OGH 6Ob538/92

OGH6Ob538/929.4.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Abhandlung der Verlassenschaft nach der am 3.Januar 1988 gestorbenen Johanna Maria T*****, wegen des Antrages der erbserklärten Erbin Ingeborg B*****, vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, auf Auswechslung der Person des Verlassenschaftskurators infolge Revisionsrekurses der erbserklärten Erbin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 26.Februar 1992, AZ 43 R 756/91 (ON 102), womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 4.November 1991, GZ 17 A 22/88-94, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 3.Januar 1988 im 66.Lebensjahr als Witwe verstorbene Erblasserin war Mehrheitseigentümerin zweier Liegenschaften.

Die Tochter ihres vorverstorbenen Ehemannes gab zum gesamten Nachlaß aufgrund einer außergerichtlichen mündlichen letztwilligen Erklärung der Erblasserin, daß ihre Stieftochter "alles erben", daß dieser nach ihrem Tod "alles gehören" solle, eine unbedingte Erbserklärung ab. Das Abhandlungsgericht wies zwar diese Erbserklärung nicht zurück, erklärte aber das Erbrecht der Stieftochter aufgrund der Aktenlage als nicht ausgewiesen (Näheres kann der Sachverhaltsdarstellung in der Entscheidung vom 22.Februar 1990, 6 Ob 533/90 = ON 52 entnommen werden).

Die Tochter einer Cousine der Erblasserin erklärte sich aufgrund des Gesetzes mit dem Vorbehalt der Haftungsbeschränkung im Sinne des § 802 ABGB als Erbin. Über diese Erbserklärung hat das Abhandlungsgericht noch nicht entschieden. Über den Teilnahmeanspruch anderer Seitenverwandter der Erblasserin an der Abhandlung steht eine abhandlungsgerichtliche Beurteilung noch aus.

Die Stieftochter meldete im Juli 1990 in ihrer behaupteten Eigenschaft als Nacherbin nach ihrem 1981 gestorbenen Vater den Anspruch auf Herausgabe der eingangs erwähnten Liegenschaftsanteile an. Sie behauptete dazu, ihr Vater habe sie in der von ihr erst im Mai 1990 aufgefundenen, mit 6.Oktober 1964 datierten eigenhändig geschriebenen letztwilligen Anordnung zu seiner Nacherbin nach der als Vorerbin eingesetzten nunmehrigen Erblasserin berufen.

Die erbserklärte gesetzliche Erbin anerkannte in ihrer Stellungnahme den angemeldeten Anspruch nicht.

Die Stieftochter der Erblasserin brachte als Nacherbin ihres Vaters eine die erwähnten Liegenschaftsanteile betreffende Klage gegen die Verlassenschaft nach ihrer Stiefmutter an.

Das Abhandlungsgericht bestellte hierauf einen Notariatssubstituten zum "Verlassenschaftskurator als Kollisionskurator in der....Rechtssache der...." (erbserklärten Stieftochter) "....wider die Verlassenschaft....".

Der Kurator berichtete dem Abhandlungsgericht über die Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Prozeßbevollmächtigten der Verlassenschaft im Herausgabestreit.

Nach Erstattung der Klagebeantwortung stellte die Stieftochter der Erblasserin im Hinblick auf den Inhalt der Klagebeantwortung den Antrag, anstelle des Notariatssubstituten eine andere Person zum Kurator der Verlassenschaft zu bestellen. Sie erachtete das Bestreitungsvorbringen als mutwillig und grob unrichtig.

Das Abhandlungsgericht wies den auf Kuratorwechsel abzielenden Antrag ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt. Überdies sprach das Rekursgericht aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zur Stellung der erbserklärten Erbin merkte das Rekursgericht an, daß es ungeachtet des iS der Entscheidung SZ 28/208 grundsätzlich anzuerkennenden Rekursrechtes der erbserklärten Erbin dieser als Prozeßgegnerin der Verlassenschaft nicht zugestanden werden dürfe, die Prozeßführung soweit unter ihre Kontrolle zu bringen, daß alle Verfahrensschritte der Prozeßgegnerin von ihr abhängig würden. Im übrigen befand das Rekursgericht den Antrag auf Kuratorwechsel als nicht berechtigt.

