Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Gemeinschuldner haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 26.August 1991 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerinnen das Konkursverfahren eröffnet und Dr. Martin S***** zum Masseverwalter bestellt. Diesem wurde ein Gläubigerausschuß, bestehend aus dem K*****verband *****, dem A***** K*****verband, der Sparkasse in ***** und der Finanzprokuratur beigeordnet.
Am 4.10./7.11.1991 schloß der Masseverwalter mit Mag. Markus S***** einen Vertrag über die Verwertung der Konkursmasse ab. Mag. S***** übernahm in diesem Vertrag die Verwertung des Massevermögens im Namen der Masse, jedoch auf sein Risiko. Er wurde unabhängig von der Höhe des erzielten Verwertungserlöses verpflichtet, dem Masseverwalter bis 31.12.1992 jene Beträge zur Verfügung zu stellen, die er benötigt, um die Masseforderungen zu begleichen und an die Konkursgläubiger eine 20 %ige Quote auszubezahlen, insgesamt jedoch maximal 6,5 Mill. S. Ein allfälliger Überhang des Verwertungserlöses sollte Mag. S***** zur Abgeltung seiner Bemühungen und des übernommenen Risikos verbleiben.
Gegen die Stimme der Finanzprokuratur genehmigte der Gläubigerausschuß am 7.11.1991 diesen Vertrag. Der Masseverwalter verständigte das Konkursgericht am 12.11.1991 vom Beschluß des Gläubigerausschusses und ersuchte um Genehmigung des mit Mag. S***** abgeschlossenen Vertrages. Mit Beschluß vom 18.11.1991 genehmigte das Konkursgericht den Antrag des Masseverwalters.
Am 19.11.1991 erstattete die Finanzprokuratur gemäß § 89 Abs 4 KO einen Minderheitsbericht, in dem sie die Auffassung vertrat, das im Vertrag mit Mag. S***** vorgesehene Verwertungskonzept widerspreche den gemeinsamen Interessen der Konkursgläubiger. Weiters wurde der Antrag gestellt, die Ausführung des Beschlusses des Gläubigerausschusses vom 7.11.1991 gemäß § 95 Abs. 3 KO zu untersagen.
Gegen den Genehmigungsbeschluß erhob die Finanzprokuratur Rekurs. Dieser Rekurs sowie der Antrag auf Untersagung der Ausführung des Beschlusses der Gläubigerversammlung vom 7.11.1991 wurden vom Erstgericht zurückgewiesen. Das Erstgericht vertrat die Ansicht, den Mitgliedern des Gläubigerausschusses stünden nur jene Rechte zu, die in der Konkursordnung ausdrücklich festgelegt seien (§§ 95 Abs. 3 und 125 Abs. 2 KO). Darüber hinaus habe das einzelne Mitglied aber keine besonderen Rechte, weil ja der Gläubigerausschuß ein Kollegialorgan sei. Da die Anfechtung eines Beschlusses des Konkursgerichtes nicht ausdrücklich der Anfechtung durch den Gläubigerausschuß bzw dessen Mitglieder unterworfen wurde, sei auch die Erhebung eines Rekurses unzulässig. Ein im Gläubigerausschuß überstimmtes Mitglied könne nur einen Minderheitsbericht erstatten.
Über Rekurs der Finanzprokuratur hob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluß hinsichtlich der Zurückweisung des Rekurses der Finanzprokuratur auf und erteilte dem Erstgericht den Auftrag, diesen Rekurs vorzulegen; der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt.
Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, aus § 95 Abs. 3 KO ergebe sich, daß das einzelne Mitglied des Gläubigerausschusses Beschlüsse in Ausübung der Aufsichtspflicht nach § 95 KO anfechten könne. Da dem einzelnen Ausschußmitglied ein Antragsrecht eingeräumt worden sei, könne es nicht zweifelhaft sein, daß es auch die Entscheidung des Konkursgerichtes anfechten könne. Könne ein Mitglied des Gläubigerausschusses nicht schon mit einem Untersagungsantrag nach § 95 KO durchdringen, so werde ihm die Möglichkeit gegegeben, im Wege des Rekurses gegen die Nichtuntersagung seine die Interessen der Konkursgläubiger wahrende Auffassung doch noch durchzusetzen. In den Fällen des § 117 KO erübrige sich ein Untersagungsantrag nach § 95 KO deshalb, weil in diesen Fällen das Konkursgericht das Rechtsgeschäft ohnehin zusätzlich genehmigen müsse und dadurch die Gerichtsaufsicht gewährleistet sei. Auch hier müsse jedoch zur Vermeidung eines gravierenden Wertungswiderspruches dem einzelnen Ausschußmitglied ein Rekursrecht eingeräumt werden. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, einem Mitglied des Gläubigerausschusses in den weniger bedeutsamen Fällen des § 116 KO eine Anrufung des Gerichtes zweiter Instanz zu ermöglichen, dies aber in den Fällen des § 117 KO zu verweigern, lasse sich nicht finden.
Die Voraussetzungen für die Zulassung des Revisionsrekurses seien gegeben, weil zur Frage der Rekurslegitimation eines einzelnen Mitgliedes des Gläubigerausschusses in den Fällen des § 117 KO nach Inkrafttreten des IRÄG noch keine Rechtsprechung vorliege.
Gegen diesen Beschluß richten sich die Revisionsrekurse der Gemeinschuldner und des Masseverwalters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß ersatzlos aufzuheben.
