OGH 8Ob638/90

OGH8Ob638/9028.11.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Wilhelm J*****, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Renate J*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 10. Mai 1990, GZ 44 R 271/90-43, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 5. März 1990, GZ 2 F 2/89-34, je teilweise bestätigt, abgeändert und aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die von den Parteien am 28. September 1978 geschlossene Ehe wurde mit dem (seit 1. April 1989 rechtskräftigen) Urteil des Erstgerichtes vom 27. Februar 1989 aus dem Verschulden des Mannes geschieden; die Lebensgemeinschaft der Parteien war seit Februar 1985 infolge Auszugs des Mannes aus der Ehewohnung aufgehoben. Die der Ehe entstammenden Kinder Miriam, geboren am 21. März 1979, und Paul, geboren am 15. Februar 1983, befinden sich in Obsorge der Frau.

Vor der Eheschließung unterhielten die Parteien 5 Jahre lang in der Wiener Mietwohnung der Frau eine Lebensgemeinschaft. Die ursprünglich als Sekretärin berufstätige Frau gab im Jahr 1977 ihren Beruf wegen eines Sportunfalles auf. Der Mann gab ihr Kostgeld und kam auch für größere Einkäufe und für gemeinsame Urlaube im Rahmen der Lebensgemeinschaft auf. Im Jahr 1972 begann der Mann, auf der damals noch seinen Eltern gehörenden Liegenschaft in Perchtoldsdorf ***** mit Unterstützung seiner Verwandten und Bekannten nach teilweiser Abtragung, aber auch unter teilweiser Belassung des Altbaues ein als Ehewohnung bestimmtes Wohnhaus zu errichten. Bis zum Frühjahr 1974 war der Rohbau überdacht und mit Außenputz versehen. Ab diesem Zeitpunkt arbeitete auch die Frau bei der Fertigstellung der Innenarbeiten und Inneneinrichtung mit. Aufgrund des im Jahr 1977 verbücherten Übergabsvertrages vom 13. Dezember 1976 wurde der Mann Alleineigentümer der Liegenschaft *****; zugunsten seiner 1908 geborenen Mutter sind ein Veräußerungsverbot, die Reallast des Ausgedinges und ein Wohnungsrecht (im Altbau) im Grundbuch eingetragen. Das Wohnhaus ("Neubau") weist im Erdgeschoß ursprünglich für ein Heurigenlokal geplante Räumlichkeiten (zwei Schankräume, WC-Anlagen etc) auf, die später als Abstell- oder Wohnraum im Ausmaß von 95 m2 benutzt wurden, und im ersten Stockwerk eine Wohnung im Ausmaß von 122 m2, die als Ehewohnung diente. Der Wert des gesamten Neubaues beträgt S 4,000.000-. Der ortsübliche Mietzins für die im ersten Stock gelegene Wohnung beträgt S 7.320,--, für die Durchfahrt sowie Hof- und Gartenmitbenützung sind weitere S 500,-- monatlich zu veranschlagen. Einschließlich (Keller und) Erdgeschoß wäre ein Mietzins von insgesamt S 12.200 angemessen.

Die Frau blieb während der Ehe ohne eigenes Einkommen. Sie war mit der Haushaltsführung und der Erziehung der beiden Kinder beschäftigt. Der Mann verdiente zu Beginn der Ehe monatlich rund S 17.000,-- bis S 18.000 netto, sein Einkommen steigerte sich bis zur Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft auf rund S 20.000 bis S 21.000. Er trug bisher die mit S 3.100 monatlich veranschlagten Kosten der ehelichen Wohnung, die als Naturalleistung auf den Ehegatten- und Kindesunterhalt angerechnet wurden. Er zahlte der Frau ab 12. August 1987 monatlichen Unterhalt von S 5.500,--, ab 1. Februar 1989 in Höhe von 25 % seines mit mindestens S 26.800,-- monatlich netto angesetzten Einkommens (also über S 6.500,--) und für die beiden Kinder monatliche Unterhaltsbeiträge von S 3.300,-- bzw. S 2.400,--.