Die erbserklärte Erbin und Prozeßgegnerin der Verlassenschaft ficht die bestätigende Rekursentscheidung wegen einer iS des § 14 Abs 1 AußStrG als qualifiziert angesehenen unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem Abänderungsantrag im Sinne des erstinstanzlichen Antrages an.

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsmittelwerberin gebricht es wegen bestehender Interessenkollision an der Rechtsmittelbefugnis.

Der Oberste Gerichtshof hat in der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung SZ 28/208 die Ansicht ausgesprochen, daß ein erbserklärter Erbe zur Anfechtung eines abhandlungsgerichtlichen Beschlusses legitimiert sei, mit dem dem Verlassenschaftskurator die Ermächtigung zur Klagsführung gegen den Erben erteilt werde, weil die Überprüfung der Zweckmäßigkeit einer mit dem Prozeßkostenrisiko behafteten Rechtsverfolgung der Verlassenschaft im unmittelbaren, schutzwürdigen Interesse eines erbserklärten Erben liege. In seiner Entscheidung vom 17.Februar 1981, 2 Ob 581, 582/80, hat der Oberste Gerichtshof diese seine Ansicht ohne zusätzliche Argumente aufrecht erhalten.

Im gegebenen Anlaßfall kann die in den zitierten Entscheidungen bejahte Frage dahingestellt bleiben, ob einem erbserklärten Erben als Bewerber um die Einweisung in den Besitz der Verlassenschaft und möglichem wahren Rechtsnachfolger des Erblassers insoweit Beteiligtenstellung und Rechtsmittelbefugnis zuzuerkennen sei, als das Abhandlungsgericht zu erheben und zu entscheiden hat, ob die durch einen Kurator vertretene Verlassenschaft Sonderansprüche gegen den Erben verfolgen oder von diesem gegen die Verlassenschaft erhobene Sonderansprüche bestreiten solle. Nach dem von der Stieftochter der Erblasserin gestellten Enthebungsantrag ist nur die Person des Verlassenschaftskurators und dessen Prozeßführungstaktik, nicht aber die Anspruchsbestreitung und Prozeßführung als solche Entscheidungsgegenstand. In dieser Hinsicht verdrängt die Stellung des Prozeßgegners der Verlassenschaft jene des Erbansprechers. Das Abhandlungsgericht hat dies in seinem Bestellungsbeschluß mit der Wendung vom "Verlassenschaftskurator als Kollisionskurator" zum Ausdruck gebracht. Der Sache nach wurde damit hervorgehoben, daß die Kuratorbestellung nicht bloß deshalb erfolge, weil es an den Voraussetzungen für eine Überlassung der Verwaltung und Besorgung der vertretungsbedürftigen Verlassenschaft an einen Erben gebreche, sondern vor allem deshalb, weil die Stieftochter der Erblasserin wegen des in ihrer Person bestehenden Interessenwiderstreites aus der Anwartschaft auf die Besitzeinweisung in das gesamte Nachlaßvermögen einerseits und dem Sonderanspruch als Nacherbin gegen die Verlassenschaft als Vorerbin andererseits zur Wahrung der Verlassenschaftsinteressen ungeeignet erscheine.

Aus diesem Grunde kommt der erbserklärten Erbin als Prozeßgegnerin der Verlassenschaft tatsächlich keine Einflußnahme auf die Person des für die Verlassenschaft bestellten Kurators sowie auf dessen Prozeßführungstaktik zu. Die Sonderinteressen der erbserklärten Erbin an der Verfolgung des von ihr behaupteten Anspruches gegenüber der Verlassenschaft verdrängen in diesem Umfang ihr grundsätzlich schutzwürdiges Interesse an einer zweckmäßigen, raschen und kostensparenden Verwaltung des Nachlaßvermögens bis zur Einantwortung. Das benimmt der Rechtsmittelwerberin die Anfechtungsbefugnis in Ansehung einer Entscheidung über die Person des für die Verlassenschaft bestellten Kurators.

Der außerordentliche Revisionsrekurs war aus dieser Erwägung zurückzuweisen.

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