Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die Entscheidungen der Vorinstanzen werden wie folgt abgeändert:
Auf Grund der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien vom 3.Oktober 1991, GZ 91/822.812-2, zum Kaufvertrag vom 19./28.Juni 1991 werden in der EZ ***** des Grundbuches ***** I*****
1. im Eigentumsblatt zu B-LNR 37, Anteil 119/3203, die Anmerkung der Rechtfertigung des vorgemerkten Eigentumsrechtes für Gerhard P*****, geboren am 12.April 1940, und
2. im Lastenblatt zu C-LNR 21 die Löschung der gegenstandslos gewordenen Wortfolge "gegen den vorgemerkten Eigentümer B-LNR 37 d" bewilligt.
Hievon werden verständigt:
- 1. Helmut F*****, Cafetier, ***** Wien, P*****gasse 9;
- 2. Gerhard P*****, Cafetier, ***** Wien, F*****straße 25/69;
- 3. Dr. Gustav Etzl, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Freyung 6/11/5a;
- 4. Wohnhaus-Wiederaufbaufonds pA. Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, 1010 Wien, Stubenring 1, betreffend das WWF-Darlehen vom 24.September 1963, als erster Pfandgläubiger;
- 5. K***** AG, ***** Wien, O*****gasse 20 b;
- 6. Finanzamt 1153 Wien, Ullmannstraße 54;
- 7. Magistrat der Stadt Wien, MA 40.
Text
Begründung
Im Grundbuch ***** I***** ist im Eigentumsblatt des mit Wohnungseigentum an einem Geschäftslokal verbundenen Anteils 37, der 119/3203 Anteile der Gesamtliegenschaft umfaßt, das Eigentumsrecht für Helmut F***** einverleibt und für den Antragsteller vorgemerkt. Im Lastenblatt dieser Liegenschaft ist unter C-LNR 21 eine Höchstbetragshypothek für den K***** gegen den vorgemerkten Eigentümer einverleibt. Grundlage der Eigentumsvormerkung war ein Kaufvertrag vom 28.Juni 1991.
Am 8.Oktober 1991 legte der vorgemerkte Eigentümer dem Grundbuchsgericht die Unbedenklichkeitsbescheinigung zum Kaufvertrag vom 28.Juni 1991 vor (GZ 91/822.812-2 des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien) und beantragte die Anmerkung der Rechtfertigung seines Eigentums sowie die Löschung der gegenstandslos gewordenen Wortfolge "gegen den vorgemerkten Eigentümer B-LNR 37 d" in C-LNR 21 des Lastenblattes.
Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß mit der Unbedenklichkeitsbescheinigung auch die der Vormerkung zugrundegelegten Originalurkunden hätten vorgelegt werden müssen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß mit dem Beisatz, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte aus:
Nach der Praxis der Instanzgerichte (E 5 zu § 87 GBG, MGA3), die auch von der Lehre gebilligt werde (Bartsch, GBG6, 64 f; Marent, Grundbuchsrecht, 50), müßten zur Rechtfertigung einer Vormerkung auch jene Urkunden wieder im Original vorgelegt werden, die seinerzeit der Bewilligung der Vormerkung zugrundelagen. Von diesem Erfordernis könne auch bei einer bloßen Anmerkung der Rechtfertigung nicht abgegangen werden, weil es sich materiell um die Einverleibung des Rechtes im Range der Vormerkung handle. Die besondere Vormerkung nach § 160 BAO in der Fassung BGBl.1980/151 mache davon keine Ausnahme, weil das Fehlen der Unbedenklichkeitsbescheinigung unter § 35 GBG zu subsumieren sei und daher die Rechtfertigung gemäß § 41 lit.a GBG zu erfolgen habe. Diese Gesetzesbestimmung verlange zur Rechtfertigung eine zur Einverleibung geeignete Erklärung dessen, gegen den die Vormerkung bewirkt worden ist. Mit der bloßen Vorlage der fehlenden Urkunde sei es daher nicht getan.