Während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft investierten die Parteien S 180.000,-- bis S 200.000,-- in die Ehewohnung, insbesondere einen Kachelofen im Wert von S 50.000,-- und eine Fertigteilsauna im Wert von S 20.000,--. Die Frau nahm aus ihrer Mietwohnung eine Wohnzimmereinrichtung, bestehend aus einem Wohnzimmerschrank, einem Eßtisch und sechs Sesseln mit; sie verwendete die für ihre Mietwohnung erzielte Ablöse im Betrag von S 20.000,-- bis S 30.000 für Möbelankäufe für die Ehewohnung. Von einem während der Ehe angesparten Guthaben von S 107.460,64 (zum 12. Dezember 1984) verbrauchte der Mann für sich allein im Zusammenhang mit seinem Auszug aus der Ehewohnung S 100.000 und die Frau (nach dem Auszug des Mannes) S 3.000. Kurz nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft verwertete die Frau einen gebrauchten PKW des Mannes mit dessen Zustimmung und verwendete den Kauferlös von S 7.000 bis S 8.000 für sich. Aus einer vom Mann mit Wirksamkeit ab 1. März 1972 geschlossenen Lebensversicherung entfällt ein Betrag von rund S 47.000 auf die Zeit der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft.

Der Mann lebt seit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit einer anderen Frau in deren rund 89 m2 großer Mietwohnung in Perchtoldsdorf in Lebensgemeinschaft. Er ist nicht mit Schulden belastet. Die in seinem Alleineigentum stehende Liegenschaft ist mit Ausnahme der zugunsten seiner Mutter auf Grund des Übergabsvertrages eingetragenen Rechte lastenfrei.

Der Mann beantragte, die Frau zur Räumung seiner, die Ehewohnung enthaltenden Liegenschaft ***** von ihren persönlichen Fahrnissen und den in ihrem Alleineigentum stehenden Einrichtungsgegenständen binnen einem Monat nach Rechtskraft der Entscheidung gegen Auflage einer Ausgleichszahlung von S 100.000 zu verpflichten, weil er diese Liegenschaft samt fertiggestellter Ehewohnung in die Ehe eingebracht habe, während der Ehe nur Investitionen von rund S 100.000 vorgenommen worden seien, und die Frau auf die Weiterbenützung der ehelichen Wohnung nicht angewiesen sei. Unter Bedachtnahme auf die von ihm geleisteten Unterhaltszahlungen und die Befähigung der Frau, (wieder) ein eigenes Einkommen zu erzielen, sei die Ehewohnung in die Aufteilung nicht einzubeziehen, weil ihre Benützung für die Frau keine Existenzfrage darstelle; allenfalls biete er der Frau zum Ersatz die Mietwohnung seiner derzeitigen Lebensgefährtin an.

Die Frau trat diesem Aufteilungsantrag des Mannes entgegen und beantragte, unter Berücksichtigung ihrer völligen Schuldlosigkeit an der Ehescheidung, ihr und den beiden in ihrer Obsorge stehenden ehelichen Kindern auf Grund dringenden Wohnbedürfnisses an der Ehewohnung im Neubau des Einfamilienhauses in P***** ein der bisherigen Benützung der Ehewohnung samt Gartenmitbenützung entsprechendes lebenslängliches Wohnungs- und Benützungsrecht und auch die Einrichtungs- und Hausratsgegenstände der Ehewohnung zuzuweisen. Für den Fall, daß sie mit den Kindern das Haus verlassen müsse, solle dem Mann eine Ausgleichszahlung von S 500.000 auferlegt werden. Das Anbot der Mietwohnung der Lebensgefährtin des Mannes sei unzumutbar.

Das Erstgericht räumte der Frau - "auflösend befristet" mit einer neuen Eheschließung oder dem Eingehen einer Lebensgemeinschaft - ein nach Räumlichkeiten näher beschriebenes lebenslängliches Wohn- und Benützungsrecht an der Ehewohnung samt Gartenfläche ein, ordnete dessen bücherliche Eintragung an (Punkte 1 und 2), überwies die in der Ehewohnung befindlichen Einrichtungs- und Hausratsgegenstände in das Alleineigentum der Frau (Punkt 3), wies den Aufteilungsantrag des Mannes (Punkt 4) und das Mehrbegehren der Frau, ihr das Wohn- und Benützungsrecht ohne Beschränkung einzuräumen (Punkt 5), ab, und verpflichtete den Mann zur Zahlung der Verfahrenskosten von S 100.000 an die Frau (Punkt 6). Es begründete diese Entscheidung in folgender Weise:

Die Frau sei wegen ihrer Einkommens- und Vermögenslosigkeit auf die Weiterbenützung der Ehewohnung und auf die Unterhaltsleistungen des Mannes angewiesen; die vom Mann noch vor der Ehe fertiggestellte und in seinem Alleineigentum stehende Ehewohnung sei deshalb gemäß § 82 Abs. 2 EheG in die Aufteilung einzubeziehen. Auch der (nicht näher bewertete) Hausrat, das Sparguthaben mit rund S 103.000 und ein Betrag von S 47.000 aus der Lebensversicherung des Mannes unterlägen der Aufteilung. Da die Parteien während der ehelichen Lebensgemeinschaft S 180.000 bis S 200.000 in die Ehewohnung samt Hausrat investiert hätten, könne von einem höheren Verkehrswert der Ehewohnung samt Hausrat nicht ausgegangen werden. Die Beiträge der Ehegatten zur Schaffung dieser Vermögenswerte seien gleich hoch anzusetzen. Die Ehefrau könne nicht gezwungen werden, das Anbot der Lebensgefährtin des Mannes, ihre Mietwohnung als Ersatzwohnung zur Verfügung zu stellen, anzunehmen; dies widerspräche auch den Interessen der Kinder. Zu beachten sei, daß der Mann, der bei seiner Lebensgefährtin wohne, auf die Benützung der in seinem Alleineigentum stehenden Ehewohnung samt Garten nicht angewiesen sei, während die Frau keinesfalls in der Lage sei, sich aus eigenem eine ihrem bisherigen Lebensstandard (und dem der Kinder) entsprechende Wohnmöglichkeit zu beschaffen oder mit einer der finanziellen Belastung des Mannes angemessenen Ausgleichszahlung auf Dauer zu erhalten. Mit Rücksicht auf die schon während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft vorgenommene räumliche Trennung vom Wohn- und Nutzungsbereich der Mutter des Mannes könne durch diese Regelung auch künftig eine Trennung der Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten - wenn schon nicht gänzlich, so doch weitgehend - erreicht werden.

Beide Teile bekämpften die Entscheidung des Erstgerichtes; die Frau nur insoweit, als ihr bei der Aufzählung der zur Wohnung und Benützung zugewiesenen Räumlichkeiten das sogenannte "Preßhaus", ein als Abstellraum genutzter Raum im Bereich der Hauseinfahrt, "versehentlich", wie sie meinte, nicht zugewiesen worden sei; der Mann insoweit, als seinen Anträgen nicht entsprochen wurde.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Frau nicht Folge, änderte in Stattgebung des Rekurses des Mannes die Entscheidung des Erstgerichtes in den Punkten 1 und 2 im Sinne der diesbezüglichen Antragsabweisung ab, hob die übrigen bekämpften Beschlußteile sowie die Kostenentscheidung (Punkte 3, 4 und 6) auf und trug dem Erstgericht insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es bewertete in allen Fällen den Wert des Entscheidungsgegenstandes über S 50.000 und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Gericht zweiter Instanz im wesentlichen an:

Der antragstellende Mann wende sich zu Recht gegen die Zuweisung der Ehewohnung an die geschiedene Frau durch Einräumung eines verbücherten Wohnungsrechtes. Die Frau sei zwar zur Sicherung ihrer und der Kinder Lebensbedürfnisse auf die Weiterbenützung der Ehewohnung angewiesen und auch nicht in der Lage, sich eine eigene Wohnung anzuschaffen und wegen des nicht ausreichenden Unterhalts, den ihr der Mann leiste, auch zu erhalten; die durch § 82 Abs 2 EheG gebotene Einbeziehung der Ehewohnung in das Aufteilungsverfahren bedeute aber nicht, daß diese Wohnung dann auch der geschiedenen Frau zuzuweisen sei, sondern nur, daß die Wohnung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen ist und nicht als eine vom Mann in die Ehe eingebrachte Sache außer acht gelassen werden darf. Es sei daher auch möglich, zugunsten des auf die Ehewohnung angewiesenen Teiles die Beistellung einer Ersatzwohnung oder eine Ausgleichszahlung anzuordnen. Grundsätzlich sei zwar die Einräumung eines lebenslangen unentgeltlichen Wohnungsrechtes zulässig, doch müsse dies der Billigkeit entsprechen. Dies sei aber hier nicht der Fall. Der Verkehrswert der Gesamtliegenschaft, auf der sich das Haus mit der Ehewohnung befinde, betrage rund S 4 Millionen und davon entfielen auf den reinen Grundwert über 1 Million S. Die Kosten der Anschaffung einer angemessenen Ersatzwohnung für die geschiedene Frau und die ehelichen Kinder lägen mit Sicherheit weit unter diesem Betrag, während andererseits durch die lebenslange Nutzung der Ehewohnung durch die Frau und die Kinder dem Mann die Liegenschaft subjektiv auf immer entzogen würde, denn seine Lebenserwartung bei gleichem Lebensalter mit der Frau statistisch kürzer zu veranschlagen sei als ihre. Dies bedeute de facto eine entschädigungslose Enteignung des geschiedenen Mannes, weil die geschiedene Frau mangels eigenen Vermögens mit Recht nicht zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet worden sei. Es sei darüberhinaus auch zu berücksichtigen, daß bei Zuweisung der Ehewohnung an die geschiedene Frau die Lebensbereiche der vormaligen Eheleute nicht getrennt wären, weil auch die Mutter des Mannes die Liegenschaft bewohne. Die geschiedene Frau wäre auch nicht in der Lage, aufgrund des ihr vom Mann geleisteten geringen Unterhalts von monatlich rund S 6.500,-- für die Wohnung Benützungsentgelt zu zahlen. Die Zuweisung der gesamten Hausrats- und Einrichtungsgegenstände an die geschiedene Frau bedeute im Vergleich zum Wert der Liegenschaft nur eine fast marginale Größe, verstärke aber dadurch die gegebene Unbilligkeit.

Billig erscheine indessen, wie dies auch von der geschiedenen Frau in ihrem Eventualantrag begehrt werde, die Leistung einer Ausgleichszahlung durch den Mann an sie; dadurch werde es der geschiedenen Frau ermöglicht, eine eigene Wohnung anzuschaffen und deren Kosten entweder aus einem verbleibenden Restbetrag oder aus dem ihr zustehenden Unterhaltsbetrag (die dann mangelnde Naturalleistung der Wohnung werde künftig zu berücksichtigen sein) zu tragen. S 100.000 seien dazu aber nicht ausreichend; die Obergrenze für die Ausgleichszahlung werde durch das Begehren der Frau (S 500.000) bestimmt sein. Dem geschiedenen Mann könne die Finanzierung der Ausgleichszahlung zugemutet werden, denn er selbst sei schuldenfrei und die ihm gehörige Liegenschaft sei auch nicht belastet. Die Zuweisung einer bestimmten anderen Wohnung - wie dies vom Mann mit dem Anbot der Wohnung seiner Lebensgefährtin begehrt werde - an die geschiedene Frau gegen ihren Willen sei gesetzlich nicht vorgesehen und daher nicht weiter in Erwägung zu ziehen. Freilich könne eine faktische Verfügungsberechtigung der Lebensgefährtin des Mannes über eine andere Wohnung dadurch genutzt werden, daß diese Wohnung gegen eine andere zugunsten der Frau getauscht oder der zurückgezahlte Baukostenbeitrag der Lebensgefährtin des Mannes, den sie für ihre Wohnung gezahlt habe, der geschiedenen Frau zur Verfügung gestellt werde.

