Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für ihre Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der Beklagte betreibt in K***** eine sogenannte Wildwasserschule. Mit schriftlichem Auftrag vom 15.August 1987 beauftragte der Beklagte die Klägerin zur Veröffentlichung einer Anzeige im Playboy "IBIZAS der Alpen", Ausgabe 1988, in der Größe einer Viertelseite als Promotion auf Doppelseite K***** zum Preis von
9.250 DM. Das Auftragsformular war so gestaltet, daß das vom Beklagten unterfertigte Blatt auf der Rückseite die "Geschäftsbedingungen" abgedruckt hatte, das für den Auftraggeber bestimmte, im Durchschreibeverfahren zu beschriftende Formular auf der Rückseite jedoch nicht bedruckt war. Unter Punkt 7. des Auftragsformulars ist festgehalten, daß "die umseitig abgedruckten allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten". Dem Beklagten war zwar bekannt, daß man auf solche Geschäftsbedingungen achten soll, er hat es jedoch unterlassen, die auf der Rückseite des von ihm unterschriebenen Auftragsformulares abgedruckten Geschäftsbedingungen durchzulesen. Der die "Gewährleistung" regelnde § 5 dieser Geschäftsbedingungen hat u.a. folgenden Wortlaut:
"5. Etwaige Mängel der veröffentlichten Anzeige führen nur dann zu Ansprüchen des Auftraggebers, wenn sie längstens innerhalb von acht Tagen nach Erhalt des Belegexemplares dem Verlag gemeldet werden."
Mit Schreiben der Klägerin vom 19. August 1987 erhielt der Beklagte die Auftragsbestätigung. Nachdem das von der Klägerin beauftragte Atelier mit dem Beklagten Ende Jänner oder Anfang Februar 1988 Kontakt aufgenommen hatte, erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 3. Februar 1988 ohne Anführung von Gründen, den Auftrag zu stornieren. Dieser Rücktritt wurde jedoch von der Klägerin nicht angenommen. In der Folge wurde dem Beklagten der aus seinen Prospekten ausgearbeitete Andruck (Beil./2) mit dem Ersuchen übermittelt, bis 7.März 1988 allfällige Korrekturen telefonisch durchzugeben. Der Beklagte war mit Text und Bildern dieses Andruckes grundsätzlich einverstanden, er wollte jedoch statt eines dort abgedruckten Raftingfotos sein eigenes Raftingfoto mit einem anderen Boot mit der Aufschrift "Sportschule K*****" unterbringen; dementsprechend übermittelte er dem Atelier sein Foto. Schließlich wurde jedoch entgegen dem Wunsch des Beklagten nicht das Foto ausgetauscht, sondern anstatt des im Andruck vorgesehenen Raftingfotos ein Kajakfoto präsentiert und der zum Raftingfoto gehörige Text unverändert belassen. Das vom Beklagten übermittelte Foto hingegen wurde mit der Aufschrift K***** links von der vom Beklagten bezahlten viertelseitigen Anzeige mit einem eine Bootswerbung betreffenden Text derart veröffentlicht, daß es den Eindruck vermittelte, es gehöre nicht zur Werbung für die Wildwasserschule, sondern zu der davon unabhängigen Werbung für die Boote eines anderen Unternehmens. Gleichzeitig mit der Rechnung vom 24. März 1988 über 9.250 DM übermittelte die Klägerin dem Beklagten das Belegexemplar der Anzeigenbeilage zum Playboy Ausgabe April 1988 "Ibizas der Alpen". Der Beklagte reagierte darauf zunächst nicht. Erst nach der zweiten Mahnung vom 11. Juli 1988 schrieb er am 19. Juli 1988 der Klägerin, daß die Veröffentlichung nicht dem Andruck aus den Vereinbarungen entspreche und er deshalb um eine "Kompensation" ersuche. Mit Schreiben vom 2. August 1988 wies die Klägerin diese Reklamation unter Hinweis auf § 5 Abs 5 ihrer Geschäftsbedingungen zurück. Vergleichsgespräche blieben ergebnislos.