Darüber hinaus habe das Grundbuchsgericht gemäß § 95 Abs.1 GBG über jedes Grundbuchsgesuch ohne Einvernehmung der Parteien und in der Regel (§§ 88, 89 GBG) ohne Zwischenerledigung in der Sache zu entscheiden. Dies gelte auch für das Rekursgericht (E 5 zu § 95 GBG; MGA3). Nun sei für das Rekursgericht aus der vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht zweifelsfrei zu erkennen, ob die Urkunde tatsächlich jenen Vorgang betrifft, der zur Vormerkung des Eigentumsrechtes des Antragstellers geführt hat. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung gebe nämlich lediglich das Datum des Kaufvertrages sowie die Vertragsparteien wieder, ohne den Vertragsgegenstand genau zu bezeichnen. Um sie eindeutig der fraglichen Vormerkung zuordnen zu können, sei die Einsicht in das Original der Titelurkunde, allenfalls in die Urkundensammlung, unerläßlich. Die Einleitung eines Zwischenverfahrens zwecks Vorlage der Titelurkunde an das Rekursgericht sei jedoch unzulässig.
Der Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses wurde damit begründet, daß noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob dem Gesuch um Anmerkung der Rechtfertigung eines vorgemerkten Rechts auch alle der Vormerkung zugrunde liegenden Urkunden anzuschließen sind.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, weil der Wert des Entscheidungsgegenstandes (wie mittlerweile erhoben wurde) tatsächlich S 50.000 übersteigt (§ 126 Abs 1 GBG iVm § 13 Abs.2 AußStrG und § 60 Abs.2 JN) und die Entscheidung von der bereits erwähnten erheblichen Rechtsfrage abhängt; er ist in der Sache auch berechtigt.
Mit der Rechtsfrage, wie ein gemäß § 160 BAO vorgemerktes Eigentumsrecht zu rechtfertigen ist, hat sich der Oberste Gerichtshof - ohne daß dies den Vorinstanzen hätte bekannt sein können - erst jüngst befaßt (5 Ob 124/91). Die dort dargelegten Grundsätze gelten auch für den gegenständlichen Fall:
Auszugehen ist davon, daß die Vormerkung eines Rechts im Grundbuch zu einem bedingten Rechtserwerb (§ 438 ABGB iVm § 8 Z 2 GBG) nach Maßgabe der späteren Rechtfertigung führt (§ 40 GBG). Wie diese Rechtfertigung zu erfolgen hat, richtet sich nach den einzelnen im Gesetz zugelassenen Vormerkungen (§§ 35 bis 39 GBG; vgl. auch §§ 41 bis 45 GBG).
Für den in § 160 BAO geregelten Sonderfall einer Vormerkung mangels Vorliegens der Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält das Gesetz keine ausdrückliche Vorschrift über die Art und Weise der Rechtfertigung. Aus den Bestimmungen der §§ 41 bis 45 GBG ergibt sich, daß die Rechtfertigung durch die Vorlage jener Urkunden oder der Urkunden mit jenen besonderen Erfordernissen zu erfolgen hat, deren Fehlen den Grund dafür bildete, daß statt der Einverleibung nur die bedingte Eintragung des Rechts bewilligt werden konnte. Daß diese Urkunden dem Gesuch um Anmerkung der Rechtfertigung im Original beizulegen sind, weil ja auf Grund dieser Urkunden die Eintragung der Rechtfertigung erfolgen soll (§ 87 Abs.1 GBG), bedarf keiner weiteren Erörterung. Ob auch jene Urkunden wieder vorzulegen sind, die bereits zur Bewilligung der Vormerkung geführt haben, muß aus jenen Gesetzesbestimmungen geschlossen werden, die sicherstellen sollen, daß das letztlich eingetragene Recht auf formell und inhaltlich unzweifelhaften Grundlagen beruht (§§ 31 ff GBG; § 94 GBG).
Unter welchen Voraussetzungen eine Vormerkung für gerechtfertigt anzusehen ist, entscheidet das Grundbuchsgericht (§ 46 GBG). Da das unbedingte Recht auf Grund der Rechtfertigung - rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einreichung des zur Vormerkung führenden Grundbuchsgesuches (SZ 28/170) - nur im Umfang der Rechtfertigung erworben wird (§ 40 GBG), ist in jedem einzelnen Fall auch der Umfang des von der Rechtfertigung erfaßten Rechts zu prüfen. Eine allgemein gültige, alle Fälle der Vormerkung erfassende Aussage, welche Urkunden dafür erforderlich sind, ist somit nicht möglich. Ob die Urkunden, die der Bewilligung der Vormerkung zugrunde lagen, dem Rechtfertigungsgesuch neuerlich beizulegen sind, oder ob es genügt, nur jene Urkunden bzw. die Urkunden in der für den unbedingten Rechtserwerb erforderlichen Form vorzulegen, hängt davon ab, ob sich aus dem die Bewilligung der Vormerkung betreffenden Grundbuchsakt ergibt, warum nur die Vormerkung und nicht schon die Eintragung des unbedingten Rechtserwerbs bewilligt werden konnte. Sind diesem Akt im einzelnen die der Einverleibung des Rechts entgegenstehenden Mängel zu entnehmen und geht aus ihm auch hervor, daß andere der Rechtfertigung bedürftige Mängel nicht vorhanden waren, so reicht es zum Nachweis der Rechtfertigung der Vormerkung und Beurteilung ihres Umfangs aus, wenn bloß die Urkunden bzw. die Urkunden in der erforderlichen Form vorgelegt werden, deren Fehlen bisher der unbedingten Eintragung entgegenstand. Die übrigen Voraussetzungen des Rechtserwerbs, die ja das Grundbuchsgericht anläßlich der Bewilligung der Vormerkung zu prüfen hatte, bedürfen keiner weiteren Abklärung, weil ihr Vorliegen - bezogen auf den Zeitpunkt der Einbringung des ersten Grundbuchsgesuches - zwischen den am Rechtserwerb beteiligten Personen rechtskräftig feststeht. Zu beurteilen ist nur noch, ob die offen gebliebene Bedingung erfüllt ist.