Der von der Frau gegen diese Entscheidung erhobene, auf die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung mit der von ihr im Rekurs angestrebten "Ergänzung der zugewiesenen Räumlichkeiten" abzielende Revisionsrekurs ist zwar zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist den Vorinstanzen darin beizupflichten, daß im vorliegenden Aufteilungsverfahren die gänzlich im Eigentum des Mannes stehende und noch vor der Eheschließung fertiggestellte Ehewohnung gemäß § 82 Abs 2 EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist, weil die einkommens- und vermögenslose Frau zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse auf deren Weiterbenützung angewiesen ist oder doch ohne anderwärtige aufteilungsrechtliche Abhilfe angewiesen wäre. Es entspricht auch herrschender Rechtsprechung, daß der an der Ehescheidung schuldlose Teil im Zweifel das Wahlrecht in bezug auf die Art der Aufteilung oder auf die Leistung von Aufteilungsgegenständen vor dem schuldigen Teil hat und in gewissem Sinn ohne rechnerische Änderung des Aufteilungsschlüssels besser gestellt werden soll als der schuldige Teil (EFSlg. 60.384, 60.385, 60.389, 60.390 uva; JBl 1983, 598 mwH), solange nicht andere, schwerer wiegende Gründe berücksichtigungswürdig erscheinen. Freilich soll dadurch die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nicht zu einem Instrument der Belohnung oder Bestrafung entarten (EFSlg. 60.386 ua). Gegenstand der Aufteilung ist aber in allen Fällen nur die eheliche Errungenschaft (EFSlg. 54.538 uva). Im Sinne der zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes können deshalb alle vor der Eheschließung erbrachten Beiträge der Frau zur Gestaltung der im Zeitpunkt der Eheschließung fertiggestellten Ehewohnung nicht im außerstreitigen Aufteilungsverfahren geltend gemacht werden.

Es steht zwar grundsätzlich der Zuweisung der Ehewohnung an die Frau im Wege der Einräumung entsprechender Berechtigungen nichts im Wege; anderseits soll aber doch nicht unberücksichtigt bleiben, daß dies nur gegen eine entsprechende Entschädigung des dem Mann daraus erwachsenden Rechtsverlustes geschehen kann, würde er doch dadurch andernfalls auf Lebensdauer der Frau in der Nutzung seines Alleineigentums weitgehend und entschädigungslos beschränkt werden und ein derartiger enteignungsähnlicher Zustand sollte doch tunlist vermieden werden (vgl. 2 Ob 581/90; EFSlg. 54.660 ua).

Trotz aller für ein Wahlrecht und eine Begünstigung der an der Ehescheidung schuldlosen Frau sprechenden Umstände hat deshalb das Gericht zweiter Instanz mit Recht den Schluß gezogen, daß die zu einer angemessenen Ersatzleistung für die lebenslängliche Nutzung der bisherigen Ehewohnung samt Garten nicht fähige Frau doch dem Manne im Genuß der Ehewohnung weichen muß. Freilich wird der Mann ihr zur Beschaffung einer Ersatzwohnung eine angemessene Ausgleichszahlung leisten müssen.

Bei der Ausmessung der Höhe der vom Mann zu leistenden Ausgleichszahlung werden im fortgesetzten Verfahren vor allem der Wert der der Frau - nach ihrem möglichst weitgehend zu berücksichtigenden Wahlrecht - zuzuweisenden Hausratsgegenstände und die Höhe der Anschaffungs- und Erhaltungskosten einer adäquaten Wohnmöglichkeit für sie und die ehelichen Kinder berücksichtigt werden müssen. Dabei wird auch ins Gewicht fallen, daß die Geldunterhaltsleistung des Mannes hernach entsprechend höher anzusetzen sein wird, weil seine diesbezügliche bisherige Naturalunterhaltsleistung (Zurverfügungstellung der Wohnung) entfällt, und damit der Frau für sich und die Kinder auch ein entsprechender Betrag zur Bestreitung der Wohnungskosten zur Verfügung stehen muß.

Demnach erweist sich die grundsätzliche Abweisung des Zuteilungsantrages der Frau durch die zweite Instanz als zutreffend. Damit wird auch den das nacheheliche Aufteilungsverfahren beherrschenden Grundsätzen, wie der in § 84 EheG enthaltenen Forderung, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren sollen, und dem in § 90 Abs 1 EheG enthaltenen Gebot, die Begründung dinglicher Rechte an (im Eigentum des anderen stehenden) Liegenschaften nur dann anzuordnen, wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt werden kann, in einer auch für die Frau billigen Weise entsprechen. Diese Erwägungen führen zur Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.

Die Entscheidung über die Revisionsrekursverfahrenskosten ist der Endentscheidung in der Sache vorzubehalten, weil erst dann die Grundlage für die Billigkeitserwägungen im Sinne des § 234 AußStrG endgültig vorliegen (EFSlg. 58.640).

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