Das Erstgericht gab dem auf Zahlung des vereinbarten Entgelts (Insertionspreises von 9.250 DM) gerichteten Klagebegehren statt. Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß beide Teile Kaufleute seien und den Beklagten die Verpflichtung getroffen habe, die Werbeeinschaltung zu untersuchen und allfällige Mängel unverzüglich zu rügen. Da er die Rüge unterlassen habe, sei die Ware zufolge der gesetzlichen Fiktion des § 377 Abs 2 und 3 HGB als genehmigt anzusehen. Die erst am 19. Juli 1988 nach Erhalt der zweiten Mahnung durch Übersendung des Belegexemplars erhobene Mängelrüge sei verspätet, weshalb es sich erübrige, auf die Frage einzugehen, ob sich der Beklagte den Geschäftsbedingungen der Klägerin rechtswirksam unterworfen habe und ob eine Bemängelung gerechtfertigt wäre.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und erachtete, davon sowie von der von den Parteien iS der Anwendung österreichischen Sachrechts vorgenommenen Rechtswahl ausgehend, die im wesentlichen dahin ausgeführte Rechtsrüge, daß hier wegen Vorliegens einer Aliud-Lieferung eine Rügepflicht gar nicht bestanden habe, als nicht berechtigt. Die handelsrechtliche Rügepflicht (§ 377 HGB) erstrecke sich gemäß § 378 HGB auch auf die Lieferung eines Aliud, wenn nur die gelieferte Ware nicht offensichtlich von der Bestellung so erheblich abweiche, daß der Verkäufer die Genehmigung des Käufers als ausgeschlossen betrachten müßte. Im Sinne der Ratio des Verkäuferschutzes der §§ 377, 378 HGB sei bei Annahme fehlender Genehmigungsfähigkeit ein strenger Maßstab anzulegen (Kramer in Straube, HGB, §§ 377, 378 Rz 23). Der "absolute Ausnahmetatbestand" (Kramer aaO) der Genehmigungsunfähigkeit i.S. des 2. Halbsatzes des § 378 HGB liege erst dann vor, wenn die gelieferte Ware mit der bestellten gar nichts gemein habe bzw. kraß von der bestellten abweiche, d.h. offensichtlich für den Zweck des Käufers (bzw. Bestellers) untauglich sei. Die Verschiedenheit der bestellten von der gelieferten Ware müsse nach ihrer Beschaffenheit so erheblich sein, daß nach vernünftiger Auffassung der Sachlage ein Kaufmann mit dieser Ware einen Versuch, den Vertrag zu erfüllen, nicht machen würde und vom Käufer ein Behalten der Ware als Vertragserfüllung nicht erwartet werden könne (SZ 27/334; EvBl. 1966/56; JBl 1961, 565 u. a.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen könne im vorliegenden Fall von einer absolut unannehmbaren Falschlieferung i.S. des § 378 zweiter Halbsatz HGB aber nicht gesprochen werden. Durch den der klagenden Partei unterlaufenen bzw. ihr zuzurechnenden Fehler des Abdrucks eines Kajakfotos (statt eines Raftingfotos) und den daher nicht passenden Bildtext sei die Werbewirksamkeit des gegenständlichen Inserats zweifellos erheblich gemindert worden, keine Rede könne aber davon sein, daß im Sinne der zitierten Judikatur das Inserat von der bestellten Werbeeinschaltung dadurch so kraß abwiche, daß es mit dieser nichts mehr gemein hätte und für den vom Beklagten beabsichtigten Zweck, Kunden für seine Wildwasserschule anzulocken, ungeeignet wäre. Dies sei ursprünglich offenbar auch vom Beklagten selbst so empfunden worden, wenn er im Schreiben an die klagende Partei vom 19. Juli 1988 (Beilage F) ausführe, er sei mit der Annonce "nicht zufrieden", sondern "vielmehr enttäuscht" und "bitte deshalb um einen entsprechenden Vorschlag einer Kompensation". Gerade bei Inseraten werde die Abgrenzung zwischen Schlecht- und Falschlieferung oft schwierig sein (siehe die betreffenden Ausführungen Kurschels in MR 1988, 40). Daß das gegenständliche Inserat aber im Verhältnis zu dem in Auftrag gegebenen ein "Aliud" darstellte, also zwischen der von der klagenden Partei erbrachten und der von ihr geschuldeten Leistung keine Sachidentität mehr bestünde, werde man wohl schwerlich vertreten können. Die Meinung des Berufungswerbers, eine Rüge habe sich nach § 378 2. Halbsatz HGB erübrigt, erweise sich sohin als verfehlt.