In den Rechtsmitteln wird geltend gemacht, ein einzelnes Mitglied eines Gläubigerausschusses könne zwar einen Minderheitenbericht dem Konkursgericht vorlegen, darüber hinausgehende Rechte seien ihm aber durch das Gesetz nicht eingeräumt worden. Der Gläubigerausschuß handle ausschließlich als Kollegialorgan, das seine Beschlüsse mehrheitlich fasse. Die Verwertung des Massevermögens durch den Masseverwalter habe nach marktorientierten Grundsätzen möglichst rasch und frei von bürokratischen Hemnissen zu erfolgen, dieses Postulat vertrage sich nicht mit der Einräumung einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle wirtschaftlicher Entscheidungen. Die Bestimmungen der §§ 95 Abs. 4 und 118 Abs. 2 KO ermöglichten es dem Konkursgericht, in dringenden Fällen ohne die Befassung des Gläubigerausschusses, ja sogar gegen die Beschlüsse des Gläubigerausschusses oder gar der Gläubigerversammlung Verfügungen zu treffen. Damit habe der Gesetzgeber klargestellt, daß er die endgültige und letzte Kontrolle des Masseverwalters allein in die Hände des Konkursgerichtes legen wollte. Es sei untragbar, wenn sowohl die Masse als auch der Vertragspartner bis zum Ende des Rechtsmittelverfahrens, das von einem überstimmten Gläubigerausschußmitglied eingeleitet wurde, nicht wisse, ob der gegenständliche Vertrag rechtswirksam werde oder nicht. Von der Rechtsprechung sei auch den Gläubigern und dem Gemeinschuldner kein Rechtsmittel gegen eine freihändige Veräußerung eingeräumt worden, es sei daher systemwidrig, einem einzelnen Mitglied eines Kontrollorganes, das als solches nicht wirtschaftlich betroffen sei, weitergehende Rechte einzuräumen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz gerichteten Revisionsrekurse sind zwar zulässig, weil die hier aufgeworfene Frage durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung seit der durch das IRÄG geschaffenen neuen Rechtslage nicht beantwortet wurde; die Rechtsmittel sind aber nicht berechtigt.
Wie der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung 8 Ob 12/91 ausgeführt hat, ist die Verwertung der Konkursmasse grundsätzlich Aufgabe des Masseverwalters. In den Fällen der §§ 116 und 117 KO sind jedoch die zur Verwertung notwendigen Rechtsgeschäfte mit Rücksicht auf ihre Eigenart und in ihrer Bedeutung auch danach abgestuft, der Genehmigung weiterer Konkursorgane vorbehalten. Das ist in erster Linie der Gläubigerausschuß, in den Fällen des § 117 KO zusätzlich auch das Konkursgericht. Diesen Organen hat das Gesetz die Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Konkursgläubiger und ihnen gleichwertiger anderer wichtiger Gründe zur Pflicht gemacht. In der Neufassung des § 95 Abs. 3 KO durch das IRÄG wurde die Antragstellung auf Untersagung der Ausführung von Beschlüssen des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung durch das Konkursgericht auf die Person des Masseverwalters und des einzelnen Mitgliedes des Gläubigerausschusses beschränkt und damit unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, daß dem einzelnen Konkursgläubiger im Verwertungsverfahren kein Mitwirkungsrecht zusteht. Im Verwertungsverfahren sind antrags- und mitwirkungsberechtigt aber nicht nur die Organe des Konkursverfahrens, sondern - zur Wahrung des Minderheitenschutzes im Kreis der Gläubiger (AB 1147 BlgNR 15.GP 24) - auch die einzelnen Mitglieder des Gläubigerausschusses (8 Ob 33/88 = teilweise veröffentlicht in WBl 1989, 132; 8 Ob 12/91; 8 Ob 33/90). Der vom Gesetzgeber gewünschte Schutz der Minderheiten im Kreis der Gläubiger ist aber nur dann gewährleistet, wenn den überstimmten Mitgliedern des Gläubigerausschusses auch das Recht eingeräumt wird, nach § 117 KO ergangene Beschlüsse des Konkursgerichtes anzufechten. Gerade in solchen Fällen kommt ja, wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, eine Antragstellung nach § 95 Abs. 3 KO nicht in Frage, weil der Beschluß des Gläubigerausschusses zu seiner Wirksamkeit ohnedies der Zustimmung des Konkursgerichtes bedarf (Bartsch-Pollak, KO3, Anm 8 zu § 95). In einem solchen Fall könnten die überstimmten Mitglieder des Gläubigerausschusses lediglich einen Minderheitsbericht nach § 89 Abs. 4 KO verfassen, der aber, so wie dies auch im vorliegenden Fall geschehen ist, auch zu spät kommen kann. Es wäre, wie das Rekursgericht schon dargelegt hat, ein Wertungswiderspruch, würde man dem überstimmten Mitglied des Gläubigerausschusses einen Rekurs gegen die Ausführung eines Beschlusses des Gläubigerausschusses nach § 95 Abs. 3 KO einräumen, aber in den schwerwiegenderen Fällen des § 117 KO keine Rechtsmittelbefugnis gewähren. Es trifft zwar zu, daß das Gesamtkonzept des IRÄG darauf gerichtet ist, den Ablauf des Konkursverfahrens zu straffen, doch ist dieser Absicht der ebenfalls gewünschte Schutz der Minderheit im Kreis der Gläubiger gegenüberzustellen. Im Hinblick auf den überblickbaren Kreis der (überstimmten) Mitglieder des Gläubigerausschusses ist mit der Einräumung eines Rekursrechtes an diesen Personenkreis nicht mit unabsehbaren Verfahrensverzögerungen zu rechnen, sodaß den Revisionsrekursen ein Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 173 Abs. 1 KO.
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