Im vorliegenden Fall ist dem Akt über die Bewilligung der Vormerkung des Eigentumsrechtes des Antragstellers zu entnehmen, daß der unbedingte Rechtserwerb, also die Einverleibung des Eigentumsrechtes, möglich gewesen wäre, hätte nicht die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes gefehlt. Auch gegen die vom Rekursgericht in Zweifel gezogene Zuordnung der nunmehr vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigung zu jenem Kaufvertrag vom 28. Juni 1991, auf den sich der bedingte Eigentumserwerb des Antragstellers gründet, bestehen keine Bedenken, weil die Unbedenklichkeitsbescheinigung sowohl das Datum des zur Gebührenbemessung angezeigten Kaufvertrags (28.6.1991) als auch die Vertragsparteien nennt und an den Vertreter des Käufers (Antragstellers) adressiert ist. Damit ist die Möglichkeit, daß nicht der dem Vormerkungsgesuch angeschlossene Kaufvertrag, sondern ein anderer Kaufvertrag gleichen Datums und mit denselben Parteien die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten haben könnte, praktisch auszuschließen. Dem Erstgericht stand der die Vormerkung betreffene Akt zur Verfügung, sodaß es gar keiner den Grundbuchsrang beeinflussenden Zwischenerledigung bedurfte, um sich die notwendigen Entscheidungsgrundlagen für ie Bewilligung oder Ablehnung der jetzt begehrten Grundbuchseintragung zu beschaffen. Auch das Rekursgericht wäre durch die Vorschrift des § 95 Abs 1 GBG nicht gehindert gewesen, sich den Grundbuchsakt über die Bewilligung der Vormerkung vorlegen zu lassen, weil es keine unzulässige Zwischenerledigung darstellt, sich bei der Überprüfung eines Grundbuchsbeschlusses alle jene Entscheidungsgrundlagen zu beschaffen, die schon das Erstgericht zu beachten hatte (vgl. NotZ 1978, 108; NotZ 1990, 43). Selbst einer Aktenbeischaffung in dritter Instanz stand aus diesen Erwägungen nichts im Wege.
Es liegt somit der Fall vor, daß an Hand einer einzigen Urkunde (der nachgereichten Unbedenklichkeitsbescheinigung) beurteilt werden kann, ob dem Antragsteller - rückbezogen auf den Zeitpunkt des Einlangens seines Grundbuchsgesuches um
Vormerkung - unbedingtes Eigentum an der käuflich erworbenen Liegenschaft zu verschaffen ist. Einer neuerlichen Überprüfung des dem Vormerkungsgesuch zugrunde liegenden Kaufvertrages bedurfte es nicht mehr. Der Antragsteller war nicht gehalten, dem Grundbuchsgericht den Kaufvertrag neuerlich vorzulegen, um den Eintritt der einzigen noch ausstehenden Bedingung und damit den unbedingten Rechtserwerb nachzuweisen (ebenso im Ergebnis Dittrich - Pfeiffer, Muster für Grundbuchsanträge, Nr.35 und 36, und Grundbuchsrecht - kurz gefaßt, 63).
Damit erweist sich der Revisionsrekurs als berechtigt, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Bewilligung der begehrten Anmerkung (Bartsch, Grundbuchsrecht7, 461; Feil, GBG,
203) und Löschung des gegenstandslos gewordenen Beisatzes in C-LNR 21 abzuändern waren.
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