OGH 7Ob582/91

OGH7Ob582/9110.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Katharina K*****, vertreten durch Dr. Heinz Dieter Flesch, Rechtsanwalt in Voitsberg, wider die beklagte Partei Horst K*****, vertreten durch Dr. Gerhard Waisocher, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterhaltserhöhung (Streitwert S 144.000,--),

Revisionsinteresse auf Seiten der klagenden Partei S 104.400,--,

Revisionsinteresse auf Seiten der beklagten Partei S 57.800,--, infolge Revisionen beider Streitteile gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 21. März 1991, GZ 2 R 117/91-17, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Dezember 1990, GZ 29 C 81/90i-8, zum Teil bestätigt, zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile ist noch aufrecht. Ein Scheidungsverfahren ist seit 17. 7. 1989 anhängig. Mit Vergleich vor dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz vom 11. 10. 1989 zu 29 C 95/89-4, verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin ab 1. 11. 1989 einen monatlichen Unterhalt von S 7.000,-- sowie für die beiden ehelichen Kinder, und zwar den am 2. 5. 1986 geborenen Peter K***** einen monatlichen Unterhalt von S 2.500,-- und für die am 4. 1. 1989 geborene Marina K***** einen solchen von S 2.200,-- zu bezahlen. Darüber hinaus verpflichtete sich der Beklagte, die Generalunkosten für die eheliche Wohnung, in der die gesamte Familie damals lebte, allein zu übernehmen. Die Umstandsklausel wurde nicht ausgeschlossen. Über die genannten Sorgepflichten hinaus hat der Beklagte noch den Sohn aus erster Ehe namens Arnold K***** mit monatlich S 5.000,-- zu alimentieren. Dem Vergleichsabschluß wurde ein monatliches Nettodurchschnittseinkommen des Beklagten von

ca. S 33.000,-- zugrundegelegt. Die Klägerin hat nach mehreren Handgreiflichkeiten mit dem Beklagten im Juni 1990 mit dessen Zustimmung die Ehewohnung verlassen und hat nun einen zusätzlichen Wohnungsaufwand von monatlich S 6.000,-- zu tragen. Außerdem wurde die gesonderte Wohnungsnahme der Klägerin mit Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25. 6. 1990 zu 29 F 6/90-7 für rechtmäßig erkannt.

Die Klägerin begehrt eine Erhöhung ihres Unterhaltsbetrages um monatlich S 4.000,--. Das Einkommen des Beklagten habe sich entsprechend erhöht, ihr seien durch die gesonderte Wohnungsnahme erhöhte Aufwendungen erwachsen.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung mit der Begründung, daß er im Schuljahr 1990/91 nunmehr weniger als zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses verdiene.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten für die Monate Juni bis August 1990 zu einer Erhöhung des Unterhaltsbetrages an die Klägerin um S 3.750,-- und ab September 1990 zu einer solchen von S 300,-- monatlich. Es wies das Unterhaltsmehrbegehren ab. Rechtlich folgerte es aus seinen Feststellungen, daß der im Vergleich vom 11. 10. 1989 der Klägerin am Einkommen des Beklagten vereinbarten Partizipationsquote von 24 % die zugesprochenen Beträge als aliquoter Anteil am gestiegenen Einkommen des Beklagten zustünde. Die zusätzlichen Wohnungskosten der Klägerin könnten nicht berücksichtigt werden, weil sie keinen Anlaß gehabt habe, die eheliche Wohnung zu verlassen.