Die Berufung mache weiters geltend, daß die Bestimmungen des § 377 HGB über die Rügepflicht hier nicht zum Tragen kämen, weil sie zwar auf den Werklieferungs-, nicht aber generell auf den Werkvertrag anwendbar seien; gegenständlich liege aber ein Werk- und kein Werklieferungsvertrag vor.
Ob der gegenständliche Vertrag Werk- oder Werklieferungsvertrag sei (für ersteres sprächen die wohl auch auf österreichisches Recht anwendbaren Ausführungen von Mühl in Soergel BGB11 Rz 45
Vor § 631), könne aber hier aus folgenden Erwägungen dahingestellt bleiben:
Nach Punkt 5. des § 5 (Gewährleistung) der Geschäftsbedingungen der Klägerin führten etwaige Mängel der veröffentlichten Anzeige nur dann zu Ansprüchen des Auftraggebers, wenn sie längstens innerhalb von acht Tagen nach Erhalt des Belegexemplars dem Verlag gemeldet werden. Auf diese Bestimmung habe sich die klagende Partei ausdrücklich berufen; ihre auf der Rückseite des Auftrags abgedruckten Geschäftsbedingungen seien Vertragsinhalt geworden. Dem habe der Beklagte mit dem Argument widersprochen, er habe die Geschäftsbedingungen weder unterfertigt, noch seien sie ihm zur Verfügung gestellt worden. Dieser Einwand schlage aber nicht durch. Wie der Oberste Gerichtshof etwa zu SZ 42/112 ausgeführt habe, könne sich ein Kaufmann nicht darauf berufen, die auf der Rückseite des Vertragsformulars im Kleinstdruck angeführten Bedingungen, auf welche auf der Vorderseite hingewiesen worden sei, nicht gekannt zu haben. Im vorliegenden Fall finde sich auf dem vom Beklagten unterfertigten Auftragsformular der Hinweis (Punkt 7.) auf die "umseitig abgedruckten" allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf die sich die klagende Partei demnach zu Recht berufen könne.
Zufolge der in den allgemeinen Geschäftsbedingungen statuierten Rügepflicht wäre der Beklagte daher verhalten gewesen, seine Einwände gegen das Inserat innerhalb von 8 Tagen nach Erhalt des Belegexemplars zu erheben. Da auch eine, hier allenfalls in Konkurrenz zu den geltend gemachten Gewährleistungsansprüchen in Frage kommende Irrtumsanfechtung - unter Kaufleuten - von der Einhaltung der Rügepflicht abhänge (vgl. JBl 1959, 455; SZ 48/56 u. a.), müßte auch eine Anfechtung wegen Irrtums als verspätet ausscheiden.
Die Entscheidung des Erstgerichts erweise sich sohin frei von Rechtsirrtum.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu Gewährleistungsfragen bei Inseraten - mit Ausnahme der nicht vergleichbaren Entscheidung SZ 14/85 - nicht habe aufgefunden werden können und die Frage, ob ein Inserat, das in der festgestellten Weise von der bestellten Werbeeinschaltung abweiche, als aliud anzusehen sei oder nicht, über den Einzelfall hinaus bedeutsam sei.
Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht zulässig.
In seiner Revision hält der Beklagte an seinem bisher schon vertretenen Rechtsstandpunkt fest, es handle sich hier um eine nicht genehmigungsfähige Aliud-Lieferung iS des § 378 HGB, sodaß eine Rügepflicht für ihn nicht bestanden habe. Außerdem liege hier ein Werkvertrag vor, bei dem die kaufmännische Rügepflicht überhaupt nicht gegeben sei. Schließlich meint der Revisionswerber noch, daß das Berufungsgericht, insoweit es auf Punkt 5. des § 5 der Geschäftsbedingungen verweise, von den übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes abweiche. Die Geschäftsbedingungen seien nämlich nicht Vertragsgegenstand geworden, zumal sie dem Beklagten niemals bekanntgegeben worden seien.
