nicht abgehen zu können. Soweit die Rekurswerberin ausführe, das Erstgericht hätte an Hand der beglaubigten Abschrift in der Urkundensammlung feststellen können, daß zur Anmerkung der Rechtfertigung lediglich die Unbedenklichkeitsbescheinigung Beilage ./1 gefehlt habe, dann sei auf die vorangeführten Ausführungen zu verweisen. Selbst wenn man mit dem Rekurs davon ausginge, daß das Erstgericht vor seiner Entscheidung eine beglaubigte Abschrift der seinerzeit dem Vormerkungsgesuch zugrunde gelegenen Urkunden aus der Urkundensammlung beizuschaffen hätte, wäre hieraus im Ergebnis nichts zu gewinnen. Denn gemäß § 95 Abs 1 GBG habe das Grundbuchsgericht über jedes Gesuch ohne Einvernehmen der Parteien und in der Regel (§§ 88 und 89) ohne Zwischenerledigung in der Sache zu entscheiden und in dem zu erlassenden Beschluß die Bewilligung oder Abweisung des Gesuches ausdrücklich auszusprechen. Die Bestimmung des § 95 Abs 1 GBG gelte nicht nur für das Erstgericht, sondern auch für das Rekursgericht (E 5 zu § 95 GBG in MGA3). Aus der allein mit dem Gesuch vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigung sei für das Rekursgericht nicht zweifelsfrei erkennbar, ob diese Urkunde tatsächlich jenen Vorgang betreffe, der zur Vormerkung des Eigentumsrechtes geführt habe, weil in der Unbedenklichkeitsbescheinigung lediglich das Datum des Kaufvertrages und die Vertragsparteien, nicht aber die Liegenschaft unter Anführung der Einlagezahl und der Liegenschaftsanteile angeführt seien. Es sei aber keineswegs ausgeschlossen, daß am selben Tag zwischen denselben Parteien ein Kaufvertrag auch hinsichtlich einer anderen Liegenschaft abgeschlossen worden sei. Diese Zweifel könnten vom Rekursgericht nur durch Vergleich der in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angeführten Beglaubigungsregisterzahl mit dem Original des Kaufvertrages, allenfalls mit der in der Urkundensammlung des Erstgerichtes erliegenden beglaubigten Abschrift beseitigt werden. Die Einleitung eines Zwischenverfahrens zwecks Vorlage des Kaufvertrages an das Rekursgericht sei jedoch nach der zitierten Rechtsprechung unzulässig. Dem Rekurs der Antragstellerin sei somit ein Erfolg zu versagen gewesen.

Der Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses wurde mit dem Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Notwendigkeit der Vorlage sämtlicher Urkunden aus Anlaß des Gesuches um Anmerkung der Rechtfertigung des vorgemerkten Rechts begründet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil der Wert des Entscheidungsgegenstandes tatsächlich 50.000 S übersteigt (§ 126 Abs 1 GBG iVm § 13 Abs 2 AußStrG und § 60 Abs 2 JN) und die Entscheidung von der zu der genannten Rechtsfrage ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht; er ist auch berechtigt.

Mit der Frage, wie ein gemäß § 160 BAO vorgemerktes Eigentumsrecht zu rechtfertigen ist, hat sich der Oberste Gerichtshof - ohne daß dies den Vorinstanzen bekannt werden konnte - bereits befaßt (vgl die in AGS, NZ 1992/231 veröffentlichte Entscheidung 5 Ob 124/91; 5 Ob 39/92). Die dort dargelegten Grundsätze gelten auch für den vorliegenden Fall:

Die Vormerkung eines Rechts im Grundbuch bewirkt einen bedingten Rechtserwerb (§ 438 ABGB, § 8 Z 2 GBG) nach Maßgabe der späteren Rechtfertigung (§ 40 GBG). Wie diese Rechtfertigung erfolgt, richtet sich nach den einzelnen im Gesetz zugelassenen Vormerkungen (§§ 35 bis 39 GBG; vgl auch §§ 41 bis 45 GBG). Wie dies bei der im § 160 BAO geregelten Vormerkung zu geschehen hat, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Aus den Bestimmungen der §§ 41 bis 45 GBG ergibt sich, daß die Rechtfertigung durch den Nachweis des Vorliegens jener Urkunden oder der Urkunden mit jenen besonderen Erfordernissen zu erfolgen hat, deren Fehlen den Grund dafür bildete, daß statt der Einverleibung nur die bedingte Eintragung des Rechts möglich war. Daß diese Urkunden dem Gesuch um Anmerkung der Rechtfertigung im Original beizulegen sind, weil ja auf Grund dieser Urkunden die Eintragung der Rechtfertigung erfolgen soll (§ 87 Abs 1 GBG), bedarf keiner weiteren Erörterung. Ob auch jene Urkunden wieder vorzulegen sind, die bereits zur Bewilligung der Vormerkung geführt haben, muß aus jenen Gesetzesbestimmungen erschlossen werden, die sicherstellen sollen, daß das letztlich eingetragene Recht auf formell und inhaltlich unzweifelhaften Grundlagen beruht (§§ 31 ff GBG 94 GBG). Unter welchen Voraussetzungen eine Vormerkung für gerechtfertigt anzusehen ist, entscheidet das Grundbuchsgericht (§ 46 GBG). Da das unbedingte Recht auf Grund der Rechtfertigung - rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einreichung des zur Vormerkung führenden Grundbuchsgesuches (SZ 28/17) - nur Umfang der Rechtfertigung erworben wird (§ 40 GBG), ist in jedem einzelnen Fall auch der Umfang des von der Rechtfertigung erfaßten Rechts zu prüfen. Eine allgemein gültige, alle Fälle der Vormerkung erfassende Aussage, welche Urkunden dafür erforderlich sind, ist somit nicht möglich. Ob die Urkunden, die der Bewilligung der Vormerkung zugrundelagen, dem Rechtfertigungsgesuch neuerlich beizulegen sind, oder ob es genügt, nur jene Urkunden bzw die Urkunden in der für den unbedingten Rechtserwerb erforderlichen Form vorzulegen, hängt davon ab, ob sich aus dem die Bewilligung der Vormerkung betreffenden Grundbuchsakt ergibt, warum nur die Vormerkung und nicht schon die Eintragung des unbedingten Rechtserwerbs bewilligt werden konnte. Sind diesem Akt im einzelnen die der Einverleibung des Rechts entgegenstehenden Mängel zu entnehmen und geht aus diesem Akt auch nicht hervor, daß andere der Rechtfertigung bedürftige Mängel vorhanden waren, so reicht es zum Nachweis der Rechtfertigung der Vormerkung und der Beurteilung ihres Umfanges aus, wenn bloß die Urkunden bzw die Urkunden in der erforderlichen Form vorgelegt werden, deren Fehlen bisher dem unbedingten Eintrag entgegenstand. Die übrigen Voraussetzungen des Rechtserwerbs, die ja vom Grundbuchsgericht anläßlich der Bewilligung der Vormerkung geprüft wurden, bedürfen keiner weiteren Abklärung, weil ihr Vorliegen - bezogen auf den Zeitpunkt der Einbringung des ersten Grundbuchsgesuches - zwischen den am Rechtserwerb beteiligten Personen ja rechtskräftig feststeht. Zu beurteilen ist nur mehr die Frage, ob die offen gebliebene Bedingung erfüllt ist.