Das Berufungsgericht gab mit der angefochtenen Entscheidung der Berufung des Beklagten nicht, jener der Klägerin jedoch teilweise Folge und sprach ihr für die Monate Juni bis einschließlich August 1990 die geforderte Unterhaltserhöhung zur Gänze und ab September 1990 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von S 1.300,-- unter Abweisung des Mehrbegehrens zu. Es erklärte die Revision für zulässig. Rechtlich folgerte das Berufungsgericht, daß die Streitteile mit Vergleich vom 11. 10. 1989 nur den gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin regeln wollten und daß zufolge zwischenzeitig eingetretener Änderung der Verhältnisse eine Neubemessung stattzufinden habe, bei der die vergleichsweise vereinbarten Partizipationsquoten nicht mehr zu berücksichtigen seien. Bei dem vom Beklagten von Juni bis September 1990 bezogenen Einkommen erweise sich das Klagebegehren zur Gänze als gerechtfertigt. Es erachtete eine Anspannung auf Dauer auf einen aus Nebenbeschäftigungen erzielbaren Erwerb des Beklagten für nicht zulässig, weil der den Lebensverhältnissen der Unterhaltsberechtigten und Unterhaltsverpflichteten angemessene Unterhalt auch durch das ermäßigte Einkommen des Beklagten gesichert sei. Eine berufliche Überlastung sei erfahrungsgemäß mit dem vorzeitigen gesundheitlichen Verschleiß und mit frühzeitigem Verlust der Arbeitskraft verbunden.

Die gegen diese Entscheidung erhobenen Revisionen (die Klägerin gegen die Abweisung des Mehrbegehrens; der Beklagte gegen den Zuspruch) sind unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision des Beklagten:

Daß bei geänderten Verhältnissen eine Neubemessung des vergleichsweise festgesetzten Unterhaltes zu erfolgen hat, bestreitet der Beklagte nicht ernstlich. Aus den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen ergeben sich aber geänderte Verhältnisse. Selbstverständlich kann die als gerechtfertigt erkannte gesonderte Wohnungsnahme der Klägerin in der Frage des Ehegattenunterhaltes nicht zum Nachteil angerechnet werden. Die mit dem Wegfall der Befriedigung des Wohnbedarfes in der vom Beklagten finanzierten Ehewohnung verbundene Steigerung des Geldunterhaltsbedarfes der Frau bedeutet, daß der sich aus der vergleichsweisen Festsetzung eines Unterhaltsbetrages ergebende Prozentsatz an der Bemessungsgrundlage nicht unverändert aufrechterhalten werden kann.

Die vom Beklagten behaupteten Aktenwidrigkeiten stellen sich als Vorwürfe der mangelnden Tatsachenfeststellung bzw. der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, dar, die beide vom Berufungsgericht als unbegründet erachtet worden sind (vgl. MGA ZPO14 § 503/28).

Zu beiden Revisionen:

Ob die Familienbeihilfe grundsätzlich in die Bemessungsgrundlage für die Bildung des Ehegattinnenunterhaltes einzubeziehen ist war hier nicht zu untersuchen, weil hier das Ergebnis von dieser Frage nicht beeinflußt wurde. Das Berufungsgericht hat das Rechtsproblem der Anspannung richtig erkannt und im Sinne der herrschenden Judikatur gelöst. Die Art der Anspannung ist immer eine Frage des Einzelfalles (vgl. 8 Ob 1546/90; 3 Ob 607/90 und 3 Ob 1525/91). Die Rechtsansicht, daß der Beklagte nicht gezwungen ist, über eine normale Lehrverpflichtung hinausgehende berufliche Leistungen zu erbringen, verstößt nicht gegen zwingende Grundsätze bei der Unterhaltsbemessung. Die gegen das Stundenausmaß einer Lehrverpflichtung von der Klägerin ins Treffen geführten Argumente sind zum Teil unsachlich und zum Teil nicht durch die Feststellungen gedeckt.

Gegen die Klagsstattgebung für den Zeitraum vom Juni bis einschließlich August 1990 vermag der Beklagte in seinem Rechtsmittel überhaupt kein Argument anzuführen. Für die Zeit ab 1. September 1990 entspricht die Ausmittlung des zuerkannten Betrages dem im vorliegenden Einzelfall zu berücksichtigenden erhöhten Kostenaufwand der Klägerin bei gleichzeitiger Einkommensreduktion des Beklagten. Die sohin im vorliegenden Fall von keinem der beiden Streitteile Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 2 ZPO aufgezeigt worden sind und einer Abweichung des Berufungsgerichtes von einer ständigen Rechtsprechung der zweiten Instanz während der letzten drei Jahre keine rechtserhebliche Bedeutung zukommen würde, waren beide Revisionen als unzulässig zurückzuweisen.

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