Die zuletzt in Ansehung der Frage, ob die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin Vertragsgegenstand geworden sind, erhobene Rechtsrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie aktenwidrig davon ausgeht, das Berufungsgericht sei dabei von den Feststellungen des Erstgerichtes abgewichen. Daß der Inhalt dieser Geschäftsbedingungen dem Beklagten "niemals bekanntgegeben worden sei", ist unerheblich, weil der Beklagte nach der für die rechtliche Beurteilung der Sache allein maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage das Auftragsformular untertfertigt hat, auf dem oberhalb der für die Unterschrift des Auftraggebers freigelassenen Stelle in derselben Schriftgröße und Schriftart wie der übrige Formulartext unter Punkt 7. vermerkt ist, daß die "umseits abgedruckten allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten", wobei auf der Rückseite dieses vom Beklagten unterfertigten Formblattes tatsächlich die Geschäftsbedingungen abgedruckt sind. Nach Lehre und Rechtsprechung hat der Beklagte damit, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, - von der Warte der Klägerin aus betrachtet - auch sein Einverständnis mit diesen allgemeinen Geschäftsbedingungen erklärt und kann er sich dann grundsätzlich nicht darauf berufen, er habe die Rückseite des Auftragsformulars nicht gelesen (vgl. Kramer in Straube, HGB, Vor § 343 Rz 11 samt Rechtsprechungshinweis). Da die Vereinbarung einer Rügepflicht für Mängel als Gewährleistungsvoraussetzung keineswegs als "ungewöhnlicher Inhalt" von AGB angesehen werden kann, war es auch nicht notwendig, den Beklagten auf diese AGB-Klauseln besonders hinzuweisen (vgl Kramer aaO Rz 14). Das Berufungsgericht ist daher ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gelangt, daß der Beklagte zur Wahrung seiner Ansprüche die aufgetretenen Mängel innerhalb von acht Tagen nach Erhalt des Belegexemplars hätte rügen müssen. Da er diese Rüge unterlassen hat, entspricht die Stattgebung des Klagebegehrens der Sach- und Rechtslage. Unter diesen Umständen konnte das Berufungsgericht auch die Frage dahingestellt lassen, ob der vorliegende Vertrag als Werklieferungsvertrag oder Werkvertrag anzusehen ist und dementsprechend die Rügepflicht nach den §§ 377, 381 Abs 2 HGB gilt oder nicht. Ist die Frage der Anwendung der Regeln über die Rügepflicht nach diesen Bestimmungen für die rechtliche Beurteilung der Rechtssache nicht erforderlich, so kommt auch der vom Berufungsgericht zur Begründung seines Ausspruches über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision relevierten Rechtsfrage ebensowenig rechtserhebliche Bedeutung zu wie der in der Revision in erster Linie erhobenen Rechtsrüge. Dazu kommt noch, daß die Beantwortung der Frage, ob die gelieferte Ware offensichtlich von der Bestellung so erheblich abweicht, daß der Verkäufer die Genehmigung des Käufers als ausgeschlossen betrachten mußte, von den besonderen Umständen des Einzelfalles - unter Anlegung eines strengen, möglichst konkreten, auf das einzelne Geschäft und dessen Zwecksetzung abzustellenden Maßstabes (vgl Kramer, aaO, Rz 23 zu §§ 377, 378 samt Rechtsprechungshinweis) - abhängt, und - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - nicht dargetan wurde und auch nicht erkennbar ist, inwiefern der vorliegenden Entscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukommen sollte.
Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO hätte das Berufungsgericht die Revision nicht für zulässig erklären dürfen.
Die unzulässige Revision mußte daher zurückgewiesen werden.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, konnten ihr dafür keine Kosten zugesprochen werden.
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