OGH 5Ob1037/91

OGH5Ob1037/9111.6.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Dr. Ursula G*****, Angestellte, ***** Wien, B*****gasse 18A/9-10, vertreten durch Dr. Heinz Neuner, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner

  1. 1.) Dr. Wolfgang M*****, H*****gasse 8, ***** Wien,
  2. 2.) Dipl.-Ing. Peter B*****, S*****gasse 1/10, ***** Wien,
  3. 3.) Elisabeth V*****, J***** Straße 7, ***** Wien, 4.) Ing. Peter B*****, S***** Straße 60-62/Tür 7, ***** Wien, 5.) Dr. Christine H*****, B*****gasse 18a, ***** Wien, sämtliche vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 und Abs 4 MRG infolge außerordentlichen Rekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 21. Februar 1991, GZ 48 R 444/90-10, den Beschluß

    gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs der Antragsgegner wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 und Z 18 MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Auszugehen ist davon, daß eine Wohnung nur dann in eine höhere Kategorie als D eingestuft werden kann, wenn sie sich - bezogen auf den Zeitpunkt der Vermietung - in einem brauchbaren Zustand befindet. Das setzt voraus, daß sie zum sofortigen Bewohnen geeignet ist, also keine gröberen, die Benützung behindernden Mängel aufweist und insbesondere auch die vorgesehenen oder ortsüblichen Energieanschlüsse gefahrfrei zu verwenden sind (WoBl 1989, 95; vgl auch 5 Ob 94/90, teilweise veröffentlicht in WoBl 1991/30). Mängel, die jederzeit ohne größere Aufwendungen beseitigt werden können, schließen allerdings die Brauchbarkeit des Bestandobjektes iS der § 16 Abs 2 und 3 MRG und § 1096 Abs 1 ABGB nicht aus (WoBl 1989, 95 mwN).

Im gegenständlichen Fall hat das Rekursgericht die Unbrauchbarkeit des Bestandgegenstandes damit begründet, daß die elektrischen Leitungen nicht mehr den bei Vertragsabschluß geltenden Sicherheitsvorschriften entsprachen, daß die Kamine falsch angeschlossen waren und daß 21,50 m2 Unterboden saniert werden mußten. Zur Veranschaulichung dieses Zustandes liegen Lichtbilder bei den Akten.

Lediglich zu einem dieser Mängel, nämlich zum Zustand der elektrischen Leitungen, enthält das vorliegende Rechtsmittel eine Stellungnahme der Antragsgegner. Sie vertreten den Standpunkt, daß veraltete, nicht mehr den heutigen Sicherheitsvorschriften entsprechende Elektroinstallationen keineswegs unbrauchbar sind und daß ihnen durch eine Anzeige iS des § 16 Abs 2 Z 4 MRG hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, allfällige Mängel zu beheben. Darin liege ein grundsätzliches, über diesen Streitfall hinausreichendes Rechtsproblem.

Tatsächlich wäre die Rechtsfrage, welchen sicherheitstechnischen Anforderungen Energieversorgungsleitungen entsprechen müssen, um die Brauchbarkeit einer Wohnung iS der § 16 Abs 2 und 3 MRG sowie § 1096 Abs 1 ABGB zu gewährleisten, von erheblicher Bedeutung. Zu lösen wäre sie in diesem Verfahren aber nur dann, wenn sich die Wohnung der Antragstellerin bei einem noch tolerierbaren Sicherheitsstandard der elektrischen Leitungen in einem brauchbaren Zustand befunden hätte, die sonst noch konstatierten Mängel also keinen sicheren Schluß auf die Unbrauchbarkeit zuließen. Andernfalls bliebe es bei der Unzulässigkeit des außerordentlichen Revisionsrekurses, weil eine nicht tragende Hilfsbegründung nicht zum Gegenstand eines außerordentlichen Rechtsmittels gemacht werden kann (6 Ob 1533/88).

Im konkreten Fall besagen die Feststellungen des Erstgerichtes, daß die elektrischen Leitungen - auch wenn sie nicht den heutigen Sicherheitsvorschriften entsprachen - "teilweise noch verwendbar waren". Was mit der daraus resultierenden "teilweisen Unverwendbarkeit" der bei Abschluß des Mietvertrages vorhandenen elektrischen Leitungen gemeint ist, ergibt sich aus den vorhandenen Lichtbildern. Sie zeigen ohne Schutzrohr verlegte Drähte mit freiliegenden, nicht isolierten Anschlüssen. Zumindest diese Mängel hätten behoben werden müssen, um die Wohnung in einen brauchbaren Zustand zu versetzen. Selbst wenn man zugunsten der Antragsgegner unterstellt, daß dies sofort und ohne größeren Aufwand möglich gewesen wäre, hätten dann noch die fehlerhaften Kaminanschlüsse beseitigt und mehr als 20 m2 des Unterbodens saniert werden müssen, weil ein Bestandobjekt ohne funktionierende Heizung und mit einbrechendem Fußboden nicht zu bewohnen ist. Insoweit sind die Rechtsausführungen des Rekursgerichtes gar nicht in Zweifel gezogen worden. Sie führen zum Schluß, daß die Brauchbarmachung des Bestandobjektes auch dann einen größeren Aufwand erfordert hätte, wenn man die Herstellung einer dem heutigen Sicherheitsstandard entsprechenden Versorgung mit elektrischer Energie außer Betracht läßt. Unabhängig davon lagen gröbere Mängel vor, die eine vereinbarungsgemäße Benützung der Bestandsache verhinderten und auch nicht angezeigt werden mußten, weil die dem Mieter in § 16 Abs 2 Z 4 MRG auferlegte Anzeigepflicht bei Unbrauchbarkeit des Bestandobjektes nicht besteht (MietSlg 37/51; MietSlg 38.339; 5 Ob 94/90). Der außerordentliche Revisionsrekurs gibt auch keinen Anlaß, die konkreten Mängel des Bestandobjektes und den für ihre Beseitigung erforderlichen Kostenaufwand genauer zu erheben, da derartige Umstände den nicht revisiblen Einzelfall betreffen; in den grundsätzlichen Aussagen weicht die Entscheidung des Rekursgerichtes nicht von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes ab.

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