OGH 2Ob497/55

OGH2Ob497/5528.9.1955

SZ 28/208

Normen

Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §9

 

Spruch:

Wenn der Verlassenschaftskurator gerichtlich ermächtigt wird, einen Prozeß gegen einen erbserklärten Erben zu führen, kommt diesem Erben zwar nicht als künftigem Prozeßgegner, wohl aber wegen seiner Erbeneigenschaft ein Rekursrecht gegen die Klagsermächtigung zu.

Entscheidung vom 28. September 1955, 2 Ob 497/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Im Verlassenschaftsverfahren nach der am 24. September 1952 verstorbenen Clara H. haben Dr. Johannes K. die bedingte Erbserklärung auf Grund des Testamentes und Ernst P. die bedingte Erbserklärung auf Grund des Gesetzes abgegeben. Zwischen beiden erbserklärten Erben ist nach der Aktenlage ein Erbrechtsstreit anhängig.

Zur Vertretung der Verlassenschaft wurde vom Abhandlungsgericht mit Beschluß vom 26. April 1955 Dr. Friedrich W. als Verlassenschaftskurator bestellt.

Diesem Kurator wurde vom Erstgericht mit Beschluß vom 16. Mai 1955 die abhandlungsbehördliche Ermächtigung erteilt, gegen den Erben Dr. Johannes K. die Klage auf Zahlung eines Betrages von 10.000 S an die Verlassenschaft einzubringen.

Den dagegen von Dr. Johannes K. erhobenen Rekurs hat das Rekursgericht als unzulässig zurückgewiesen. Es steht auf dem Standpunkte, daß Dr. Johannes K. ein Rekursrecht nicht zustehe, weil er derjenige sei, gegen den sich die genehmigte Prozeßführung richten solle, und weil der Prozeßgegner nicht befugt sei, gegen die Genehmigung der Prozeßführung ein Rechtsmittel einzubringen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Erben Dr. Johannes K. Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Rekursgericht die sachliche Entscheidung über den Rekurs des Dr. Johannes K. gegen den erstgerichtlichen Beschluß auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Dem Rekurs des Dr. Johannes K. kommt Berechtigung zu.

Insofern er anführt, daß der Verlassenschaftskurator nur für einen gegen die Verlassenschaft geführten Kündigungsstreit bestellt worden sei, setzt er sich allerdings mit der Aktenlage in Widerspruch; denn mit Beschluß vom 26. April 1955 wurde Doktor Friedrich W., nachdem dessen von Dr. K. beantragte Enthebung abgelehnt worden war, ausdrücklich zur Vertretung der Verlassenschaft "im Rahmen des § 78 AußStrG." bestellt. Dieser auch dem Vertreter des Dr. K. zugestellte Beschluß blieb nach der Aktenlage von ihm unangefochten.

Der Verlassenschaftskurator kann daher ohne weiteres zur Führung eines Prozesses als Vertreter der Verlassenschaft ermächtigt werden.

Dem Rekursgerichte ist auch darin beizustimmen, daß nach der ständigen Judikatur der Prozeßgegner nicht gemäß § 9 AußStrG. befugt ist, gegen die Genehmigung der Prozeßführung ein Rechtsmittel einzubringen (vgl. 2 Ob 472/51, 2 Ob 514/53, 1 Ob 266/53 u. a.).

Als Prozeßgegner ist Dr. Johannes K. also nicht rekursberechtigt.

Er ist aber nicht nur Prozeßgegner der Verlassenschaft in dem Prozesse, zu dessen Führung der Verlassenschaftskurator ermächtigt wurde, sondern auch erbserklärter Erbe. Wenn auch mit Rücksicht auf die widerstreitenden Erbserklärungen mit Recht ein Verlassenschaftskurator bestellt wurde (vgl. SZ. XIX 16 u. a.), so kann dem Rekurswerber als erbserklärtem Erben doch nicht das Recht abgesprochen werden, in dieser seiner Eigenschaft als erbserklärter Erbe gegen den Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes, mit welchem dem Kurator eine Klagsermächtigung erteilt wurde, gemäß § 9 AußStrG. zu rekurrieren. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß in dem in Betracht kommenden Prozesse er selbst, Prozeßgegner sein wird. Denn als erbserklärter Erbe ist er sehr wohl daran interessiert, ob der in Betracht kommende Prozeß für die Verlassenschaft, zu deren Lasten allenfalls Prozeßkosten erwachsen könnten, geboten und zweckmäßig ist.

Insofern also der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes dem Rekurswerber als erbserklärtem Erben - nicht als Prozeßgegner- die Rekursberechtigung abspricht, verletzt er das Gesetz in der Bestimmung des § 9 AußStrG. Er war daher aufzuheben und dem Rekursgerichte die sachliche Entscheidung über den Rekurs des Dr. Johannes K. als erbserklärten Erben gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom 16. Mai 1955 aufzutragen.

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