OGH 6Ob7/91

OGH6Ob7/914.7.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als Richter in der Abhandlung der Verlassenschaft nach dem am 10. März 1990 gestorbenen M***** O*****, zuletzt Pensionist in K*****, wegen Feststellung der Erbhofeigenschaft gemäß § 3 Abs 5 KrntErbhöfeG 1990, infolge Revisionsrekurses des Sohnes des Erblassers J***** O*****, vertreten durch ***** Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 17. April 1991, AZ 3 R 142/91 (ON 15), womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hermagor vom 21. Februar 1991, GZ A 50/91-12, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung

Nach dem Inhalt der Todfallsaufnahme hinterließ der am 10. März 1990 im 70. Lebensjahr verstorbene Pensionist seine Ehefrau und drei volljährige Kinder, nämlich seinen Sohn und zwei Töchter. Mit dem Testament vom 21. Juli 1988 hatte er seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt und ihr seinen Sohn substituiert. Nach den Angaben der Witwe zur Todfallsaufnahme fiel "nur persönliche Habe ohne Verkehrswert" in den Nachlaß. Auf dieser Aktengrundlage teilte das Abhandlungsgericht der Witwe und den drei Kindern des Verstorbenen beschlußmäßig mit, daß mangels Vorhandenseins eines Nachlaßvermögens ein Verlassenschaftsverfahren nicht durchzuführen sei.

Am 15. Februar 1991 stellte der Sohn des Verstorbenen den Antrag, die Erbhofeigenschaft eines näher bezeichneten landwirtschaftlichen Betriebes nach dem Kärnter Erbhöfegesetz festzustellen. Dazu brachte der Antragsteller vor, er habe mit Übergabsvertrag vom 21. Juli 1988 (dem Tag der Testamentserrichtung) von seinem Vater dessen landwirtschaftliche Besitzung mit einem Flächenausmaß von 4,6842 ha und einem Anteilsrecht an einer agrargemeinschaftlichen Liegenschaft samt Hofstelle übernommen. Der durchschnittliche Ertrag des landwirtschaftlichen Betriebes habe das Vierfache des zur Erhaltung einer Familie von sieben Köpfen Erforderlichen nicht überschritten. Eine seiner Schwestern mache aufgrund dieser Hofübergabe Ansprüche auf einen (Schenkungs-) Pflichtteil klageweise geltend.

Das Abhandlungsgericht wies den Feststellungsantrag mangels Voraussetzungen für die Einleitung eines Abhandlungsverfahrens ab.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß mit der Maßgabe, daß der Antrag zurückgewiesen werde. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt. Ferner sprach das Rekursgericht aus, daß der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht teilte die erstgerichtliche Ansicht, daß mangels Voraussetzungen für die Durchführung einer Verlassenschaftsabhandlung die für Pflichtteilsansprüche maßgeblichen Fragen nach der Erbhofeigenschaft der vom Erblasser noch zu Lebzeiten an seinen Sohn übergebenen Liegenschaft und gegebenenfalls nach dem Übernahmswert im Prozeß zu klären sein werden.

Der Sohn des Erblassers ficht die bestätigende Rekursentscheidung aus dem Anfechtungsgrund der Nichtigkeit mit einem auf Stattgebung seines Feststellungsbegehrens zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Zur Rechtsmittelzulässigkeit ist unter dem Gesichtspunkt des § 14 Abs 1 AußStrG zu erwägen:

In der aus dem Jahr 1937 stammenden Entscheidung SZ 19/128 wurde noch eine (analoge) Anwendung der (materiellrechtlichen) Erbteilungsvorschriften des Kärntner Erbhöfegesetzes (1903) auf eine vom Erblasser zu seinen Lebzeiten seinem Sohn übergebene Bauernwirtschaft ausdrücklich abgelehnt, im Ergebnis aber für die Ermittlung des Schenkungspflichtteiles im Rechtsstreit dennoch dem Grundsatz des Wohlbestehenkönnens über die dem Übergabsvertrag von den vertragsschließenden Parteien zugrundegelegt (teilweise) Schenkungsabsicht Geltung verschafft. Es erscheint folgerichtig, daß bei dieser materiellrechtlichen Sicht die nun vom Rechtsmittelwerber vorgetragenen verfahrensrechtlichen Gedanken nicht einmal erwogen wurden. Die im Jahr 1950 ergangene Entscheidung SZ 23/232 folgte im wesentlichen der erwähnten Entscheidung SZ 19/128. In der 1965 erflossenen Entscheidung SZ 38/47 bekannte sich das Revisionsgericht ausdrücklich zur analogen Anwendung der anerbenrechtlichen Erbteilungsgrundsätze im Falle eines von einem dann vermögenslos verstorbenen Erblasser noch zu seinen Lebzeiten übergebenen Hofes, wobei zwar die materiellrechtlichen Grundsätze der Nachtragserbteilung für anwendbar erklärt wurden, von einer Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Abhandlung aber nicht die Rede war. In der Entscheidung SZ 40/98 befaßte sich der Oberste Gerichtshof lediglich mit der Unterbrechung des Rechtsstreites über die Pflichtteilsansprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellung der Erbhofeigenschaft (nach dem Anerbengesetz) in einem damals anhängigen Verlassenschaftsverfahren. Die in einem Abhandlungsverfahren ergangene Entscheidung SZ 52/194 verwies auf die in SZ 40/98 dargelegten Wirkungen einer abhandlungsgerichtlichen Feststellung des Übernahmspreises, ohne daß damals Anlaß gewesen wäre, die Frage nach der Zuständigkeit des Abhandlungsgerichtes zur Feststellung der Erbhofeigenschaft und zur Bestimmung des Übernahmspreises außerhalb eines anhängigen Abhandlungsverfahrens zu erörtern. In der Entscheidung SZ 55/150 nahm das Revisionsgericht nur zur Bindungseinwirkung einer bereits erfolgten abhandlungsgerichtlichen Festsetzung des Übernahmspreises für die Verfahrensbeteiligten in einem nachfolgenden Rechtsstreit über Pflichtteilsansprüche Stellung. In der Entscheidung SZ 59/6 machte der Oberste Gerichtshof in einem Rechtsstreit über ein Begehren auf Leistung des Schenkungspflichtteils wieder die Frage nach der Schenkungsabsicht beim bäuerlichen Übergabsvertrag zur Grundlage seiner materiellrechtlichen Beurteilung und hatte dabei keinen Anlaß zur Stellungnahme zu der im vorliegenden Verfahren über den Feststellungsantrag des Übernehmers als wesentlich erkannten Zuständigkeitsfrage.

Diese ist im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG qualifiziert. Der Revisionsrekurs ist daher zulässig.

Er ist aber nicht berechtigt.

Der Vater des Antragstellers, der seinem Sohn im Juli 1988 sein landwirtschaftliches Anwesen im Sinne eines bäuerlichen Übergabsvertrages übergeben hatte, ist im März 1990 gestorben. Anerbenrechtliche Fragen, die anläßlich dieses Erbfalles auftreten, sind sowohl in materiellrechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht nach den Regelungen des Kärntner Erbhöfegesetzes 1990 zu lösen (§ 24 Abs 2).

Die dem Verlassenschaftsgericht nach § 3 Abs 5 KrntErbhöfeG 1990 zugewiesene Entscheidung über die Erbhofeigenschaft eines landwirtschaftlichen Betriebes setzt nicht nur das Vorhandensein der Zuständigkeitsvoraussetzungen eines bestimmten Gerichtes zur Abhandlungspflege, sondern darüber hinaus voraus, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb der Abhandlung, das heißt der erbrechtlichen Besitzeinweisung von Vermögensstücken in dem hiefür vorgesehenen gerichtlichen Verfahren nach dem Außerstreitgesetz, zu unterziehen ist.

In Ansehung einer nicht der Abhandlungspflege zu unterziehenden Liegenschaft besteht keine Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichtes zur Feststellung der Erbhofeigenschaft (oder auch zur Ausmittlung des Übernahmspreises). Das gilt vor allem für Liegenschaften, deren sich der Erblasser noch zu Lebzeiten - sei es auch in einer beabsichtigten Vorwegnahme der Erbfolge - in Vollziehung eines Übergabsvertrages entäußert hatte.

Das Rekursgericht hat daher die Zuständigkeit des vom Sohn des Erblassers angerufenen Abhandlungsgerichtes zur Feststellung der Erbhofeigenschaft des ihm von seinem Vater noch zu dessen Lebzeiten übergebenen landwirtschaftlichen Betriebes mit Recht verneint.

Dem Revisionsrekurs war aus diesem Grund ein Erfolg zu versagen.

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