Im vorliegenden Fall ist dem Akt über die Bewilligung der Vormerkung des Eigentumsrechtes der Antragstellerin zu entnehmen, daß der unbedingte Rechtserwerb, also die Einverleibung des Eigentumsrechtes, möglich gewesen wäre, hätte nicht die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes in Ansehung des (letzten) Schenkungsvertrages vom 3. Oktober 1991 gefehlt. Auch gegen die vom Rekursgericht in Zweifel gezogene Zuordnung der nunmehr vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Salzburg zu dem Schenkungsvertrag vom 3.Oktober 1991, auf den sich der bedingte Eigentumserwerb der Antragstellerin gründet, bestehen keine Bedenken, weil die Unbedenklichkeitsbescheinigung sowohl das Datum des zur Gebührenbemessung angezeigten Schenkungsvertrages (3.Oktober 1991) als auch die Vertragspartner (Dr.Hans S***** und Eva Maria S*****) sowie den Namen und die Geschäftszahl des Vertragserrichters (Dr.Georg Zakrajsek, Zl.3804/91) nennt und an den Vertreter der Geschenknehmerin (Antragstellerin) adressiert ist. Damit erscheint die Möglichkeit, daß nicht der dem Vormerkungsgesuch angeschlossene Schenkungsvertrag vom 3.Oktober 1991, der all diese Angaben enthält, sondern ein anderer Vertrag gleichen Datums und mit denselben Parteien die steuerliche Unbedenlichkeitsbescheinigung erhalten haben könnte, praktisch ausgeschlossen. Dem Erstgericht stand der die Vormerkung betreffende Akt zur Verfügung, sodaß es gar keiner den Grundbuchsrang beeinflussenden Zwischenerledigung bedurfte, um sich die notwendigen Entscheidungsgrundlagen für die Bewilligung oder Ablehnung der jetzt begehrten Grundbuchseintragung zu beschaffen. Auch das Rekursgericht wäre durch die Vorschrift des § 95 Abs 1 GBG nicht gehindert gewesen, sich den Grundbuchsakt über die Bewilligung der Vormerkung vorlegen zu lassen, weil es keine unzulässige Zwischenerledigung darstellt, wenn bei der Überprüfung eines Grundbuchsbeschlusses alle jene Entscheidungsgrundlagen beschafft werden, die schon das Erstgericht zu beachten hatte (vgl NZ 1978, 108; NZ 1990, 43; 5 Ob 39/92). Selbst einer Aktenbeischaffung in dritter Instanz stand aus diesen Erwägungen nichts im Wege.

Im vorliegenden Fall kann an Hand einer einzigen Urkunde, nämlich der nachgereichten Unbedenklichkeitsbescheinigung betreffend den Schenkungsvertrag zwischen Dr.Hans S*****und Eva Maria S***** beurteilt werden, ob der Antragstellerin - rückbezogen auf den Zeitpunkt des Einlangens ihres Grundbuchsgesuches um Vormerkung - unbedingtes Eigentum an der ihr geschenkten Liegenschaft zu verschaffen ist. Einer neuerlichen Überprüfung der dem Vormerkungsgesuch zugrunde liegenden Verträge (Kaufvertrag zwischen Dr.Susan D*****und Maria S*****und Schenkungsverträge zwischen Maria S*****und Dr.Hans S*****sowie Dr.Hans S*****und Eva Maria S*****) bedurfte es nicht mehr. Es bestand daher für die Antragstellerin auch nicht mehr die Notwendigkeit, dem Grundbuchsgericht die genannten Verträge neuerlich vorzulegen, um den Eintritt der einzigen noch ausstehenden Bedingung und damit den unbedingten Rechtserwerb nachzuweisen (ebenso im Ergebnis Dittrich-Peiffer, Muster für Grundbuchsanträge, Nr. 35 und 36, und Grundbuchsrecht-kurz gefaßt, 63).

Damit erweist sich der Revisionsrekurs als berechtigt, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Bewilligung der begehrten Anmerkung (Bartsch, Grundbuchsrecht7, 461; Feil, GBG Kurzkommentar, 203) und Löschung des gegenstandslos gewordenen Beisatzes im C-Blatt abzuändern waren.

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